Entscheidungsdatum: 09.06.2016
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 10 2006 052 602
…
…
hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juni 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie die Richter Dipl.-Ing. Rippel, Dr.-Ing. Dorfschmidt und Heimen
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 14 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Juli 2012 aufgehoben und das Patent widerrufen.
I.
Die Einsprechende macht widerrechtliche Entnahme des Streitpatents durch den Patentinhaber geltend, der vom 1. Januar 1997 bis zum 15. Mai 2006 einer ihrer Geschäftsführer und zudem Gesellschafter war.
Das streitgegenständliche Patent mit der Bezeichnung „Verfahren und Vorrichtung zur Kühlmittelversorgung spanender Werkzeuge“ ist auf die am 8. November 2006 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingereichte Patentanmeldung, die die innere Priorität der Patentanmeldung 10 2006 047 423.6 vom 6. Oktober 2006 in Anspruch nimmt, erteilt und die Erteilung am 12. Mai 2010 veröffentlicht worden.
Der geltende Patentanspruch nach Hauptantrag in der erteilten Fassung lautet:
„Verfahren zur Kühlmittelversorgung innengekühlter spanender Werkzeuge, wobei der Druck des Kühlmittels in wenigstens einem Kühlmittelkanal im Werkzeug erfasst und durch einen Abgleich mit in einer Auswerteeinrichtung hinterlegten Referenzwerten der Betriebszustand des Werkzeugs ermittelt wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Kühlmittel p/Q-geregelt (Druck/Förderstrom) gefördert wird, wobei über eine Stromregelfunktion eine vom Werkzeugstaudruck unabhängige Kühlmittelmenge erzeugt und gefördert wird.“
Mit Schriftsatz vom am 23. Mai 2016 hat der Patentinhaber Hilfsanträge 1 bis 4 eingereicht, mit der er hilfsweise beschränkte Fassungen des Patents verteidigt.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist auf ein Verfahren zur Kühlmittelversorgung von mehreren innengekühlten spanenden Werkzeugen gerichtet und enthält gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag nach dem Wort „Stromregelfunktion“ zudem die Ergänzung „für jedes Werkzeug“.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 enthält gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 am Ende die Ergänzung „und dass der Systemdruck so reduziert wird, dass dieser nur geringfügig über dem höchsten Staudruck der Werkzeuge liegt.“
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 enthält gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 am Ende die Ergänzung „und dass die verschiedenen Staudrücke an den Werkzeugen über Wechselventile erfasst werden, wobei der hierbei höchste Staudruck einer Pumpe als hydraulischer Drucksollwert zugeführt wird.“
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 enthält gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 die Ergänzung „wobei eine Schaltungsanordnung zur Kühlmittelversorgung mehrerer innengekühlter spanender Werkzeuge, umfassend eine Druckquelle (32) mit konstantem Förderdruck, eine Druckwaage (33) und ein als Drosselventil nachgeschaltetes Regelventil (34), verwendet wird, und dass über die Druckwaage (33) und das als Drosselventil nachgeschaltete Regelventil (34) die Mengenregelung der Kühlmittelmenge erfolgt, wobei als Regelgröße der Mengenregelung der Öffnungsquerschnitt am Regelventil (34) der einzelnen Werkzeuge dient.“
Hinsichtlich des Wortlauts des auf eine Schaltungsanordnung zur Kühlmittelversorgung gerichteten, unabhängigen Patentanspruch bzw. den jeweiligen Unteransprüchen gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 4 wird auf die Patentschrift sowie die Akten verwiesen.
Gegen das erteilte Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 10. August 2010, der am selben Tag beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist, wegen widerrechtlicher Entnahme Einspruch erhoben und den Widerruf des Streitpatents in vollem Umfang beantragt.
Der Gegenstand des Patents wurde unstreitig unter Beteiligung des Patentinhabers zur Zeit seines Anstellungsverhältnisses aufgrund des Dienstvertrages (DV) vom Dezember 1996 (Anlage 1 zum SchrS. v. 10.8.2010) bei der Einsprechenden entwickelt. Ob neben dem Patentinhaber noch weitere Mitarbeiter der Einsprechenden an der Entwicklung beteiligt waren und als Miterfinder anzusehen sind, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Gemäß § 1 Nr. 1 DV war der Patentinhaber verantwortlich für die Unternehmensbereiche „Technischer Vertrieb, Aggregatebau, Service, Konstruktion und Planung“. Des Weiteren hatte der Patentinhaber gemäß § 1 Nr. 3 DV seine „volle Arbeitskraft und alle seine fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen ausschließlich der Gesellschaft zu widmen.“ Gemäß § 6 DV hatte er ferner u. a. alle ihm überlassenen betriebseigenen Gegenstände, insbesondere Schriftstücke, Zeichnungen und sonstige Geschäftsunterlagen, sowie eigene dienstliche Aufzeichnungen als Firmeneigentum zu behandeln. In § 2 DV ist der Umfang der Geschäftsführungsbefugnis (§ 10 Abs. 1 GmbHG) des laut Handelsregistereintrag (vgl. Anl. 18 zum SchrS. v. 5.7.2012) einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Patentinhabers u. a. wie folgt näher geregelt:
„Der Geschäftsführer wird sein Amt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes führen. Alle Geschäfte die außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes liegen, bedürfen der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Dazu gehören insbesondere:
(…)
h) Abschluss von Verträgen zwischen der Gesellschaft und Ihren Gesellschaftern, deren Ehegatten sowie den Verwandten gerader Linie der Vorgenannten;
(…)
m) Abschluss von Verträgen, welche die Gesellschaft länger als ein Jahr verpflichten oder berechtigen und von Verträgen mit einem Gegenstandswert größer TDM 100; (…)“.
Wegen des Inhalts des Dienstvertrages im Übrigen wird auf diesen (Anl. 1) Bezug genommen. Das Anstellungsverhältnis war durch den Patentinhaber schon am 4. November 2005 mit Wirkung zum 30. November 2006 gekündigt worden, wurde durch Abberufung des Geschäftsführers im Mai 2006 jedoch früher beendet. Mit Vereinbarung vom 2. August 2007 (Anl. P 1 zum SchrS. v. 21.12.2010) wurden die Verhältnisse nach den Ausscheiden des Patentinhabers geregelt, unter Ziff. 5 heißt es u. a.:
„Nicht erledigt sind die Ansprüche des Herrn M. als Erfinder gegen die Gesellschaft bezüglich der zur Eintragung gebrachten oder angemeldeten Patente.“
Der Patentinhaber hatte mit Schreiben vom 26. April 2006 (Anl. P 6 zum SchrS. vom 21.12.2010) der Einsprechenden, vertreten durch den anderen Geschäftsführer, Herrn B…, die Anmeldung einer Erfindung angeboten und seine Vergütungsvorstellungen mitgeteilt. Das unter seinem privatem Briefkopf verfasste Schreiben hat u. a. folgenden Wortlaut:
„Angebot über Patent bzw. Gebrauchsmusterschutz über ein System (…)
Sehr geehrter Herr B…,
Ich nehme Bezug auf das Mitarbeiterüberlassungsgesetz für Patente und biete Ihnen gemäß Anlage die Anmeldung zum Patent- und Gebrauchsmusterschutz über ein System (…) an.
Als Entschädigung erwarte ich eine Umsatzbeteiligung von 5 % an allen mit den Patenten oder den Gebrauchsmustern erzielten Umsätze für die Dauer von 15 Jahren.
Ich sehe in dieser technischen Lösung ein weiteres Schlüsselprodukt der F… und freue mich dies der F… anbieten zu können.
Ich bitte Sie hierzu um ihr konkretes Angebot bis zum 31. Mai 2006.
Mit freundlichen Grüßen
Walter M… GF“
Mit einem weiteren, unter demselben, privaten Briefkopf verfassten Schreiben vom 26. April 2006 (Anl. 3 zum SchrS. v. 10.8.2010) hat sich der Patentinhaber an die Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden (i. F. Kanzlei W… pp.) wie folgt gewandt.
„Anmeldung zum Patent und Gebrauchsmusterschutz eines Systems (…)
Sehr geehrter Herr Dr. W…,
Ich nehme Bezug auf die bereits zwischen Ihnen und der F… GmbH bestehende Geschäftsbeziehung und beauftrage Sie hiermit als Erfinder der nachfolgend beschriebenen Systeme (…) auf der Basis des Mitarbeiterüberlassungsgesetz diese Erfindung zum Patent und Gebrauchsmusterschutz anzumelden. Hierbei wollen wir das Verfahren, die Schaltungsanordnung und auch im systemischen Verbund die Schaltungsanordnung schützen lassen.
(…)
Diese Patent- und Gebrauchsmusterschutzanmeldung habe ich auf der Basis des Mitarbeiterüberlassungsgesetz der F… angeboten.
Wir beauftragen Sie hiermit eine Anmeldung zu prüfen und kurzfristig (noch in KW 18/06) zu realisieren, da bereits eine erste Anwendung ansteht. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung unter 07(…) oder unter meiner Handy Nr. 01(…) zur Verfügung.“
Unterzeichnet ist das Schreiben mit „F1… “. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Anlage 3 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 11. Mai 2006 (Anl. 4 zum SchrS. v. 10.8.2010), ebenfalls unterzeichnet mit der Angabe „F…. “ hat der Patentinhaber den beauftragten Patentanwälten Ergänzungen übersandt. In der Folge kam es zu weiteren Schriftverkehr, überwiegend per E-Mail, zwischen der Kanzlei W… pp. und der Einsprechenden sowie dem Patentinhaber hinsichtlich der Anmeldung und des weiteren Vorgehens. Mit patentanwaltlichen Schreiben vom 4. April 2007 (Anl. 7 zum SchrS. v. 10.8.2010) wurde der Einsprechenden mitgeteilt, dass nunmehr weisungsgemäß eine Anmeldung, basierend auf der „Erfindungsmeldung“ des Patentinhabers vom 26. April 2006 beim DPMA hinterlegt wurde.
Die Einsprechende hat im patentamtlichen Verfahren die Auffassung vertreten, dass der wesentliche Inhalt des streitgegenständlichen Patents vom Patentinhaber widerrechtlich entnommen worden sei, insbesondere der Erfindung entspreche, welche der Patentinhaber ihr angeboten habe. Der Patentinhaber sei auch verpflichtet gewesen, die Erfindung der Einsprechenden zu überlassen.
Der Patentinhaber hat dem widersprochen und ausgeführt, dass er mangels Rechteübergangs der Inhaber der angebotenen Erfindung geblieben sei.
Mit dem in der Anhörung vom 19. Juli 2012 verkündeten Beschluss hat die Patentabteilung 14 des DPMA das Patent in vollem Umfang aufrechterhalten, weil der Patentinhaber als alleiniger Erfinder des Gegenstands des Streitpatents anzusehen sei. Ein Rechtsübergang an der Erfindung sei mangels eindeutiger Regelung im Dienstvertrag nicht vereinbart gewesen. Zwar habe der Patentinhaber der Einsprechenden die Erfindung angeboten, eine Annahme des Angebotes vom 26. April 2006 durch die Einsprechende sei aber nicht erfolgt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden.
Sie hat im Beschwerdeverfahren ihren Vortrag aus dem patentamtlichen Verfahren wiederholt und vertieft. Sie ist insbesondere der Ansicht, dass eine Übertragung der Erfindung auf die Anmelderin erfolgt sei, so dass der Patentinhaber nicht berechtigt gewesen sei, die Erfindung selbst zum Patent anzumelden, insbesondere sei sie Erfindungsbesitzerin gewesen, denn die Einsprechende habe aufgrund der Schreiben (Anl. 3 sowie Anl. P 6) vom 26. April 2006 annehmen können, dass der jetzige Patentinhaber die streitgegenständliche Erfindung auf die Einsprechende übertragen habe. Dies folge aus dem Wortlaut der genannten Schreiben, insbesondere aus dem Auftragsschreiben (Anl. 3) an die Kanzlei W… pp. sowie aus der üblichen Handhabung der Beteiligten bei früheren Erfindungen des Patentinhabers. Bei diesen Erfindungen des damaligen Geschäftsführers, die auf Namen der Einsprechenden angemeldet worden seien, habe dieser diesbezüglich einen identischen Text verwendet (Anl. 12 und 15), so dass die abgegebenen Erklärungen als Einigung über die Übertragung der Erfindung zu verstehen gewesen seien.
Die Einsprechende ist ferner der Auffassung, der Patentinhaber sei wirksam vom Verbot der Selbstkontrahierung befreit gewesen, die Übertragung von Patenten auf die Gesellschaft sei, wie auch die Handhabung in der Vergangenheit gezeigt habe, von der internen Vertretungsmacht des Patentinhabers als damaligen Geschäftsführer der Einsprechenden gedeckt, da es sich dabei um Geschäfte des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes handele.
Die Einsprechende ist der Meinung, dass der Patentinhaber zudem aufgrund des Dienstvertrages (Anl. 1) zur Übertragung seiner „Geschäftsführererfindung“ verpflichtet gewesen sei. Sie behauptet ferner, dass der Patentinhaber nicht allein, sondern gemeinsam mit weiteren Mitarbeitern der Einsprechenden mit der Entwicklung des Gegenstandes des Patentes befasst war und somit lediglich Miterfinder gewesen sei. Dazu hat die Einsprechende entsprechende Erklärungen ihrer Mitarbeiter vorgelegt (Anl. 19 und 22).
Zur Stützung ihres Vorbringens hat die Einsprechende folgende Druckschriften und Schreiben eingereicht:
Anlage 1: Dienstvertrag (DV) von Herrn Walter M. (Patentinhaber des Streitpatents) bei der Firma FMB-Hydraulik GmbH
Anlage 2: Überblick über Patentanmeldungen der Firmen FMB-Blickle GmbH und FMB-Hydraulik GmbH mit Herrn Walter M. als Erfinder
Anlage 3: Schreiben von Herrn Walter M. an die Rechtsanwälte W. & Partner vom 26.04.2006
Anlage 4: Schreiben von Herrn Walter M. an die Rechtsanwälte W. & Partner vom 11.05.2006
Anlage 5: Ausdruck einer email der Rechtsanwälte W. & Partner an Herrn Fabian Blickle vom 08.06.2006
Anlage 6: Patentanmeldungsentwurf: Verfahren und Vorrichtung zur Kühlmittelversorgung spanender Werkzeuge
Anlage 7: Schreiben der Rechtsanwälte W. & Partner an die Firma FMB-Blickle GmbH vom 04.07.2007
Anlage 8: DE 10 2007 016 326 A1
Anlage 9: DE 2006 052 602 A1
Anlage 10: Schreiben von Herrn Walter M. an die Firma FMB-Blickle GmbH vom 18.07.2005
Anlage 11: Schreiben von Herrn Walter M. an Herrn Horst Blickle vom 02.01.2005
Anlage 12: Schreiben der FMB-Blickle GmbH, Herr Walter M., an die Rechtsanwälte W. & Partner vom 16.08.2004
Anlage 13: Schreiben von Herrn Walter M. an die Firma FMB-Blickle GmbH vom 16.08.2005
Anlage 14: Ausdruck einer email von Herrn Walter M. an die Patent- und Rechtsanwälte W. & Partner vom 15.04.2006
Anlage 15: Schreiben der FMB-Blickle GmbH, Herr Walter M., an die Rechtsanwälte W. & Partner vom 16.08.2005
Anlage 16: Schreiben von Herrn Walter M. an die Firma FMB-Blickle GmbH vom 16.08.2005
Anlage 17: Ausdruck einer email von Herrn Walter M. an die Patent- und Rechtsanwälte W. & Partner vom 13.06.2006
Anlage 18: Handelsregisterauszug der FMB-Blickle GmbH
Anlage 19: Eidesstattliche Versicherung von Herrn Karl-Heinz Rebstock vom 13.07.2012 mit beiliegender Gesprächsnotiz und Skizze
Anlage 20: Schreiben der Firma FMB-Blickle GmbH an Herrn Karl-Heinz Rebstock vom 18.07.2012
Anlage 21: Schreiben der Firma FMB-Blickle GmbH an Herrn Andreas Efinger vom 18.07.2012
Anlage 22: Eidesstattliche Versicherung von Herrn Andreas Efinger vom 17.07.2012
Die Einsprechende und Beschwerdeführerin hat den Antrag gestellt,
den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 14 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 19. Juli 2012 aufzuheben und das Patent zu widerrufen,
sowie der Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Der Patentinhaber und Beschwerdegegner hat den Antrag gestellt,
die Beschwerde zurückzuweisen,
hilfsweise das Patent mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
1. Patentansprüche 1 – 21 gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht mit Schriftsatz vom 23. Mai 2016,
2. Patentansprüche 1 – 20 gemäß Hilfsantrag 2, eingereicht mit Schriftsatz vom 23. Mai 2016,
3. Patentansprüche 1 – 20 gemäß Hilfsantrag 3, eingereicht mit Schriftsatz vom 23. Mai 2016,
4. Patentansprüche 1 – 20 gemäß Hilfsantrag 4, eingereicht mit Schriftsatz vom 23. Mai 2016,
im Übrigen wie erteilt.
Der Patentinhaber widerspricht dem Vortrag der Einsprechenden und verweist auf folgende Druckschriften:
Anlage P1: Vereinbarung zwischen der FMB-Blickle GmbH und Herren Walter M. vom 02.08.2007
Anlage P2: Urteil des OLG Düsseldorf „Geschäftsführer-Erfindung“ vom 10.06.1999, 2 U 11/98
Anlage P3: Organigramm der Firma FMB-Blickle GmbH ab dem 01.05.2004
Anlage P4: Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag der FMB-Blickle GmbH vom 21.12.1988
Anlage P5: Darstellung der Prozessorganisation der Firma FMB-Blickle GmbH
Anlage P6: Schreiben von Herrn Walter M. an die Firma FMB-Blickle GmbH vom 26.04.2006
Anlage P7: Schreiben der Patent- und Rechtsanwälte W. & Partner an die Firma FMB-Blickle GmbH, Herrn Walter M., vom 17.05.2006
Anlage P8: Schreiben der Rechtsanwälte Jehle Lang Meier-Rudolph an Rechtsanwalt Klaus Geiger vom 12.11.2008
Anlage P9: Schreiben der Firma FMB-Blickle GmbH an Herrn Walter M. vom 15.05.2006
Anlage P10: Schreiben der Firma FMB-Blickle GmbH an die Rechtsanwälte Jehle Lang Meier-Rudolph vom 16.06.2006
Anlage P11: Schreiben der Patent- und Rechtsanwälte W. & Partner an Herrn Walter M. vom 31.01.2006
Anlage P12: Schreiben der Patent- und Rechtsanwälte W. & Partner an Herrn Walter M. vom 12.04.2006
Anlage P13: Titelseite einer Firmenschrift der Firma Bosch Automation: Automationstechnik für Nibbelmaschinen
Anlage P14: Trefferliste aus depatisnet vom 14.07.2012
Anlage P15. Eidesstattliche Versicherung von Herrn Walter M. vom 17.07.2012
Anlage P16: Ausdruck einer Email von Herrn Dr. W. an Herrn Walter M. vom 22.09.2006
Anlage B1: Schreiben der Patent- und Rechtsanwälte W. & Partner an Herrn Walter M. vom 07.02.2006
Der Patentinhaber führt zu den hilfsweise geltend gemachten Patentansprüchen aus, dass die Hilfsanträge 1 bis 4 jeweils technische Überschüsse enthielten, die erst nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen der Einsprechenden von ihm alleine entwickelt worden seien. Die Einsprechende habe zumindest insoweit keinen Erfindungsbesitz erlangt.
Der Patentinhaber ist weiter der Auffassung, die Einsprechende habe keinen Übertragungsanspruch, sein entsprechendes Angebot habe die Einsprechende nicht angenommen, das Angebot sei zudem nicht auf Übertragung des Patentes gerichtet gewesen, vielmehr werde in dem Schreiben ausdrücklich nur die Anmeldung genannt; nicht zuletzt aufgrund einer Beratung des Patentinhabers durch die Kanzlei W… pp. sei nur eine treuhänderische Anmeldung auf den Namen der Einsprechenden gewollt gewesen, bis die Verhältnisse betreffend die Erfindungen zwischen den Beteiligten hätten geklärt werden sollen.
Der Patentinhaber als Organ der Einsprechenden habe eine Übertragung des Vollrechtes ferner von einer Vereinbarung über seine Vergütung abhängig machen wollen, zudem sei dieses Angebotsschreiben vor dem Hintergrund zu sehen, dass das dienstvertragliche Verhältnis nach der Kündigung zwischen den Beteiligten bereits zerrüttet gewesen sei und kurz vor der Aufhebung gestanden habe.
Da es auch in der Folgezeit zu keiner Vereinbarung betreffend die Vergütung der Erfindung gekommen sei, liege ein Dissens vor.
Der Patentinhaber meint weiter, in dem Auftragsschreiben an die Kanzlei W… pp. (Anl. 3) könne keine Annahme eines Angebotes gesehen werden; dagegen sprächen bereits der Wortlaut des Auftragsschreibens und die Begleitumstände, insbesondere das bevorstehende Ende des Anstellungsverhältnisses.
Er habe auch nicht als Geschäftsführer handeln wollen, er habe dazu bewusst seinen privaten Briefkopf verwendet, anders als bei früheren Anmeldeaufträgen; zudem werde nur die Patentschutzanmeldung angeboten, die Erklärung, dass dieses Angebot angenommen werde, sei nicht enthalten.
Der Wille, ohne diese Einigung über die Vergütung das Vollrecht zu übertragen, sei auch an keiner Stelle erklärt worden und sei insbesondere auch nicht dem Auftragsschreiben vom 26. April 2006 (Anl. 3) zu entnehmen. Der Wortlaut spreche gerade dafür, dass die Auftragserteilung vom Patentinhaber „als Erfinder“ erfolgen solle, der Patentinhaber habe auch kein Interesse gehabt, sich seiner Rechte zu begeben, und über die Höhe der Gegenleistung im Ungewissen zu sein, nach dem Willen des Patentinhabers sei vor den Hintergrund der Auskünfte der Kanzlei W… pp. lediglich eine vorläufige, treuhänderische Anmeldung auf die Einsprechende gewünscht gewesen.
Schließlich, so der Patentinhaber, habe er auch nicht die dazu erforderliche Vertretungsmacht besessen, denn im Innenverhältnis sei er als Geschäftsführer nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen. Dazu trägt der Patentinhaber vor, nach § 2 lit. h) des DV unterlägen Verträge zwischen Gesellschaftern und der Gesellschaft der Zustimmungspflicht, dieser Ausschluss betreffe auch Verträge über geistiges Eigentum, die der Patentinhaber, der unstreitig damals zugleich Geschäftsführer und Gesellschafter war, abschließe. Zudem unterfalle die Übertragung des Rechtes auch § 2 lit. m), da für die Gesellschaft eine langjährige Vergütungspflicht entstehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig und in der Sache begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zum Widerruf des Patents.
Der Patentinhaber hat den wesentlichen Inhalt der patentierten Erfindung ohne Einwilligung den Unterlagen der Einsprechenden entnommen, nachdem er als Erfinder die Rechte aus der Erfindung an die Einsprechende übertragen hatte, § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG.
Es kann dabei offen bleiben, ob, wie die Einsprechende meint, der Patentinhaber als Organ der Gesellschaft bereits aufgrund seines Dienstvertrages, seiner gesellschaftsrechtlichen Pflichten oder aufgrund entsprechender Übung bei früheren Erfindungen zur Übertragung der Erfindung verpflichtet gewesen ist. Denn nach Auffassung des Senates hat der Patentinhaber der Einsprechenden die Übertragung des Rechtes an der streitgegenständlichen Erfindung mit Schreiben vom 26. April 2006 (Anl. P 6) ausdrücklich angeboten, so dass lediglich die Frage der Annahme dieses Angebotes zu prüfen war. Maßgeblich für die Auslegung der Erklärung ist der gewählte Wortlaut und der ihm zu entnehmende objektiv erklärte Wille (vgl. z.B. BGH U. v. 28.01.2002, Az. II ZR 385/00, ZfIR 2004, 170). Der Wortlaut des Schreibens kann hier nicht als bloße Mitteilung des Erfinders an die Gesellschaft über die Fertigstellung einer Erfindung verstanden werden. Entgegen der Auffassung des Patentinhabers, die er u. a. in seiner eidesstattlichen Versicherung (Anl. P 15) vom 17. Juli 2012 dargelegt hat, lässt sich dem Wortlaut des Angebotsschreibens, und auch den anderen Äußerungen des Patentinhabers zur damaligen Zeit, auch keinerlei Vorbehalt hinsichtlich des Umfanges der angebotenen Rechteübertragung entnehmen, insbesondere ist für den Adressaten des Schreibens, die Einsprechende, vertreten durch den weiteren Geschäftsführer Herrn B…, nicht erkennbar gewesen, dass das Angebot nur eine eingeschränkte Übertragung des Rechtes umfassen sollte. Auch aus der Formulierung „biete Ihnen (…) die Anmeldung zum Patent- und Gebrauchsmusterschutz (…) an“ lässt sich aus dem Empfängerhorizont unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB) und unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen nicht entnehmen, dass nur eine treuhänderische Anmeldung auf den Namen der Einsprechenden erfolgen sollte oder nur ein beschränktes Recht übertragen werden sollte. Insbesondere lässt sich dies nicht aus der Formulierung „Anmeldung“ herleiten, da diese lediglich den Zustand des Schutzrechtes zum Zeitpunkt des Angebotes beschreibt. Unbestritten können auch Rechte an einer Erfindung, deren Anmeldung erst noch vorbereitet wird, übertragen werden. Es kann bei der Auslegung auch nicht unbeachtlich sein, dass Gesellschafter, wie hier der Patentinhaber, anders als sonstige Angestellte, vor allem auch die wirtschaftlichen Interessen der Gesellschaft berücksichtigen müssen. Dagegen spricht weiter, dass das Schreiben neben dem Angebot über den dinglichen Übergang des Rechtes an der Erfindung auch ein Angebot über den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung, nämlich einer Umsatzbeteiligung von 5 % für die Dauer von 15 Jahren, enthält, die weder auf die Übertragung eines beschränkten Rechtes hinweist noch auf eine bloß treuhänderische Übertragung. Zudem kann aufgrund der Bezugnahme auf das „Mitarbeiterüberlassungsgesetz für Patente“, womit trotz der fehlerhaften Bezeichnung vom Patentinhaber als Verfasser des Schreibens erkennbar das Arbeitnehmererfindungsgesetz (Gesetz über Arbeitnehmererfindungen, ArbNErfG) gemeint war, vom Empfänger das Schreibens nur als uneingeschränkt und unbedingt gewolltes Angebot auf Übertragung der Rechte an der Erfindung verstanden werden, weil die Regelung, auf die sich der Verfasser bezogen hat, grundsätzlich den Übergang aller vermögenswerten Rechte an der Erfindung auf den Arbeitgeber vorsieht, wobei lediglich das Erfinderpersönlichkeitsrecht beim Arbeitnehmer verbleibt. Auch das damals geltende ArbNErfG, auf welches der Patentinhaber sich bezogen hat, sah gerade keine beschränkte oder treuhänderische Übertragung vor. Dass die Regelungen des ArbNErfG für den Patentinhaber als Organ der Gesellschaft nach herrschender Auffassung zwar nicht anwendbar sind, hindert auch nicht, dass er ein entsprechendes Angebot zu den Bedingungen dieser Regelungen, insbesondere in Bezug auf den Umfang der Rechteübertragung abgibt, zumal eine generelle Bezugnahme auf das ArbNErfG bei Organerfindern in Praxis zum Zeitpunkt der Erfindung nicht selten vereinbart wurde (vgl. dazu Bartenbach/ Fock, Erfindungen von Organmitgliedern - Zuordnung und Vergütung, GRUR 2005, 384, 391). Ob der Patentinhaber, wie er in der am 17. Juli 2012 abgegebenen eidesstattlichen Versicherung ausgeführt hat, bei der Abgabe der Erklärung innerlich andere Vorstellungen über den Inhalt der Erklärung gehabt haben will, die im Wortlaut keinen Anhaltspunkt gefunden haben und sich gegebenenfalls im Irrtum befunden hat, ist nunmehr rechtlich unerheblich. Der Wortlaut sämtlicher vorgelegter Schreiben lässt durchgreifende Anhaltspunkte für eine solche Auslegung vermissen.
Dieses Angebot hat die Einsprechende, vertreten durch den Patentinhaber, zur Überzeugung des Senates am gleichen Tag zumindest durch schlüssiges Verhalten angenommen, indem im Schreiben vom 26. April 2006 an die Kanzlei W… pp. (Anl. 3) der Patentinhaber die Verwendung der Erfindung durch die Einsprechende angekündigt und die Anmeldung der Erfindung zum Patent in Auftrag gegeben hat. Entgegen der Auffassung des Patentinhabers handelt es sich bei der Erteilung des Auftrages um eine Willenserklärung, die er in Vertretung der Einsprechenden abgegeben hat und nicht um eine Erklärung im eigenen Namen. Entscheidend ist nicht die Verwendung des privaten Briefkopfes des Patentinhabers, sondern dass das Schreiben von Patentinhaber mit dem Zusatz „GF“ und mit dem Firmenzusatz „F… GmbH“ (§ 35 Abs. 3 GmbHG) gezeichnet wurde, wodurch sein Wille, für die Einsprechende zu handeln nach außen erkennbar und für Dritte wahrnehmbar geworden ist, so dass das Schreiben insgesamt, insbesondere der Anmeldeauftrag der Einsprechenden zuzuordnen ist. Dagegen spricht entgegen der Auffassung des Patentinhabers auch nicht die Formulierung zu Beginn der Schreibens „Ich nehme Bezug (…) und beauftrage Sie hiermit als Erfinder (…) anzumelden“. Zwar kommt darin auch der Wille der Verfassers zum Ausdruck, als Erfinder die Anmeldung tätigen zu wollen, durch die nachfolgende Bezugnahme auf das „Mitarbeiterüberlassungsgesetz“ und das mehrfach verwendete „wir“, wird aus der Erklärung aus dem Empfängerhorizont auch schon vor der abschließenden und aus Sicht des Senates entscheidenden Unterschrift eine Erklärung des Vertreters der Einsprechenden und nicht ein alleiniger Auftrag des Patentinhabers.
Ob diese Erklärung nach dem ArbNErfG a. F., welches noch eine Inanspruchnahmeerklärung des Arbeitgebers erforderte, möglicherweise unwirksam wäre, muss nicht entschieden werden, da es sich um eine rechtsgeschäftliche Rechteübertragung handelt. Ebenso kann offen bleiben, ob bereits nur in der Beauftragung eines Patentanwaltes zur Ausarbeitung der Anmeldung eine entsprechende, schlüssige Erklärung liegt.
Der Patentinhaber wendet zwar auch zutreffend ein, dass im Auftragsschreiben an die Kanzlei W… pp. eine wortwörtliche Annahme des Angebotes des Patentinhabers nicht enthalten ist, sondern der Patentinhaber als Geschäftsführer nur über sein Angebot an die Einsprechende berichtet („habe ich … angeboten“, vgl. Anl. 3). Bei der Auslegung der Willenserklärung ist indes nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern der wirkliche Wille und die objektive Erklärungsbedeutung zu ermitteln. Ein innerlicher Vorbehalt ist, wie bereits dargelegt, dem Wortlaut nicht zu entnehmen. Selbst wenn er, wie vom Patentinhaber in seiner eidesstattlichen Versicherung dargelegt, vorhanden war, bleibt ein solcher Wille unbeachtlich. Es gilt die Erklärung so, wie sie zur Zeit ihres Wirksamwerdens (§ 130 BGB) nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte von denen verstanden werden musste, für die sie bestimmt war (§§ 133, 157 BGB). Der Erklärende muss sich demnach an dem festhalten lassen, was der Empfänger vernünftigerweise verstehen konnte.
Die auf das mitgeteilte Angebot des Patentinhabers folgende, wie bereits dargelegt, der Einsprechenden zuzurechnenden Erklärung, „Wir beauftragen Sie hiermit eine Anmeldung zu prüfen und kurzfristig (noch in KW 18/06) zu realisieren, da bereits eine erste Anwendung ansteht.“ lässt sich die objektive Bedeutung entnehmen, dass die angebotene Erfindung demnächst durch das Unternehmen verwendet werden soll und deshalb eine zügige Realisierung des Patentschutzes angestrebt werde. Mit Rücksicht auf Treu und Glauben ist davon auszugehen, dass der Erklärende für die Einsprechende kein fremdes Recht anmelden und erst recht keine fremde Erfindung benutzen wollte. Vielmehr ergibt sich aus der Erklärung, die unmittelbar auf die Mitteilung, dass der Gesellschaft die Erfindung angeboten wurde, folgt, der Wille, diese Erfindung künftig selbst nutzen zu wollen und somit das Übertragungsangebot anzunehmen. Die Ankündigung des Unternehmens, ein ihr angebotenes Recht ausüben zu wollen, kann somit als Betätigung des Annahmewillens verstanden werden, zumal sie, wie hier, vom Anbietenden selbst getätigt wurde.
Selbst wenn, wie der Patentinhaber meint, dem Schreiben (Anl. 3) keine ausdrückliche Annahmeerklärung entnommen werden könnte, ergibt sich aus dem Kontext zumindest eine schlüssige Annahme des Übertragungsangebotes. Mit dem Auftragsschreiben wurde nicht lediglich die Ausarbeitung einer Anmeldung beauftragt, was möglicherweise noch keine Annahme des Übertragungsangebotes bedeutet, sondern auch als bloße Prüfung gewertet werden könnte. Vielmehr wurde zusätzlich von der Einsprechenden angekündigt, dass für die Erfindung im Unternehmen bereits kurzfristig eine erste Anwendung anstehe. Durch diese Erklärung hat die Einsprechende nach außen ihren Willen kundgetan, die angebotene Erfindung für eigene Zwecke nutzen zu wollen, und damit zumindest durch schlüssiges Verhalten das Angebot des Patentinhabers angenommen.
Der von der Einsprechenden gewünschte Anmeldezeitpunkt „(noch in KW 18)“ hat für die Auslegung der Erklärung ebenfalls Bedeutung, da der erklärende Patentinhaber die gesetzte Annahmefrist („31.5.2006“) bezüglich der Vergütungsvereinbarung bei der Beauftragung und der beabsichtigten Verwendung selbst nicht beachtet und somit als nicht wesentlich für die Rechteübertragung angesehen hat. Indem der Patentinhaber als Vertreter der Einsprechenden die erste Anwendung der Erfindung schon zu einem Zeitpunkt angekündigt hat, bevor die Frist zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung ablaufen konnte, spricht entgegen der Auffassung der Patentinhabers nicht gegen den Willen zur Annahme und auch nicht für einen Dissens, sondern im Gegenteil dafür, dass die dingliche Einigung gerade nicht von einer vorherigen Einigung über die Vergütung abhängig sein sollte.
Soweit der Patentinhaber einwendet, eine Einigung über die Übertragung der Rechte sei regelmäßig erst bei einer Einigung zumindest über die Grundzüge der Vergütung zu erwarten, hindert die fehlende Einigung über die Vergütung den Rechteübergang nicht. Im Gegenteil kann es bei der Anmeldung von Erfindungen zum Patent wegen des Zeitgewinns vorteilhaft sein, die gegebenenfalls schwierigen Verhandlungen über eine angemessene Vergütung zeitlich zurückzustellen, um eine frühe Priorität zu erlangen. Es ist deshalb nicht widersprüchlich, wenn der Patentinhaber einerseits der Einsprechenden eine längere Frist zur Unterbreitung eines Vergütungsangebotes gesetzt hat und andererseits vor Ablauf dieser Frist durch Annahme die Übertragung der Rechte erklärte und die Anmeldung beauftragte.
Soweit der Patentinhaber einwendet, die auf den Auftrag folgenden Schreiben der Kanzlei W… pp. mit der Auskunft, dass der Dienstvertrag keine Vergütungsregelung vorsehe, habe er dahingehend verstehen müssen, dass eine Übertragung bislang noch nicht stattgefunden habe, weil ansonsten eine solche Regelung nicht mehr erforderlich gewesen wäre, und ihn deshalb in seiner Auffassung bestärkt, nach wie vor alleiniger Rechteinhaber zu sein, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Die Einigung über den Rechteübergang ist unabhängig von einer Vergütungsvereinbarung wirksam. Der Patentinhaber hat zudem nicht, auch nicht hilfsweise, eine Rückübertragung des Rechtes wegen fehlender Vergütung geltend gemacht.
Gegen übereinstimmende Willenserklärungen hinsichtlich der Übertragung des streitgegenständlichen Rechtes spricht auch nicht die Empfehlung der Kanzlei W… pp. an den Patentinhaber, eine – generelle – Vereinbarung über die Behandlung von Erfindungen des Geschäftsführers zu treffen.
Die Erklärung des Patentinhabers als damaliger einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Einsprechenden zur Annahme des Übertragungsangebotes hinsichtlich des Rechtes an der Erfindung ist auch wirksam geworden. Er war aufgrund der im Handelsregister eingetragenen Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB grundsätzlich zur Selbstkontrahierung befugt. Ob die Auffassung des Patentinhabers zutreffend ist, dass der Patentinhaber im Innenverhältnis aufgrund der Regelungen in § 2 lit. h), m) DV nicht über die erforderliche Vertretungsmacht verfügte und deshalb die Willenserklärung bei Vorliegen eines Insichgeschäftes unwirksam sei oder es sich, so die Einsprechende, bei der Rechteübertragung schon nicht um ein Geschäft außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes gehandelt habe, muss vorliegend nicht entschieden werden. Sofern der Patentinhaber bei der nach außen, nämlich durch die Kanzlei W… pp., erkennbaren Vornahme des Insichgeschäftes seine Vertretungsmacht überschritten hätte, ist dieses dann möglicherweise schwebend unwirksame Rechtsgeschäft durch die Einsprechende durch ihre späteren Handlungen zur Anmeldung der Erfindung zum Patent jedenfalls nachträglich genehmigt worden. Überdies könnte es treuwidrig sein, wenn sich ein Vertreter zu seinen Gunsten auf die Unwirksamkeit einer Erklärung wegen einer von ihm selbst zu verantwortenden Überschreitung seiner Vertretungsmacht beruft.
Nicht entscheidend ist auch, ob die Formalien einer Inanspruchnahmeerklärung nach ArbNEerfG (dazu LG Düsseldorf, Urt. v. 3.2.2005 - Az. 4b O 507/03) bei einem Insichgeschäft einzuhalten sind, da diese Vorschriften auch nach Meinung des Patentinhabers vorliegend nicht gelten sollten.
Nicht entscheidungserheblich ist ferner, dass, wie der Patentinhaber meint, die Einsprechende ihm gegenüber weder ausdrücklich noch konkludent habe erkennen lassen, dass sie von einer bereits erfolgten Übertragung ausgegangen sei. Die Genehmigung einer, die Rechtsauffassung des Patentinhabers unterstellt, schwebend unwirksamen, abgegebenen Erklärung kann ohne weiteres durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Durch die Weiterverfolgung der Anmeldung im eigenen Namen und auf eigene Kosten, belegt insbesondere durch die vorgelegten Schreiben, insbesondere auch den E-Mail-Verkehr zwischen der Einsprechenden und der Kanzlei W… pp., an dem teilweise auch der Patentinhaber beteiligt war, hat die Einsprechende deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die Erfindung selbst nutzen will und auch für sich schützen lassen will und damit die Erklärung ihres Geschäftsführers für sich gelten lassen will. Dagegen besteht kein Anlass anzunehmen, dass sich die Einsprechende ebenso verhalten hätte, wenn sie der Auffassung gewesen wäre, dass die Erfindung zu diesem Zeitpunkt noch dem Patentinhaber zustand. Spätestens mit der Weisung an die Kanzlei W… pp. die Anmeldung der Erfindung für die Einsprechende nunmehr bei DPMA einzureichen (vgl. Anl. 7) wurde die Annahmeerklärung genehmigt.
Andere Gründe, die zu einer Unwirksamkeit der Übertragung der Rechte an der Erfindung führen könnten, sind nicht gegeben.
Die Einsprechende war somit Inhaberin der Rechte an der Erfindung, als der Patentinhaber diese ohne ihre Einwilligung zur Anmeldung brachte.
2. Die entnommene Erfindung entspricht auch in der tatsächlichen Lösung der technischen Probleme umfassend dem vom Patentinhaber später angemeldeten Streitpatent.
a) Die Wesensgleichheit der Erfindung des Streitpatent in der erteilten Fassung und der Anmeldung der Einsprechenden (Anl. 8 zum SchrS v. 10.8.2010) gemäß Hauptantrag ist gegeben. Das Streitpatent in der am DPMA eingereichten Fassung (DE 10 2006 052 602 A1) und die Patentanmeldung DE 10 2007 016 326 A1 der Einsprechenden (Anl. 8) sind in den Ansprüchen, Beschreibung wie auch den Figuren weitgehend identisch und gehen offensichtlich beide auf einen Entwurf einer Patentanmeldung (Anl. 6) zurück, der durch die Kanzlei W… pp. auf Grundlage der Schreiben gemäß Anlagen 3 und 4 (jew. zum SchrS v. 10.8.2010) des Patentinhabers an die Kanzlei W… pp. ausgearbeitet wurde. Die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung gemäß Hauptantrag des Streitpatents (DE 10 2006 052 602 B4) sind dabei bereits in den Patentansprüchen 1 und 9 sowie auf Seite 3, Absatz 3 der genannten Anlage 6 beschrieben.
Die Merkmale des erteilten Anspruchs 2 sind auf Seite 6, Zeilen 8 bis 18 der Anlage 6 bzw. wortgleich im Absatz [0020] der DE 10 2007 016 326 A1 (Anl. 8) beschrieben.
Die Ansprüche 3 bis 21 des Streitpatents in der erteilten Fassung entsprechen weitgehend wörtlich den Ansprüchen 3 bis 21 der Anlage 6 bzw. der Anmeldung der Einsprechenden (Anl. 8). Lediglich die Ansprüche 16 und 17 sind geringfügig unterschiedlich formuliert, weil im Anspruch 16 beim Streitpatent als Regelgröße der Öffnungsquerschnitt und im Anspruch 17 als Bezugsgröße der höchste Staudruck angegeben ist, während bei der Anmeldung der Einsprechenden (Anl. 8) im Anspruch 16 als Regelgröße die Druckdifferenz und im Anspruch 17 als Bezugsgröße der geringste Volumenstrom angegeben ist. Da jedoch an dem Werkzeug mit dem geringsten erforderlichen Volumenstrom auch der höchste Staudruck anliegt, ist hierin kein inhaltlicher Unterschied zu erkennen.
b) Auch die eingereichten, nachfolgenden Hilfsanträge 1 bis 4 sind im Ergebnis als wesensgleich zu der entnommenen Erfindung anzusehen.
aa) Die im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 gegenüber dem Hauptantrag ergänzten Merkmale des Streitpatents sind bereits auf Seite 3, letzter Absatz bis Seite 4, 2. Absatz der Anlage 6 sowie (wortgleich) in den Absätzen [0011] und [0012] der DE 10 2007 016 326 A1 (Anl. 8) vorbeschrieben. Hieraus geht klar hervor, dass auch für den Fall, dass gleichzeitig mehrere Werkzeuge im Einsatz sind, die Kühlmittelversorgung ebenfalls mengengeregelt über die Druckdifferenz Δp am Regelventil und somit mithin p/Q- geregelt erfolgen soll.
bb) Auch der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 des Streitpatents ist wesensgleich mit der Anmeldung der Einsprechenden (Anl. 8). Die im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 gegenüber dem Hilfsantrag 1 ergänzten Merkmale des Streitpatents sind zwar nicht wörtlich in der DE 10 2007 016 326 A1 (Anl. 8) bzw. der Anlage 6 beschrieben, jedoch sinngemäß aus dem Anspruch 17 der DE 10 2007 016 326 A1 (Anl. 8) bzw. der Anlage 6 entnehmbar, weil an dem Werkzeug mit dem geringsten erforderlichen Volumenstrom auch der höchste Staudruck anliegt. Zudem ist bezüglich der Verwendung eines (einzigen) Werkzeugs bereits im Absatz [0010] der DE 10 2007 016 326 A1 (Anl. 8) und wortgleich auf Seite 3, vorletzter Absatz der Anlage 6 beschrieben, dass der Versorgungsdruck, der dem Systemdruck entspricht, nur um eine geringe Druckdifferenz über dem am Werkzeug auftretenden Druck liegen soll, so dass es völlig auf der Hand liegt, dass der Systemdruck bei mehreren Werkzeugen nur geringfügig über dem höchsten Staudruck der Werkzeuge liegen muss.
cc) Die im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 gegenüber dem Hilfsantrag 2 ergänzten Merkmale, wonach die verschiedenen Staudrücke an den Werkzeugen über Wechselventile erfasst werden, wobei der hierbei höchste Staudruck einer Pumpe als hydraulischer Drucksollwert zugeführt wird, sind nicht wörtlich der DE 10 2007 016 326 A1 (Anl. 8) und der Anlage 6 zu entnehmen. Jedoch ist es bezüglich der Verwendung eines (einzigen) Werkzeugs bereits in den Absätzen [0009] sowie [0028] bis [0031] der DE 10 2007 016 326 A1 (Anl. 8) und wortgleich auf Seite 3, mittl. Absatz sowie Seite 8, Zeilen 15 bis Seite 9, Zeilen 12 der Anlage 6 i. V. mit der jeweiligen Darstellung in Figur 1 beschrieben, dass dort der Staudruck über die Druckwaage 13 und das Regelventil 14 erfasst und als hydraulischer Drucksollwert einer druckförderstromgeregelte Kolbenpumpe 12 zugeführt wird, was als „Load Sensing Prinzip“ bereits den Anlagen 3 und 4 zu entnehmen ist, welche die Vorlage zur Ausarbeitung der Anlage 6 und der DE 10 2007 016 326 A1 (Anl. 8) bildet.
Sofern bei der Verwendung von mehreren Werkzeugen auch dieses „Load Sensing Prinzip“ Anwendung finden soll, ist es für den Fachmann, einem Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit Kenntnissen in der Hydraulik völlig naheliegend, dass dann der Staudruck vor jedem Werkzeug einzeln erfasst werden muss, um festzustellen wo der höchste Staudruck anliegt und wie hoch dieser ist. Der Fachmann ist stets bestrebt, Kosten und Aufwand zu minimieren. Daher wird der Fachmann, entgegen der Auffassung des Patentinhabers, bei der Übertagung des offenbarten „Load Sensing Prinzip“ von einem (einzigen) Werkzeug auf mehrere Werkzeuge nicht einfach das Lösungsprinzip entsprechend der Figur 1 einschließlich der Pumpe vervielfältigen, sondern lediglich über an sich bekannte einfache Wechselventile den Staudruck vor jedem Werkzeug erfassen und auswerten. Mit Kenntnis der technischen Lehre, wie sie der Anlage 6 oder der DE 10 2007 016 326 A1 (Anl. 8) zu entnehmen ist, gelangt der Fachmann ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 des Streitpatents.
Somit liegt hinsichtlich des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 allenfalls Teilidentität ohne einer erfinderischen Hinzufügung mit der Anmeldung der Einsprechenden (Anl. 8) vor, so dass das Patent auch mit Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 zu widerrufen ist (Schulte, PatG, 9. Aufl., § 21, Rn. 48).
dd) Das Patent ist schließlich auch unter Zugrundelegung des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 zu widerrufen. Die im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 gegenüber dem Hilfsantrag 3 ergänzten Merkmale sind bereits vollständig in den Ansprüchen 15 und 16 der DE 10 2007 016 326 A1 (Anl. 8) und der Anlage 6 beschrieben. Da der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 im Übrigen dieselben Merkmale aufweist, die in dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 aufgeführt sind, ist das Vorliegen einer Teilidentität ohne einer erfinderischen Hinzufügung diesbezüglich übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen zum Hilfsantrag 3 wird verwiesen.
3. Die beantragte Kostenauferlegung auf den Patentinhaber war nicht auszusprechen. Im Einspruchs-Beschwerdeverfahren gilt der Grundsatz der eigenen Kostentragung, so dass im Regelfall jeder Beteiligte unabhängig vom Ausgang des Verfahrens seine Kosten selbst trägt, sofern nicht aus Gründen der Billigkeit eine Kostenauferlegung gemäß § 80 Abs. 1 PatG erfolgt. Eine Kostenauferlegung bedarf danach besonderer, über den normalen Verfahrensgang hinausgehender Umstände, wie sie sich insbesondere aus einem erheblichen Verstoß eines Verfahrensbeteiligten gegen die allgemeine prozessuale Sorgfaltspflicht ergeben können (vgl. Schulte Patentgesetz, 9. Aufl. § 80 Rdn. 9). Wer in vorwerfbarer Weise durch Nachlässigkeit, Säumnis oder sonstige vermeidbare Störungen des Verfahrensablaufs unnötige Kosten verursacht, hat diese billigerweise zu tragen (Schulte a. a. O., § 80 Rdn. 13). Derartige Gesichtspunkte sind jedoch im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Der bloße Umstand, dass der Patentinhaber eine andere rechtliche Wertung des Prozessstoffes vertreten hat, ist prozesstaktisch weder ungewöhnlich noch ist darin ein Verstoß gegen prozessuale Sorgfaltspflichten zu sehen. Weitere konkrete Anhaltspunkte, die einen Verstoß des Patentinhabers bzw. seiner Vertreter gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht nahelegen könnten, sind vorliegend aber weder vorgetragen noch sonst für den Senat ersichtlich.
4. Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen besteht nicht. Der Senat hatte weder über eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG), noch erforderte es die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 100 Abs. 2 Nr. 2 PatG), da lediglich über Rechtsfragen des Einzelfalles, insbesondere die Auslegung von Willenserklärungen der Beteiligten anhand höchstrichterlich anerkannter Auslegungsregeln sowie über technische Gegebenheiten zu entscheiden war.