Entscheidungsdatum: 11.02.2014
Der Restitutionsanspruch nach § 1 Abs. 7 VermG setzt nicht voraus, dass die in dem aufgehobenen Strafurteil eines sowjetischen Militärtribunals in der sowjetischen Besatzungszone verfügte Vermögenseinziehung den entzogenen Vermögensgegenstand konkret bezeichnete. Zwischen der in dem Strafurteil verfügten Einziehung und der tatsächlichen Entziehung des Vermögensgegenstandes muss jedoch ein ursächlicher Zusammenhang bestanden haben. Das gilt auch, wenn der Vermögensgegenstand im Miteigentum eines Dritten stand.
Die Klägerinnen wenden sich als Verfügungsberechtigte gegen die vom Beklagten festgestellte vermögensrechtliche Berechtigung der Beigeladenen hinsichtlich eines bei B. (Thüringen) gelegenen früheren land- und forstwirtschaftlichen Gutes ("K."), das 1947/48 in der sowjetischen Besatzungszone enteignet wurde.
Die Beigeladenen sind Rechtsnachfolger der Mitglieder einer Erbengemeinschaft nach dem im Jahre 1940 verstorbenen früheren Eigentümer (Max Robert G.) dieses ca. 72 ha großen Gutes. Diesem gehörte auch der etwa 2 km entfernt in B. gelegene (damalige) "E." mit einer land- und forstwirtschaftlichen Fläche von ca. 112 ha.
Max Robert G. hatte fünf Kinder, nämlich die Söhne Herbert (gest. 1948), Hans-Dietrich (gest. 1951), Hartmut (gest. 1995) und Dr. Irmfried (Immo) G. (gest. 2003) sowie die Tochter Hildegund W. geb. G. (gest. 2011). Entsprechend seiner Verfügung von Todes wegen wurde sein Sohn Hans-Dietrich (Dieter) nach § 25 Abs. 1 Erbhofgesetz Anerbe des "E.". Nach dem Erbschein des Amtsgerichts B. vom 21. Februar 1942 wurde Max Robert G. bezüglich seines übrigen Nachlasses testamentarisch von seinen anderen Kindern zu je einem Viertel beerbt.
Der seinerzeit zur Erbengemeinschaft gehörende Sohn Herbert wurde in der sowjetischen Besatzungszone von dem sowjetischen Militärtribunal Thüringen mit Urteil vom 15. August 1946 zu 10 Jahren Freiheitsentzug mit Einziehung des Vermögens verurteilt.
Mit Bescheid vom 2. August 1999 lehnte das Thüringer Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen - im Folgenden: Landesamt - den 1990 gestellten Antrag der Beigeladenen bzw. ihrer Rechtsvorgänger auf Rückübertragung und auf Entschädigung für die Entziehung des ehemaligen land- und forstwirtschaftlichen Unternehmens ("Gut B. mit Hof K.") gemäß § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG mit der Begründung ab, die Vermögenswerte seien auf besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden. Über einen etwaigen Anspruch auf Ausgleichsleistung nach dem Ausgleichsleistungsgesetz solle ein gesonderter Bescheid ergehen. Eine Restitution nach § 1 Abs. 7 VermG scheide aus, da der durch das Urteil des sowjetischen Militärtribunals vom 15. August 1946 erfolgte Eigentumsentzug nicht durch die zuständigen russischen Stellen aufgehoben worden sei.
Unter Hinweis auf eine beigefügte Bescheinigung vom 20. März 2002 über eine strafrechtliche Rehabilitierung durch die russische Generalstaatsanwaltschaft beantragte der Rechtsvorgänger des Beigeladenen zu 1 am 10. September 2002 das Wiederaufgreifen des vermögensrechtlichen Verfahrens bezüglich der beiden Güter ("E." und "K.") und machte unter Bezugnahme auf bereits zuvor gestellte Anträge erneut einen vermögensrechtlichen Restitutionsanspruch nach § 1 Abs. 7 VermG geltend.
Mit Bescheid vom 19. Juli 2007 stellte der Beklagte daraufhin die vermögensrechtliche Berechtigung der Erbengemeinschaft nach Max Robert G. hinsichtlich der ehemaligen landwirtschaftlichen Unternehmen "E." und "K." fest (Nr. 1). Die Rückübertragung der ehemaligen Unternehmen sei ausgeschlossen (Nr. 2). Den Berechtigten stehe ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Entschädigungsgesetz zu; dazu ergehe noch ein gesonderter Bescheid (Nr. 3). Über die Rückübertragung der Grundstücke werde ebenfalls durch gesonderten Bescheid entschieden (Nr. 4).
Nachdem die Klägerinnen gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgericht Gera Klage eingereicht hatten, hob der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 13. April 2010 in Nr. 1 die Regelung in Nr. 1 des Bescheides vom 19. Juli 2007 auf, soweit dort die Berechtigung der Erbengemeinschaft nach Max Robert G. hinsichtlich des "E." festgestellt wurde; ferner nahm er in Nr. 2 die Entscheidungen in den Nr. 2 und 3 des Bescheides vom 19. Juli 2007 zurück, soweit der Rückübertragungsausschluss und ein Entschädigungsanspruch für dieses Gut festgestellt worden war. Die gegen diesen Änderungsbescheid erhobene Klage der Beigeladenen hat das Verwaltungsgericht Gera mit zwischenzeitlich rechtskräftigem Urteil vom 23. August 2012 abgewiesen.
In ihrem gegen den Feststellungsbescheid vom 19. Juli 2007 eingeleiteten Klageverfahren haben die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht das Verfahren für erledigt erklärt, soweit durch den Änderungsbescheid vom 13. April 2010 ihrer Klage entsprochen worden ist. Das Verwaltungsgericht hat daraufhin das Verfahren insoweit eingestellt und die Klage im Übrigen mit dem hier angegriffenen Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Feststellungsbescheid des Beklagten vom 19. Juli 2007 in der Fassung des Teilrücknahmebescheides vom 13. April 2010 sei rechtmäßig und verletze die Klägerinnen nicht in ihren Rechten. Der Beklagte habe das mit Erlass des bestandskräftigen Bescheides vom 2. August 1999 bereits abgeschlossene Verwaltungsverfahren zu Recht wieder aufgenommen. Er habe zutreffend festgestellt, dass nicht der gesamte landwirtschaftliche Besitz des 1940 verstorbenen Max Robert G., sondern nur der "E." einer Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage nach § 1 Abs. 8a VermG unterlegen habe. Hinsichtlich des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes "K." habe der Beklagte im angegriffenen Bescheid vom 19. Juli 2007 zutreffend die Berechtigung der Beigeladenen in Erbengemeinschaft festgestellt, da der ablehnende Bescheid vom 2. August 1999 bezüglich dieses Betriebes nach Vorlage der Rehabilitierungsbescheinigung vom 20. März 2002 rechtswidrig geworden sei. Die Beigeladenen hätten Anspruch auf Feststellung ihrer Berechtigung, was nach § 6 Abs. 6a VermG die Möglichkeit der Rückübertragung der Unternehmensgrundstücke eröffne. Die 2002 erfolgte Rehabilitierung des durch ein sowjetisches Gericht in der sowjetischen Besatzungszone zu einer Freiheitsstrafe und zur Einziehung seines Vermögens verurteilten, im Jahre 1948 verstorbenen Herbert G. sei rechtswirksam. Es bestünden keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Rehabilitierungsbescheinigung vom März 2002 mit unlauteren Mitteln erlangt worden sei. Die Einwände der Klägerinnen gegen die Wirksamkeit der Urkunde begründeten auch keinen weiteren Aufklärungsbedarf und seien spekulativ. Beide in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge seien abzulehnen gewesen. Die Enteignung des damaligen Gutes "K." sei in Vollstreckung des strafgerichtlichen Urteils gegen Herbert G. erfolgt und habe auch seine in strafrechtlicher Hinsicht unbeteiligten Geschwister getroffen. Zwar sei weder in dem Urteil des sowjetischen Militärtribunals noch in den dazugehörigen Strafakten der Umfang des enteigneten Vermögens von Herbert G. konkretisiert worden. Es sei zur Begründung der erforderlichen Verknüpfung zwischen dem Ausspruch des strafgerichtlichen Vermögenseinzuges und der tatsächlich erfolgten Enteignung aber ausreichend, dass der Umfang der Einziehung erst im Nachgang durch russische Militärbehörden, nämlich der unter Kontrolle der Sowjetischen Militäradministration Thüringen stehenden zuständigen örtlichen Militärkommandanten, bestimmt worden sei. Mit der Aufhebung des Urteils des sowjetischen Militärtribunals durch die zuständige russische Rehabilitierungsstelle sei die Einziehung und Enteignung des Gutes "K." in Gänze entfallen. Dies gelte unabhängig davon, dass die übrigen von der Vermögenseinziehung betroffenen Miterben nicht in der Rehabilitierungsentscheidung genannt worden seien. Entscheidend sei, dass der Rehabilitierung im Wege der Auslegung zu entnehmen sei, dass der Verlust des streitbefangenen Vermögenswertes als rechtsstaatswidrig angesehen werde und daher nach dem Willen der entscheidenden Stelle keinen Bestand mehr haben solle.
Zur Begründung ihrer Revision tragen die Klägerinnen im Wesentlichen vor: Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass keine Rehabilitierungsentscheidung zu Gunsten der Erbengemeinschaft nach dem früheren Eigentümer Max Robert G. ergangen sei. Außerdem sei das Urteil verfahrensfehlerhaft zustande gekommen; denn es verstoße gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO), gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) und gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG). Sie beantragen,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 23. August 2012 zu ändern und Ziffer 1 des Bescheides des Beklagten vom 19. Juli 2007 auch insoweit aufzuheben, als das ehemalige landwirtschaftliche Unternehmen B. "K." hinsichtlich solcher Vermögenswerte betroffen ist, die in der Verfügungsbefugnis der Klägerinnen stehen.
Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil. Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Die Revision ist begründet. Das angegriffene Urteil verstößt allerdings nicht gegen § 1 Abs. 7 VermG (1.). Es beruht jedoch auf einem Verfahrensfehler, weil das Verwaltungsgericht einen Beweisantrag der Klägerinnen aus Gründen abgelehnt hat, die im Prozessrecht keine Stütze finden (2.). Das Urteil ist deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit ist zur weiteren Sachverhaltsaufklärung sowie zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen.
1. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen verstößt das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht gegen § 1 Abs. 7 VermG. Nach dieser Regelung gelten die Vorschriften des Vermögensgesetzes entsprechend für die Rückgabe von Vermögenswerten, die im Zusammenhang mit der nach anderen Vorschriften erfolgten Aufhebung rechtsstaatswidriger straf-, ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtlicher Entscheidungen steht.
a) Die Bestimmungen des russischen Rehabilitierungsgesetzes sind "andere Vorschriften" im Sinne des § 1 Abs. 7 VermG. Aufgrund dieser Vorschriften ausgestellte Rehabilitierungsbescheinigungen der zuständigen russischen Behörden sind geeignet, die Aufhebung rechtsstaatswidriger strafrechtlicher Entscheidungen im Sinne der Regelung nachzuweisen. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. u.a. Urteile vom 25. Februar 1999 - BVerwG 7 C 9.98 - BVerwGE 108, 315 <321> = Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 1 S. 5 und vom 25. September 2002 - BVerwG 8 C 41.01 - BVerwGE 117, 76 <77 f.> = Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 11 S. 41).
b) Die Klägerinnen rügen zu Unrecht, § 1 Abs. 7 VermG könne hier deshalb nicht zu Gunsten der Erbengemeinschaft nach dem 1940 verstorbenen Alteigentümer Max Robert G. herangezogen werden, weil das allein gegen Herbert G. ergangene Strafurteil des sowjetischen Militärtribunals (SMT) vom 15. August 1946 nur das Eigentum des Verurteilten eingezogen habe.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordert die Rückgabe eines Vermögenswertes auf der Grundlage von § 1 Abs. 7 VermG, dass die durch das SMT-Urteil bewirkte Einziehung den konkreten Vermögensgegenstand in tatsächlicher Hinsicht erfasste. Das Urteil muss Ursache für den Vermögensverlust gewesen sein. Erst wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Strafurteil und dem tatsächlichen Zugriff auf den Vermögenswert fehlt, ist der Ausspruch der Vermögenseinziehung in dem Strafurteil wirkungslos geblieben (vgl. u.a. Urteil vom 29. Juni 2006 - BVerwG 7 C 18.05 - BVerwGE 126, 213 <216> = Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 17 Rn. 11).
Ein tatsächlicher Zugriff im Zusammenhang mit dem Einziehungsurteil setzt nicht voraus, dass das SMT-Urteil den konkreten Vermögensgegenstand im Tenor unmittelbar bezeichnete. Erforderlich ist, wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 7 VermG ergibt, ein hinreichender Zusammenhang zwischen der Entscheidung über die Vermögenseinziehung im Urteil des Militärtribunals einerseits und der Vermögensentziehung andererseits. Die Entscheidung des Militärtribunals über die Einziehung des Vermögens muss Grundlage und Voraussetzung der Vermögensentziehung gewesen sein und in der Folge auch tatsächlich zu dieser geführt haben (vgl. Beschluss vom 21. August 2001 - BVerwG 8 B 123.01 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 7 S. 27 = juris Rn. 12 a.E.).
Das gilt auch dann, wenn der entzogene Vermögenswert zugleich im Miteigentum Dritter stand. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits mehrfach entschieden, dass sich auch Drittbetroffene einer durch Urteil eines russischen Militärtribunals erfolgten Vermögenseinziehung auf § 1 Abs. 7 VermG stützen können. Auch mit Blick auf den Dritten muss der Vermögensentzug nicht unmittelbar durch das SMT-Urteil erfolgt sein. Vielmehr genügt auch dann, dass es im Zusammenhang mit der rechtsstaatswidrigen Entscheidung zu einer Vermögenseinziehung gekommen war (vgl. Urteile vom 25. September 2002 a.a.O. S. 79 f. bzw. S. 43 f. m.w.N. und vom 6. August 2008 - BVerwG 8 C 2.08 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 19 Rn. 15 ff.; Beschluss vom 21. August 2001 a.a.O. S. 27 = juris Rn. 12). Hiergegen kann nicht eingewendet werden, dass der Zugriff auf das Eigentum Dritter von dem Strafausspruch gegen den Verurteilten nicht gedeckt sei. Auch dies entspricht den Anforderungen des sogenannten faktischen Enteignungsbegriffs, wonach ein der Wiedergutmachung bedürftiger und zugänglicher Vermögensverlust vorliegt, wenn der Vermögenswert dem Eigentümer tatsächlich in der Rechtswirklichkeit greifbar entzogen worden ist. Diesen Enteignungsbegriff hat das Bundesverwaltungsgericht im Vermögensrecht im Hinblick auf den Zweck der Restitutionsregelungen des Vermögensgesetzes zugrunde gelegt und angewandt, um dem geschädigten Eigentümer im Wege der Wiedergutmachung auch solche Vermögenswerte zurückgeben zu können, die ihm ungeachtet etwaiger Rechtsmängel jedenfalls faktisch entzogen wurden (Urteile vom 6. April 1995 - BVerwG 7 C 5.94 - BVerwGE 98, 137 <141> = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 42 S. 105 und vom 28. Januar 1999 - BVerwG 7 C 10.98 - Buchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 1 S. 4 = juris Rn. 15). Steht im Regelungszusammenhang des § 1 Abs. 7 VermG fest, dass ein rechtsstaatswidriges - und später deshalb aufgehobenes - Urteil des sowjetischen Militärtribunals mit seiner Entscheidung über die Einziehung des Vermögens des Verurteilten ursächliche Voraussetzung für eine nachfolgende tatsächliche Einziehung des Vermögens Dritter war, sind die Voraussetzungen des faktischen Enteignungsbegriffs erfüllt.
Das Verwaltungsgericht hat einen solchen ursächlichen Wirkungszusammenhang zwischen dem Urteil des sowjetischen Militärtribunals vom 15. August 1946 und der Einziehung der in Rede stehenden Grundstücke des Gutes "K." rechtsfehlerfrei bejaht. Es ist in tatsächlicher Hinsicht zu der Feststellung gelangt, dass die Enteignung der Erbengemeinschaft nach Max Robert G. hinsichtlich der Vermögenswerte des ehemaligen Gutes "K." in Vollzug dieses gegen Herbert G. ergangenen Strafurteils vorgenommen wurde. Denn nicht nur der Miterbe Herbert G., sondern die gesamte Erbengemeinschaft wurde im Zusammenwirken sowjetischer Militärbehörden und anderer staatlicher Stellen 1947/48 zur Vollstreckung des Militärtribunalurteils vollständig und endgültig aus ihrem Eigentum an den Grundstücken der "K." verdrängt. Während vor dem 15. August 1946, dem Zeitpunkt des Strafurteils, ein tatsächlicher Zugriff auf die Vermögenswerte der "K." nicht feststellbar war, belegen nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts die in den Akten befindlichen Unterlagen über das Vorgehen der sowjetischen Militärbehörden und der damit befassten weiteren Stellen in der damaligen sowjetischen Besatzungszone eine Enteignung dieses landwirtschaftlichen Betriebes gerade wegen der strafrechtlichen Verurteilung von Herbert Gerstenhauer. Das Verwaltungsgericht stützt sich insoweit insbesondere auf das Schreiben an die sowjetische Kreiskommandantur A. vom 1. Februar 1947, das Schreiben an den Landesausschuss der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe vom 15. Februar 1947 und die Aufstellung vom 2. April 1947 sowie auf den Befehl des Garde-Generalmajors Kolesnitschenko vom 3. März 1947, die Verfügung des Militärkommandanten des Landkreises Weimar, Gardemajor Michailow, vom 2. April 1947 und das Schreiben der Landeskommission zur Durchführung der Bodenreform vom 24. November 1947.
Gegenteiliges ergibt sich auch nicht daraus, dass das damalige Gut "K." nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Gefolge der Anordnung der Landeskommission zur Durchführung der Bodenreform vom 11. März 1947 in den Bodenfonds aufzunehmen und aufzuteilen war. Das entsprach einer damals verbreiteten Praxis (vgl. Urteil vom 29. Juni 2006 a.a.O. Rn. 17). Der ursächliche Zusammenhang mit dem SMT-Urteil wurde auch nicht dadurch unterbrochen, dass die deutschen Stellen beim Vollzug der durch das Strafurteil verfügten Vermögenseinziehung den Zugriff auf die Rechte der anderen Miterben zusätzlich mit Vorschriften des Thüringer Bodenreformgesetzes gerechtfertigt haben. Die Vorschriften über die Bodenreform wurden auch insofern lediglich im Sinne einer Rechtsfolgenverweisung und allenfalls im Sinne einer zusätzlichen, verstärkenden Begründung herangezogen; die im Strafurteil verfügte Vermögenseinziehung war aber ungeachtet dessen für den Zugriff auf die "K." konstitutiv.
An diese tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Die von den Klägerinnen dagegen vorgebrachten Verfahrensrügen greifen nicht durch. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung bei seiner Würdigung der von ihm herangezogenen Unterlagen gesetzliche Beweisregeln, allgemeine Erfahrungssätze, unumstrittene Geschichtstatsachen oder die Denkgesetze missachtet oder aktenwidrige Tatsachen angenommen und damit gegen § 108 Abs. 1 VwGO oder gegen eine andere Verfahrensvorschrift verstoßen hat, sind mit der Revision nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Die teilweise abweichende Sachdarstellung der Klägerinnen und ihre Kritik an den vom Verwaltungsgericht aus den tatsächlichen Feststellungen gezogenen Schlussfolgerungen genügen nicht den Anforderungen, die § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO an die substantiierte Darlegung eines Verfahrensmangels stellt.
c) Die Klägerinnen rügen zu Unrecht, § 1 Abs. 7 VermG könne deshalb nicht zu Gunsten der Erbengemeinschaft nach dem 1940 verstorbenen Alteigentümer Max Robert G. herangezogen werden, weil die vorliegende russische Rehabilitierungsentscheidung nicht zum Ausdruck bringe und ihr auch nicht im Wege der Auslegung zu entnehmen sei, dass der Verlust der zu restituierenden Vermögenswerte des früheren Gutes "K." als rechtsstaatswidrig angesehen worden sei und daher keinen Bestand haben solle.
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht in seinem angegriffenen Urteil davon ausgegangen, dass eine Rehabilitierungsentscheidung im Sinne von § 1 Abs. 7 VermG nach ihrem Sinn und Zweck das Spiegelbild ("actus contrarius") der in dem aufgehobenen Strafurteil ausgesprochenen und in seinem Vollzug von ihm ursächlich bewirkten Rechtsfolgen ist (vgl. Urteile vom 6. April 1995 a.a.O. S. 143 f. bzw. S. 107 f., vom 19. Juli 2000 - BVerwG 8 C 6.99 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 5 S. 21 f. und vom 20. März 2002 - BVerwG 8 C 2.01 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 8). Dementsprechend kann der von der im Zusammenhang mit dem Strafurteil erfolgten Vermögenseinziehung direkt oder als Dritter Betroffene seinen Restitutionsanspruch insoweit auf § 1 Abs. 7 VermG stützen. Denn die Rehabilitierungsentscheidung hebt den vorausgegangenen "Gegenakt" auf und beseitigt die in seinem Vollzug ausgelösten Rechtsfolgen. Anderes kann nur dann angenommen werden, wenn sich aus einem Zusatz in der Rehabilitierungsentscheidung ergibt, dass sich die Rehabilitierung auf den Strafausspruch beschränkt und die Vermögenseinziehung nicht umfasst (Urteil vom 17. Mai 2000 - BVerwG 8 C 16.99 - BVerwGE 111, 182 <185> = Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 4 S. 15). Dafür ist hier nichts ersichtlich.
2. Das angegriffene Urteil verstößt jedoch deshalb gegen Bundesrecht, weil das Verwaltungsgericht den "Beweisantrag I" der Klägerinnen aus Gründen abgelehnt hat, die im Prozessrecht keine Stütze finden.
Die Klägerinnen haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht beantragt, Beweis über ihre Behauptung zu erheben, die eingereichte Rehabilitierungsbescheinigung vom 20. März 2002 sei durch den unzuständigen Unterzeichner ausgefertigt worden (und damit) "unwirksam und unecht". Das Verwaltungsgericht hat diesen Beweisantrag als unzulässigen Ausforschungs- und Beweisermittlungsantrag abgelehnt. Das entspricht der in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 23. August 2012 vermerkten Begründung, "dass es für die Kammer keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür gibt, dass die angesprochene Reha-Bescheinigung fehlerhaft ist".
Diese Begründung findet im geltenden Prozessrecht keine Stütze; das Verwaltungsgericht hat mithin seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt. Ein Beweisantrag ist zwar unzulässig und kann abgelehnt werden, wenn es sich um einen Ausforschungs- und Beweisermittlungsantrag handelt, wenn er also lediglich zum Ziel hat, Zugang zu einer bestimmten Informationsquelle zu erlangen, um auf diesem Wege Anhaltspunkte für neuen Sachvortrag zu gewinnen (vgl. Beschlüsse vom 2. Juli 1998 - BVerwG 11 B 30.97 - Buchholz 451.171 § 6 AtG Nr. 2 = NVwZ 1999, 654 und vom 2. April1998 - BVerwG 7 B 79.98 - juris). Auch Beweisanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann, müssen regelmäßig dem Gericht eine weitere Sachaufklärung nicht nahelegen und können als unsubstantiiert abgelehnt werden (vgl. Beschlüsse vom 5. Oktober 1990 - BVerwG 4 B 249.89 - Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 6 und vom 29. März 1995 - BVerwG 11 B 21.95 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266). So liegt es, wenn für den Wahrheitsgehalt der Beweistatsache nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, d.h. wenn sie mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich "aus der Luft gegriffen", "ins Blaue hinein", also "erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage" behauptet worden sind (vgl. Beschlüsse vom 29. April 2002 - BVerwG 1 B 59.02 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60, vom 30. Juni 2008 - BVerwG 5 B 198.07 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 98 Rn. 5 m.w.N. und vom 12. März 2010 - BVerwG 8 B 90.09 - juris; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. August 1996 - 2 BvR 1968/94 - und BGH, Urteil vom 25. April 1995 - VI ZR 178/94 - MDR 1995, 738). Welche Anforderungen vom Tatsachengericht an die Substantiierung gestellt werden dürfen, bestimmt sich zum einen danach, ob die zu beweisende Tatsache in den eigenen Erkenntnisbereich des Beteiligten fällt, und zum anderen nach der konkreten prozessualen Situation (vgl. Beschlüsse vom 25. Januar 1988 - BVerwG 7 CB 81.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 196 S. 14 und vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 8 B 37.11 - ZOV 2011, 264; Dawin, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Bd. II, § 86 Rn. 73 f. m.w.N.).
Das dem Beweisantrag zugrunde liegende Vorbringen der Klägerinnen war entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts hinreichend substantiiert. Denn sie haben sich unter anderem auf ihren Schriftsatz vom 2. April 2008 gestützt. Darin hatten sie bezugnehmend auf das Schreiben des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen (BARoV) vom 29. Januar 1997 zur Unterschriftsberechtigung für solche von der Militärstaatsanwaltschaft Moskau ausgestellten Bescheinigungen geltend gemacht, seit dem 30. Oktober 1996 seien gemäß einer Verfügung des Militärhauptstaatsanwaltes nur die Abteilungs- und Referatsleiter W. I. Kupez, W. K. Kondratow und L. P. Kopalin berechtigt, Rehabilitierungsbescheide sowie amtliche Schreiben, betreffend die Ablehnung von Anträgen, zu unterschreiben. Die Rehabilitierungsbescheinigung vom 20. März 2002 sei dagegen von einem Herrn A. W. Tschitschuga unterschrieben worden, also nicht von einer der drei als berechtigt genannten Personen. Letzteres ist offenkundig zutreffend. Das Verwaltungsgericht hat im angegriffenen Urteil zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass das Schreiben des Bundesamtes vom 29. Januar 1997 keine durchgreifenden Zweifel an der Echtheit der Rehabilitierungsbescheinigung vom 20. März 2002 begründet, weil es zeitlich vorangegangene Zeiträume erfasst und auf danach liegende Zeiträume keine zwingenden Rückschlüsse zulässt. Selbst wenn es möglich ist, dass Änderungen im Rahmen der Geschäftsverteilung seit 1997 bis 2002 eingetreten waren, folgt daraus aber nicht, dass die von den Klägerinnen aufgestellte Beweisbehauptung "aus der Luft gegriffen" oder "ins Blaue hinein" erhoben worden ist. Auch wenn die Klägerin zu 2 unter Bezugnahme auf ein - nicht bei den Akten befindliches - Schreiben des BARoV vom 27. November 2002 dem Thüringer Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen mitteilte, seitens des BARoV gehe man davon aus, "dass Herr Tschitschuga zur Unterschriftsleistung befugt war und dass an der Echtheit nach Auffassung des BARoV keine Zweifel bestehen" (BA 2, Bl. 373), waren damit nicht alle Zweifel an der Wirksamkeit der Rehabilitierungsbescheinigung vom 20. März 2002 gegenstandslos. Das ergibt sich schon daraus, dass nicht ersichtlich ist, auf welcher Grundlage die Einschätzung des BARoV beruhte und wie verlässlich diese war. In der bei den Akten befindlichen "Gesprächs-Notiz" über am 18. und 20. November 2002 geführte Telefonate des Beklagten mit dem BARoV ist zwar - handschriftlich - ebenfalls vermerkt, es bestünden "keine Bedenken hier zu der Bescheinigung"; eine "Anmerkung" weist aber ausdrücklich darauf hin, dass "der unterzeichnende Tschitschuga" nicht auf der 1997 erstellten Liste der Unterschriftsberechtigten stehe (BA 2, Bl. 372). Wenn die Klägerinnen daraus Zweifel an der Wirksamkeit sowie der Echtheit der Rehabilitierungsbescheinigung hergeleitet haben, war dies jedenfalls nicht "aus der Luft gegriffen".
Auf der Grundlage der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts war auch entscheidungserheblich, ob die Rehabilitierungsbescheinigung von der zuständigen russischen Behörde wirksam ausgestellt wurde und echt ist. Denn die Rückübertragung von Vermögenswerten aufgrund einer russischen Rehabilitierungsentscheidung setzt voraus, dass diese wirksam ist (stRspr, vgl. u.a. Urteil vom 17. Mai 2000 a.a.O. S. 186 bzw. S. 15 f. und Beschluss vom 21. August 2001 a.a.O. S. 25 = juris Rn. 7). Zu deren Nachweis ist die Vorlage einer Rehabilitierungsbescheinigung der zuständigen russischen Stelle erforderlich, an deren Echtheit kein ernsthafter Zweifel besteht (vgl. §§ 173, 98 VwGO i.V.m. § 438 Abs. 1 und 2 ZPO; Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation
Sollte die gegebene Begründung für die Ablehnung des Beweisantrages dahin zu verstehen sein, dass nach Auffassung des Verwaltungsgerichts die Beweisaufnahme voraussichtlich nicht den von den Klägerinnen gewünschten Aufschluss bringen werde, wäre sie ebenfalls ohne hinreichende Stütze im Prozessrecht. Denn dies würde eine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung darstellen und die gerichtliche Pflicht verletzen, gemäß § 86 Abs. 1 VwGO den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (vgl. Urteile vom 18. November 1955 - BVerwG 2 C 180.54 - BVerwGE 2, 329 und vom 19. März 1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263 <265 f.> = Buchholz 237.6 § 39 NdsLBG Nr. 9 S. 2; Beschluss vom 22. August 2000 - BVerwG 2 B 29.00 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 310 m.w.N.). Nur wenn aufgrund eines bereits erhobenen Beweises die entscheidungserheblichen Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einer solchen Gewissheit feststehen, dass die Überzeugung des Gerichts durch die beantragte weitere Beweiserhebung - ihr Erfolg unterstellt - nicht mehr erschüttert werden kann, kann ein solcher Beweisantrag ausnahmsweise abgelehnt werden (Urteil vom 11. April 1991 - BVerwG 3 C 73.89 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 229 und Beschluss vom 30. April 2008 - BVerwG 4 B 27.08 - juris). Davon konnte hier keine Rede sein.
Das angegriffene Urteil beruht auf dem Verfahrensmangel. Die allein noch angefochtene Nr. 1 des Bescheides des Beklagten vom 19. Juli 2007 könnte keinen Bestand haben, wenn die Rehabilitierungsbescheinigung vom 20. März 2002 unwirksam ist. Das Urteil ist daher aufzuheben. Der Rechtsstreit ist zwecks weiterer Sachaufklärung zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird - unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Gera vom 23. August 2012 - für beide Rechtszüge auf jeweils 500 000 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 4 Nr. 3, § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG.).
G r ü n d e :
Die Klägerinnen haben unwidersprochen vorgetragen, dass die hier in Rede stehenden Grundstücke des früheren land- und forstwirtschaftlichen Gutes "K." mit einer Größe von ca. 72 ha auf der Grundlage der Preisermittlung der Klägerin zu 2 für das Jahr 2013 in Thüringen einen Wert von ca. 900 000 € (ca. 13 000 € je ha) haben. Betrifft die Klage - wie hier - lediglich die Feststellung der vermögensrechtlichen Berechtigung, sind nach der Rechtsprechung des Senats zwei Drittel dieses Wertes in Ansatz zu bringen (vgl. u.a. Beschluss vom 25. November 2009 - BVerwG 8 C 12.08 -), wobei gemäß § 52 Abs. 4 Nr. 3 GKG für die Streitwertbemessung jedoch auf 500 000 € begrenzt ist.