Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 01.03.2010


BVerwG 01.03.2010 - 9 B 8/10, 9 B 8/10 (9 B 3/09)

Keine Nachbesserung durch Anhörungsrüge


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsdatum:
01.03.2010
Aktenzeichen:
9 B 8/10, 9 B 8/10 (9 B 3/09)
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Gründe

1

1. Der vom Kläger mit Schriftsatz vom 1. Februar 2010 in erster Linie gestellte Berichtigungsantrag ist nicht begründet.

2

Eine Berichtigung des Beschlusses des Senats vom 8. Januar 2010 - BVerwG 9 B 3.09 - kommt nicht in Betracht, weil dessen Gründe einschließlich der darin enthaltenen tatbestandlichen Annahmen (Angaben zum vorgetragenen und zugrunde gelegten Sachverhalt) keine Unrichtigkeit oder Unklarheit i.S.d. §§ 118, 119, 122 Abs. 1 VwGO enthalten. Der Vorwurf, der Senat habe das seinerzeitige Vorbringen des Klägers zu seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 60 Abs. 1, § 133 Abs. 3 Satz 1 und 2 VwGO) missverstanden, ist unberechtigt. Der Senat hat vielmehr das Vorbringen zu dem Wiedereinsetzungsantrag genau so verstanden, wie es vorgebracht wurde, und hat dies teilweise durch in Anführungsstriche gesetzte Zitate kenntlich gemacht. Der Senat hat insbesondere die eidesstattliche Versicherung der Kanzleimitarbeiterin W. zur Korrektur des Schriftsatzes mit der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend zitiert. Dem Beschluss des Senats ist nicht zu entnehmen, der Senat habe angenommen, dass die Mitarbeiterin eidesstattlich versichert habe, sie habe das fehlerhafte Blatt (die Seite 1 bzw. das "Deckblatt" dieses Schriftsatzes), auf dem das Bundesverwaltungsgericht als Adressat der Beschwerdebegründung angegeben war, unkorrigiert in die Akte gelegt. Der Senat ist allerdings davon ausgegangen, dass eine fehlerhafte Version dieses Schriftsatzes in der Akte gelegen haben muss (was sowohl im Wiedereinsetzungsantrag als auch im Schriftsatz vom 1. Februar 2010 eingeräumt wird), da diese von der anderen Kanzleimitarbeiterin per Telefax an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt wurde. Soweit nunmehr vorgetragen wird, der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe auf dem fehlerhaften Schriftsatz mit einem roten Filzstift eine Streichung vorgenommen und "Oberverwaltungsgericht" dazu geschrieben, ist dies neuer Sachvortrag. Das Vorbringen im seinerzeitigen Wiedereinsetzungsgesuch ging lediglich dahin, der Prozessbevollmächtigte habe "verfügt, dass der Schriftsatz an das Oberverwaltungsgericht zu richten und das Deckblatt entsprechend ausgetauscht werden müsse". Dass auf dem Deckblatt die nunmehr behaupteten Änderungen vorgenommen worden seien, war weder aus dem Wort "austauschen" zu schließen noch dem sonstigen Wiedereinsetzungsvorbringen (einschließlich der eidesstattlichen Versicherungen der beiden Kanzleimitarbeiterinnen) zu entnehmen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt aber voraus, dass sämtliche Umstände des für die Wiedereinsetzung wesentlichen Sachverhalts substantiiert und schlüssig sowie ohne Widerspruch mit dem vorliegenden Akteninhalt dargelegt werden (Beschlüsse vom 6. Dezember 2000 - BVerwG 2 B 57.00 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 236 S. 24 und vom 12. Mai 2006 - BVerwG 2 B 9.06 - juris Rn. 5).

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2. Die hilfsweise erhobene Anhörungsrüge ist ebenfalls unbegründet. In ihr wird nicht dargelegt (§ 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO), dass der Senat in dem Beschluss vom 8. Januar 2010 den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO), in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

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Entgegen der Ansicht des Klägers war dem Senat eine ablehnende Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag nicht deshalb verwehrt, weil das Oberverwaltungsgericht, indem es der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht abgeholfen und sie dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt hat, bereits die begehrte Wiedereinsetzung gewährt hätte. In der Nichtabhilfeentscheidung eines Oberverwaltungsgerichts gemäß § 133 Abs. 5 Satz 1, Halbs. 1 VwGO liegt nicht zugleich eine Entscheidung über einen zugleich gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerde- oder (wie hier) Beschwerdebegründungsfrist. Denn das Oberverwaltungsgericht ist, wenn es der Beschwerde nicht abhilft, nicht das zuständige Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung, d.h. die Einlegung bzw. Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde, zu entscheiden hat (§ 60 Abs. 4 VwGO); dies ist das Bundesverwaltungsgericht.

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Im Übrigen erschöpft sich das Rügevorbringen in einer Kritik daran, dass der Senat dem Wiedereinsetzungsantrag nicht entsprochen hat. Der Kläger wendet sich insbesondere gegen die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Wiedereinsetzungsantrags und des dazu vorgetragenen Sachverhalts, zeigt aber nicht auf, dass der Senat dabei erhebliches Vorbringen des Klägers außer Acht gelassen hätte. Dass die Anhörungsrüge das Geschehen nunmehr umfangreicher und anders darstellt als im Wiedereinsetzungsgesuch, vermag einen Gehörsverstoß nicht zu begründen. Neu ist - wie bereits erwähnt - insbesondere, dass nunmehr vorgetragen wird, der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe auf dem fehlerhaften Schriftsatz mit einem roten Filzstift eine Streichung vorgenommen und "Oberverwaltungsgericht" hinzugeschrieben. Auch der Vortrag, dass für die Telefaxübertragung offenbar nicht der Originalschriftsatz, sondern ein in der Akte befindliches, allerdings unkorrigiertes Mehrexemplar desselben gedient haben soll, war dem Wiedereinsetzungsgesuch nicht zu entnehmen. Eine Anhörungsrüge kann aber nicht dazu dienen, ein zuvor unzureichendes Wiedereinsetzungsgesuch durch neuen, abweichenden Vortrag "nachzubessern". Anlass für einen rechtlichen Hinweis nach § 86 Abs. 3 VwGO bestand nicht. Denn es war Sache des Klägers, von sich aus substantiiert und schlüssig den Lebenssachverhalt - so wie er sich zugetragen hat - darzutun, aus dem sich der Wiedereinsetzungsgrund ergeben soll.

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3. Sollte der Schriftsatz vom 1. Februar 2010 so zu verstehen sein, dass hilfsweise erneut beantragt wird, dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, ist auch dieser Antrag abzulehnen. Mit ihm wird ein im Vergleich zum ursprünglichen Wiedereinsetzungsantrag in wesentlicher Hinsicht abweichender Sachverhalt (s.o.) und damit ein neuer Wiedereinsetzungsgrund vorgetragen, nachdem die Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO bereits abgelaufen ist; der neue Vortrag geht über das (zulässige) Nachschieben ergänzenden Vortrags zu einem bereits fristgerecht geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrund deutlich hinaus.

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4. Hinsichtlich des Berichtigungsantrags und des hilfsweise gestellten erneuten Wiedereinsetzungsantrags bedarf es keiner Kostenentscheidung, weil durch diese Anträge keine zusätzlichen gerichtlichen oder außergerichtlichen Gebühren begründet werden. Hinsichtlich der Anhörungsrüge beruht die Kostenentscheidung auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es insoweit nicht, weil sich die Gebührenhöhe für die Anhörungsrüge unmittelbar aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.