Entscheidungsdatum: 19.02.2010
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2009 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg, da kein Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Die Beschwerde formuliert keine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Frage,
ob der Zurechnungszusammenhang einer Entscheidung zum sowjetischen Willen im Sinne des § 1 Abs. 8a VermG durch ein individuelles "sowjetisches Enteignungsverbot" nur dann entfällt, wenn es noch im damaligen Enteignungsverfahren in der Besatzungszeit zu einer Rückgabe des Vermögenswertes gekommen ist,
würde sich in einem Revisionsverfahren ebenso wenig stellen wie die weitere für klärungsbedürftig gehaltene Frage,
ob der Zurechnungszusammenhang einer Enteignung zum sowjetischen Willen im Sinne des § 1 Abs. 8a VermG durch ein individuelles "sowjetisches Enteignungsverbot" nur dann entfällt, wenn die sowjetische Besatzungsmacht (auch) die der Enteignung vorausgehende Sequestrierung aufgehoben hat.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen liegt dem angegriffenen Urteil nicht die Annahme zugrunde, das Vorliegen eines Enteignungsverbotes setze stets eine Rückgabe des Vermögenswertes oder die Aufhebung einer vorherigen Sequestrierung voraus. Vielmehr verneint das Verwaltungsgericht ein Enteignungsverbot allein deshalb, weil es dem klägerischen Vorbringen und den dazu in das Verfahren eingeführten Beweismitteln aufgrund seiner Beweiswürdigung keine die Enteignung des Verlagsunternehmens missbilligende Erklärung der sowjetischen Besatzungsmacht entnehmen konnte.
Die gegenteilige Darstellung der Kläger löst die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Rückgabe von Vermögenswerten aus dem Argumentationszusammenhang. Die Erwägung, hoheitliche Eingriffe in Vermögenswerte seien der sowjetischen Besatzungsmacht zuzurechnen, wenn sie während der Besatzungszeit in der sowjetischen Besatzungszone vorgenommen und die Vermögenswerte nicht zurückgegeben wurden, umschreibt nur die generellen Zurechnungsvoraussetzungen. Sie wird ergänzt durch die nachfolgenden Ausführungen zur Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs wegen eines generellen oder konkreten Enteignungsverbots.
Das angegriffene Urteil behandelt auch die Aufhebung einer vorherigen Sequestrierung nicht als rechtliche Voraussetzung eines Enteignungsverbotes. Es verwertet nur den Umstand, dass die Sequestrierung des Verlagsunternehmens nach den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts von der sowjetischen Besatzungsmacht nicht in Frage gestellt wurde, einzelfallbezogen im Rahmen der Indizbeweiswürdigung und zieht daraus den Schluss, erst recht sei kein über eine Aufhebung der Beschlagnahme hinausgehendes Enteignungsverbot erklärt worden.
Unabhängig davon sind die beiden aufgeworfenen Fragen auch nicht klärungsbedürftig, weil sie sich mit den üblichen Mitteln der Gesetzesauslegung unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung ohne Weiteres - verneinend - beantworten lassen (vgl. Beschluss vom 24. August 1999 - BVerwG 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270> = Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 228). Die Rückgabe eines enteigneten Vermögenswertes ist nur als Kriterium der Rückabwicklung einer bereits geschehenen Enteignung relevant (vgl. Urteil vom 19. Februar 2009 - BVerwG 8 C 7.08 - ZOV 2009, 138 f. = Buchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 41). Für die Annahme eines Enteignungsverbotes genügt dagegen jede die Enteignung generell oder im Einzelfall ausdrücklich missbilligende oder korrigierende Äußerung der Besatzungsmacht. Davon geht auch das angegriffene Urteil unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus (stRspr, vgl. Urteile vom 27. Juni 1996 - BVerwG 7 C 3.96 - BVerwGE 101, 282 = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 83 und vom 8. Oktober 2003 - BVerwG 8 C 28.02 - ZOV 2004, 38 <39>; Beschluss vom 22. Januar 2009 - BVerwG 8 B 93.08 - ZOV 2009, 135 f. = Buchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 40). Die Aufhebung einer Sequestrierung mag als Indiz für einen der Enteignung entgegenstehenden Willen sprechen, ist aber keine notwendige Voraussetzung einer entsprechenden Erklärung.
2. Die Beschwerdebegründung zeigt auch keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Sie arbeitet keinen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz heraus, der von einem ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz einer als Divergenzentscheidung zitierten höchstrichterlichen Entscheidung abweicht.
Das als Divergenzentscheidung angeführte Urteil vom 13. Dezember 2006 - BVerwG 8 C 25.05 - (Buchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 34) und das weiter in Bezug genommene Urteil vom 13. Februar 1997 - BVerwG 7 C 50.95 - (BVerwGE 104, 84 <86 ff.> = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 104) sind schon nach dem Vorbringen der Kläger nicht einschlägig. Das erstgenannte Urteil betrifft die Auslegung des hier nicht entscheidungserheblichen Verbotes in Nr. 5 des SMAD-Befehls Nr. 64 und die Anforderungen an die Aufhebung eines bereits ausgesprochenen Enteignungsverbotes. Das zweite hat ein generelles Enteignungsverbot zum Gegenstand.
Eine Divergenz zum Urteil vom 27. Juni 1996 - BVerwG 7 C 3.96 - (a.a.O.) ist ebenfalls nicht dargelegt. Die verwaltungsgerichtlichen Rechtssätze widersprechen nicht den im zitierten Urteil aufgestellten Rechtssätzen zur Beachtlichkeit eines einmal ausgesprochenen Enteignungsverbotes. Vielmehr verneint das Verwaltungsgericht schon, dass ein solches Verbot erklärt wurde. Aufgrund eingehender Beweiswürdigung kommt es zu dem Schluss, aus dem Tatsachenvortrag der Kläger und den dazu vorgelegten Beweismitteln ergebe sich keine Missbilligung einer Enteignung des Unternehmens, sondern nur die Be-stätigung der treuhänderischen Verwaltung durch den Betriebsleiter sowie das Angebot, den Inhaber im Fall seiner Rückkehr als Treuhänder des sequestrierten Unternehmens einzusetzen, bis endgültig über eine Enteignung entschieden worden sei. Die dem zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen können mit der Divergenzrüge ebenso wenig angegriffen werden wie eine - angeblich - fehlerhafte Anwendung materiellrechtlicher Auslegungsregeln.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen besteht auch keine Divergenz zum Urteil vom 8. Oktober 2003 - BVerwG 8 C 28.02 - (a.a.O.). Den dort formulierten Voraussetzungen einer faktischen Enteignung oder ihrer vermögensrechtlichen Relevanz widersprechen weder die vom Verwaltungsgericht ausdrücklich aufgestellten Rechtssätze, noch ergibt sich eine Divergenz aus den Subsumtionserwägungen des angegriffenen Urteils. Seine Annahme, in der Nutzungsüberlassung des sequestrierten Verlagsunternehmens an die KPD liege noch keine faktische Enteignung, ist ohne Widerspruch zu den Rechtssätzen der angeblichen Divergenzentscheidung damit zu begründen, dass das Unternehmen dem bisherigen Inhaber nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts durch die Nutzungsüberlassung nicht endgültig, sondern nur vorläufig bis zur aufgeschobenen Entscheidung über eine Enteignung entzogen worden war. Darauf, dass die KPD die Nutzungsüberlassung als Übereignung verstanden wissen wollte, musste das Verwaltungsgericht nicht abstellen, da die objektive Sicht eines verständigen Beobachters in der Situation des Eigentümers maßgeblich ist (vgl. Beschluss vom 3. März 2008 - BVerwG 8 B 75.07 - ZOV 2008, 110 f.). Danach kommt es auf die subjektive Wahrnehmung des von der Maßnahme Begünstigten nicht an.
Das angegriffene Urteil stellt schließlich nicht in Abrede, dass ein konkretes Enteignungsverbot eine nach außen erkennbare Willensäußerung der Besatzungsmacht oder ein sonstiges aktives Handeln der Besatzungsmacht voraussetzt, aus denen sich die ausdrückliche Missbilligung und Korrektur der konkreten Enteignung ergibt. Es verneint nur das Vorliegen dieser Voraussetzungen. Die Anwendung eines Rechtssatzes kann jedoch nicht Gegenstand der Divergenzrüge sein. Dies gilt auch für Angriffe gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung der Vorinstanz.
3. Die von den Klägern erhobenen Verfahrensrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO rechtfertigen ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG ist ebenso wenig dargetan wie ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO.
Dem Beschwerdevorbringen ist nicht zu entnehmen, dass das Verwaltungsgericht nach seiner materiellrechtlichen Rechtsauffassung entscheidungserhebliches Vorbringen oder relevantes Beweismaterial übergangen oder nicht ausreichend gewürdigt hätte.
Wie die Kläger selbst einräumen, wird ihr Tatsachenvorbringen im Tatbestand des angegriffenen Urteils zutreffend und vollständig wiedergegeben. Der Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe versäumt, sich mit dem Vorbringen zu einer Enteignung durch Übergabe des Betriebsvermögens an die KPD und mit Anhaltspunkten für einen dem entgegenstehenden Willen der Besatzungsmacht auseinanderzusetzen, trifft nicht zu. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht einen endgültigen Eigentumsverlust im Sinne einer faktischen Enteignung verneint, weil es nach eingehender Beweiswürdigung zu dem Schluss gekommen ist, die Besatzungsmacht habe nur eine vorläufige Beschlagnahme durch Sequestration gemäß Befehl Nr. 124 der SMAD vorgenommen (vgl. dazu Beschluss vom 15. Mai 2008 - BVerwG 8 B 17.08 - ZOV 2008, 172). Danach kam es auf das Vorbringen der Kläger, die von diesen angenommene Enteignung zu Gunsten der KPD habe dem Willen der Besatzungsmacht widersprochen, aus der materiellrechtlichen Sicht des Verwaltungsgerichts nicht mehr an. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat es auch die klägerische Argumentation zu Äußerungen und Erwerbsabsichten Oberst Shukows im Einzelnen gewürdigt.
Ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz nach § 108 Abs. 1 VwGO liegt ebenfalls nicht vor. Mit Verfahrensrügen kann die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nur angegriffen werden, soweit sie nicht die Anwendung materiellrechtlicher Auslegungsregeln oder die Subsumtion des festgestellten Sachverhalts betrifft, sondern Schlüsse von Indizien auf Haupttatsachen zieht, die der Tatsachenfeststellung zugeordnet werden können. Solche Schlussfolgerungen sind nicht schon denkfehlerhaft, wenn sie wenig wahrscheinlich oder sogar fernliegend erscheinen. Ein Verstoß gegen die Denkgesetze liegt nur vor, wenn die Schlussfolgerung logisch ausgeschlossen ist. Das ist hier weder dargelegt, noch erkennbar. Auch soweit das Verwaltungsgericht den Tatsachenvortrag der Kläger als wahr unterstellt hat, musste es nicht die von den Klägern daraus gezogenen Schlussfolgerungen übernehmen.
Von einer weiteren Begründung der Beschwerdeentscheidung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen, weil sie nicht geeignet ist, zur weiteren Klärung der Revisionszulassungsvoraussetzungen beizutragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 VwGO.