Entscheidungsdatum: 19.12.2012
Die Beschwerde, die sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) stützt, bleibt ohne Erfolg.
1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wird nicht dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind. Die aufgeworfene Frage,
"Bis zu welchem Zeitpunkt ist die Flurbereinigungsbehörde im Unternehmensflurbereinigungsverfahren rechtlich verpflichtet, sich um den freihändigen Erwerb von Grundstücken bzw. Ersatzgrundstücken zu bemühen?",
bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, weil sie durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits beantwortet ist. Wie der Senat mit Urteil vom 21. Oktober 2009 - BVerwG 9 C 9.08 (BVerwGE 135, 110 Rn. 21 m.w.N.) ausgeführt hat, ist für die Anordnung einer Unternehmensflurbereinigung nach § 87 Abs. 2 FlurbG geklärt, dass der Versuch des freihändigen Erwerbs der benötigten Fläche bis zur Bekanntgabe des Flurbereinigungsplans oder bis zu einer vorläufigen Besitzeinweisung unternommen werden kann. Das Verhältnismäßigkeitsgebot verlangt nicht, dass Verhandlungen über einen Erwerb der benötigten Grundstücke vor Anordnung der Unternehmensflurbereinigung nach § 87 Abs. 1 FlurbG durchzuführen sind; Gesichtspunkte der Verfahrensbeschleunigung und -praktikabilität sprechen dafür, Erwerbsversuche bis zum Zeitpunkt des enteignenden Zugriffs zu ermöglichen (Urteil vom 21. Oktober 2009 a.a.O. Rn. 24).
Der Kläger zeigt keine neuen, bislang nicht berücksichtigten rechtlichen Gesichtspunkte auf, die Anlass zu einem Überdenken der bundesgerichtlichen Rechtsprechung geben könnten. Der bloße Hinweis auf die gegenteilige Auffassung des VGH München (Beschluss vom 18. September 2006 - 13 AS 06.2191 - RdL 2006, 334 <336>) kann insoweit ersichtlich nicht genügen; der weitere Verweis auf das Urteil des OVG Frankfurt/Oder vom 17. September 2003 - 8 D 35/01.G (AUR 2005, 167) geht von vornherein fehl, denn diese Entscheidung enthält hinsichtlich des Zeitrahmens für die Bemühungen um einen freihändigen Verkauf keine Abweichung von der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. OVG Frankfurt/Oder, Urteil vom 17. September 2003 a.a.O. S. 169).
2. Die Revision ist nicht deshalb zuzulassen, weil ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
a) Soweit der Kläger rügt, das Flurbereinigungsgericht habe den wesentlichen Kern seines Vorbringens zur Existenzgefährdung, nämlich die betrieblichen Auswirkungen "aufgrund des weit gespannten Zeitrahmens zwischen Flächenentzug und (behaupteter aber bestrittener) Flächenkompensation" nicht berücksichtigt, wird ein Gehörsverstoß nicht dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dies ist hier geschehen, wie die Ausführungen im Urteil ab Seite 15 unten zeigen. Das Flurbereinigungsgericht hat sich - ausdrücklich unter dem Gesichtspunkt einer existenziellen Gefährdung des Klägers - mit der Dauer des Flurbereinigungsverfahrens befasst und insoweit auf die Möglichkeit vorläufiger Anordnungen gem. § 88 Nr. 3 FlurbG hingewiesen, die - etwa in der Form einer frühzeitigen Zuweisung von Ersatzflächen - auch zugunsten eines Teilnehmers möglich seien.
b) Ebenso wenig wird in der Beschwerdeschrift dargelegt, dass das Flurbereinigungsgericht die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 20. September 2010 zu naturschutzfachlichen Belangen verfahrensfehlerhaft übergangen bzw. insoweit gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen hat. Indem der Kläger den hierauf bezogenen Hinweis des Gerichts, die vorgetragenen Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Straßenplanung seien mit Blick auf die rechtskräftige Normenkontrollentscheidung für die Prüfung des Flurbereinigungsbeschlusses ohne rechtliche Relevanz (vgl. UA Seite 12 unten), als "lapidar" bewertet, erkennt er selbst an, dass das Gericht das Vorbringen durchaus zur Kenntnis genommen hat. Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt nicht davor, dass ein Gericht den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des materiellen Rechts für nicht entscheidungserheblich hält bzw. ihm nicht folgt (vgl. Beschluss vom 23. Juni 2008 - BVerwG 9 VR 13.08 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 7 Rn. 3; stRspr). Auch die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz geht fehl. Der Überzeugungsgrundsatz verlangt, dass das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt. Er wird verletzt, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen (stRspr; s. nur Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264 Rn. 28 m.w.N.). Einen derartigen Mangel zeigt die Beschwerde nicht auf.
Nichts anderes ergibt sich aus dem Hinweis des Klägers auf einen Beschluss des VGH München (vom 29. Dezember 2005 - 8 ZB 04.1624 - juris), demzufolge entscheidungserheblicher, neuer Vortrag im Rahmen des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens auch bei einer bestandskräftigen Planungsentscheidung zu berücksichtigen sei. Abgesehen davon, dass die genannte Entscheidung den vom Kläger behaupteten Rechtssatz nicht enthält und zudem eine andere Fallgestaltung - nämlich eine vorläufige Besitzeinweisung - betrifft, fehlt es weiterhin an der Darlegung, dass das Flurbereinigungsgericht entscheidungserheblichen neuen Vortrag übergangen hat. Dies ist auch nicht der Fall. Dass das Flurbereinigungsgericht das - zur Kenntnis genommene - Vorbringen anders, nämlich als nicht erheblich, würdigt, als der Kläger es für richtig hält, begründet weder einen Gehörsverstoß noch einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz.
c) Mit der Rüge der zu Unrecht unterbliebenen Erhebung eines Sachverständigenbeweises zur Frage der Existenzgefährdung dringt die Beschwerde ebenfalls nicht durch. Eine erfolgreiche Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) setzt u.a. die Darlegung voraus, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr; vgl. nur Urteil vom 21. Juni 2006 a.a.O. Rn. 25). Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse in der Tatsacheninstanz zu kompensieren, namentlich wenn ein Beteiligter es unterlässt, einen - zuvor lediglich schriftsätzlich angekündigten - Beweisantrag zu stellen (Beschlüsse vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265 S. 9 und vom 29. März 2007 - BVerwG 4 BN 5.07 - juris Rn. 4). Ausweislich der Sitzungsniederschrift des Flurbereinigungsgerichts vom 8. März 2012 hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung keinen (erneuten) Beweisantrag gestellt; hierzu hätte aber schon deshalb Anlass bestanden, weil seine beiden das Thema Existenzgefährdung betreffenden Beweisanträge in der Sitzung vom 1. Dezember 2011 wegen Fehlens einer konkreten Beweisfrage sowie mangelnder Substantiierung abgelehnt worden sind. Vor diesem Hintergrund musste sich dem Gericht die vermisste Beweisaufnahme auch nicht von sich aus aufdrängen.
Die Ablehnung der Beweisanträge in der Sitzung vom 1. Dezember 2011 war auch nicht verfahrensfehlerhaft. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass das Tatsachengericht unsubstantiierten Beweisangeboten nicht nachgehen muss (stRspr; vgl. nur Beschluss vom 24. September 2012 - BVerwG 5 B 30.12 - juris Rn. 9).
d) Mit den weiteren Rügen, das Flurbereinigungsgericht habe die Flächendaten des Beklagten einfach übernommen, es sei der Frage nicht nachgegangen, ob überhaupt eine wertgleiche Abfindung in Aussicht stehe und habe sich schließlich nicht näher mit Umfang, Art und Qualität der Ausgleichs- und Ersatzflächen befasst, will der Kläger offenbar Verletzungen der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO) und des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) sowie einen Gehörsverstoß (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) geltend machen. Diese Rügen greifen ebenfalls nicht durch.
In Bezug auf die Flächendaten fehlt schon jeglicher Anhalt für einen Aufklärungs- bzw. Überzeugungsmangel. Dass das Flurbereinigungsgericht die ihm aufgrund des Auflagenbeschlusses vom 1. Dezember 2011 seitens des Beklagten übermittelten Flächendaten ohne nähere Nachprüfung übernommen hat, ist nicht zu beanstanden. Denn der Kläger hatte diese Angaben zuvor nicht - wie er in der Beschwerdeschrift angibt - bestritten, vielmehr hat er mit Schriftsatz vom 13. Februar 2012 lediglich mitgeteilt, "ob diese Angaben richtig sind, lässt sich von hier aus nicht beurteilen." Danach hatte das Flurbereinigungsgericht keinen Anlass, an den Angaben zu den Flächendaten zu zweifeln. Auch die Kritik des Klägers, das Flurbereinigungsgericht habe nicht geprüft, ob eine wertgleiche Abfindung "in Aussicht stehe", kann nicht nachvollzogen werden; denn das Gericht ist auch dieser Frage nachgegangen. So stellt es ausdrücklich fest (UA Seite 14), dass die Flurbereinigungsbehörde bei Erlass des Flurbereinigungsbeschlusses davon ausgehen durfte, "dass wertgleiches Ersatzland in ausreichendem Maße in Bezug auf den Bedarf der betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe und speziell auch für den Betrieb des Klägers vorhanden ist"; an anderer Stelle heißt es, dass "eine Kompensation des mit der Umsetzung der Straßenplanung verbundenen Flächenverlustes" stattfinden werde (UA Seite 16 oben). Schließlich hat sich das Flurbereinigungsgericht auch mit einzelnen Fragen im Zusammenhang mit den Ausgleichs- und Ersatzflächen befasst (vgl. UA ab Seite 13 unten). Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob die genannten Verfahrensrügen nicht ohnehin wegen mangelnder Entscheidungserheblichkeit scheitern müssten, weil es auf die genannten Punkte für die Frage der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Flurbereinigungsbeschlusses, der in einem frühen Stadium ergeht und schon deshalb noch keine genauere Untersuchung etwaiger Ersatzflächen erfordert, gar nicht ankommen dürfte (vgl. zu diesem Gesichtspunkt UA Seite 14 oben). Ein Gehörsverstoß scheidet danach ebenfalls offensichtlich aus.