Entscheidungsdatum: 14.12.2017
1. Ein Stufentarif für die Erhebung von Zweitwohnungssteuer, bei dem sich Steuerbetrag und Steuersatz beim Übergang von einer Stufe zur nächsten verdoppeln und bei dem der Steuersatz auf den einzelnen Stufen auf die Hälfte des Steuersatzes am jeweiligen Stufenanfang absinkt, obwohl der Mietaufwand am Stufenende doppelt so hoch ist wie am Stufenanfang, verletzt den Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.
2. Es stellt keine die Erhebung von Zweitwohnungssteuer ausschließende Kapitalanlage dar, wenn der Eigentümer seine Wohnung an eine GmbH vermietet, deren alleiniger Geschäftsführer er ist, damit er dort im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit übernachten kann.
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer.
Er bewohnt gemeinsam mit seiner Ehefrau, die als niedergelassene Kinderärztin tätig ist, und seinen drei schulpflichtigen Kindern eine Hauptwohnung in Hessen. Im Gebiet des Beklagten gehört ihm eine 104,80 m² große Wohnung. Diese wird durch den Kläger und seine Familie sowie Freunde des Klägers als Ferienwohnung genutzt. Außerdem wird sie regelmäßig an die D.-GmbH vermietet, deren Geschäftsführer der Kläger ist. Die GmbH stellt dem Kläger die Wohnung jeweils zwei bis drei Tage pro Woche zum Übernachten zur Verfügung, wenn er sich aus beruflichen Gründen in Oberbayern aufhält.
Der Beklagte erhebt auf der Grundlage seiner Zweitwohnungssteuersatzung vom 25. November 2004 in der Fassung der Änderungssatzung vom 15. September 2010 (ZwStS) eine Zweitwohnungssteuer. Die Steuer wird nach dem jährlichen Mietaufwand berechnet. Dies ist die vertraglich geschuldete Nettokaltmiete. Für Wohnungen im Eigentum des Steuerpflichtigen ist die Nettokaltmiete in der ortsüblichen Höhe anzusetzen. Sie wird in Anlehnung an die Nettokaltmiete geschätzt, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. § 5 Abs. 1 Satz 1 ZwStS lautet:
Die Steuer beträgt im Kalenderjahr:
jährlicher Mietaufwand |
Stufe | von/ab | bis | Steuer |
1 | 1 250,00 € | 110,00 € | |
2 | 1 250,01 € | 2 500,00 € | 225,00 € |
3 | 2 500,01 € | 5 000,00 € | 450,00 € |
4 | 5 000,01 € | 10 000,00 € | 900,00 € |
5 | 10 000,01 € | 20 000,00 € | 1 800,00 € |
6 | 20 000,01 € | 40 000,00 € | 3 600,00 € |
7 | 40 000,01 € | 7 200,00 € |
Mit Bescheid vom 16. September 2014 setzte der Beklagte für die Wohnung des Klägers die Zweitwohnungssteuer für den Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2014 auf 225 € und ab dem Jahr 2015 bis zur Bekanntgabe eines neuen Steuerbescheides auf 900 € jährlich fest.
Den Widerspruch des Klägers wies das Landratsamt Miesbach mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2014 zurück. Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage des Klägers hatte hingegen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hob den angefochtenen Bescheid mit der Begründung auf, § 5 Abs. 1 Satz 1 ZwStS verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Berufung ein.
Der Verwaltungsgerichtshof hob das Urteil des Verwaltungsgerichts auf und wies die Klage ab. Zur Begründung führte er aus, die Zweitwohnungssteuersatzung des Beklagten sei gültig. Der Stufentarif des § 5 Abs. 1 Satz 1 ZwStS sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar. Die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Erhebung der Steuer in der festgesetzten Höhe seien erfüllt. Die Steuererhebung sei auch im Übrigen rechtmäßig. Weder handele es sich bei der Wohnung um eine reine Kapitalanlage, die lediglich der Einkommenserzielung diene, noch müsse der Kläger von der Zweitwohnungssteuer befreit werden, weil er die Wohnung zur Berufsausübung nutze oder als Verheirateter seine Hauptwohnung am Familienwohnsitz nehmen müsse. Auch die gleichzeitige Erhebung von Fremdenverkehrs- und Kurbeitrag stehe der Steuerfestsetzung nicht entgegen.
Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, der Steuertarif verstoße wegen seines degressiven Verlaufs gegen den Gleichheitssatz. Außerdem könne er nicht für Zeiträume, in denen die Wohnung an die D.-GmbH vermietet sei und insoweit als Kapitalanlage genutzt werde, zur Zweitwohnungssteuer herangezogen werden. Im Übrigen nutze er die Wohnung zu beruflichen Zwecken. Er könne seine Hauptwohnung aus familiären Gründen nicht an den Ort seiner Berufstätigkeit verlegen. Schließlich könne er nicht gleichzeitig zweitwohnungssteuerpflichtig sein und zu Fremdenverkehrs- und Kurbeiträgen herangezogen werden. Insoweit werde er gegenüber anderen Vermietern ungleich behandelt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Mai 2016 zu ändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 29. Oktober 2015 zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Ebenso wie die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses verteidigt er das angefochtene Urteil.
Die zulässige Revision ist begründet. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO; 1.). Es stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Das Bundesverwaltungsgericht kann in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO) und unter Abänderung des Berufungsurteils die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückweisen (2.).
1. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht, soweit es § 5 Abs. 1 Satz 1 ZwStS und den dort geregelten, nach sieben Mietaufwandsstufen gestaffelten Steuersatz als vereinbar mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG ansieht.
Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt dem Normgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2014 - 1 BvR 1656/09 - BVerfGE 135, 126 Rn. 52 m.w.N.).
Auch Steuertarife sind mit ihren Auswirkungen auf die Steuerlast am allgemeinen Gleichheitssatz zu messen. So muss die unterschiedlich hohe Belastung der Steuerpflichtigen bei Finanzzwecksteuern dem aus dem allgemeinen Gleichheitssatz abgeleiteten Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit genügen. Danach muss in horizontaler Richtung im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern. In vertikaler Richtung muss die Besteuerung der wirtschaftlich Leistungsfähigeren im Vergleich mit der Steuerbelastung wirtschaftlich weniger Leistungsstarker angemessen ausgestaltet sein. Werden letztere mit einem höheren Steuersatz besteuert als erstere, ist eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG unabhängig davon gegeben, ob leistungsfähigere Steuerschuldner absolut einen höheren Steuerbetrag zu zahlen haben. Denn weniger Leistungsfähige müssen in diesem Fall einen höheren Anteil ihres Einkommens oder Vermögens als Steuer abgeben als wirtschaftlich Leistungsfähigere (BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2014 - 1 BvR 1656/09 - BVerfGE 135, 126 Rn. 53 ff. m.w.N.). Das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ist auch auf Zweitwohnungssteuertarife anwendbar. Denn das wesentliche Merkmal einer Aufwandsteuer besteht darin, die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu treffen. Der jeweilige Mietaufwand als Bemessungsgröße der Zweitwohnungssteuer spiegelt die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit der Wohnungsinhaber wider (BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2014 - 1 BvR 1656/09 - BVerfGE 135, 126 Rn. 58 f.).
a) Im Einklang mit diesen Maßstäben geht das Berufungsgericht zunächst davon aus, dass der nach Mietaufwandsstufen gestaffelte Steuersatz des § 5 Abs. 1 Satz 1 ZwStS eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung darstellt. Er weicht vom Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit in mehrfacher Hinsicht ab.
Die Steuer verdoppelt sich jeweils am Übergang von der niedrigeren zur nächsthöheren Mietaufwandsstufe, obwohl der Mietaufwand und die darin zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit der Steuerschuldner dort praktisch gleich sind. Außerdem führt der für jeden Mietaufwand innerhalb einer Mietaufwandsstufe gleiche Steuerbetrag in den Mietaufwandsstufen 2 bis 6 dazu, dass der Steuersatz für Steuerpflichtige, deren Mietaufwand sich am unteren Rand der jeweiligen Stufe befindet, deutlich höher ist als derjenige von Steuerpflichtigen, deren Mietaufwand sich dem Höchstbetrag der jeweiligen Stufe annähert. Die Steuersätze bewegen sich dabei zwischen 18 % am unteren und 9 % am oberen Stufenrand. Innerhalb der Mietaufwandsstufen ergibt sich so ein degressiver Steuersatz, der entgegen dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit dazu führt, dass der nach seinem Mietaufwand weniger Leistungsfähige einem höheren Steuersatz unterliegt als der nach seinem Mietaufwand Leistungsfähigere. Dies gilt auch für die in der Praxis wohl allenfalls in wenigen Einzelfällen zum Tragen kommenden Mietaufwandsstufen 1 und 7. Denn dort nimmt der Steuersatz mit steigendem Mietaufwand ebenfalls ab. In der Eingangsstufe 1 sind dabei bei einem Mietaufwand von weniger als 611,11 € Steuersätze von über 18 %, in der Endstufe 7 bei einem Mietaufwand von über 80 000 € Steuersätze von unter 9 % möglich.
b) Bundesrecht verletzt das Berufungsurteil aber, soweit es diese Ungleichbehandlungen für verfassungsrechtlich gerechtfertigt hält.
Degressive Steuertarife sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwar nicht generell unzulässig, weil der Normgeber zu einer reinen Verwirklichung des Leistungsfähigkeitsprinzips nicht ausnahmslos verpflichtet ist. Weicht er davon ab, unterliegt er aber über das Willkürverbot hinausgehenden Bindungen nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Das Gericht hat nicht zu prüfen, ob der Normgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat (BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2014 - 1 BvR 1656/09 - BVerfGE 135, 126 Rn. 67 f., 70 ff.). Dies ist hier der Fall.
aa) Zwar ist der in § 5 Abs. 1 Satz 1 ZwStS vorgesehene Stufentarif zur Verwaltungsvereinfachung geeignet. Der auf den jeweiligen Mietaufwandsstufen einheitliche Steuerbetrag ermöglicht es dem Beklagten, für alle Zweitwohnungen, deren Mietaufwand nicht in den Randbereichen der jeweiligen Stufe liegt, die Steuer für mehrere Jahre festzusetzen, ohne jährlich erneut den jeweiligen Mietaufwand exakt ermitteln zu müssen. Eine Erleichterung bringt dies nicht nur bei gemieteten Zweitwohnungen, sondern auch und gerade bei Zweitwohnungen mit sich, die vom Eigentümer selbst genutzt werden. Denn der Stufentarif erspart es dem Beklagten in diesen Fällen, jedes Jahr von Neuem die ortsübliche Kaltmiete nach § 4 Abs. 3 Satz 2 ZwStS in Anlehnung an die Kaltmiete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird.
bb) Die Ungleichbehandlungen sind jedoch nicht verhältnismäßig. Das mit dem Stufentarif verfolgte Ziel der Verwaltungsvereinfachung wiegt nicht so schwer, dass es die durch § 5 Abs. 1 Satz 1 ZwStS verursachten beträchtlichen Ungleichbehandlungen rechtfertigen könnte.
(1.) Den Abweichungen vom Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit kommt beträchtliches Gewicht zu.
Schwer wiegt zunächst, dass sich die zu entrichtende Steuer am Übergang von einer Mietaufwandsstufe zur nächsthöheren jeweils verdoppelt, obwohl sich der die steuerliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringende Mietaufwand der Steuerpflichtigen nur geringfügig unterscheidet. Die Unterschiedsbeträge von 110 €, 225 €, 450 €, 900 €, 1 800 € und 3 600 € sind auch keine Bagatellbeträge, sondern stellen jeweils ein Vielfaches des Eingangssteuerbetrags von 110 € dar.
Beträchtliches Gewicht hat insbesondere das Ausmaß der degressiven Gestaltung des Steuersatzes auf den einzelnen Mietaufwandsstufen. Der Steuersatz sinkt auf den Stufen 2 bis 6 jeweils mit steigendem Mietaufwand von 18 % auf 9 % ab. Die nach ihrem Mietaufwand leistungsschwächsten Steuerschuldner werden mit einem Steuersatz belastet, der doppelt so hoch ist, wie derjenige der leistungsfähigsten, obwohl sie nur halb so leistungsfähig sind. Die nach ihrem Mietaufwand leistungsfähigsten Steuerpflichtigen haben hingegen lediglich einen Steuersatz zu entrichten, der der Hälfte des Steuersatzes der leistungsschwächsten entspricht, obwohl sie doppelt so leistungsfähig sind. Die Steuerbelastung steht also in umgekehrtem Verhältnis zur Leistungsfähigkeit. Sie läuft deshalb dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit vollkommen zuwider. Zwar ist der Tarifverlauf anders als im Fall der vom Bundesverfassungsgericht untersuchten Konstanzer Zweitwohnungssteuersatzungen nur dann insgesamt degressiv, wenn man die Mietaufwandsstufen 1 und 7 berücksichtigt, die allenfalls in wenigen Fällen Anwendung finden können. Dafür ist aber der degressive Tarifverlauf auf den Mietaufwandsstufen 2 bis 6 deutlich stärker ausgeprägt als im Fall der Konstanzer Stufentarife. Ausgangspunkt der Verhältnismäßigkeitsprüfung des Bundesverfassungsgerichts war, dass bereits die Differenz zwischen der höchsten und der niedrigsten Steuerbelastung auf einer Stufe ein beträchtliches Ausmaß erreichte (BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2014 - 1 BvR 1656/09 - BVerfGE 135, 126 Rn. 76). Das Ausmaß dieser Differenz ist im Falle des Stufentarifs des Beklagten aber noch beträchtlicher. Denn auf den Stufen 2 bis 6 beträgt der höchste Steuersatz mit 18 % jeweils das Doppelte des niedrigsten Steuersatzes von 9 %. Gleichzeitig sind die Sprünge zwischen den einzelnen Stufen im Fall des Steuertarifs des Beklagten angesichts einer Verdoppelung von Steuerbetrag und Steuersatz ebenfalls deutlich größer als im Fall des Konstanzer Stufentarifs. Die aus dem Stufentarif resultierenden Ungleichbehandlungen haben daher auch insoweit größeres Gewicht.
Das Gewicht der durch die Stufenbildung hervorgerufenen Ungleichbehandlungen lässt sich nicht mit dem Argument relativieren, der Maßstab des Mietaufwands erfasse die Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen nur typisierend. Denn gerade der Mietaufwand spiegelt die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit der Wohnungsinhaber wider (BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2014 - 1 BvR 1656/09 - BVerfGE 135, 126 Rn. 59).
(2.) Demgegenüber hat das Ziel der Verwaltungsvereinfachung geringeres Gewicht.
Der mit dem Stufentarif zu erzielende Vereinfachungseffekt besteht - wie bereits ausgeführt - darin, dass nicht in jedem Einzelfall die exakte Jahresnettokaltmiete ermittelt und in Zweifelsfällen verifiziert werden muss; auch wird eine Festsetzung für mehrere Steuerjahre erleichtert. Dem kommt aus den nachfolgenden Gründen allerdings nur begrenztes Gewicht zu. Die für die Schätzung des anzusetzenden Mietaufwands insbesondere bei vom Eigentümer selbst genutzten Zweitwohnungen maßgeblichen Kriterien Art, Lage und Ausstattung müssen für die Festsetzung der Zweitwohnungssteuer ohnehin ermittelt werden. Dabei bringt die Schätzungsbefugnis, die § 4 Abs. 3 Satz 2 ZwStS dem Beklagten einräumt, schon eine wesentliche Vollzugserleichterung mit sich. Sie entbindet den Beklagten bereits davon, den Mietaufwand in Form der Nettokaltmiete in der ortsüblichen Höhe für die jeweilige Wohnung etwa durch ein Sachverständigengutachten exakt ermitteln zu müssen. Da sich der Großteil der den Mietaufwand beeinflussenden Faktoren, die der Beklagte in seinen Steuererklärungsvordrucken in diesem Zusammenhang abfragt, etwa Balkon, Terrasse, Bad, Küche, Aufzug usw., in der Regel nicht ändern, müssen diese auch ohne einen Stufentarif regelmäßig nur einmal ermittelt werden. Eine Erhöhung des Mietaufwands und damit der Zweitwohnungssteuer ergibt sich typischerweise aus einem Anstieg des örtlichen Mietniveaus. Dieses muss der Beklagte aber im Hinblick auf neu hinzukommende eigengenutzte Zweitwohnungen, sei es anhand eines Mietspiegels, sei es mit Hilfe in regelmäßigen Abständen eingeholter Sachverständigengutachten oder in sonstiger Weise, ohnehin im Auge behalten.
Im Übrigen ist der Beklagte auch ohne den Stufentarif nicht gehindert, von einer jährlichen Steuerfestsetzung abzusehen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 ZwStS kann der Steuerbescheid bestimmen, dass er auch für künftige Zeitabschnitte gilt, solange sich die Bemessungsgrundlage und der Steuerbetrag nicht ändern. Dabei sind die Inhaber von Zweitwohnungen nach § 8 Abs. 2 ZwStS verpflichtet, dem Beklagten für die Höhe der Steuer maßgebliche Veränderungen unverzüglich zu melden und über den Umfang dieser Veränderungen Auskunft zu erteilen. Dadurch ist im Regelfall gewährleistet, dass der Beklagte von Änderungen, die eine abweichende Steuerfestsetzung erforderlich machen, Kenntnis erhält.
cc) Aus dem Vorstehenden folgt nicht, dass Stufentarife im Rahmen der Zweitwohnungssteuer stets verfassungswidrig wären. Zu Recht weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht keine grundsätzlichen Bedenken gegen nach Aufwandsstufen gestaffelte feste Steuerbeträge und die mit ihnen zwangsläufig verbundenen Degressionswirkungen erhoben hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2014 - 1 BvR 1656/09 - BVerfGE 135, 126 Rn. 67). So sind Stufentarife denkbar, bei denen die mit ihnen einhergehende Ungleichbehandlung weniger schwerwiegend ist als im vorliegenden Fall, weil die Erhöhung des Steuerbetrags beim Übergang von einer Mietaufwandsstufe zur nächsten und der Unterschied zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Steuersatz einer Stufe deutlich geringer ausfallen. So kommen etwa Tarife in Betracht, bei denen sich der Steuerbetrag und der höchste Mietaufwand einer Stufe im Vergleich zur vorhergehenden Stufe nicht verdoppeln, sondern moderater erhöhen. Entscheidend ist, dass die Erhöhung des Steuerbetrags von einer Mietaufwandsstufe zur nächsten möglichst gering und der Steuersatz auf der jeweiligen Mietaufwandsstufe möglichst wenig degressiv ist. Denn damit verringert sich das Gewicht der mit dem Stufentarif verbundenen Ungleichbehandlungen und zugleich das Gewicht der Sachgründe, das zu ihrer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung erforderlich ist.
2. Das Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat daher den angefochtenen Steuerbescheid zu Recht mangels Rechtsgrundlage aufgehoben. Da es keiner weiteren Sachverhaltsfeststellungen mehr bedarf, kann das Bundesverwaltungsgericht in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO) und die Berufung des Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückweisen.
3. Auch wenn es danach auf die übrigen Einwände des Klägers gegen seine Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer nicht mehr ankommt, weist der Senat zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten auf Folgendes hin:
a) Die Zweitwohnungssteuerpflicht des Klägers entfällt nicht unter dem Gesichtspunkt einer reinen Kapitalanlage.
Zwar liegt eine steuerbare Zweitwohnung dann nicht vor, wenn sie nach dem subjektiven Verwendungszweck nicht der persönlichen Lebensführung dient, sondern der reinen Geld- oder Vermögensanlage in der Form des Immobiliarbesitzes. Für die im Ausgangspunkt subjektive Bestimmung des Verwendungszwecks der Zweitwohnung ist aber nicht die unüberprüfbare innere Absicht des Zweitwohnungsinhabers maßgeblich. Vielmehr ist der Verwendungszweck auf der Grundlage objektiver, nach außen in Erscheinung tretender, verfestigter und von Dritten nachprüfbarer Umstände im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen (BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2014 - 9 C 5.13 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 31 Rn. 12 m.w.N.).
Hiervon ausgehend dient die Wohnung des Klägers nach ihrem Verwendungszweck nicht allein der Kapitalanlage, sondern auch der persönlichen Lebensführung. Dies gilt zunächst unzweifelhaft für die Zeiträume, in denen die Wohnung durch den Kläger selbst, seine Familie oder Freunde als Ferienwohnung genutzt wird. Es gilt aber ebenso für die Zeiträume, in denen die Wohnung an die D.-GmbH vermietet wird, deren Geschäftsführer der Kläger ist. Zwar begibt er sich mit dieser Vermietung formal seiner Befugnis, als Eigentümer jederzeit selbst zu bestimmen, ob, wann und wie er die Wohnung selbst nutzt, ob und wann er sich selbst darin aufhalten oder sie anderen zur Verfügung stellen will (BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2016 - 9 C 28.15 - Buchholz 406.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 32 Rn. 13). Auch erzielt er durch die Überlassung der Wohnung an die GmbH Mieteinnahmen. Gleichwohl verwendet der Kläger auf diese Weise die Wohnung nicht allein als Kapitalanlage. Sie dient vielmehr auch während dieser Zeit weiterhin seiner persönlichen Lebensführung. Denn die Vermietung an die GmbH hat gerade den Zweck, ihm als deren Geschäftsführer die Wohnung zur Verfügung zu stellen, wenn er sich im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit für die GmbH in Oberbayern aufhält. Als alleiniger Geschäftsführer der GmbH, der zudem vom Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB befreit ist, kann er der Sache nach selbst über die Nutzung der Wohnung bestimmen.
b) Die Heranziehung des Klägers zur Zweitwohnungssteuer dürfte nach der bisherigen Rechtsprechung darüber hinaus weder unter dem Aspekt einer beruflich zwingend erforderlichen Zweitwohnung (aa) noch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes von Ehe und Familie (bb) ausgeschlossen sein; der Beklagte könnte jedoch in seiner Satzung ohne Verfassungsverstoß eine Freistellung aller Verheirateten von der Zweitwohnungssteuerpflicht vorsehen (cc).
aa) Dass das Innehaben einer Zweitwohnung durch die Berufsausübung an einem anderen Ort als dem der Hauptwohnung veranlasst ist, steht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Zweitwohnungssteuerpflicht des Wohnungsinhabers grundsätzlich nicht entgegen. Auch die berufliche Nutzung einer Zweitwohnung unterfällt danach dem Aufwandsbegriff des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG. Denn eine Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf liegt immer dann vor, wenn der Steuerpflichtige die Zweitwohnung selbst bewohnt (BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 2005 - 1 BvR 1232/00 - BVerfGE 114, 316 <334>, Kammerbeschlüsse vom 17. Februar 2010 - 1 BvR 529/09 - BVerfGK 17, 44 <48> und - 1 BvR 2664/09 - HFR 2010, 651 <653>).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Übernachtungssteuer ist eine Übernachtung als Aufwand für die Einkommenserzielung allerdings dann nicht aufwandsteuerpflichtig, wenn sie mit der Berufs- oder Gewerbeausübung oder mit einer freiberuflichen Tätigkeit zwangsläufig verbunden ist. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass ohne die entgeltliche Übernachtung die Berufsausübung, gewerbliche Tätigkeit oder freiberufliche Tätigkeit nicht ausgeübt und deshalb Einkommen nicht erwirtschaftet werden könnte (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012 - 9 CN 1.11 - BVerwGE 143, 301 Rn. 16 f.).
Ob in Anlehnung an diese Rechtsprechung aus beruflichen Gründen notwendige Zweitwohnungen möglicherweise von der Zweitwohnungssteuerpflicht auszunehmen sind (vgl. auch BFH, Urteil vom 30. September 2015 - II R 13/14 - BFHE 251, 569 Rn. 30), muss hier wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit offenbleiben. Es erscheint dem Senat allerdings fraglich, ob die Wohnung des Klägers für seine Berufsausübung nach ihrer örtlichen Lage, ihrer Größe und den Zeiten ihrer berufsbedingten Nutzung in dem vorbeschriebenen Sinne für seine Berufsausübung notwendig wäre. Es ist schon nicht ersichtlich, dass der Kläger gerade im Gebiet des Beklagten auf eine Wohnung angewiesen ist, denn nach seinen Angaben in der Klagebegründung befinden sich die zu betreuenden Kunden und Projekte an anderen Orten in Oberbayern oder in Schwaben, Mittel- und Oberfranken. Auch ist nicht erkennbar, warum der Kläger für seine Berufstätigkeit in Oberbayern zwingend eine Wohnfläche von 104,80 m² benötigt.
bb) Soweit das Bundesverfassungsgericht mit Blick auf Art. 6 GG eine Ausnahme von der Zweitwohnungssteuerpflicht anerkannt und eine weitere zumindest in Erwägung gezogen hat, dürften die hierfür erforderlichen Voraussetzungen im Falle des Klägers nicht vorliegen.
So ist die Erhebung der Zweitwohnungssteuer auf das Innehaben einer Erwerbszweitwohnung durch Verheiratete stets dann unzulässig, wenn die Zweitwohnung durch den betreffenden Ehegatten vorwiegend genutzt wird. Denn die Steuererhebung stellt in einem solchen Fall eine gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßende Diskriminierung der Ehe dar. Während nicht verheiratete Personen keine Zweitwohnungssteuer für eine vorwiegend benutzte Wohnung zu entrichten haben, können Verheiratete ihre Besteuerung nicht vermeiden, wenn die Familie, von der sie nicht dauernd getrennt leben, die andere Wohnung vorwiegend benutzt. Sie befinden sich insoweit in einer melderechtlichen Zwangslage, weil nach § 22 Abs. 1 BMG zwingend die vorwiegend genutzte Wohnung der Familie ihre Hauptwohnung ist (BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 2005 - 1 BvR 1232/00 - BVerfGE 114, 316 <335 ff.>). Eine vergleichbare melderechtliche Zwangslage liegt beim Kläger nicht vor, denn er nutzt die Zweitwohnung nicht vorwiegend, sondern lediglich während seiner berufsbedingten Aufenthalte in Oberbayern für zwei bis drei Tage pro Woche.
Darüber hinaus kann die Zweitwohnungssteuer einen unzulässigen Eingriff in das Recht der Eltern auf Pflege und Erziehung der Kinder nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG bedeuten, wenn sie eine so erhebliche Belastung darstellt, dass sie die Entscheidung der Eltern über die Pflege und Erziehung ihrer Kinder beeinflussen könnte (BVerfG, Beschluss vom 14. März 2014 - 1 BvR 1159/11 - HFR 2014, 845). Dass ein solcher Fall hier vorliegen könnte, ist nicht ersichtlich.
cc) Der Beklagte könnte seine Zweitwohnungssteuersatzung ohne Verfassungsverstoß dahin ändern, dass der verheiratete Kläger nicht mehr zweitwohnungssteuerpflichtig wäre. Art. 3 Abs. 1 GG lässt auch eine Nichtheranziehung aller Verheirateten zu, die eine Erwerbszweitwohnung innehaben. Der Satzungsgeber darf im Hinblick auf den Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG in typisierender Weise davon ausgehen, dass Verheirateten im Unterschied zu ungebundenen Personen nicht ohne weiteres die Möglichkeit offensteht, durch schlichte Verlagerung des Lebensmittelpunktes an den Ort der Beschäftigung der Zweitwohnungssteuerpflicht zu entgehen (BVerfG, Beschluss vom 31. Oktober 2016 - 1 BvR 871/13 - HFR 2017, 172 Rn. 37 ff., 46). Dies gilt in besonderem Maße, wenn verheiratete Eheleute - wie hier - ihre Kinder gemeinsam betreuen wollen.
Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es der Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG unter diesem Gesichtspunkt darüber hinaus zwingend gebieten kann, auch Verheiratete, die eine Erwerbszweitwohnung nicht überwiegend nutzen, von der Zweitwohnungssteuerpflicht auszunehmen, ist bisher nicht entschieden. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich offengelassen, ob Art. 6 Abs. 1 GG auch in anderen Fallkonstellationen der Zweitwohnungssteuererhebung als derjenigen einer von einem Verheirateten vorwiegend genutzten Erwerbszweitwohnung verletzt sein kann (BVerfG, Beschlüsse vom 11. Oktober 2005 - 1 BvR 1232/00 - BVerfGE 114, 316 <333> und vom 14. März 2014 - 1 BvR 1159/11 - HFR 2014, 845); diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung.