Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 17.11.2016


BPatG 17.11.2016 - 8 W (pat) 15/13

Patentbeschwerdeverfahren – "Vakuumhauben-Vorrichtung" – zur Auslegung des Begriffs "frustkonisch"


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsdatum:
17.11.2016
Aktenzeichen:
8 W (pat) 15/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2011 015 014.5

hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie die Richter Dr. agr. Huber, Dr.-Ing. Dorfschmidt und Heimen

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Patentanmeldung 10 2011 015 014 mit der Bezeichnung „Vakuumhauben-Vorrichtung“ ist am 25. März 2011 angemeldet und am 10. Mai 2012 offengelegt worden.

2

Nachdem die Prüfungsstelle in zwei Bescheiden die jeweils geltenden Gegenstände der Patentansprüche 1 nicht für patentfähig erachtet hat, hat die Anmelderin eine Anhörung beantragt und dort einen neuen Anspruchssatz eingereicht. Auch den dort vorgelegten beschränkten Gegenstand des Anspruchs 1 sah die Prüfungsstelle als nicht patentfähig an und hat daraufhin in der Anhörung vom 6. Februar 2013 die Patentanmeldung zurückgewiesen. Ihrer Auffassung nach beruht der Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber den Druckschriften

3

 D1: DE 31 45 698 A1 und

4

 D2: DE 10 2007 061 431 A1.

5

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 22. März 2013. Sie verteidigt den Patentanspruch 1 in ihrer schriftlichen Beschwerdebegründung mit Eingang vom 20. März 2013 zuerst in der von der Prüfungsstelle zurückgewiesenen Form und sieht den dort formulierten Gegenstand sowohl als neu wie auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend an. In der mündlichen Verhandlung verteidigt sie jeweilige Patentansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsantrag in einer anderen Fassung.

6

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet (Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 1 bis 3 und 5):

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"Vakuumhauben-Vorrichtung (100) mit einer Vakuumhaube (110) zum gasdichten Abdecken während eines mittels Gasdruck bewirkten Verpressens einer Schicht eines auf einen festen Formkörper (120) aufgebrachten aushärtbaren Kompositsubstrats enthaltend eine Faserstruktur und eine in die Faserstruktur eingebrachte Matrix eines aushärtbaren viskosen Füllmaterials, wobei die Vakuumhaube (110) aus einem elastischen Kunststoffmaterial hergestellt ist und in einem peripheren Bereich einen einstückig mit der Vakuumhaube (110) ausgebildeten Dichtkeil (130) enthält, der während eines Verpressens der Schicht aus aushärtbarem Kompositsubstrat in eine in einem peripheren Bereich des Formkörpers (120) ausgebildete Dichtnut (121) gasdicht eingreift, dadurch gekennzeichnet, dass der Dichtkeil (130) im Querschnitt frustkonisch ausgebildet ist, wobei eine Basisfläche (131) des Dichtkeils (130) im Querschnitt konkav gebogen ausgebildet ist und die Dichtnut (121) im Querschnitt eine frustkonisch ausgebildete Höhlung mit konkav gebogener Grundfläche (123) bildet."

8

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag entspricht dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag mit der Maßgabe, dass die Merkmale der Patentansprüche 6 und 7 zusätzlich aufgenommen werden. Die Patentansprüche 6 und 7 haben folgende Fassung:

9

"6. Vorrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Dichtnut (121) dimensioniert ist, um bei im Bereich der seitlichen Schenkel (122) gegebenem Presssitz des Dichtkeils (130) zwischen der Basisfläche (131) des Dichtkeils (130) und der Grundfläche (123) der frustkonischen Höhlung die Bildung eines gasgefüllten Freiraums sicherzustellen.“

10

"7. Vorrichtung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass der Freiraum dimensioniert ist, um im Vorfeld des Vorgangs eines mittels Gasdruck bewirkten Verpressens einer Schicht eines aushärtbaren Kompositsubstrats ein Volumen im Bereich von 10% bis 20% des Volumens der frustkonischen Höhlung einzunehmen."

11

Die Anmelderin und Beschwerdeführerin stellt den Antrag,

12

den angefochtenen Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B29C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Februar 2013 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:

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Patentanspruch 1, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

14

Patentansprüche 4 und 6 bis 12, Beschreibung und Figuren gemäß den ursprünglich eingereichten Unterlagen,

15

hilfsweise

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Patentanspruch 1, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, mit der Maßgabe, dass die Merkmale der Patentansprüche 6 und 7 zusätzlich aufgenommen werden,

17

Patentansprüche 4 und 8 bis 12, Beschreibung und Figuren gemäß den ursprünglich eingereichten Unterlagen.

18

Die Anmelderin sieht auch bereits die Gegenstände der jeweiligen Ansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsantrag als aus dem Stand der Technik nicht nahegelegt an. Ihrer Meinung nach zeigen die Druckschriften D1 und D2 auch in der Zusammenschau nicht die Lösung der Abdichtung mittels Dichtnut und Dichtkeil gemäß der Lösung des jeweiligen Anspruchs 1.

19

Hinsichtlich der Unteransprüche sowie weiterer Einzelheiten wird auf die Patentanmeldung sowie die Akten verwiesen.

II.

20

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet, denn der Gegenstand des im Beschwerdeverfahren jeweils geltenden Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag stellt keine patentfähige Erfindung nach §§ 1 bis 5 PatG dar.

21

1. Die Erfindung betrifft eine Vakuumhauben-Vorrichtung mit einer Vakuumhaube zum gasdichten Abdecken während eines mittels Gasdruck bewirkten Verpressens einer Schicht (Absatz [0001] der Beschreibung der DE 10 2011 015 014 A1). Diese Schicht besteht aus einem aushärtbaren Kompositsubstrat, bestehend aus einer Faserstruktur und einer darin eingebrachten Matrix eines aushärtbaren viskosen Füllmaterials (dto.).

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Bei der Kunststoffverarbeitung eines faserhaltigen Kompositwerkstoffes ist dabei von besonderer Bedeutung, eine dichte Struktur und insbesondere eine gute Anbindung von Faserwerkstoff und Matrix zu erreichen. Hierzu muss die Kunststoffmatrix möglichst vollständig in die Faserstruktur eindringen, darüber hinaus ist meist auch eine Entgasung von Fremdgas der viskosen Matrixmasse notwendig. Die Patentanmeldung sieht gemäß der Beschreibungseinleitung vor, neben der Evakuierung des Kompositsubstrats gegebenenfalls auch eine Druckbeaufschlagung von außen bei erhöhter Temperatur einwirken zu lassen (Autoklav, [0006] bis [0010]). Ferner sollen die Nachteile einer nicht immer möglichen exakten Anbringung einer Dichtungsfolienhaube sowie eine fehlende Wiederverwendbarkeit einer Dichtungsfolie beseitigt werden ([0003] bzw. [0005] i. V. m. [0009]).

23

Nach der Beschreibung liegt dem Gegenstand der Patentanmeldung die Aufgabe zugrunde, eine eine Dichtungsfolie ersetzende und als Abdeckeinheit wirkende Hauben-Vorrichtung zu schaffen, die während des Vorgangs des Verpressens und Aushärtens eines aushärtbaren Bindematerialien enthaltenden, drei-dimensional gebogenen Kompositsubstrats das Substrat nach außen gleichmäßig gasdicht umschließt, um das Substrat mittels eines auf die Hauben-Vorrichtung wirkenden Gases einem in alle Richtungen gleichmäßig stark wirkenden Gasdruck auszusetzen [0011].

24

2. Als maßgeblichen Fachmann sieht der Senat einen Fachhochschul-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder Kunststofftechnik an, der einige Jahre Berufserfahrung im Bereich der Konstruktion und Verarbeitung von faserverstärkten Kompositwerkstoffen aufweist.

25

A. Hauptantrag

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1. Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lässt sich wie folgt gliedern:

27

1. Vakuumhauben-Vorrichtung (100)

28

1.1 mit einer Vakuumhaube (110) zum gasdichten Abdecken während eines mittels Gasdruck bewirkten Verpressens einer Schicht eines auf einen festen Formkörper (120) aufgebrachten aushärtbaren Kompositsubstrats enthaltend eine Faserstruktur und eine in die Faserstruktur eingebrachte Matrix eines aushärtbaren viskosen Füllmaterials,

29

1.1.1 wobei die Vakuumhaube (110) aus einem elastischen Kunststoffmaterial hergestellt ist

30

1.1.2 und in einem peripheren Bereich einen einstückig mit der Vakuumhaube (110) ausgebildeten Dichtkeil (130) enthält,

31

1.1.2.1 der im Querschnitt frustkonisch ausgebildet ist,

32

1.1.2.2 und dessen Basisfläche (131) im Querschnitt konkav gebogen ausgebildet ist,

33

1.2 wobei der Dichtkeil (130) während eines Verpressens der Schicht aus aushärtbarem Kompositsubstrat in eine in einem peripheren Bereich des Formkörpers (120) ausgebildete Dichtnut (121) gasdicht eingreift,

34

1.3 wobei die Dichtnut (121) im Querschnitt eine frustkonisch ausgebildete Höhlung mit konkav gebogener Grundfläche (123) bildet.

35

Der Begriff des "frustkonischen" Querschnitts bedarf der Erläuterung. Der Begriff "frustkonisch" ist im Deutschen nicht geläufig, am ehestens ist der Begriff aus dem Englischen "frustoconical" herzuleiten, was sich mit "kegelstumpfförmig" oder "konusstumpfförmig" übersetzen lässt. Insofern erwartet der Fachmann somit eine Dichtung mit einem Querschnitt in Form eines (gleichseitigen) Trapezes. Diese sehr spezifische Charakterisierung bzw. Definition der jeweiligen Querschnittsgeometrien des Dichtkeils und der Dichtnut wird durch die weitere Beschreibung der Basisfläche (Dichtkeil) als konkav bzw. der Grundfläche (Dichtnut) als konkav gebogen sowie die in der Fig. 3 skizzenhaft gezeigte gerundete Flankenkontur der Dichtnut allerdings noch modifiziert. Somit legt der Fachmann die Querschnittskontur breit aus und sieht mit diesem Begriff jede Form einer konischen Kontur als mit umfasst an.

36

2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist in den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörig offenbart.

37

Der Gegenstand des Anspruchs 1 setzt sich aus den Merkmalen der ursprünglichen Patentansprüche 1 bis 3 und 5 zusammen, die jeweils auch zumindest auf den voranstehenden Patentanspruch rückbezogen sind.

38

3. Die zweifellos gewerblich anwendbare Vakuumhauben-Vorrichtung nach dem geltenden Patentanspruch 1 ist neu (§ 3 PatG).

39

Die Druckschrift D2 (DE 10 2007 061 431 A1) beschreibt ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Versteifen eines Faserverbundbauteils, das zum Aushärten des Kompositmaterials eine Vakuummatte (5) verwendet, die im Sinne einer Vakuumhaube eingesetzt wird (Patentanspruch 1; Merkmal 1). Als Matrix des Verbundwerkstoffes wird ein viskoses Füllmaterial (Epoxidharz) eingesetzt, das anschließend beispielsweise in einem Autoklaven unter Druck und Temperatur ausgehärtet wird ([0005], Merkmal 1.1). Neben dem eigentlichen Faserverbundbauteilabschnitt (3) wird bei der D2 auch noch zusätzlich mindestens ein Versteifungselement (4) in mindestens einen Aufnahmeabschnitt (6) der Vakuummatte eingesetzt.

40

Die aus Silikon hergestellte und wieder verwendbare Vakuummatte [0015] besitzt einen umfänglich angeordneten, selbstabdichtenden Dichtabschnitt, der bevorzugt einen V-Nutkeil (8) aufweist ([0018], Figur 1), der mit einer entsprechenden Nut der Grundplatte (24) zusammenwirkt ([0037], Merkmale 1.1.1 und 1.1.2). Dieser Dichtkeil (8) ist dabei im Querschnitt konusstumpfförmig und damit frustkonisch im Sinne der Patentanmeldung gestaltet (Merkmal 1.1.2.1), wobei die Basisfläche des Keils in Fig. 1 zeichnerisch nicht dargestellt ist.

41

Der Dichtkeil der Vakuummatte sowie die Nut der Grundplatte bilden zueinander korrespondierende Abdichtmittel für eine umlaufende Abdichtung der Vakuummatte gegenüber der Atmosphäre ([0012], Merkmal 1.2). Der Querschnitt der Nut ist analog zur Dichtung ebenfalls keilförmig bzw. konusstumpfförmig gestaltet, der Nutgrund ist dabei gemäß Fig. 1 konkav ausgebildet (Merkmal 1.3).

42

Nicht offenbart in der D2 ist das Merkmal 1.1.2.2, wonach die Basisfläche des Dichtkeils im Querschnitt konkav gebogen ausgebildet ist.

43

Die Druckschrift D1 (DE 31 45 698 A1) betrifft eine Vorrichtung zum Fertigen von Bauteilen aus faserverstärkten Werkstoffen mit einer Pressform (Patentanspruch 1 der D1). Die faserverstärkten (Verbund-) Werkstoffe werden dabei unter Vakuum verklebt, ausgehärtet und gegebenenfalls mit Druck beaufschlagt (Zusammenfassung; Merkmale 1. und 1.1). Hierzu wird eine Membran eingesetzt, die aus einem elastischen Kunststoffmaterial besteht, beispielsweise aus Silikon-Kautschuk (Patentanspruch 5; Merkmal 1.1.1). Die Membran weist in ihrem Randbereich ein einstückig mit der Membran verbundenes Dichtprofil auf (8; Patentanspruch 1 i. V. m. Fig. 1), das einen keilförmigen bzw. konischen Querschnitt aufweist (Patentanspruch 2; Merkmale 1.1.2 und 1.1.2.1). Dieses Dichtprofil greift während des Verpressens des aushärtbaren Kompositsubstrats in eine entsprechende Nut einer Pressform in einem peripheren Bereich des Formkörpers gasdicht ein (Merkmal 1.2), wobei gemäß der Figur 1 der Querschnitt der Nut – wie auch der des Dichtprofils – als gleichschenkeliges Trapez und somit einem frustkonischen Querschnitt entsprechend dargestellt ist (Teilmerkmal 1.3). Die Membran soll dabei grundsätzlich als wiederverwendbare Abdeckeinrichtung verwendet werden (D1, S. 5, Z. 10 -14).

44

Die Dichtnut der D1 kann dabei - neben der Evakuierung der Membran insgesamt - ebenfalls zusätzlich durch einen im Bereich des Nutgrundes angebrachten separaten Anschluss evakuiert werden (Fig. 1). Hierzu ist es selbstverständlich notwendig, zwischen der Basisfläche der Dichtung und dem Nutgrund einen gasgefüllten Zwischenraum sicherzustellen, wie es in der Fig. 1 auch gezeigt ist, der auch im Betrieb sicherstellt, dass der Dichtkeil nicht bis in den Nutgrund eingezogen wird um so gegebenenfalls den Vakuumanschluss zu verschließen.

45

Der Freiraum zwischen Nutgrund und unterer Basisfläche der keilförmigen Dichtung liegt gemäß der Darstellung der Figur 1 auch im Bereich von etwa 10 bis 30 %, so dass im Betrieb sicher kein Verschließen des Vakuumanschlusses durch die flexible Dichtung erfolgen kann.

46

Aus der D1 nicht bekannt sind die beiden Merkmale, wonach die frustkonisch ausgebildete Höhlung der Dichtnut eine konkav gebogene Grundfläche aufweist (Teilmerkmal 1.3) und die Basisfläche des Dichtkeils im Querschnitt konkav gebogen ausgebildet ist (Merkmal 1.1.2.2).

47

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).

48

Als geeigneter Ausgangspunkt des Standes der Technik kann die D2 betrachtet werden, da sie eine Vakuumhauben-Vorrichtung mit den meisten in Bezug auf den Gegenstand des Anspruchs 1 übereinstimmenden Merkmalen aufweist und ebenfalls das Ziel eines gasdichten Abschlusses verfolgt.

49

Der V-Nutkeil nach D2 ist in Fig. 1 zeichnerisch mit seinen Flanken explizit dargestellt, es "fehlt" allerdings – zeichnerisch falsch – die Basislinie, die prinzipiell dargestellt sein müsste. Da an keiner weiteren Stelle der D2 der V-Nutkeil gezeigt oder im Hinblick auf diese Einzelheit beschrieben ist, bleibt dieses Detail somit für den Betrachter offen bzw. dem Fachmann vorbehalten, diesen Teil der Keildichtung in einer für ihn geeigneten Weise auszubilden.

50

Der im Betrieb in einem Autoklaven herrschende Druck in Verbindung mit der Temperatur drückt die Keildichtung tendenziell in Richtung Nutgrund, dabei wird die untere Basisfläche aufgrund des Drucks von oben sowie der seitlichen, an den Flanken angreifenden Reibungskräfte mehr oder weniger stark ausbauchen. Dieses Ausbauchen hängt dabei von einer Vielzahl von Parametern ab (Druck, Temperatur, Geometrie, Materialien von Dichtung und Basisplatte u.m.). Um ein Anstoßen der Basisfläche im Nutgrund unter allen Betriebsbedingungen sicher zu vermeiden, ist es für den Fachmann naheliegend, auch die Basisfläche des Nutkeils konkav gebogen auszugestalten, um somit der Ausbauchung entgegenzuwirken.

51

Auch zur Begrenzung der Bauhöhe realisiert der Fachmann die konkaven Ausbuchtungen sowohl im Nutgrund wie auch im Nutkeil, da die zu einer sicheren Abdichtung notwendige Flankenfläche bzw. -höhe vorgegeben, die Gesamtbauhöhe jedoch prinzipiell klein zu halten ist. Ferner ist ein Sicherheitsabstand von Nutkeil zum Nutgrund notwendig, um einen sicheren Betrieb auf Dauer zu gewährleisten (Elastizität, Toleranzen, Setzverluste). Da das Prinzip der sicheren Beabstandung eines ausgebauchten Dichtkeils von dem Nutgrund durch die konkave Gestaltung des Nutgrunds in der D2 bereits erkannt und realisiert ist und darüber hinaus die Gestaltung der Basisfläche der Keildichtung dort offen bleibt, gibt es keinen Grund für den Fachmann, eine konkave Gestaltung nur im Nutgrund, nicht aber auf der korrespondierenden Seite der Basisfläche der Keildichtung zu realisieren, wo die Ausbauchung "erzeugt" wird.

52

Ferner ist der Fachmann auch darüber hinaus veranlasst, die vorstehende Gestaltung der Basisfläche des Nutkeils in konkaver Form zu realisieren.

53

Gemäß der Beschreibung in Absatz [0018] der D2 ist eine bevorzugte Alternative zur Gestaltung des Dichtabschnitts die mittels eines V-Nutkeils, wobei dabei "eine einfache Selbstabdichtung erfolgen kann". Nicht ganz eindeutig bleibt hierbei, ob mit "einfacher Selbstabdichtung" eine "passive" Abdichtung des Dichtabschnitts oder eine "aktive" Abdichtung durch Evakuierung des Nutgrundes gemeint ist. Da dem Fachmann jedoch vermittelt wird, dass eine derartige "Selbstabdichtung" "erfolgen kann", zieht der Fachmann durchaus beide Möglichkeiten in Betracht. Die Variante der zusätzlichen, aktiven Abdichtung des Nutgrundes kennt der Fachmann im Übrigen bereits, beispielsweise durch die D1, so dass er eine derartige, ihm eine höhere Sicherheit gegen Undichtigkeit versprechende Lösung in Betracht zieht. Dies kann er auch ohne größeren Aufwand realisieren, da er hierzu lediglich einen weiteren seiner bereits mehreren vorhandenen Luftzufuhreinrichtungen (23, Fig. 3 und 4) benötigt.

54

Der Fachmann erkennt darüber hinaus auch das Problem, dass bei der "Entformung" der Vakuummatte sich der als Dichtabschnitt wirkende V-Nutkeil aufgrund des von außen wirkenden Drucks – gegebenenfalls in Verbindung mit der Temperatur in einem Autoklaven – festsaugen kann, so dass er hierfür zumindest eine Belüftung vorsieht. Für einen derartigen Belüftungsanschluss für den im Nutgrund zwischen diesem und dem Dichtkeil liegenden Bereich bieten sich selbstverständlich die bereits genannten Luftzuführungseinrichtungen an, die darüber hinaus gleichzeitig auch die Evakuierung des Nutgrundes ermöglichen.

55

Da der Fachmann somit einen Evakuierungs- und Belüftungsanschluss im Bereich des Nutgrundes zur Verbesserung der Abdichtung und zur leichteren "Entformung" der Keilnut vorsieht, führt eine Evakuierung des Nutgrundes bzw. des gasgefüllten Freiraumes zwischen Nutgrund und Keildichtung zu einem weiteren, verstärkten Ausbauchen der Keildichtung in Richtung Nutgrund, als es die Druckkräfte in Verbindung mit der anliegenden Temperatur sowie den Reibungskräften an den Flanken ohnehin schon bewirken. Vor dem Hintergrund des im Nutgrund befindlichen Evakuierungs- und Belüftungsanschluss, der zudem sicher vor Verschluss geschützt werden muss, ergibt sich für den Fachmann somit in naheliegender Weise eine Gestaltung auch der Basisfläche des Dichtkeils in konkav gebogener Form. Die Vakuumhauben-Vorrichtung nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag beruht somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

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B. Hilfsantrag

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1. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag weist – im Vergleich zum Anspruch 1 nach Hauptantrag – im Anschluss noch zwei weitere Merkmale auf:

58

……

59

1.3.1 und die Dichtnut (121) dimensioniert ist, um bei im Bereich der seitlichen Schenkel (122) gegebenem Presssitz des Dichtkeils (130) zwischen der Basisfläche (131) des Dichtkeils (130) und der Grundfläche (123) der frustkonischen Höhlung die Bildung eines gasgefüllten Freiraums sicherzustellen,

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1.3.2 wobei der Freiraum dimensioniert ist, um im Vorfeld des Vorgangs eines mittels Gasdruck bewirkten Verpressens einer Schicht eines aushärtbaren Kompositsubstrats ein Volumen im Bereich von 10% bis 20% des Volumens der frustkonischen Höhlung einzunehmen.

61

2. Der zweifellos ursprünglich offenbarte und auch neue Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag ist für einen Fachmann nahegelegt.

62

Die beiden hinzu gekommenen Merkmale können die erfinderische Tätigkeit der Vakuumhauben-Vorrichtung nach Hilfsantrag nicht erbringen, da beide Merkmale als aus der D2 bekannt anzusehen sind. Zumindest stellt sich das Merkmal 1.3.2 in Verbindung mit der skizzenhaften Zeichnung dem Fachmann als einfache nahezu von selbst aufdrängende Maßnahme dar.

63

Das Merkmal 1.3.1 ist zweifellos aus D2 bekannt. Die in der Fig. 1 gezeigte Nut weist zwar zwischen der Nutflanke und der Flanke der Keildichtung einen "zeichnerischen" Spalt auf, dieser kann jedoch real nicht existieren – auch hier ist die skizzenhafte Zeichnung fehlerhaft – da gemäß der Patentanmeldung in der Beschreibung [0018] und in den Patentansprüchen ausdrücklich formuliert ist, dass "der Dichtabschnitt (7) in Gestalt eines V-Nutkeils ausgebildet ist" (Patentanspruch 9). Bei Anlegen eines Unterdrucks (Vakuum) unterhalb der Vakuummatte und eines gegebenenfalls von außen zusätzlich aufgebrachten Überdrucks im Autoklaven muss sich an den Flanken von Nut und Dichtung zwingend ein Presssitz ergeben, um eine Abdichtung zu erzielen. Ferner ist gemäß Fig. 1 der D2 – zumindest vor einer potentiellen Evakuierung des Nutgrundes – ein gasgefüllter Hohlraum zwischen Nutgrund und Basisfläche der Keildichtung vorhanden, der selbstverständlich auch im Betriebszustand – als Hohlraum – in relevanter Größe erhalten bleiben muss.

64

Darüber hinaus ist nach Fig. 1 der D2 ein Freiraum zwischen Nutgrund und Keildichtung zu entnehmen. Aus einfachen Erwägungen wählt der Fachmann aufgrund seines Fachkönnens und Fachwissens für den Freiraum eine Größe, die zwischen 10 und 20 % des Nutvolumens liegt. Zu diesem Wert gelangt er, weil er einerseits den Freiraum klein halten möchte, um so möglichst große Dichtflächen an den Nutflanken zu erreichen und andererseits den Freiraum ausreichend groß dimensionieren muss, um eine Berührung von Basisfläche des Dichtkeils und Grundfläche der Nut sicher zu verhindern. Die Gestaltung des Freiraums innerhalb dieser Spanne hat somit für den Fachmann – auch in Verbindung mit dem weiteren Merkmal 1.1.2.2 in Bezug auf die Gestaltung der Basisfläche des V-Nutkeils – nahegelegen. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag ist somit ebenfalls nicht patentfähig.

65

C. Unteransprüche

66

Nach Wegfall der Patentansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsantrag sind aufgrund des Antragsprinzips auch die jeweiligen auf den Hauptanspruch rückbezogenen abhängigen Patentansprüche nicht gewährbar.

67

Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.