Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 08.03.2017


BVerwG 08.03.2017 - 9 B 19/16

Vereinbarkeit von Anschlussbeiträgen mit dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit; Ausschlussfrist


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsdatum:
08.03.2017
Aktenzeichen:
9 B 19/16
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2017:080317B9B19.16.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 17. Februar 2016, Az: 4 L 119/15, Beschlussvorgehend VG Halle (Saale), 16. Juli 2015, Az: 4 A 47/13 HAL
Zitierte Gesetze
§ 13b KAG ST 1996
§ 18 Abs 2 KAG ST 1996

Leitsätze

1. Das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit schützt den Bürger davor, für lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge zeitlich unbegrenzt zu Beiträgen herangezogen zu werden. Der Gesetzgeber hat einen weiten Gestaltungsspielraum bei seiner Aufgabe, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der einzelnen Vorteilsempfänger an Rechtssicherheit zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen (im Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143).

2. § 242 Abs. 9 Satz 1 BauGB gilt nicht für vor dem 3. Oktober 1990 hergestellte leitungsgebundene Einrichtungen.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; 1.) noch wegen einer Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; 2.) zuzulassen.

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1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr; vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 30. Juni 2010 - 6 B 8.10 - juris Rn. 3). Dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen.

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a) Dies gilt zunächst, soweit die Klägerin folgende Fragen für klärungsbedürftig hält:

Ist zu besorgen, dass sich die Legitimation zur Abgabenerhebung bereits verflüchtigt hat, wenn ein Gesetzgeber mehr als zwei Jahrzehnte nach Inkrafttreten eines Abgabengesetzes entscheidet, nachträglich eine zeitliche Obergrenze für die Beitragserhebung in Form einer an die beitragsrelevante Vorteilslage anknüpfenden Ausschlussfrist einzufügen, wenn er zugleich durch eine ergänzende Übergangsfrist sicherstellt, dass für begrenzte Zeit auch jene Betroffenen in Fallgestaltungen jenseits dieser Ausschlussfrist erfasst werden, die mehr als 20 Jahre in vollständiger Ungewissheit über die Einführung einer solchen zeitlichen Begrenzung belassen wurden?

Folgt aus der Rüge des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 -, die Verjährung des in Rede stehenden Anschlussbeitrags könne bei gesetzlichen Regelungen, die eine zeitliche Obergrenze für eine Beitragserhebung nicht vorsähen, dazu führen, dass die Verjährung unter Umständen "erst Jahrzehnte" nach dem Eintritt einer beitragspflichtigen Vorteilslage beginnen könne, eine grundsätzliche Absage an die Ausgestaltung einer Ausschlussfrist, die - ggf. im Zusammenhang mit einer Übergangsregelung - ermöglicht, dass zwischen dem Eintritt der Vorteilslage und dem frühesten Ende der Möglichkeit der Abgabenerhebung mehr als zwei Dekaden verstreichen können?

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aa) Die Fragen zielen in erster Linie darauf ab, ob eine Ausschlussfrist, die die Abgabenergebung auch noch nach mehr als zwei Jahrzehnten zulässt, dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit entspricht. Hintergrund der Fragestellung sind die vom Berufungsgericht auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüften Regelungen der §§ 13b und 18 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (KAG-LSA). Nach § 13b Satz 1 KAG-LSA ist eine Abgabenfestsetzung unabhängig vom Entstehen der Abgabenpflicht zum Vorteilsausgleich mit Ablauf des zehnten Kalenderjahres ausgeschlossen, das auf den Eintritt der Vorteilslage folgt. Die nach Maßgabe von § 13b KAG-LSA zu bestimmende Ausschlussfrist endet nach § 18 Abs. 2 KAG-LSA nicht vor dem Ablauf des Jahres 2015.

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Eine solche Fragestellung verleiht der Rechtssache aber keine grundsätzliche Bedeutung.

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Denn insoweit ist eine fallübergreifende Klärung von Fragen des revisiblen Rechts im Revisionsverfahren nicht zu erwarten.

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In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist allgemein geklärt, dass der in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Grundsatz der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor schützt, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge zeitlich unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Ein Vorteilsempfänger muss in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen können, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 41, 45). Die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der einzelnen Vorteilsempfänger an Rechtssicherheit zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen, ist Aufgabe des Gesetzgebers, dem dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. Begrenzt ist dieser Gestaltungsspielraum dadurch, dass der Gesetzgeber die Interessen der Vorteilsempfänger nicht völlig unberücksichtigt lassen und ganz von einer Regelung absehen darf, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt (BVerfG, a.a.O. Rn. 46; BVerwG, Beschlüsse vom 11. September 2014 - 9 B 21.14 - juris Rn. 30 und - 9 B 22.14 - juris Rn. 29).

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Ob dem Landesgesetzgeber mit der Regelung der §§ 13b und 18 Abs. 2 KAG-LSA der erforderliche angemessene Ausgleich gelungen ist, ist eine Frage der Anwendung des Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit durch einen einzelnen Landesgesetzgeber, bei der nicht zuletzt auch die Gegebenheiten der Erhebung kommunaler Beiträge in Sachsen-Anhalt von Bedeutung sind (vgl. auch LVerfG Dessau, Urteil vom 24. Januar 2017 - LVG 1/16 - Rn. 43 ff., ferner BVerwG, Urteil vom 15. April 2015 - 9 C 19.14 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 218 Rn. 16 in Bezug auf Mecklenburg-Vorpommern). Unter Berücksichtigung der Weite des Gestaltungsspielraums des jeweiligen Gesetzgebers ist daher nicht ersichtlich, dass ein Revisionsverfahren zu einer weiteren grundsätzlichen Klärung der zulässigen Höchstfrist für die Erhebung von Beiträgen zum Vorteilsausgleich und der ihrer Bemessung zugrunde zu legenden Kriterien führen könnte, wie es der Klägerin vorschwebt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. September 2014 - 9 B 21.14 - juris Rn. 31 und - 9 B 22.14 - juris Rn. 30).

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bb) Die Klägerin ist darüber hinaus der Ansicht, ohne eine Klärung der von ihr aufgeworfenen Fragen könne nicht beurteilt werden, ob § 18 Abs. 2 KAG-LSA deshalb Rückwirkung entfalte, weil die Festsetzung von Kanalanschlussbeiträgen nach dem vom Bundesverfassungsgericht aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit abgeleiteten Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit bereits vor Inkrafttreten der §§ 13b und 18 Abs. 2 KAG-LSA ausgeschlossen gewesen sei. Der Sache nach möchte die Klägerin daher geklärt wissen, ob eine Regelung, die eine Ausschlussfrist für die Erhebung von Beiträgen zum Vorteilsausgleich vorsieht und eine Beitragserhebung auch mehr als zwei Jahrzehnte nach Eintritt der Vorteilslage ermöglicht, im Hinblick darauf Rückwirkung entfaltet, dass eine Beitragserhebung nach dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit bereits bei ihrem Inkrafttreten ausgeschlossen war.

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Eine so gestellte Frage war indes für das Berufungsgericht nicht entscheidungserheblich. Nach den Gründen des angefochtenen Beschlusses sind die §§ 13b und 18 Abs. 2 KAG-LSA mit dem Gebot der Rechtsklarheit und -vorhersehbarkeit vereinbar. Auch soweit § 18 Abs. 2 KAG-LSA eine Beitragserhebung im Einzelfall noch nach bis zu 24,5 Jahren zulässt, sah das Oberverwaltungsgericht darin einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Abgabenpflichtigen an Rechtssicherheit. Hiervon ausgehend brauchte das Berufungsgericht nicht zu prüfen, ob § 18 Abs. 2 KAG-LSA unter dem genannten Gesichtspunkt gegen das Rückwirkungsverbot verstößt.

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b) Keine grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache auch im Hinblick auf folgende Fragen zu:

Wahren Bestimmungen zur Einführung zeitlicher Begrenzungen der Abgabenerhebung noch das Gebot der Verhältnismäßigkeit, wenn sie das Ergebnis einer Interessenabwägung sind, die maßgeblich jene tragenden Abwägungsgründe zugrunde legt, welchen das Bundesverfassungsgericht bei seiner gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG bindenden Auslegung von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG entweder von vornherein keine oder eine gegenüber dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit nachrangige Bedeutung beigemessen hat?

Gilt dies auch, wenn eine solche Abwägung dann zu dem Ergebnis führt, dass die neu eingeführte Regelung es ermöglicht, dass - für einen begrenzten Zeitraum - die Beitragspflicht und damit die Verjährungsfrist auch noch nach mehr als zwei Jahrzehnten beginnen kann?

Trifft es zu, dass die vom Bundesverfassungsgericht als - gegenüber dem Gebot der Rechtssicherheit - nachrangig bewerteten Abwägungsgründe (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 2015 - 9 C 15.14 - Rn. 9) nur im Zusammenhang mit gesetzlichen Regelungen von nachrangiger Bedeutung sind, die (gar) keine zeitliche Obergrenze für eine Abgabenerhebung vorsehen, oder ist für die Ermittlung einer zeitlichen Obergrenze zumindest deren Rechtsgedanke zu berücksichtigen?

Entspricht ein Interessenausgleich, der - über die geschilderte Problemlage hinaus - die Interessen der Allgemeinheit an Rechtsfrieden und an effektiver Verwaltung nicht thematisiert und der auf diese Weise ermöglicht, auch mehr als zwei Dekaden nach dem Entstehen einer Vorteilslage Abgaben zu erheben, noch dem Verhältnismäßigkeitsgebot?

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aa) Die ersten beiden Fragen zielen nach ihrem Wortlaut auf die Verhältnismäßigkeit einer Interessenabwägung, der maßgeblich Gesichtspunkte zugrunde liegen, denen "das Bundesverfassungsgericht bei seiner gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG bindenden Auslegung von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG entweder von vornherein keine oder eine gegenüber dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit nachrangige Bedeutung beigemessen hat". Dies betrifft insbesondere den - vom Berufungsgericht herangezogenen - Umstand, dass der Vorteil, der durch die Einrichtung vermittelt wird, in die Zukunft fortwirkt (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 45). Auf andere aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts nachrangige Gesichtspunkte, wie eine etwaige gesetzliche Möglichkeit, Grundstückseigentümer auch nach Übertragung des Eigentums zu Beiträgen heranzuziehen und ein fehlendes Vertrauen des Bürgers auf seine Nichtberücksichtigung bei der Beitragserhebung, hat das Berufungsgericht nicht abgestellt.

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Bezüglich des Fortwirkens des durch den Beitrag auszugleichenden Vorteils können die Fragen der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung verleihen, weil es sich nicht um fallübergreifende, bislang ungeklärte Rechtsfragen handelt, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist. Dass durch einen Anschlussbeitrag auszugleichende Vorteile fortwirken und deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit legitimieren können, ist durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 45). Ob eine spezifische landesrechtliche Regelung den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahrt, ist eine Frage der Gewichtung der abzuwägenden Interessen durch den konkreten Landesgesetzgeber, so dass eine weitergehende grundsätzliche Klärung im Revisionsverfahren nicht zu erwarten ist.

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bb) Gleiches gilt, soweit man die beiden ersten Fragen weiter gehend so versteht, dass auch geklärt werden soll, ob Bestimmungen zur Einführung zeitlicher Begrenzungen der Abgabenerhebung das Gebot der Verhältnismäßigkeit wahren, wenn sie das Ergebnis einer maßgeblich auf diejenigen Gesichtspunkte gestützten Interessenabwägung sind, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Kammerbeschluss vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14 - (NVwZ 2016, 300 Rn. 66 f.) in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Einzelfall als zur Rechtfertigung einer unechten Rückwirkung ungeeignet angesehen hat. Die Rückwirkung rechtfertigten danach fiskalische Gründe - auch vor dem Hintergrund der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Wiedervereinigung - ebenso wenig wie die dauerhafte Erhöhung des Grundstückswerts durch die Herstellung einer Abwasserbeseitigungsanlage.

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Demgegenüber ist das Oberverwaltungsgericht hier davon ausgegangen, dass den §§ 13b, 18 KAG-LSA keine Rückwirkung zukommt. Unter dieser Prämisse hat der Senat bereits entschieden, dass die Herausforderungen der Wiedervereinigung, die nicht nur durch einen vollständigen Wechsel des Rechtsregimes, sondern auf kommunaler Ebene zusätzlich durch eine Vielzahl von gleichzeitig und mit beschränkten kommunalen Ressourcen zu bewältigenden Aufgaben wie einem grundlegenden Verwaltungsumbau, der Herstellung kommunaler Strukturen einschließlich der notwendigen Rechtsgrundlagen sowie der Instandhaltung, Sanierung und Fortentwicklung der Infrastruktur geprägt waren, bei der Bestimmung der Höchstfrist für die Beitragserhebung maßgeblich berücksichtigt werden können (Urteil vom 15. April 2015 - 9 C 19.14 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 218 Rn. 17). Die Verhältnismäßigkeit einer Regelung, die wie die §§ 13b und 18 Abs. 2 KAG-LSA eine Ausschlussfrist für die Beitragserhebung unter maßgeblicher Berücksichtigung dieser Kriterien festlegt, ist keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung.

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cc) Die dritte Frage zielt sinngemäß darauf ab, wie das Fortbestehen des Vorteils und die mit der Wiedervereinigung verbundenen Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Angemessenheit von Regelungen, die eine zeitliche Obergrenze für die Abgabenerhebung festlegen, zu gewichten sind. Sie bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Dass diese Kriterien die zeitlich begrenzte Heranziehung zu Beiträgen für eine relativ lange Zeit rechtfertigen können, ergibt sich aus den genannten Entscheidungen von Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgericht, die nur eine zeitlich unbegrenzte Heranziehung zum Beitrag als auch durch einen fortbestehenden Vorteil nicht gedeckt ansehen (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 45) und angesichts der Herausforderungen der Wiedervereinigung eine Beitragserhebung noch 18 Jahre nach Eintritt der Vorteilslage für zulässig halten (BVerwG, Urteil vom 15. April 2015 - 9 C 19.14 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 218 Rn. 17). Welches Gewicht diesen Gesichtspunkten jeweils zukommt und welche Höchstfrist für die Beitragserhebung jeweils angemessen erscheint, entzieht sich einer allgemeinen Klärung.

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dd) Schließlich lässt auch die Frage, ob ein Interessenausgleich, der die Interessen der Allgemeinheit an Rechtsfrieden und an effektiver Verwaltung nicht thematisiert und es dadurch ermöglicht, mehr als zwei Dekaden nach dem Entstehen einer Vorteilslage Abgaben zu erheben, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht, keine grundsätzliche Klärung im Revisionsverfahren erwarten. Ob sich unter Berücksichtigung der genannten Interessen der Allgemeinheit eine Beitragserhebung auch mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Eintritt der Vorteilslage noch als verhältnismäßig darstellt, ist wiederum nicht allgemein klärungsfähig. Im Übrigen liegt es auf der Hand, dass die Interessen der Allgemeinheit an Rechtsfrieden und an effektiver Verwaltung für die Beantwortung der Frage, bis zu welcher zeitlichen Grenze die Erhebung von Abgaben zum Vorteilsausgleich noch angemessen erscheint, von Bedeutung sind.

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c) Grundsätzliche Bedeutung hat die Rechtssache auch nicht im Hinblick auf die Fragen:

Ist die mit einer zeitlich begrenzten Übergangsvorschrift einhergehende, vorgesehene Benachteiligung jener "Altfälle", bei welchen die Ausschlussfrist unter Umständen frühestens mehr als 20 Jahre nach Eintritt der Vorteilslage enden kann, gegenüber den Abgabepflichtigen, die sofort in den Genuss der festgesetzten gesetzlichen Ausschlussfrist von zehn Jahren kommen, unter Berücksichtigung von Art. 3 GG noch verfassungsgemäß?

Gilt dies auch, wenn diese Benachteiligung mit Argumenten unterlegt wird, welchen das Bundesverfassungsgericht bei seiner gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG bindenden Auslegung von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG entweder von vornherein keine oder eine gegenüber dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit nachrangige Bedeutung beigemessen hat?

Gilt dies auch für jene Fallgestaltungen, die dem § 6 Abs. 6 KAG in der Fassung vor dem 9. Oktober 1997 (in verfassungskonformer Auslegung) unterfallen?

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aa) Die Fragen betreffen die Vereinbarkeit von § 18 Abs. 2 KAG-LSA mit Art. 3 Abs. 1 GG. Diese Regelung bewirkt eine Ungleichbehandlung, indem sie die Ausschlussfrist des § 13b KAG-LSA erst mit dem Ablauf des Jahres 2015 enden lässt, so dass diese Frist bei Altanschlussnehmern mehr als zwei Jahrzehnte betragen kann, während sie für andere Abgabenpflichtige nach § 13b Satz 1 KAG-LSA von vornherein auf zehn Jahre begrenzt ist. Die Frage nach der Vereinbarkeit einer gesetzlichen Regelung mit Art. 3 Abs. 1 GG wirft als solche aber keine grundsätzliche Frage auf, die die Zulassung der Revision rechtfertigt.

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bb) Soweit die zweite Frage der Sache nach darauf abzielt, ob fiskalische Gesichtspunkte, das Bestehen eines Dauervorteils, wiedervereinigungsbedingte Schwierigkeiten und der Vertrauensschutz der Abgabengläubiger sachlich einleuchtende Gründe für eine Differenzierung darstellen können, bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Vielmehr liegt es auf der Hand, dass die genannten Aspekte für die Bemessung von Höchstfristen für die Beitragserhebung von Bedeutung sein können. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 45; BVerwG, Urteil vom 15. April 2015 - 9 C 19.14 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 218 Rn. 17). Dass das Bundesverfassungsgericht fiskalische Gründe - auch vor dem Hintergrund der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Wiedervereinigung - ebenso wenig wie die dauerhafte Erhöhung des Grundstückswerts durch die Herstellung einer Abwasserbeseitigungsanlage als Rechtfertigung einer unechten Rückwirkung nicht ausreichend angesehen hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14 - NVwZ 2016, 300 Rn. 66 f.), steht dem nicht entgegen. Denn das Bundesverfassungsgericht hat damit die Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte nicht generell ausgeschlossen, sondern ihnen lediglich bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer rückwirkenden Beitragserhebung im Einzelfall - für die Rechtslage in Brandenburg - kein ausreichendes Gewicht gegenüber dem schutzwürdigen Vertrauen der Beitragspflichtigen beigemessen.

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cc) Die Frage, ob § 18 Abs. 2 KAG-LSA dann mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar wäre, wenn er auch Fälle erfasst, die § 6 Abs. 6 KAG-LSA in seiner bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit und des Kommunalabgabengesetzes vom 6. Oktober 1997 (GVBl LSA S. 878) am 9. Oktober 1997 geltenden Fassung (a.F.) in verfassungskonformer Auslegung unterfallen, verleiht der Rechtssache ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung. Sie war für das Oberverwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich. Denn es hat § 6 Abs. 6 KAG-LSA a.F. - anders als die Beschwerde es für verfassungskonform hält - so ausgelegt, dass die Beitragspflicht nach dieser Regelung ebenso wie nach § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG-LSA frühestens mit dem Inkrafttreten der wirksamen Satzung entstehen konnte und Beiträge damit entgegen dem Grundsatz der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit zeitlich unbegrenzt erhoben werden konnten.

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d) Hinsichtlich der Frage:

Berücksichtigt die Annahme, dass Abgabenschuldner lediglich ein Interesse an der Gewissheit hätten, wann mit einer Inanspruchnahme nicht mehr zu rechnen sei, aber kein besonderes wirtschaftliches Interesse an einer möglichst zeitnahen Geltendmachung des Beitragsanspruchs, in verfassungsrechtlich zulässiger Weise den Grundsatz der Dispositionsfreiheit, wenn sich der Gesetzgeber bei einer gebotenen Interessenabwägung maßgebend darauf stützt?,

legt die Beschwerde die grundsätzliche Bedeutung nicht den Anforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dar.

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Das Oberverwaltungsgericht hat seine Auffassung, die Regelungen der §§ 13b und 18 Abs. 2 KAG-LSA trügen dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit Rechnung, auf eine umfassende Interessenabwägung gestützt. In diese Abwägung hat es unter anderem den Umstand eingestellt, dass der Vorteil, der durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Einrichtung vermittelt werde, lange in die Zukunft fortwirke, während ein besonderes wirtschaftliches Interesse der Abgabenpflichtigen an einer möglichst zeitnahen Geltendmachung des Beitragsanspruchs nicht bestehe, sondern deren Interesse nur darin liege, erkennen zu können, wann mit einer Inanspruchnahme nicht mehr zu rechnen sei. Hiergegen wendet die Beschwerde ein, dass es bei dem Interesse eines Bürgers an einer zeitnahen Klärung einer etwaigen Abgabenschuld um den Schutz der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit gehe. Damit legt die Beschwerde aber nicht dar, warum die aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren allgemein klärungsbedürftig sein soll. Das bloße Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Rechtsanwendung genügt den Anforderungen an eine Grundsatzrüge nicht (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 Nr. 26 S. 14).

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e) Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache auch nicht auf Grund der Frage zu:

Genügt eine Ausschlussfrist, die in den neuen Bundesländern an den Zeitpunkt der Vorteilslage anknüpft, den Erfordernissen der Belastungsklarheit und Belastungsvorhersehbarkeit, wenn der Vorteil, der abgegolten werden soll, zwar faktisch schon vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes Sachsen-Anhalt entstanden ist, aber sich beitragswirksam erst in dem Zeitpunkt verwirklicht, in dem den Abgabenschuldnern erstmals auch ein rechtlich gesicherter Vorteil geboten worden ist, ihr Schmutzwasser mittels einer nach Inkrafttreten des Gesetzes geschaffenen öffentlichen Einrichtung entsorgen zu können?

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Denn diese Frage ist bereits geklärt.

26

Danach schützt das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit zwar davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Indes bedeutet dies nicht, dass maßgeblicher Zeitpunkt des Eintritts der Vorteilslage, von dem an der Beitragsanspruch wie im Falle der §§ 13b und 18 Abs. 2 KAG-LSA in einer für den Beitragspflichtigen konkret bestimmbaren Frist verjährt (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 50), ausnahmslos bereits derjenige des tatsächlichen Anschlusses an das Abwassersystem ist. Vielmehr muss es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts um eine beitragsrelevante Vorteilslage handeln. Damit stimmt insbesondere auch eine Rechtsprechung überein, nach der die Vorteilslage nicht an eine tatsächliche Anschlussnahme anknüpft, sondern erst in dem Zeitpunkt entsteht, in dem den Beitragspflichtigen erstmals der rechtlich gesicherte Vorteil geboten worden ist, ihr Schmutzwasser mittels einer öffentlichen Einrichtung entsorgen zu können (BVerwG, Urteil vom 15. April 2015 - 9 C 19.14 - Buchholz 11 Art. 20 Nr. 218 Rn. 16).

27

f) Keine grundsätzliche Bedeutung verleihen der Rechtssache auch die Fragen:

Muss zur Beurteilung der Frage, ob eine gesetzliche Änderung der echten oder unechten Rückwirkung unterfällt, das alte Recht inhaltlich unverändert so ausgelegt werden, wie es beispielsweise das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt nach der zum 9. Oktober 1997 in Kraft gesetzten Neufassung des KAG-LSA rückblickend ab 1998 getan hat, indem es - von mehreren möglichen Deutungen - eine verfassungswidrige Interpretation alten Rechts zugrunde gelegt hat, oder muss die alte Rechtslage verfassungskonform entgegen damaliger obergerichtlicher Rechtsansicht uminterpretiert werden?

Ändert sich an diesem Befund etwas, wenn zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt rückwirkend das verfassungsrechtliche Problem beseitigt wird, oder bleibt es dabei, dass aus damaliger Sicht bei mehreren möglichen Deutungen die verfassungsrechtlich einzig sichere zu wählen war?

28

Eine Klärung dieser Fragen im Revisionsverfahren ist nicht zu erwarten.

29

Hintergrund der Fragestellung ist, dass § 6 Abs. 6 KAG-LSA a.F., nach dem die Beitragspflicht mit der Beendigung der beitragspflichtigen Maßnahmen entstand, vom Oberverwaltungsgericht wie § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG-LSA ausgelegt wurde, so dass die Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung entstehen konnte und Beiträge entgegen dem verfassungsrechtlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit zeitlich unbegrenzt erhoben werden konnten. Dies hat nach Auffassung des Berufungsgerichts zur Folge, dass der neu eingefügte § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA keine unzulässige Rückwirkung entfaltete, da sich die Rechtslage durch das Änderungsgesetz nicht geändert hat. Vielmehr war die neue Regelung nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts lediglich deklaratorischer Natur (BA S. 16; ebenso nun LVerfG Dessau, Urteil vom 24. Januar 2017 - LVG 1/16 - UA Rn. 61). Die Klägerin vertritt demgegenüber die Auffassung, § 6 Abs. 6 KAG-LSA a.F. habe verfassungskonform im Einklang mit dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit dahingehend ausgelegt werden müssen, dass eine Beitragspflicht nur habe entstehen können, wenn bis zur Beendigung der beitragsfähigen Maßnahme eine Beitragssatzung vorgelegen habe. Bei dieser Auslegung stellt sich nach Ansicht der Klägerin eine Rückwirkungsproblematik, die derjenigen vergleichbar ist, die dem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14 - (NVwZ 2016, 300) zugrunde liegt. Auch unter der Prämisse, dass die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Abgrenzung einer konstitutiven von einer (nur) deklaratorischen Gesetzesänderung in der Sache unzutreffend ist (vgl. dazu LVerfG Dessau, Urteil vom 24. Januar 2017 - LVG 1/16 - abweichende Meinung - Rn. 86 ff.; VG Magdeburg, Beschluss vom 13. April 2016 - 9 A 105/14 - juris Rn. 26 ff.; zu den Voraussetzungen einer konstitutiven Gesetzesänderung vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 - BVerfGE 135, 1 Rn. 46, 49 ff., 52 f.), führen die daran anknüpfenden Fragen der Beschwerde nicht zur Zulassung der Revision.

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Selbst wenn man davon ausginge, dass § 6 Abs. 6 KAG-LSA a.F. verfassungskonform auszulegen wäre und § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG-LSA deshalb eine unzulässige Rückwirkung entfalten würde, hätte dies nicht die Gesamtnichtigkeit von § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG-LSA zur Folge. Vielmehr wäre nur seine Anwendung in denjenigen Fällen verfassungsrechtlich ausgeschlossen, in denen bei seinem Inkrafttreten Beiträge nach § 6 Abs. 6 KAG-LSA a.F. nicht mehr erhoben werden konnten (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14 - NVwZ 2016, 300 Rn. 39 zu der entsprechenden Regelung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG Bbg). Für den vorliegenden Fall fehlt es dazu jedoch an Feststellungen des Berufungsgerichts. Denn es hat ausdrücklich offen gelassen, ob bis zum Inkrafttreten von § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG für die Grundstücke der Klägerin eine öffentliche Einrichtung zur Schmutzwasserbeseitigung existierte. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtsfrage aber dann nicht zu, wenn Tatsachen, die vorliegen müssten, damit die mit der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Frage sich in einem Revisionsverfahren stellen könnte, von der Vorinstanz nicht festgestellt worden sind (stRspr; vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. Februar 2011 - 6 B 37.10 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 173 Rn. 11).

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Ist aber eine Klärung der ersten Frage im Revisionsverfahren nicht zu erwarten, so stellt sich auch die daran anknüpfende zweite Frage nicht.

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g) Grundsätzliche Bedeutung hat die Rechtssache auch nicht im Hinblick auf die Fragen:

Ist § 242 Abs. 9 BauGB im Lichte des § 127 Abs. 4 BauGB für leitungsgebundene Einrichtungen einschränkend auszulegen oder gebietet § 242 Abs. 9 BauGB, dass in den neuen Bundesländern auch für diese Anlagen, die vor dem 3. Oktober 1990 bereits im Sinne des Satzes 2 hergestellt waren, dann von Beitragserhebungen abzusehen, wenn nach dem 15. Juni 1991 die bereits vorhandenen (Teil-) Einrichtungen ergänzt, erweitert, erneuert oder verbessert werden?

Gebietet insofern der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit, dass einheitliche Abgaben - sowohl für Alt- als auch für Neuanschließer - erhoben werden oder rechtfertigt der Gedanke des "faktischen Vorteils" eine Privilegierung der Altanschließer (solcher Grundstücke, die bereits zu DDR-Zeiten über einen Anschluss verfügten)?

Steht der Grundsatz der Gewaltenteilung einer richterlichen Rechtsfortbildung entgegen, die eine abgabenrechtliche Bestimmung wie den § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG-LSA in der Weise auslegt, dass eine Abgabenerhebung auch von Altanschließern in einer Sonderbetrachtung eröffnet wird, wenn diese Interpretation auf einem Gedanken beruht, der einen In-sich-Widerspruch enthält (Privilegierung der Altanschließer mit dem Argument des faktischen Vorteils schon vor Inkrafttreten des KAG-LSA vs. Bezugnahme der Notwendigkeit der rechtlichen Sicherung des Vorteils durch Errichtung einer öffentlichen Einrichtung und Widmung nach dem Inkrafttreten) und wenn sie sich aus dem reinen Gesetzestext und den Gesetzesmaterialien nicht ohne weiteres erschließt?

33

aa) Die erste Frage lässt sich mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres dahingehend beantworten, dass § 242 Abs. 9 Satz 1 BauGB für vor dem 3. Oktober 1990 hergestellte leitungsgebundene Einrichtungen nicht gilt und deshalb die Erhebung von Beiträgen für solche Einrichtungen nicht ausschließt (zutreffend: OVG Greifswald, Urteil vom 13. Dezember 2011 - 1 L 192/08 - juris Rn. 23).

34

Nach ihrem Wortlaut bezieht sich diese Regelung auf Erschließungsanlagen. Da es sich bei ihr um eine in das Baugesetzbuch eingefügte Überleitungsvorschrift handelt, betrifft sie nach der Gesetzessystematik und ihrem Sinn und Zweck diejenigen Erschließungsanlagen, für die nach dem Baugesetzbuch Erschließungsbeiträge zu erheben sind, mithin die in § 127 Abs. 2 BauGB aufgeführten Erschließungsanlagen. Nur insoweit bestand auch nach Art. 74 Nr. 18 GG bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 27. Oktober 1994 (BGBl I S. 3146) am 15. November 1994 eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, S. 5). Dem entspricht § 127 Abs. 4 BauGB, indem er das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne von § 127 Abs. 2 BauGB sind, namentlich für Anlagen zur Ableitung von Abwasser unberührt lässt.

35

bb) Hinsichtlich der zweiten Frage ist die grundsätzliche Bedeutung nicht den Anforderungen von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt.

36

Die Frage zielt der Sache nach darauf ab, ob die Auslegung des § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG-LSA durch das Oberverwaltungsgericht mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Gebot der Abgabengerechtigkeit vereinbar ist. Die Frage der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung von Landesrecht vermag die Zulassung der Revision aber allenfalls dann zu begründen, wenn die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Normen ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Wird eine Vorschrift des Landesrechts als bundesverfassungsrechtlich bedenklich angesehen, ist daher im Einzelnen darzulegen, gegen welche verfassungsrechtliche Norm verstoßen wird und ob sich bei der Auslegung dieser Bestimmung Fragen grundsätzlicher Bedeutung stellen, die sich nicht auf Grund bisheriger oberstgerichtlicher Rechtsprechung beantworten lassen (BVerwG, Beschluss vom 27. August 2003 - 6 B 53.03 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 38 S. 30 f. m.w.N.). Daran fehlt es hier insoweit, als der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen ist, ob und welche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung sich im Hinblick auf die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 GG stellen.

37

cc) Mit der dritten Frage wirft die Klägerin keine fallübergreifende, höchstrichterlich nicht geklärte Frage des revisiblen Rechts auf, deren Klärung in einem Revisionsverfahren zu erwarten wäre.

38

Die Frage hat die Vereinbarkeit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts zu § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG mit dem in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Gewaltenteilung zum Gegenstand. Dieser schließt es aus, dass die Gerichte Befugnisse wahrnehmen, die von der Verfassung dem Gesetzgeber übertragen worden sind, indem sie sich aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben und damit der Bindung an Gesetz und Recht entziehen. Richterliche Rechtsfortbildung darf nicht dazu führen, dass der Richter seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzt (BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 918/10 - BVerfGE 128, 193 <210 f.> m.w.N.).

39

Ob das Oberverwaltungsgericht mit seiner nach Auffassung der Klägerin in sich widersprüchlichen und sich aus Gesetzestext und -materialien nicht ohne weiteres erschließenden Interpretation von § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG-LSA den Gewaltenteilungsgrundsatz verletzt hat, ist eine Frage der Anwendung dieser Maßstäbe auf die vorliegende Fallkonstellation. Dass sich dabei grundsätzliche Fragen zum Verständnis dieses Verfassungsprinzips stellen, die im Revisionsverfahren allgemein geklärt werden könnten, legt die Beschwerde nicht dar.

40

2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.

41

Der Beschluss weicht nur dann von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts ab, wenn das Oberverwaltungsgericht sich in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem in der herangezogenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat (stRspr; vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 2002 - 9 B 63.01 - NVwZ 2002, 1235). Dass diese Voraussetzungen erfüllt wären, lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen.

42

a) Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts weicht in Bezug auf die Länge der umstrittenen Ausschlussfrist nicht vom Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143) ab.

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aa) Die Klägerin entnimmt dieser Entscheidung den abstrakten Rechtssatz, eine Ausschlussfrist für die Erhebung von Beiträgen, die mehrere Dekaden umfasse, verstoße gegen das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit. Ein solcher Rechtssatz liegt der Entscheidung jedoch nicht zugrunde. Vielmehr stellt das Gericht den folgenden Rechtssatz auf: Dem Gesetzgeber steht bei der Erfüllung der Aufgabe, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und des Einzelnen an Rechtssicherheit durch Verjährungsregelungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen, ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet ihm jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 46). Soweit das Bundesverfassungsgericht auf die Möglichkeit eines Verjährungsbeginns nach Jahrzehnten abstellt (BVerfG, a.a.O. Rn. 47) handelt es sich lediglich um die Begründung dafür, dass im konkreten Fall mangels einer Regelung, die der Abgabenerhebung eine bestimmte zeitliche Grenze setzt, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt geblieben sind und der Gesetzgeber damit die Grenzen seines Gestaltungsspielraum überschritten hat. Ein abstrakter Rechtssatz des Inhalts, dass eine Ausschlussfrist mit einer Länge von mehreren Jahrzehnten per se das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit verletzt, lässt sich daraus nicht ableiten.

44

bb) Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts enthält des Weiteren keinen tragenden Rechtssatz des Inhalts, eine Rechtslage, die im Ergebnis dazu führe, dass die Verjährung erst Jahrzehnte nach dem Eintritt einer Vorteilslage beginnen könne, sei mit dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit nicht vereinbar. Vielmehr stellt die Entscheidung maßgeblich darauf ab, dass es dem Gesetzgeber trotz seines weiten Gestaltungsspielraums verboten sei, ganz von einer zeitlichen Begrenzung abzusehen.

45

b) Der Beschluss des Berufungsgerichts weicht auch nicht von einem tragenden Rechtssatz im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. April 2015- 9 C 15.14 - ab. Die Beschwerde bezieht sich insoweit auf die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts, zur Bestimmung der erforderlichen Höchstgrenze dürfte ein Rückgriff auf die 30-jährige Verjährungsfrist des § 53 Abs. 2 VwVfG MV - sowohl im Wege der Analogie als auch vermittelt über den Grundsatz von Treu und Glauben - ausscheiden. Denn es sei Aufgabe des Gesetzgebers, in Wahrnehmung seines weiten Gestaltungsspielraums einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen zu schaffen (BVerwG, Urteil vom 15. April 2015 - 9 C 15.14 - juris, ebenso Urteil gleichen Datums - 9 C 19.14 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 218, jeweils Rn. 13). Die Beschwerde zeigt nicht auf, inwiefern das Berufungsgericht von dieser Annahme abgewichen sein soll. Dies ist auch nicht der Fall. Denn das Berufungsgericht wendet nicht schematisch eine 30-jährige Verjährungsfrist an, sondern kommt zu dem Ergebnis, dass der Gesetzgeber in Wahrnehmung seines Gestaltungsauftrags durch die Regelungen des § 18 Abs. 2 i.V.m. § 13 KAG-LSA den bislang bestehenden verfassungswidrigen Zustand beseitigt hat.

46

c) Das Oberverwaltungsgericht weicht ferner nicht von den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14 u.a. - (NVwZ 2016, 300), vom 8. März 1972 - 2 BvR 28.71 - (BVerfGE 32, 373) und vom 4. Oktober 1983 - 2 BvL 8/83 - (BVerfGE 65, 132) ab, soweit es dem durch Änderungsgesetz vom 6. Oktober 1997 (GVBl. LSA S. 878) in das Kommunalabgabengesetz eingefügten § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG-LSA keine unzulässige Rückwirkung beimisst.

47

Die Klägerin entnimmt diesen Verfassungsgerichtsentscheidungen den Rechtssatz, dass die Änderung einer gesetzlichen Bestimmung (auch) dann konstitutive Wirkung habe, wenn die bisherige Bestimmung bereits im Sinne der Änderung ausgelegt, dabei aber gegen verfassungsrechtliche Grundsätze, hier das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit, verstoßen worden sei. Dem stellt die Klägerin den aus dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts abgeleiteten Rechtssatz gegenüber, die Änderung einer gesetzlichen Bestimmung habe selbst dann keine konstitutive Wirkung, wenn die bereits bisher im Sinne der späteren Änderung ausgelegte Ursprungsnorm verfassungswidrig gewesen sei. Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz ergibt sich daraus jedoch nicht.

48

Zum einen lässt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht erkennen, ob und inwieweit der offenbar anhand einer Gesamtbetrachtung aus den genannten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts abgeleitete Rechtssatz für eine dieser Entscheidungen tragend war. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass der Rechtssatz, den die Klägerin aus dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts hergeleitet hat, der Entscheidung tragend zugrunde gelegen hat. Zwar hat das Berufungsgericht die Rückwirkung von § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG-LSA mit der Begründung verneint, nach seiner ständigen Rechtsprechung habe diese Regelung gegenüber der vorhergehenden Rechtslage nach § 6 Abs. 6 KAG-LSA a.F. lediglich klarstellend verdeutlicht, dass die sachliche Beitragspflicht im Anschlussbeitragsrecht unabhängig vom Abschluss der Baumaßnahme und der Begründung der Vorteilslage nicht vor Inkrafttreten der ersten wirksamen Beitragssatzung entstehe. Das Oberverwaltungsgericht hat sich jedoch nicht dazu geäußert, ob § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG-LSA deshalb eine unzulässige Rückwirkung entfaltete, weil § 6 Abs. 6 KAG-LSA a.F. abweichend von seiner ständigen Rechtsprechung verfassungskonform auszulegen gewesen wäre. Dementsprechend hat es auch einen Rechtssatz, es sei nicht geboten, eine in verfassungswidriger Weise verstandene Vorgängerregelung verfassungskonform auszulegen, um der nachfolgenden Rechtsänderung konstitutive Wirkung beizumessen, seiner Entscheidung nicht tragend zugrunde gelegt.

49

d) Das Oberverwaltungsgericht weicht darüber hinaus auch nicht hinsichtlich der im Rahmen des Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit zu beachtenden Abwägungsgrundsätze von den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14 u.a. - (NVwZ 2016, 300) und vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143) ab.

50

aa) Die geltend gemachte Divergenz zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015 besteht nicht. Danach konnte in dem zu entscheidenden Fall - auch vor dem Hintergrund der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung - das fiskalische Interesse an der Refinanzierung von öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen eine rückwirkende Abgabenbelastung ebenso wenig rechtfertigen wie der von den Abgabenschuldnern durch die Möglichkeit des Anschlusses an die Abwasserbeseitigungsanlage erlangte Vorteil. Denn es hätte die Möglichkeit bestanden, die Beitragsforderungen rechtzeitig geltend zu machen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14 u.a. - NVwZ 2016, 300 Rn. 66 ff.). Zwar hat das Oberverwaltungsgericht die Vereinbarkeit der Beitragserhebung mit dem rechtsstaatlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit gerade auch mit dem Fortwirken des durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Abwasserbeseitigungseinrichtung vermittelten Vorteils in die Zukunft und den nach der Wiederherstellung der Deutschen Einheit bestehenden Schwierigkeiten begründet. Jedoch weicht es damit nicht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift von einem die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts tragenden abstrakten Rechtssatz ab. Denn die Ausführungen der beiden Gerichte betreffen unterschiedliche Rechtsvorschriften. Das Bundesverfassungsgericht befasste sich mit dem Rückwirkungsverbot, während das Oberverwaltungsgericht die Vereinbarkeit der Beitragserhebung mit dem Grundsatz der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit im Blick hatte.

51

bb) Auch liegt eine Abweichung vom Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143) nicht vor. Die Klägerin sieht die Divergenz im Kern darin, dass das Oberverwaltungsgericht eine Übergangsregelung, die eine Beitragserhebung auch nach bis zu 24,5 Jahren noch ermöglicht, mit dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit unter anderem deshalb für vereinbar hält, weil sie die dem öffentlichen Recht nicht fremde dreißigjährige Verjährungsfrist unterschreitet, während das Bundesverfassungsgericht es, ohne auf eine dreißigjährige Verjährung abzuheben, für problematisch hält, wenn die Verjährung erst Jahrzehnte nach Eintritt einer beitragspflichtigen Vorteilslage beginnen kann (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 47). Damit ist eine Abweichung des Oberverwaltungsgerichts vom Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 jedoch nicht dargetan.

52

Nach diesem Urteil schützt das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 41). Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 a.a.O. Rn. 45). Von diesen Grundsätzen ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen. Ein darüber hinausgehender abstrakter Rechtssatz, der eine feste zeitliche Obergrenze vorsähe oder die Heranziehung der dreißigjährigen Verjährungsfrist als Maßstab für die Bestimmung dieser Grenze ausschlösse, lässt sich dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, wie dargelegt, nicht entnehmen.

53

e) Schließlich weicht das Oberverwaltungsgericht nicht vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Dezember 1968 - 2 BvE 1, 3, 5/67 - (BVerfGE 24, 300 <347>) ab, soweit dort ausgeführt wird, dass sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Prinzip des Vertrauensschutzes nicht ergibt, dass ein durch ein verfassungswidriges Gesetz Begünstigter den Anspruch erheben kann, in seinem Vertrauen auf den Bestand einer verfassungswidrigen Maßnahme geschützt zu werden. Denn das Oberverwaltungsgericht hat sich damit nicht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift in Widerspruch gesetzt. Vielmehr betreffen die von der Beschwerde gegenübergestellten Aussagen unterschiedliche aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Verfassungsgrundsätze:

54

Die Divergenzrüge bezieht sich auf die Aussage in der Berufungsentscheidung, die abgabenerhebenden Körperschaften in Sachsen-Anhalt hätten jedenfalls bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143) aufgrund der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt darauf vertrauen dürfen, nicht wirksam entstandene Forderungen zeitlich grundsätzlich unbegrenzt geltend machen zu können (BA Rn. 47). Dieser Aspekt ist einer von mehreren Gesichtspunkten, die das Berufungsgericht in seine Interessenabwägung zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der zeitlichen Begrenzung der Neuregelung einstellt. Die Aussage betrifft folglich das Gebot der Rechtsklarheit und -vorhersehbarkeit.

55

Demgegenüber geht es im zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Dezember 1968 - 2 BvE 1, 3, 5/67 - (BVerfGE 24, 300) um den - ebenfalls aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten - Grundsatz des Vertrauensschutzes unter der Fragestellung, ob ein durch ein verfassungswidriges Gesetz Begünstigter den Anspruch herheben kann, in seinem Vertrauen auf den Bestand einer verfassungswidrigen Maßnahme geschützt zu werden. Die diesbezügliche Feststellung des Bundesverfassungsgerichts war zudem nicht entscheidungstragend. Vielmehr ließ das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich offen, ob sich der Grundsatz, dass im Hinblick auf den Gedanken des Vertrauensschutzes unter Umständen Leistungen, die ein Begünstigter gesetzwidrig erhalten habe, auch für die Zukunft weitergewährt werden müssten, wenn das Interesse an der Weitergewährung der Leistung das Interesse an der Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustands überwiege, auf das Verfassungsrecht übertragen lasse. Denn jedenfalls hätte in dem seiner Entscheidung zugrundeliegenden Fall das Interesse an der Wiederherstellung des verfassungsmäßigen Zustands überwogen (BVerfG, Urteil vom 3. Dezember 1968 - 2 BvE 1, 3, 5/67 - BVerfGE 24, 300 <347>).

56

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

57

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.