Entscheidungsdatum: 07.03.2017
Die Beschwerde, die sich auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (1.) und des Verfahrensfehlers (2.) stützt, hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtsfrage nur, wenn eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts im Interesse der Einheit oder Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.
a) Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen,
wer bei Vorliegen einer Erbengemeinschaft im Abgabenrecht in einem Bescheid als abgabepflichtig anzugeben ist,
ob der Begriff der selbstständig tätig werdenden Person im Kommunalabgabenrecht trotz Verweisung über Art. 13 KAG BY weiter zu beurteilen ist als im Steuerrecht, so dass im Kommunalabgabenrecht unter einer selbstständig tätig werdenden Person auch nicht selbstständig tätig werdende Personen, die beispielsweise Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erzielen, erfasst werden und
ob ein Vermieter oder Verpächter, der lediglich eine einzige Immobilie bzw. ein einziges Grundstück privat und nicht gewerblich vermietet bzw. verpachtet, einer über die private Vermögensverwaltung hinausgehenden nachhaltigen Tätigkeit zur gezielten Einnahmeerwirtschaftung nachgeht und deshalb als selbstständig Tätiger der Fremdenverkehrsbeitragspflicht unterliegt,
betreffen sämtlich nicht revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO).
Zwar zieht der Verwaltungsgerichtshof zur Beantwortung der ersten Frage § 122 Abs. 1 Satz 1 AO - eine bundesrechtliche Norm - heran, wonach ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben ist, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Diese Norm beansprucht aber lediglich über den landesrechtlichen Anwendungsbefehl in Art. 13 Abs. 1 Nr. 3b KAG BY Geltung. Sie ist damit in das irrevisible Landesrecht inkorporiert und teilt dessen Rechtscharakter (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Oktober 2011 - 9 B 60.11 - juris Rn. 5). Hiervon abgesehen geht es der Beschwerde im Streitfall nicht um die Klärungsbedürftigkeit des § 122 Abs. 1 Satz 1 AO, sondern um die der Bekanntgabe vorgelagerte Frage, ob Schuldnerin eines Fremdenverkehrsbeitrags die ungeteilte Erbengemeinschaft als solche ist, was aus Sicht der Klägerin zur Folge hätte, dass der Bescheid alle Miterben als Adressaten hätte aufführen müssen. Diese Frage richtet sich aber ausschließlich nach Art. 6 Abs. 1 KAG BY, mithin einer landesrechtlichen Norm. Danach können Gemeinden, in denen die Zahl der Fremdenübernachtungen im Jahr in der Regel das Siebenfache der Einwohnerzahl übersteigt, zur Deckung des gemeindlichen Aufwands für die Fremdenverkehrsförderung von den selbstständig tätigen, natürlichen und den juristischen Personen, den offenen Handelsgesellschaften und den Kommanditgesellschaften, denen durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet unmittelbar oder mittelbar wirtschaftliche Vorteile erwachsen, einen Fremdenverkehrsbeitrag erheben. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Vorschrift in Bezug auf die erste Frage dahin ausgelegt, dass die Klägerin als Miterbin durch Verpachtung einer Gaststätte Vorteile aus dem Fremdenverkehr zieht und - als natürliche Person - selbst den Beitragstatbestand verwirklicht hat.
Auch die beiden weiteren Fragen zum Begriff der selbstständigen Tätigkeit betreffen die Auslegung des Art. 6 Abs. 1 KAG BY und damit irrevisibles Landesrecht.
b) Mit den Fragen,
ob ein Abgabenschuldner, der über 20 Jahre hinweg nicht zur Abgabe herangezogen wurde, darauf vertrauen darf, dass er auch in Zukunft nicht verpflichtet ist, Abgaben zu entrichten, mithin das Umstandsmoment verwirklicht ist,
und ob das Umstandsmoment im Rahmen des Rechtsinstituts der Verwirkung zurücktritt, wenn eine Abgabe von einem Abgabepflichtigen aufgrund einer fehlerhaften Rechtsanwendung seitens des Abgabeberechtigten über mehr als 20 Jahre nicht verlangt wird,
zeigt die Beschwerde keinen abstrakten Klärungsbedarf auf. Vielmehr hält sie die Anwendung des im Rahmen der Verwirkung zu prüfenden Zeit- und Umstandsmoments (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 4. April 2012 - 8 C 9.11 - Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 55 Rn. 24) durch den Verwaltungsgerichtshof auf den vorliegenden Fall für verfehlt. Die Geltendmachung einer fehlerhaften Rechtsanwendung genügt jedoch nicht den Anforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Begründung einer Grundsatzrüge nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
2. Die Revision ist nicht deshalb zuzulassen, weil ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Die Beschwerde ist der Auffassung, das Berufungsgericht habe gegen den Überzeugungsgrundsatz und die Begründungspflicht nach § 108 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO verstoßen. Zur Begründung führt sie an, das Gericht sei nicht auf den Vortrag der Klägerin zu § 122 Abs. 6 AO, zur Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung von einer nachhaltigen selbstständigen Tätigkeit sowie zur fehlenden Plausibilität des Vorteilssatzes eingegangen (vgl. Beschwerdebegründung S. 17 ff., 19, 20 ff. und 22 ff.). Damit macht sie der Sache nach eher einen Gehörsverstoß als eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes geltend. Dies kann aber letztlich dahinstehen, da beide Rügen nicht durchgreifen.
Der Grundsatz rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verlangt vom Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist aber nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Aus einem Schweigen der Urteilsgründe zu einem bestimmten Vorbringen eines Beteiligten kann noch nicht geschlossen werden, das Gericht habe dieses nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1999 - 9 B 797.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 3). Demgegenüber verlangt der Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), dass das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt. Es darf nicht einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse aus seiner Würdigung ausblenden. Im Übrigen darf es zur Überzeugungsbildung die ihm vorliegenden Tatsachen und Beweise frei würdigen. Die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Grenzen zulässiger Sachverhalts- und Beweiswürdigung ist deshalb nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigt oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Diese Grenzen sind erst dann überschritten, wenn es nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen. Die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts darf vom Revisionsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Würdigung des Sachverhalts eingegangen sind und ob solche Einzelumstände ausreichen, die Würdigung zu tragen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen (BVerwG, Beschlüsse vom 26. November 2013 - 8 B 20.13 - ZOV 2014, 48 Rn. 14 und vom 9. Juni 2015 - 6 B 59.14 - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 11 Rn. 53).
Das Beschwerdevorbringen lässt nicht erkennen, dass das Berufungsgericht gegen diese Vorgaben verstoßen hat.
a) Auf die Frage der Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung von einer nachhaltigen selbstständigen Tätigkeit ist das Berufungsgericht ausdrücklich eingegangen. Es hat hierzu allerdings eine andere Auffassung vertreten, als es die Beschwerde für richtig hält. Denn es hat angenommen, dass der Begriff der selbstständigen Tätigkeit im Sinne des Art. 6 KAG BY weiter zu verstehen sei als im Steuerrecht und jegliche Vermietung oder Verpachtung von Räumen einschließe, die unmittelbar einem Fremdenverkehrsbetrieb zu dienen bestimmt sei (UA Rn. 21). Hiervon ausgehend musste es sich nicht mit den von der Klägerin im Laufe des Verfahrens vorgelegten Urteilen zur Abgrenzung der gewerblichen Verpachtung von der reinen Vermögensverwaltung sowie mit der steuerrechtlichen Bestimmung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (§ 14 AO) auseinandersetzen.
b) Auch bezüglich der Plausibilität des Vorteilssatzes liegt kein Gehörsverstoß vor, denn auch hiermit hat sich das Berufungsgericht ausdrücklich befasst.
Zur Begründung hat es ausgeführt: Zwar könne die Richtigkeit des Vorteilssatzes nicht allein daraus hergeleitet werden, dass der Pächter den festgesetzten Vorteilssatz nicht beanstandet habe. Dem Verzicht auf Einwendungen komme allerdings eine Indizwirkung zu. Auch habe der Beklagte die Schätzung auf Tatsachen und Umstände gestützt, die geeignet seien, das Schätzergebnis zu tragen und plausibel zu begründen. Letzteres wird unter Angabe genauerer Zahlen näher ausgeführt, wobei das Gericht insbesondere auf die Fremdenverkehrsquote von rund 22 % und die für eine Gemeinde mit nur etwa 3 500 Einwohnern hohe Zahl an Gastronomiebetrieben und ungewöhnlich hohe Klinikdichte abstellt (UA Rn. 24 ff.).
Soweit die Beschwerde dem Berufungsgericht vorwirft, es habe bei seiner Bewertung der Plausibilität unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin auf die Vielzahl geschlossener Geschäfte im Gemeindegebiet hingewiesen und bestritten habe, dass die staatliche Spielbank B. und die örtliche Therme überwiegend von Ortsfremden besucht würden; auch habe nicht darauf abgestellt werden dürfen, dass das Haus der Klägerin in zentraler Lage liege und deshalb für auswärtige Besucher leicht erreichbar sei, schließlich sei das Gericht zu Unrecht von einer Indizwirkung durch den Verzicht auf Einwendungen ausgegangen, kann sie damit keinen Verfahrensfehler in Gestalt eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz belegen. Denn sie macht nicht geltend, dass das Gericht aktenwidrige Tatsachen angenommen oder gegen Denkgesetze verstoßen hat. Vielmehr hält sie die vom Gericht vorgenommene Würdigung nicht für überzeugend.
c) Auf § 122 Abs. 6 AO musste das Gericht nach seiner Rechtsauffassung nicht eingehen, da es nicht von einem Auseinanderfallen von Bekanntgabe- und Inhaltsadressat ausging (UA Rn. 19).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.