Entscheidungsdatum: 04.07.2017
1. Die Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts für die Teilnahme am Verhandlungstermin sind grundsätzlich auch dann erstattungsfähig, wenn die als Partnerschaft organisierte Rechtsanwaltsgesellschaft auch am Gerichtsort eine weitere Rechtsanwaltskanzlei unterhält.
2. Reisekosten eines an einem "dritten Ort" ansässigen Rechtsanwalts sind bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- bzw. Unternehmenssitz residierenden Anwalts erstattungsfähig. Für Flugkosten gilt das nur, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten einer Bahnreise 1. Klasse stehen.
Die Erinnerung der Beigeladenen gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist zulässig (§ 151 i.V.m. § 165 Satz 2 VwGO) und überwiegend begründet.
Gemäß § 162 Abs. 1 VwGO erfassen die erstattungsfähigen Kosten die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Die Notwendigkeit einer Aufwendung muss aus der Sicht einer verständigen Partei beurteilt werden. Jeder Beteiligte ist aus dem prozessrechtlichen Verhältnis heraus verpflichtet, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten (stRspr, s. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 30. September 2014 - 9 KSt 6.14 - Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 53 Rn. 3). Erstattungsfähig sind die Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit sie für die Bearbeitung eines konkreten Mandats anfallen und daher nicht als allgemeine Geschäftskosten mit den Gebühren abgegolten sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Vorbem. 7 Abs. 1 des Vergütungsverzeichnisses; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 30. September 2014 - 9 KSt 6.14 - Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 53 Rn. 4 m.w.N.). Ausgehend davon sind die dem Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen entstandenen Stornierungskosten für die infolge der Klagerücknahme nicht angetretene Flugreise in Höhe von 116,31 € und für die Hotelbuchung in Höhe von weiteren 83,70 € als erstattungsfähig anzuerkennen.
Zu den erstattungsfähigen Auslagen, die im vorgenannten Sinne bei Ausführung des einzelnen Auftrages entstehen, zählen die Fahrtkosten sowie die sonstigen Auslagen einer Geschäftsreise (Nr. 7003 ff. des Vergütungsverzeichnisses). Eine Geschäftsreise liegt vor, wenn das Reiseziel außerhalb der Gemeinde liegt, in der sich die Kanzlei oder die Wohnung des Rechtsanwalts befindet (Vorbem. 7 Abs. 2 Vergütungsverzeichnis). In Anbetracht dessen scheitert die Erstattungsfähigkeit der Reiseaufwendungen des von der Beigeladenen beauftragten Rechtsanwalts nicht bereits daran, dass sich dessen "Kanzlei" (auch) am Gerichtsort Leipzig befindet. Zwar umfasst der Begriff der Kanzlei neben der Hauptstelle auch etwaige an anderen Orten betriebene Zweigstellen (OLG Dresden, Beschluss vom 7. Juni 2010 - 2 Ws 93/10 - NJW 2011, 869; OLG Koblenz, Beschluss vom 27. April 2015 - 7 WF 407/15 - NJW-RR 2015, 1408). Bei der Niederlassung, die die hier in Rede stehende, in Form einer Partnerschaft (§ 1 Abs. 1 PartGG) organisierte Rechtsanwaltsgesellschaft in Leipzig unterhält, handelt es sich aber nicht um eine Zweigstelle, sondern um eine selbstständige Rechtsanwaltskanzlei. Das folgt zwingend aus den gesetzlichen Rahmenbedingungen, von denen die Ausübung eines freien Berufs in einer Partnerschaft abhängt (§ 1 Abs. 3 PartGG). Zu diesen Voraussetzungen gehört bei einem Rechtsanwalt, dass er eine Kanzlei im Bezirk der Rechtsanwaltskammer unterhält, deren Mitglied er ist (§ 27 Abs. 1 BRAO). Wie von der Beigeladenen dargelegt, ist der von ihr beauftragte Rechtsanwalt Mitglied der Rechtsanwaltskammer Köln mit Kanzleisitz in Bonn, während das Leipziger Büro der Partnerschaftsgesellschaft die Kanzlei derjenigen Rechtsanwälte ist, die der Rechtsanwaltskammer Sachsen angehören.
Auch sonst bestehen gegen die Angemessenheit der Reisekosten (Nr. 7004, 7006 Vergütungsverzeichnis) keine grundsätzlichen Bedenken. Für den Fall einer überörtlichen Anwaltssozietät ist geklärt, dass sich eine auswärtige Partei wie hier die Beigeladene nicht darauf verweisen lassen muss, ihre Terminsvertretung zur Kostenersparnis einem am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Anwalt zu überlassen. Denn dem persönlichen Kontakt und dem Vertrauensverhältnis zwischen der Partei und dem konkret ausgewählten ortsnahen Rechtsanwalt muss regelmäßig Rechnung getragen werden (BGH, Beschluss vom 16. April 2008 - XII ZB 214/04 - NJW 2008, 2122 Rn. 13 f.). Dies gilt in gleicher Weise, wenn der betreffende Rechtsanwalt - wie hier - einer überörtlich tätigen Partnerschaftsgesellschaft angehört. Hier bestand für die Beigeladene umso mehr Anlass, sich für den von ihr beauftragten Rechtsanwalt zu entscheiden, als nach ihren unbestrittenen Darlegungen in dem Leipziger Anwaltsbüro weder ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht noch ein Rechtsanwalt tätig ist, der über Erfahrungen in straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren verfügt.
Der Höhe nach sind die geltend gemachten Stornierungskosten der Flugreise ohne Abzug erstattungsfähig. Dabei berücksichtigt der Senat, dass die Flugkosten einerseits in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten einer Bahnreise 1. Klasse stehen müssen (OLG Köln, Beschluss vom 28. April 2010 - 17 W 60/10 - MDR 2010, 1287; OLG Brandenburg, Beschluss vom 9. September 2013 - 6 W 77/13 - NJW-RR 2014, 828) und andererseits wegen der Beauftragung eines an einem "dritten Ort" (Bonn) ansässigen Rechtsanwalts nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Unternehmenssitz der Beigeladenen (Essen) ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten sind (BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - VIII ZB 93/10 - NJW-RR 2012, 695). Das ist hier deshalb unproblematisch, weil sich die Aufwendungen für die gebuchte und später stornierte Flugreise von Köln nach Leipzig und zurück im Rahmen der Kosten einer Bahn-Rückfahrkarte 1. Klasse Essen - Leipzig halten.
Dagegen sind die Kosten für die Stornierung der Buchung eines Hotelzimmers zum Preis von 160,65 € nicht in voller Höhe erstattungsfähig. Entsprechend dem normalen Zimmerangebot in guten Leipziger Hotels werden nach der ständigen Kostenfestsetzungspraxis des Gerichts grundsätzlich Übernachtungskosten von bis zu 100 € als angemessen anerkannt. Besondere preiserhöhende Umstände hinsichtlich des konkreten Übernachtungszeitraums sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Unter Berücksichtigung des von der Beigeladenen angesetzten Stornierungsabschlages von 10 % und der von ihr weiter in Abzug gebrachten Umsatzsteuer sind ihr daher die entstandenen Hotelkosten in Höhe von 83,70 € zu erstatten.
Einer Entscheidung über die Gerichtskosten bedarf es nicht, weil das Erinnerungsverfahren gerichtsgebührenfrei ist. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.