Entscheidungsdatum: 16.11.2017
Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Zweck ausschließlich auf Einkommenserzielung gerichtet ist, unterliegt nicht der Jagdsteuer (im Anschluss an BVerwG, Urteile vom 27. Juni 2012 - 9 C 10.11 - BVerwGE 143, 210 und - 9 C 2.12 - BVerwGE 143, 216).
Die Klägerin wendet sich gegen Jagdsteuerbescheide des beklagten Landkreises.
Sie ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die mildtätigen und gemeinnützigen Zwecken dient und daher von der Körperschafts- und Gewerbesteuer befreit ist. Ihre Alleingesellschafterin ist eine ebenfalls steuerbegünstigte Stiftung. Die Klägerin verfolgt nach ihrem Gesellschaftsvertrag ausschließlich den Zweck, für ihre Alleingesellschafterin Mittel zu beschaffen. Dies geschieht durch den Erwerb, die Veräußerung und die Verwaltung eigenen und fremden Vermögens im In- und Ausland. Die Mittel sind nach näherer Maßgabe der Stiftungssatzung und des Gesellschaftsvertrages für die Unterstützung hilfsbedürftiger Menschen und bedrohter Tierarten zu verwenden.
Im Kreisgebiet des Beklagten ist die Klägerin u.a. Eigentümerin von vier Eigenjagdbezirken. Mit Bescheiden vom 4. September 2013 zog sie der Beklagte für den Zeitraum von April 2013 bis März 2014 zu Jagdsteuern in Höhe von insgesamt 1 372,68 € heran. Im strittigen Zeitraum waren die Jagdbezirke nicht verpachtet. Sie wurden durch von der Klägerin angestellte Revierförster und Jagdgäste bejagt.
Der gegen die Steuerbescheide erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten im Wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen: Der Aufwand der Klägerin für die Unterhaltung ihrer Eigenjagdbezirke rechtfertige keine Besteuerung nach Maßgabe des Art. 105 Abs. 2a GG. Denn die Klägerin habe keinen persönlichen Lebensbedarf, dem der fragliche Aufwand dienen könne. Dieser sei vielmehr insgesamt der Einkommenserzielung zuzuordnen. Die Jagdsteuer sei auch nicht als indirekte Steuer auf eine Überwälzung auf Dritte, etwa die Jagdgäste, angelegt. Die Steuersatzung des Beklagten sei somit verfassungskonform dahin einzuschränken, dass eine juristische Person wie die Klägerin von der Jagdsteuer ausgenommen sei.
Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision hat der Beklagte geltend gemacht, es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin im Zusammenhang mit der Jagdausübung ein Einkommen erziele, das dem satzungsmäßigen Zweck zugutekomme. Vielmehr betreibe sie, insbesondere durch die Anstellung eigener Revierförster, einen erheblichen Aufwand, der der Steuerpflicht unterliege. Es sei auch nicht unangemessen, die Klägerin im Wege der indirekten Steuererhebung mit dem persönlichen Aufwand ihrer Jagdgäste zu belasten.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 18. August 2016 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 23. September 2014 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil verstößt nicht gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1, § 144 Abs. 2 VwGO).
Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass die angefochtenen Steuerbescheide keine hinreichende Grundlage in der Jagdsteuersatzung des Beklagten, hier maßgeblich in der Fassung vom 16. Februar 2009, finden. Danach ist Steuergegenstand die Ausübung des Jagdrechts; steuerpflichtig ist, wer das Jagdrecht ausübt oder durch Dritte ausüben lässt (§ 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Satzung bedürfe im Hinblick auf Art. 105 Abs. 2a GG einer einschränkenden Auslegung dahin, dass die Klägerin als Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter den hier vorliegenden Umständen nicht der Jagdsteuerpflicht unterliege, steht mit Bundesrecht in Einklang.
1. Die Jagdsteuer zählt zu den örtlichen Aufwandsteuern im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG. Dabei handelt es sich um Steuern auf die Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf, in der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zum Ausdruck kommt. Belastet werden soll der über die Befriedigung der allgemeinen Lebensführung hinausgehende Aufwand im Hinblick auf die in diesem Konsum zum Ausdruck kommende besondere Leistungsfähigkeit. Von wem und mit welchen Mitteln der Aufwand finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient, ist dabei unerheblich (stRspr, s. zuletzt BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 9 C 7.16 - juris Rn. 13 m.w.N.). Dagegen unterfällt ein Aufwand, der allein der Einkommenserzielung dient, nicht dem Art. 105 Abs. 2a GG; die Abgrenzung von Einkommensverwendung und Einkommenserzielung erfordert eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalles (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012 - 9 CN 1.11 - BVerwGE 143, 301 Rn. 14 m.w.N.).
Die Ausübung des Jagdrechts kann danach Gegenstand der Aufwandbesteuerung sein. Sie geht über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinaus und erfordert die Verwendung finanzieller Mittel unabhängig davon, ob der Jagdausübungsberechtigte eine Eigenjagd erworben oder einen Jagdbezirk gepachtet hat. Ein die Steuererhebung rechtfertigender Aufwand kann auch darin liegen, dass auf eine Verpachtung der Jagd und die dadurch erzielbaren Einkünfte verzichtet wird. Das rechtfertigt es, in der Regel jeden, dem das Recht zur Ausübung der Jagd zusteht, mit der Jagdsteuer zu belasten (BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2012 - 9 C 10.11 - BVerwGE 143, 210 Rn. 9 m.w.N.).
In einem Eigenjagdbezirk ist die Ausübung des Jagdrechts regelmäßig - von dem Fall der Jagdpacht abgesehen - dem Grundstückseigentümer zugeordnet (§§ 1, 3 Abs. 1, § 11 Abs. 1 BJagdG, § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Niedersächsisches Jagdgesetz - NJagdG - vom 16. März 2001, GVBl. S. 100). Dabei unterscheidet das Gesetz nicht zwischen natürlichen und juristischen Personen. Befindet sich der Eigenjagdbezirk im Eigentum einer juristischen Person, ist diese, vertreten durch ihre Organe, jagdausübungsberechtigt. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn sie die tatsächliche Durchführung der Jagd angestellten Jägern oder Jagdgästen überlässt (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4, § 18 Abs. 1 NJagdG); eine diesen erteilte Jagderlaubnis berechtigt nur zur Nutzung des fremden Jagdrechts. Dementsprechend stellt die Jagdsteuersatzung des Beklagten (§ 2 Abs. 1 Satz 1) denjenigen, der das Jagdrecht durch Dritte ausüben lässt, demjenigen gleich, der es selbst ausübt.
2. Der Heranziehung der Klägerin als einer juristischen Person des Privatrechts zur Jagdsteuer steht hier aber entgegen, dass sie keinen steuerbaren Aufwand im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG betreibt. Die Frage der Aufwandsteuerpflicht juristischer Personen ist differenziert nach dem jeweiligen Steuergegenstand und gegebenenfalls nach der spezifischen Ausrichtung und Struktur der juristischen Person zu beantworten. So ist einer Jagdgenossenschaft die Ausübung des Jagdrechts durch die Jagdgenossen steuerlich zuzuordnen, weil wirtschaftlich betrachtet deren Einkommen für deren persönlichen Lebensbedarf verwendet wird (BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2012 - 9 C 10.11 - BVerwGE 143, 210 Rn. 12). Dagegen kann eine jagdausübungsberechtigte Gemeinde nicht zur Jagdsteuer veranlagt werden, weil die umfassende Gemeinwohlbindung einer Kommune es ausschließt, Einkommen für eine konsumtive Nutzung zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse zu verwenden (BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2012 - 9 C 2.12 - BVerwGE 143, 216 Rn. 10).
Der Befund, dass eine juristische Person ausschließlich anderen Zwecken als der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf dient, lässt sich entgegen der Auffassung des Beklagten nicht auf öffentlich-rechtliche Körperschaften mit umfassender Gemeinwohlbindung beschränken. Er gilt ebenso für juristische Personen des Privatrechts, falls sie ausschließlich auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und damit auf Einkommenserzielung gerichtet sind (vgl. Christ, in: Christ/Oebbecke, Handbuch Kommunalabgabenrecht, 2016, Kap. C Rn. 264). Ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die grundsätzlich zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck errichtet werden kann (§ 1 GmbHG), Trägerin eines gemeinnützigen Unternehmens, so ist sie regelmäßig - bis auf die fehlende Gewinnerzielungsabsicht - wirtschaftlich orientiert. Denn sie verfolgt im Hinblick auf die Verwaltung des Vermögens wirtschaftliche Ziele (s. Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 1 Rn. 10 f. m.w.N.).
So liegt der Fall auch hier. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin nach ihrem Gesellschaftsvertrag auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet ist, indem sie ausschließlich den Zweck verfolgt, für ihre Alleingesellschafterin - die gemeinnützige Stiftung - Mittel zur Erfüllung deren satzungsmäßiger Zwecke zu beschaffen. Die Mittelbeschaffung erfolgt "durch den bisherigen Gegenstand des Unternehmens", also denjenigen, der schon vor der Festlegung der Gemeinnützigkeit bestand. Dabei handelt es sich um den Erwerb, die Veräußerung und die Verwaltung eigenen und fremden Vermögens im In- und Ausland (s. § 2 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin). Daraus hat das Oberverwaltungsgericht den Schluss gezogen, dass der Aufwand der Klägerin unbeschadet des Umstandes, dass sie nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt, nicht der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf, sondern durchgehend der Einkommenserzielung dient.
Gegen die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat die Revision keine Verfahrensrügen erhoben. Seinen Schlussfolgerungen steht auch nicht der zwischen den Beteiligten unstreitige Umstand entgegen, dass die Klägerin die Jagd in den nicht verpachteten Jagdbezirken nicht nur ihren Revierförstern als angestellten Jägern überlassen (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 1 NJagdG), sondern die Ausübung der Jagd auch Jagdgästen erlaubt hat (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 2 NJagdG). Denn zum einen dürften die Jagdgäste nach den vom Beklagten nicht bestrittenen Darlegungen der Klägerin durch ihre Zahlungen zum wirtschaftlichen Ergebnis beigetragen haben. Zum anderen und vor allen Dingen lässt der Umstand als solcher, dass eine wirtschaftlichen Zielen verpflichtete juristische Person des Privatrechts gelegentlich Jagderlaubnisse an Außenstehende erteilt, nicht darauf schließen, dass sie unter Verstoß gegen den Gesellschaftszweck konsumtive Zwecke dieser Privatpersonen verfolgt. Vielmehr ist bei einem Wirtschaftsunternehmen mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass es auch insoweit Unternehmenszwecke, etwa solche der Kundenbindung, erreichen will (so auch Christ, in: Christ/Oebbecke, Handbuch Kommunalabgabenrecht, 2016, Kap. C Rn. 264; zur entsprechenden Problematik im Falle einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2012 - 9 C 2.12 - BVerwGE 143, 216 Rn. 10 a.E.).
Der Beklagte kann dagegen nicht mit Erfolg einwenden, der Aufwand, den die Klägerin mit den Lohnzahlungen an die Revierförster betreibe, übersteige auch unter Berücksichtigung der Beiträge der Jagdgäste wesentlich den Jagdertrag. Damit lässt sich, ohne dass es hierzu weiterer tatrichterlicher Feststellungen bedarf, eine Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf nicht begründen. Selbst wenn die von der Klägerin bestrittene und vom Oberverwaltungsgericht nicht aufgeklärte Behauptung des Beklagten zuträfe, würde das den von der Klägerin verfolgten Einkommenserzielungszweck nicht in Frage stellen. Die Erhebung einer Aufwandsteuer stellt keine Sanktion für ein - unterstellt - unwirtschaftliches Geschäftsgebaren dar, sondern setzt stets einen persönlichen Zwecken dienenden Aufwand voraus (s. auch BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2014 - 9 C 5.13 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 31 Rn. 14). Eine ineffiziente Vermögensverwaltung ist als solche nicht gleichbedeutend mit einem Aufwand, der persönlichen Konsumzwecken dient.
3. Eine Heranziehung der Klägerin zur Jagdsteuer kommt entgegen der Auffassung des Beklagten schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer indirekten Steuer in Betracht, die auf Dritte (hier insbesondere die Jagdgäste) abgewälzt werden könnte. Eine Aufwandsteuer als indirekte Steuer muss auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt sein (stRspr, s. zuletzt Urteile vom 14. Oktober 2015 - 9 C 22.14 - BVerwGE 153, 116 Rn. 33 und vom 29. Juni 2017 - 9 C 7.16 - juris Rn. 15, 44). Daran fehlt es hier. Eine Abwälzung entspricht weder dem herkömmlichen Typus der Jagdsteuer noch ergeben sich für einen derartigen Normzweck irgendwelche Anhaltspunkte aus der hier einschlägigen Satzung.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.