Entscheidungsdatum: 19.02.2015
1. Beim Erlass einer Satzung nach § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG, mit der im gemeinschaftlichen Interesse der Beteiligten getroffene Festsetzungen des Flurbereinigungsplans geändert oder aufgehoben werden, hat die Gemeinde das Bestandsinteresse der Teilnehmer, insbesondere an einem durch einen Wirtschaftsweg vermittelten konkreten Erschließungsvorteil, mit den für die Änderung sprechenden öffentlichen oder sonstigen Belangen abzuwägen. Die gerichtliche Abwägungskontrolle hat sich an den anerkannten Grundsätzen der planerischen Abwägungskontrolle auszurichten.
2. Die Änderungssatzung ist regelmäßig nur dann ermessensfehlerfrei, wenn sich die für die Festsetzung des Flurbereinigungsplans maßgebende Interessenlage geändert hat, insbesondere weil der betreffende Weg die ihm ursprünglich zugedachte Verkehrsbedeutung nicht erlangt oder nachträglich verloren hat (im Anschluss an BVerwGE 117, 209).
Die Antragsteller wenden sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen eine Satzung der Antragsgegnerin, mit der ein durch Flurbereinigungsplan vom geschaffener Wirtschaftsweg teilweise aufgehoben wird. Der Antragsteller zu 1) ist als Rechtsnachfolger seiner Eltern, der Antragsteller zu 2) und 3), Inhaber eines Landwirtschafts- und Weinbaubetriebes. Nachdem er den Betrieb schon seit dem Jahr 2000 gepachtet hatte, erwarb er 2014 das Eigentum an der Hofstelle (Flur ... Flurstück 23) und den Betriebsgrundstücken.
Bereits in den 1960er Jahren waren der Antragsteller zu 2) und seine Eltern Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens P.. Durch den Flurbereinigungsplan vom 17. Oktober 1966 wurde der hier umstrittene Wirtschaftsweg (Flur ... Flurstück 25) geschaffen. Er verläuft auf einer Länge von ca. 195 m zwischen der R.straße, einer innerörtlichen Gemeindestraße, und der rückwärtigen Seite der Hofstelle der Antragsteller. Der Flurbereinigungsplan enthält in seinem Textteil, u.a., folgende Festsetzungen:
"§ 10 Wirtschaftswege
(1) Die im Abfindungsnachweis unter der Ord.Nr. 3.02 aufgeführten Wirtschaftsweg werden, soweit dort nichts anderweitiges bestimmt ist, der Gemeinde P. zu Eigentum und Unterhaltung zugeteilt. (...)
(2) Für die Benutzung der Wirtschaftswege sind die im Abfindungsnachweis angegebene Zweckbestimmung und die nachstehenden Festsetzungen maßgebend. (...)
(4) Die Benutzung der Wirtschaftswege ist, soweit in diesem § 10 nicht etwas anderes festgesetzt ist, den Teilnehmern des Flurbereinigungsverfahrens (...) zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung der neuen Grundstücke (...) gestattet. (...)
§ 14 Festsetzungen mit der Wirkung von Gemeindesatzungen
Die Festsetzungen in (...) § 10 Nr. (3) - (6) (...) werden im gemeinschaftlichen Interesse der Beteiligten oder im öffentlichen Interesse getroffen. Sie haben daher gemäß § 58 Abs. 4 FlurbG die Wirkung von Gemeindesatzungen. (...)"
In dem in § 10 Abs. 1 erwähnten Abfindungsnachweis zu Ordnungs-Nr. 3.02 ist für die Wegeparzelle Flur ... Flurstück 25 als Nutzungsart "Weg" und als Zweckwidmung "Ortsstraße" verzeichnet.
Im Mai 2009 beschloss der Rat der Antragsgegnerin die Aufstellung eines Bebauungsplans, der auf dem an die Hofstelle der Antragsteller westlich angrenzenden Grundstück (Flur ... Flurstück 22), auf dem sich ehemals die Volksschule und später der Kindergarten der Antragsgegnerin befand, eine Eigentumswohnanlage mit ca. 40 Wohneinheiten vorsah. In diesem Zusammenhang entschloss sich die Antragsgegnerin, den Flurbereinigungsplan durch Satzung zu ändern. In der Beschlussvorlage zur Sitzung des Ortsgemeinderates am 19. Oktober 2011 heißt es, das Areal des Bebauungsplans werde durch den Weg Flur ... Flurstück 25 erschlossen, der spätestens seit Errichtung der Volksschule in den 1960er Jahren öffentlich genutzt werde, ohne förmlich gewidmet zu sein. Im Zuge des Flurbereinigungsverfahrens sei die Wegeparzelle aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen ausschließlich für eine landwirtschaftliche Nutzung gewidmet worden. Um den Widerspruch zu der tatsächlich bestehenden wie auch künftig geplanten Wegenutzung zu beheben und die Erschließung für das geplante Vorhaben auf dem Gelände des ehemaligen Kindergartens zu sichern, werde der Erlass einer Satzung gemäß § 58 Abs. 4 FlurbG empfohlen.
Mit der am 19. Oktober 2011 beschlossenen Satzung wird von der Römerstraße her ein ca. 115 m langes Teilstück des Wirtschaftsweges aufgehoben; das etwa 80 m lange Reststück des Weges bis zum Anwesen der Antragsteller bleibt hiervon unberührt. In der Begründung zu der Satzung ist ausgeführt, für die Erschließung der geplanten Bebauung sei es erforderlich, die landwirtschaftliche Zweckbestimmung der Wegeparzelle in einem Teilbereich aufzuheben und diesen für den öffentlichen Verkehr zu widmen. Die Satzung wurde am 9. November 2011 öffentlich bekannt gemacht. Mit Schreiben vom 6. August 2013 stimmte die Kreisverwaltung T. der Satzung kommunalaufsichtlich zu.
Die Antragsteller haben mit einem am 9. November 2012 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz Normenkontrollantrag gegen die Satzung zur Aufhebung des Wirtschaftsweges gestellt. Sie haben im Wesentlichen geltend gemacht, der Wirtschaftsweg sei im Flurbereinigungsplan ausgewiesen worden, um die Erschließung ihrer seinerzeit aus der Ortsmitte ausgesiedelten, an der freien Strecke der Bundesstraße ... gelegenen Hofstelle sowie eines benachbarten Weinbaubetriebes sicherzustellen. Die teilweise Aufhebung des Wirtschaftsweges sei aus formellen und materiellen Gründen rechtswidrig. Der Weg sei nicht geeignet, über die ihm zugewiesene landwirtschaftliche Funktion hinaus eine umfangreiche Wohnbebauung zu erschließen.
Das Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag als unzulässig verworfen, da den Antragstellern die Antragsbefugnis fehle. Eine Verletzung eigener Rechte der Antragsteller durch die Aufhebung des hier umstrittenen Wegeteils sei unter den gegebenen Umständen ausgeschlossen. Der entstandene konkrete Erschließungsvorteil bleibe uneingeschränkt vorhanden; nach Einziehung des Wirtschaftsweges und Eröffnung derselben Wegefläche für den öffentlichen Verkehr sei die Nutzung durch die Antragsteller weder rechtlich noch tatsächlich beschränkt. Für die Wertgleichheit der seinerzeit im Flurbereinigungsverfahren erzielten Abfindung sei es nicht erforderlich, dass der betreffende Weg ausschließlich dem landwirtschaftlichen Verkehr vorbehalten sei. Vielmehr könne der Flurbereinigungsplan selbst Teile des im gemeinschaftlichen Interesse der Teilnehmer geschaffenen Wegenetzes dem öffentlichen Verkehr eröffnen. Die Bewirtschaftung der Grundstücke an dem eingezogenen Wegestück werde nicht konkret erschwert. Etwaigen Behinderungen für oder durch andere Verkehrsteilnehmer sei durch verkehrspolizeiliche Maßnahmen zu begegnen.
Zur Begründung der - vom Senat zugelassenen - Revision machen die Antrag-steller geltend, sie seien entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts antragsbefugt. Der Wirtschaftsweg vermittele ihnen einen konkreten Erschließungsvorteil, der die ihnen im Flurbereinigungsverfahren auferlegten Flächenabzüge ausgleiche. Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Änderung des Flurbereinigungsplans hätten zu keiner Zeit vorgelegen. Der Verpflichtung, neu ausgewiesene Grundstücke durch Wege zugänglich zu machen, habe die Flurbereinigungsbehörde in der Regel und auch hier durch die Schaffung nicht öffentlicher Wege zu genügen. Der umstrittene Wirtschaftsweg müsse angesichts seiner besonderen Bedeutung für ihr Aussiedlungsvorhaben uneingeschränkt aufrechterhalten bleiben.
Die Antragsteller beantragen,
den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Juni 2013 zu ändern und die Satzung der Antragsgegnerin vom 19. Oktober 2011 für unwirksam zu erklären,
hilfsweise: den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt im Ergebnis den angefochtenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts und meint, die Antragsteller hätten die neue Zweckbestimmung des Weges im Hinblick auf die veränderte Interessenlage der Beteiligten hinzunehmen.
Die zulässige Revision der Antragsteller ist begründet. Der angefochtene Beschluss verletzt Bundesrecht und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO).
1. Der Normenkontrollantrag ist zulässig, insbesondere sind die Antragsteller antragsbefugt. Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die im Revisionsverfahren als Sachurteilsvoraussetzung der Vorinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1985 - 2 C 14.84 - BVerwGE 71, 73 <74 f.>), setzt voraus, dass sich die Antragsteller auf eine sie schützende öffentlich-rechtliche Norm als Kontrollmaßstab für die angegriffene Rechtsvorschrift stützen können. Ferner müssen hinreichend substantiiert Tatsachen vorgetragen sein, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass die Antragsteller durch die angegriffene Rechtsvorschrift in ihren Rechten verletzt werden. Nur dann, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausscheidet, fehlt die Antragsbefugnis (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 24. September 1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <217 ff.> und vom 18. November 2002 - 9 CN 1.02 - BVerwGE 117, 209 <211>). Soweit im Zusammenhang mit der Überprüfung einer planungsrechtlichen Norm das Recht auf gerechte Abwägung in Rede steht, hängt die Antragsbefugnis davon ab, ob es auf der Grundlage des wechselseitigen schriftsätzlichen Vorbringens einen abwägungserheblichen Belang der Antragsteller geben kann, dessen fehlerhafte Behandlung nicht ausgeschlossen ist (BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 2012 - 4 BN 16.12 - BauR 2012, 1771 Rn. 2 f.).
a) Die Antragsteller können sich auf § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG als Schutznorm berufen. Danach können Festsetzungen des Flurbereinigungsplans, die im gemeinschaftlichen Interesse der Beteiligten oder im öffentlichen Interesse getroffen wurden (§ 58 Abs. 4 Satz 1 FlurbG), nach Beendigung des Flurbereinigungsverfahrens nur durch Gemeindesatzung mit Zustimmung der Gemeindeaufsichtsbehörde geändert oder aufgehoben werden. Der Senat hat dieser Norm, soweit der Flurbereinigungsplan - wie hier - bestimmte dem besonderen Schutz des § 58 Abs. 4 FlurbG unterfallende Anlagen festsetzt, die Pflicht der Gemeinde entnommen, die berechtigten Interessen der Teilnehmer am Fortbestand sie begünstigender Festsetzungen des Flurbereinigungsplans einerseits und die für die Änderung sprechenden öffentlichen oder sonstigen Belange andererseits abzuwägen (BVerwG, Urteil vom 18. November 2002 - 9 CN 1.02 - BVerwGE 117, 209 <216 f.>). Davon ausgehend verkörpert die durch den hier umstrittenen Wirtschaftsweg vermittelte landwirtschaftliche Erschließung einen flurbereinigungsrechtlichen Sondervorteil (aa), auf den sich die Antragsteller des vorliegenden Rechtsstreits berufen können (bb).
aa) Rechtlich betroffen durch eine Änderungssatzung nach § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG sind (jedenfalls) diejenigen, denen der Flurbereinigungsplan in Gestalt des betreffenden Wirtschaftsweges einen konkreten Erschließungsvorteil verschafft hat. Denn mit Rücksicht darauf, dass die Teilnehmer der Flurbereinigung für das Wegenetz einen Landabzug hinnehmen müssen (§ 47 Abs. 1 FlurbG), der nur deshalb als Inhalts- und Schrankenbestimmung mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar ist, weil das Wegenetz überwiegend ihnen zugute kommt, berührt die nachträgliche Entziehung des einem Teilnehmer zugewendeten besonderen Erschließungsvorteils den Grundsatz der wertgleichen Abfindung (§ 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG) und gefährdet damit den durch die Flurbereinigung angestrebten Interessenausgleich (BVerwG, Urteil vom 18. November 2002 - 9 CN 1.02 - BVerwGE 117, 209 <212 f.>). Unter diesen Umständen ergibt sich die schutzwürdige Rechtsposition des jeweiligen Teilnehmers und seiner Rechtsnachfolger aus der sie begünstigenden Festsetzung des Flurbereinigungsplans, in die durch die Satzung eingegriffen werden soll.
Der Annahme eines derartigen besonderen Erschließungsvorteils für bestimmte begünstigte Teilnehmer steht im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass der Abfindungsnachweis für die umstrittene Wegeparzelle - möglicherweise im Hinblick auf die dort nach Angaben der Antragsgegnerin im Jahr 1964 errichtete Volksschule - als Zweckbestimmung "Ortsstraße" festlegt. Sogar eine Widmung für den Gemeingebrauch, die hier allerdings nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten vor Erlass der angegriffenen Satzung nicht ausgesprochen worden war, ließe das flurbereinigungsrechtliche Sonderregime unberührt, dem das vorrangig oder jedenfalls wesentlich im gemeinschaftlichen Interesse geschaffene Wegenetz unterliegt (BVerwG, Urteil vom 18. November 2002 - 9 CN 1.02 - BVerwGE 117, 209 <216>; VGH München, Urteil vom 11. Mai 2011 - 13a N 10.577 - juris Rn. 30).
bb) Daran gemessen hat der Flurbereinigungsplan den Antragstellern zu 2) und 3) nach ihrem, von der Antragsgegnerin insoweit nicht bestrittenen Sachvortrag einen konkreten Erschließungsvorteil verschafft, dessen nachträgliche Entziehung bzw. Änderung ihre rechtlich geschützten Interessen berührt. Der Antragsteller zu 2) und die Rechtsvorgänger beider Antragsteller hatten als Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens einen Landabzug nach § 47 Abs. 1 FlurbG aufzubringen (vgl. § 7 des Textteils des Flurbereinigungsplans), der zumindest auch dadurch ausgeglichen wurde, dass der in der Flurbereinigung geschaffene Wirtschaftsweg ihren Aussiedlerhof - ohne unmittelbare Zufahrt auf die Bundesstraße ... - mit ihren landwirtschaftlichen bzw. weinbaulichen Nutzflächen sowie mit dem öffentlichen Straßennetz verbindet. Dem steht nicht entgegen, dass das bereits im Flurbereinigungsplan (§ 8 Abs. 3 des Textteils) vorgesehene Aussiedlungsvorhaben der Antragsteller erst nach Abschluss des Flurbereinigungsverfahrens an seinem derzeitigen Standort verwirklicht werden konnte. Entscheidend ist, dass erst der durch den Flurbereinigungsplan ausgewiesene Wirtschaftsweg die Voraussetzung dafür schuf, die Hofstelle an die freie Strecke der Bundesstraße (außerhalb der zur Erschließung bestimmten Ortsdurchfahrt, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FStrG) zu verlegen.
Die während des Rechtsstreits erfolgte Veräußerung der Hof- und Betriebsgrundstücke an den Antragsteller zu 1) hat keinen Einfluss auf die prozessuale Stellung der Antragsteller zu 2) und 3); dies ergibt sich aus § 173 VwGO in Verbindung mit § 265 Abs. 2 ZPO. Im Normenkontrollverfahren streitbefangen (§ 265 Abs. 1 ZPO) ist ein Grundstück im Hinblick auf seine durch die angegriffene Norm festgesetzten öffentlich-rechtlichen Eigenschaften (BVerwG, Beschluss vom 1. August 2001 - 4 BN 43.01 - Buchholz 303 § 265 ZPO Nr. 6 S. 3). Wegen des bereits erwähnten Zusammenhangs der Ausweisung von Wirtschaftswegen mit dem Grundsatz wertgleicher Landabfindung weist eine Satzung nach § 58 Abs. 4 FlurbG den insoweit erforderlichen Grundstücksbezug auf.
Unbeschadet dessen kann auch der Antragsteller zu 1) seine eigene rechtliche Betroffenheit auf den erwähnten konkreten Erschließungsvorteil stützen. Maßgeblich dafür ist der Umstand, dass er nach dem unstreitigen Vorbringen der Antragsteller schon seit dem Jahr 2000 Pächter des landwirtschaftlichen Betriebes seiner Eltern war. Auch der Pächter ist Träger schutzwürdiger, in der Abwägung zu berücksichtigender Belange und insoweit in eigener Person klage- bzw. antragsbefugt (vgl. zur fachplanerischen Abwägung etwa BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2004 - 9 A 16.03 - juris Rn. 25 und vom 21. Juni 2006 - 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 Rn. 13; s. für das Flurbereinigungsverfahren auch Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 41 Rn. 41 m.w.N.). Der besondere Zweck des § 58 Abs. 4 FlurbG, die Nachhaltigkeit der Ergebnisse der Flurbereinigung zu sichern (BVerwG, Urteil vom 18. November 2002 - 9 CN 1.02 - BVerwGE 117, 209 <214>), spricht ebenfalls dafür, neben den dinglichen Rechtsnachfolgern der Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens die Pächter der jeweiligen Abfindungsgrundstücke in den Kreis der geschützten Personen einzubeziehen.
b) Die Möglichkeit, dass die Antragsteller durch die angegriffene Satzung in eigenen Rechten verletzt werden, ist entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht deshalb ausgeschlossen, weil ihnen ihr Erschließungsvorteil unabhängig von der Satzung erhalten bleibt. Das Oberverwaltungsgericht sieht die Teilnehmerrechte der Antragsteller von der Änderungssatzung unberührt, da die Einziehung der Wegefläche als Wirtschaftsweg, verbunden mit ihrer Eröffnung für den öffentlichen Verkehr, die Nutzung durch die Antragsteller weder rechtlich noch tatsächlich beschränke. Diese Argumentation berücksichtigt nicht hinreichend das Interesse der Antragsteller daran, dass ihnen die landwirtschaftliche Erschließungsfunktion des Weges ungestört, d.h. ohne (mehr als nur geringfügige) Beeinträchtigungen durch Dritte, erhalten bleibt. Da das flurbereinigungsrechtliche Sonderregime den konkreten Erschließungsvorteil der betroffenen Teilnehmer als Ausgleich für den entschädigungslosen Landabzug schützt, müssen sich diese nicht auf den bloßen Fortbestand einer "hinreichenden" Erschließung verweisen lassen (BVerwG, Urteil vom 18. November 2002- 9 CN 1.02 - BVerwGE 117, 209 <217>). Im Hinblick darauf kann dem Anliegen der Antragsteller, den ihnen seinerzeit zugewendeten konkreten Erschließungsvorteil zu verteidigen, die Schutzwürdigkeit nicht von vornherein abgesprochen werden; auch der pauschale Hinweis des Oberverwaltungsgerichts auf gegebenenfalls erforderliche "verkehrspolizeiliche Maßnahmen" erschöpft ihr Abwehrinteresse nicht.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Verletzung eigener Rechte der Antragsteller schon deshalb als jedenfalls möglich, weil deren bereits vorprozessual erhobener substantiierter Einwand, der durch das geplante Wohnbauvorhaben ausgelöste fließende und ruhende Verkehr werde zu erheblichen Erschwernissen für die Erreichbarkeit ihres Weinbaubetriebes führen, von der Antragsgegnerin erkennbar überhaupt nicht berücksichtigt worden ist.
2. Erweist sich somit die Prozessabweisung als fehlerhaft, könnte der Senat in der Sache nur entscheiden, wenn der Rechtsstreit entscheidungsreif wäre. Das ist nicht der Fall, weil die Entscheidung einerseits irrevisibles, vom Oberverwaltungsgericht bislang nicht angewendetes Landesrechts berührt (a), andererseits tatsächliche Feststellungen erfordert, die das Oberverwaltungsgericht nicht getroffen hat (b).
a) Die formelle Rechtmäßigkeit der angegriffenen Satzung richtet sich unter anderem nach landesrechtlichen Bestimmungen, die das Oberverwaltungsgericht, von seinem Standpunkt aus konsequent, bisher nicht herangezogen hat. Von Bundesrechts wegen ist in § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG festgelegt, dass die Gemeindesatzung, mit der eine im gemeinschaftlichen Interesse der Beteiligten getroffene Festsetzung des Flurbereinigungsplans geändert oder aufgehoben wird, der Zustimmung der Gemeindeaufsichtsbehörde bedarf. Die weiteren Einzelheiten des bei der Aufstellung und Bekanntmachung der Satzung zu beachtenden Verfahrens sind demgegenüber ebenso dem Landesrecht zu entnehmen wie etwaige Fehlerfolgen. Insoweit ist von Belang, dass die Kreisverwaltung T. die kommunalaufsichtliche Zustimmung zu der am 9. November 2011 öffentlich bekanntgemachten Satzung der Antragsgegnerin erst am 6. August 2013 nachträglich erteilt hat. Dieser erst im Revisionsverfahren vorgetragene, aber unstreitige, nicht weiter beweisbedürftige und daher vom Revisionsgericht zu berücksichtigende Umstand ist zu messen an § 119 Abs. 1 Satz 1 GemO RP, wonach Satzungen, die der Genehmigung der Aufsichtsbehörde unterliegen, erst nach der Erteilung der Genehmigung bekannt gemacht werden dürfen. Der Senat macht - auch mit Blick auf etwaige landesrechtliche Heilungsvorschriften - von dem ihm in § 173 VwGO in Verbindung mit § 563 Abs. 4 ZPO eingeräumten prozessualen Ermessen dahin Gebrauch, dass er die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückverweist, um diesem Gelegenheit zur Auslegung und Anwendung des von ihm bislang nicht angewandten irrevisiblen Landesrechts zu geben.
b) Die materielle Rechtmäßigkeit der Satzung kann abschließend nicht ohne weitere tatsächliche Feststellungen beurteilt werden.
Das Satzungsermessen der Antragsgegnerin war, wie schon erwähnt, im Hinblick auf die in § 58 Abs. 4 Satz 1 FlurbG angesprochenen öffentlichen und privaten Belange dahin eingeschränkt, dass sie die berechtigten Interessen der Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens am Fortbestand der sie begünstigenden Festsetzungen des Flurbereinigungsplans abwägend zu berücksichtigen hatte (BVerwG, Urteil vom 18. November 2002 - 9 CN 1.02 - BVerwGE 117, 209 <217>). Die gerichtliche Kontrolle muss sich an den Grundsätzen ausrichten, die in der Rechtsprechung für die Begrenzung der planerischen Gestaltungsfreiheit entwickelt worden sind. Dementsprechend ist zu prüfen, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob die nach Lage der Dinge abwägungsbeachtlichen Belange in sie eingestellt worden sind und ob weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu der objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4001.10 - BVerwGE 141, 1 Rn. 45 m.w.N).
Zu den einschlägigen Maßgaben für die gerichtliche Abwägungskontrolle gehören auch die Grundsätze über die eingeschränkte Beachtlichkeit von Abwägungsfehlern, die etwa in § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB und im Fachplanungsrecht Niederschlag gefunden haben, aber darüber hinaus Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens der Planerhaltung sind. Ein Mangel im Abwägungsvorgang ist danach nur erheblich, wenn er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist (so BVerwG, Urteil vom 23. August 2006 - 10 C 4.05 - BVerwGE 126, 303 Rn. 32 für die Abwägungskontrolle gegenüber Festsetzungen des Flurbereinigungsplans). Offensichtlich in diesem Sinne sind insbesondere Fehler, die die Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials, die Erkenntnis und Einstellung aller wesentlichen Belange in die Abwägung oder die Gewichtung der Belange betreffen und die sich aus Akten, der Entwurfsbegründung oder aus sonstigen Umständen ergeben. Von Einfluss auf das Abwägungsergebnis ist ein Mangel, wenn ohne ihn die konkrete Möglichkeit einer anderen Entscheidung bestanden hätte (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 9 A 13.09 - BVerwGE 138, 226 Rn. 80 f. m.w.N.).
Nach diesem Maßstab dürfte der Antragsgegnerin in Bezug auf einen konkreten Erschließungsvorteil, soweit er den Antragstellern und etwaigen weiteren Landwirten durch die Festsetzungen des Flurbereinigungsplans verschafft worden ist, ein offensichtlicher Mangel im Abwägungsvorgang unterlaufen sein. Denn sowohl die Beschlussvorlage zu der angegriffenen Satzung als auch die Satzungsbegründung lassen erkennen, dass es der Antragsgegnerin ausschließlich darum ging, den (vermeintlichen) Widerspruch zwischen der seinerzeit festgelegten und der tatsächlichen Wegenutzung zu beheben und die Erschließung des geplanten Bauvorhabens sicherzustellen, ohne dass ein relevanter landwirtschaftlicher Erschließungsvorteil überhaupt in den Blick genommen wurde.
Für die Entscheidung, ob bei einer Einbeziehung der Belange der Antragsteller und etwaiger weiterer betroffener Landwirte in die Abwägung die konkrete Möglichkeit einer anderen Entscheidung bestanden hätte, wird das Oberverwaltungsgericht zu berücksichtigen haben, dass eine Änderungssatzung nach § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG regelmäßig nur dann ermessensfehlerfrei ergehen kann, wenn sich die für die Festsetzung des Flurbereinigungsplans maßgebende Interessenlage geändert hat; das ist insbesondere dann der Fall, wenn die betreffenden Straßen oder Wege die ihnen ursprünglich zugedachte Verkehrsbedeutung nicht erlangt oder nachträglich verloren haben (BVerwG, Urteil vom 18. November 2002 - 9 CN 1.02 - BVerwGE 117, 209 <215 f.>). Die für die Funktionslosigkeit bauplanerischer Festsetzungen entwickelten Grundsätze (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28. April 2004 - 4 C 10.03 - Buchholz 406.12 § 3 BauNVO Nr. 15 S. 4 m.w.N.) gelten auch für Festsetzungen eines Flurbereinigungsplans (BVerwG, Urteil vom 18. November 2002 - 9 CN 1.02 - BVerwGE 117, 209 <218>; Beschluss vom 26. April 2005 - 10 BN 1.04 - juris Rn. 2). Funktionslos kann die betreffende Festsetzung danach sein, wenn und soweit die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient.
In diesem Zusammenhang macht die Antragsgegnerin geltend, das Wegestück zur R. hin sei schon seit den frühen 1960er Jahren, mithin vor der Parzellierung des Weges im Flurbereinigungsverfahren, und seither durchgehend öffentlich genutzt worden, und zwar zunächst für die Volksschule, dann für den Kindergarten auf dem ehemaligen Schulgelände und schließlich für den neuen Kindergarten, der auf der gegenüberliegenden Seite des Weges errichtet wurde und ebenfalls über diesen erschlossen wird. Insoweit ist allerdings fraglich, ob die von Volksschule und Kindergarten ausgelöste Verkehrsbelastung in der Vergangenheit ein derartiges Ausmaß erreicht hat, dass sie die Verwirklichung der besonderen landwirtschaftlichen Erschließungsfunktion des Weges auf unabsehbare Zeit offensichtlich ausschloss.
Sollte das Oberverwaltungsgericht feststellen, dass die Antragsteller und etwaige weitere Begünstigte weiterhin ein rechtlich geschütztes Interesse am Fortbestand des flurbereinigungsrechtlichen Sonderregimes für den Wirtschaftsweg haben, muss dieses Interesse gegenüber einem gegenläufigen öffentlichen Interesse allenfalls dann zurückstehen, wenn den Begünstigten ein angemessener - unter Umständen finanzieller - Ausgleich geboten wird und ihnen der Verzicht auf ihren konkreten Erschließungsvorteil unter Berücksichtigung dieses Ausgleichs zumutbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. November 2002 - 9 CN 1.02 - BVerwGE 117, 209 <218 f.>).
3. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ist der Schlussentscheidung vorzubehalten.