Entscheidungsdatum: 14.02.2014
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 17. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 50 000 € festgesetzt.
Die Kläger erstreben unter Aufhebung eines Bescheids der Landeshauptstadt Dresden, Amt zur Regelung offener Vermögensfragen, vom 7. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Sächsischen Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 8. Juli 2010 die Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme des bestandskräftigen Bescheids des Landkreises Bautzen, Amt zur Regelung offener Vermögensfragen, vom 22. April 1996, mit dem ihr Antrag auf Rückübertragung eines Dreiseitenhofs mit zugehörigen landwirtschaftlichen Flächen, auf den die Rechtsvorgänger der Klägerin zu 1 im Jahr 1982 verzichtet hatten, abgelehnt worden war. Zur Begründung war in der Verfügung vom 22. April 1996 angeführt worden, dass die Vermögenswerte nicht Gegenstand einer schädigenden Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 2 VermG gewesen seien. Das Verwaltungsgericht hat die gegen die Verfügung vom 7. September 2009 gerichtete Klage mit Urteil vom 17. Juli 2013 abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist in Ansehung des Klägers zu 2 schon unzulässig, da gegen die Abweisung seiner Klage als unzulässig keine Zulassungsgründe dargelegt werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), in Ansehung der Klägerin zu 1 jedenfalls unbegründet.
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden entscheidungserheblichen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist (stRspr, Beschluss vom 9. September 2011 - BVerwG 8 B 15.11 - ZOV 2011, 226). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Die Kläger werfen die folgende Frage als grundsätzlich klärungsbedürftig auf:
„Hat ein Betroffener einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und den Erlass eines Zweitbescheids mitsamt vollständiger inhaltlicher Prüfung, wenn die Behörde gegenüber dem Betroffenen erklärt, dass der Antrag des Betroffenen auf Rücknahme des Ausgangsbescheids geprüft und beschieden wird, und begründet in diesem Fall allein die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts den Anspruch auf Rücknahme?"
Diese Frage ist bereits nicht entscheidungserheblich und somit nicht klärungsfähig.
Darauf, ob die behauptete Rechtswidrigkeit des unanfechtbar gewordenen Erstbescheids allein einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und Rücknahme des Erstbescheids (§ 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) begründet, kam es im vorliegenden Fall nicht an, da das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit dem Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2010 davon ausgeht, dass der Erstbescheid vom 22. April 1996 nicht rechtswidrig war. Die dieser rechtlichen Annahme zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen sind von den Klägern nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden (siehe nachfolgend Ziffer 3).
Im Übrigen ist bereits grundsätzlich geklärt, dass allein die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes keinen Anspruch auf Rücknahme begründet, da der Rechtsverstoß lediglich die Voraussetzung für eine Ermessensentscheidung der Behörde nach § 48 VwVfG ist (Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 6 C 32.06 - NVwZ 2007, 709 = juris Rn. 13). Der Antragsteller hat auch bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme nur ein subjektives Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 48 Rn. 81 m.w.N.).
2. Der weiter geltend gemachte Zulassungsgrund der Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) - hier von der in der Beschwerde genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 28. Dezember 2010 - BVerwG 8 B 57.10 -) - ist nicht schlüssig dargetan.
Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt weder den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge (Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342). Mit dem Einwand, das Verwaltungsgericht habe bei der Prüfung der Überschuldungssituation der Grundstücke fehlerhaft den Einheitswert anstelle des Zeitwerts der Grundstücke zugrunde gelegt, zeigt die Beschwerde keinen Rechtssatzwiderspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf, sondern rügt lediglich eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht, die eine Zulassung der Revision wegen Divergenz nicht zu begründen vermag.
Im Übrigen ist das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon ausgegangen, dass sich der Beleihungswert regelmäßig am Einheitswert orientiert und nur bei Anhaltspunkten für die Annahme, dass der Beleihungswert des Grundstücks dem Einheitswert nicht entspricht, der Zeitwert konkret zu ermitteln ist (vgl. Urteil vom 24. Oktober 2002 - BVerwG 7 C 11.02 - Buchholz 428 § 1 Abs. 2 VermG Nr. 26 = ZOV 2003, 114).
3. Das angefochtene Urteil beruht schließlich auch nicht auf der geltend gemachten Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO).
Die Rüge der Verletzung des verwaltungsprozessualen Untersuchungsgrundsatzes erfordert zum einen eine substantiierte Darlegung, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (Urteil vom 16. Dezember 1977 - BVerwG 7 C 59.74 - BVerwGE 55, 159 <169 f.>; Beschluss vom 15. Februar 2013 - BVerwG 8 B 58.12 - ZOV 2013, 40). Zum anderen muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewiesen worden ist oder dass sich dem Verwaltungsgericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen von Beweisanträgen, zu kompensieren (Urteil vom 23. Mai 1986 - BVerwG 8 C 10.84 - BVerwGE 74, 222 <223> = Buchholz 448.0 § 17 WPflG Nr. 7 S. 8).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht.
Die Kläger rügen zum einen, dass das Verwaltungsgericht eine Überschuldung unvollständig aufgeklärt habe, insbesondere lediglich die Passiva, also die Belastungen, nicht jedoch die Erträge des Grundbesitzes durch Bewirtschaftung (Vermietung; Verpachtung, Landwirtschaft) ermittelt habe. Sie unterlässt es jedoch darzutun, welche konkreten geeigneten und erforderlichen Aufklärungsmaßnahmen in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich erzielt worden wären. Dem Beschwerdevorbringen ist auch nicht zu entnehmen, dass seitens der Kläger im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die weitere Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist oder diese sich dem Gericht auch ohne förmlichen Beweisantrag hätte aufdrängen müssen.
Die Rüge, das Verwaltungsgericht hätte prüfen müssen, welche Erträge bei einer Pacht- oder Mietzinszahlung seitens der LPG hätten erzielt werden können und ob diese ausgereicht hätten, um eine bestehende oder drohende Überschuldung abzuwenden, greift ebenfalls nicht durch. Diese Frage war für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich. Denn es hat - in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 15. Mai 1997 - BVerwG 7 C 50.96 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 111 = ZOV 1997, 419) - für die Annahme des Schädigungstatbestandes des § 1 Abs. 2 VermG darauf abgestellt, ob für ein bebautes Grundstück oder Gebäude in dem Zeitraum vor Eigentumsverlust tatsächlich nicht kostendeckende Mieten erzielt wurden und diese Kostenunterdeckung die (bereits eingetretene oder unmittelbar bevorstehende) Überschuldung des Grundstücks verursacht hat. Dabei hat es nicht die fehlende Kostendeckung, sondern die Ursächlichkeit der Niedrigmietenpolitik verneint.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus den §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.