Entscheidungsdatum: 15.02.2012
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 29. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 78 100 € festgesetzt.
Die Klägerin begehrt die Rückübertragung eines Grundstücks in F., das ihr Rechtsvorgänger 1967 an das Eigentum des Volkes verkauft hat. Es ist zwischen den Beteiligten streitig, ob dieses Grundstück von in der DDR stationierten sowjetischen Streitkräften genutzt wurde. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Unlautere Machenschaften könnten nicht festgestellt werden. Die Klägerin habe eine konkrete Nötigungs- oder Drohungshandlung nicht substantiiert dargelegt. Dass ihr Ehemann möglicherweise das Grundstück verkaufte, um einer Enteignung nach dem Verteidigungsgesetz zu entgehen und sich eventuell unter Druck gesetzt fühlte, reiche für eine Nötigungs- oder Bedrohungslage nicht aus. Die Grundsätze des Anscheinsbeweises fänden hier keine Anwendung. Auch aus einem benachbarte Grundstücke betreffenden Bescheid des Beklagten und einer dazu ergangenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts ließen sich keine Rückschlüsse ziehen, die für einen Zwangsverkauf sprächen.
Die ausschließlich auf Verfahrensrügen gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Der Beschwerdebegründung sind keine Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu entnehmen, auf denen das angegriffene Urteil beruhen kann.
Die Rüge der Klägerin, das Urteil sei nicht auf der gebotenen umfassenden und objektiven Ermittlung des der Entscheidung zugrunde zu legenden vollständigen Sachverhalts ergangen, kann als Rüge der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) angesehen werden. Eine solche Aufklärungsrüge setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Darlegung voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das verwaltungsgerichtliche Urteil unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen. Daran fehlt es hier. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2011 hat die auch in der ersten Instanz anwaltlich vertretene Klägerin keine Beweisanträge gestellt. Sie legt auch nicht dar, warum sich die nunmehr von ihr vermisste Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen. Namentlich ist nicht ersichtlich, inwieweit eine Inaugenscheinnahme des streitgegenständlichen Grundstücks im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Aufklärung über die Nutzung dieses Grundstücks Ende der 1960er Jahre hätte geben können. Auf die begehrte Beiziehung von Katasterkarten zur Verbesserung des Erinnerungsvermögens der Zeuginnen kam es für das Verwaltungsgericht nicht an, weil die Zeuginnen ein Befahren des Grundstücks durch sowjetische Fahrzeuge nicht ausschließen wollten. Außerdem hätte die Beiziehung von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung beantragt werden können.
Tatsächlich wendet sich die Klägerin mit ihren Ausführungen gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht. Auch wenn man dies als Rüge einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 VwGO) auslegen wollte, führt es nicht zur Zulassung der Revision.
Grundsätzlich ist die Sachverhalts- und Beweiswürdigung Teil der materiell-rechtlichen Rechtsanwendung. Verfahrensfehler sind nur im Rahmen einer Indizienbeweisführung in Gestalt denkfehlerhafter Schlüsse von Hilfs- auf Haupttatsachen denkbar. Einen solchen Verstoß gegen Denkgesetze zeigt die Klägerin nicht auf. Sie legt nicht dar, dass das Verwaltungsgericht einen denklogisch allein möglichen Schluss nicht gezogen hätte. Stattdessen kritisiert sie im Stil einer Berufungsbegründung die Beweiswürdigung durch das Gericht und stellt dieser ihre eigene Würdigung gegenüber. Damit kann ein Verfahrensfehler nicht dargelegt werden. Das gilt auch für ihren Hinweis auf die spätere Übertragung des Grundstücks auf den VEB (K) Bau F. Auch insoweit setzt die Klägerin nur ihre Würdigung der Tatsachen an die Stelle der des Verwaltungsgerichts und zieht daraus die Schlussfolgerung, dass eine Nutzung des Grundstücks zu Verteidigungszwecken nie beabsichtigt gewesen sei. Entsprechendes gilt für ihre Kritik an der Würdigung der Zeugenvernehmungen sowie die Rüge unzutreffender Fragestellungen durch das Gericht. Da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung anwesend war, hätte sie zudem die Gelegenheit gehabt, eigene Fragen an die Zeuginnen zu richten.
Die Behauptung der Klägerin, das Verwaltungsgericht unterstelle die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Grundsätzen des Anscheinsbeweises als abschließend bei Verkaufsfällen, ist ebenfalls nicht geeignet, einen Verfahrensfehler darzulegen, und verkennt zudem das angefochtene Urteil. Dieses stellt in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darauf ab, dass in bestimmten, auf Erfahrungstatsachen beruhenden typischen Sachverhaltskonstellationen der Beweisnot des Geschädigten durch die Anerkennung eines Anscheinsbeweises Rechnung zu tragen ist, und begründet anschließend, warum hier ein dieser Fallkonstellation vergleichbarer typischer Sachverhalt nicht vorliegt (UA S. 11 f.). Darin liegt weder die gerügte vorweggenommene Beweiswürdigung noch ein sonstiger Verfahrensmangel.
Unklar bleibt, welchen Verfahrensmangel die Klägerin mit der mehrfach erhobenen Rüge geltend machen will, das Verwaltungsgericht habe die von der 3. Kammer desselben Gerichts getroffenen Sachverhaltsfeststellungen des mit Urteil vom 5. Juli 2006 abgeschlossenen Verfahrens 3 K 1571/97 weder gewürdigt noch seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Unabhängig davon, dass es eine Bindungswirkung an die Entscheidung der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts nicht gibt, lag dieser ein anderer Sachverhalt zugrunde. Denn Streitgegenstand dort waren nicht nur andere Grundstücke, sie waren auch - anders als im vorliegenden Verfahren - nicht verkauft, sondern enteignet worden. Zudem hat sich das Verwaltungsgericht ausführlich mit der Entscheidung der 3. Kammer auseinander gesetzt und begründet, warum der vorliegende Sachverhalt anders zu beurteilen ist.
Soweit die Klägerin "auf Grund des Grundsatzes Grundrechtsschutzes durch Verfahren" im Hinblick auf die Länge des Verfahrens seit ihrer Antragstellung im Jahr 1990 für sich Beweislasterleichterungen fordert, wird damit ebenfalls kein Verfahrensmangel dargelegt. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass auch für den Nachweis des Vorliegens eines Vermögensverlustes im Sinne des § 1 VermG die allgemeinen Beweisregeln gelten (vgl. z.B. Beschluss vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 8 B 17.10 - ZOV 2011, 81 ff. m.w.N.). Dass die Voraussetzungen eines ausnahmsweise möglichen Anscheinsbeweises hier nicht gegeben sind, hat das Verwaltungsgericht, wie bereits festgestellt, ausführlich begründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.