Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 17.10.2012


BVerwG 17.10.2012 - 8 B 63/12, 8 B 63/12 (8 C 48/12)

Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsdatum:
17.10.2012
Aktenzeichen:
8 B 63/12, 8 B 63/12 (8 C 48/12)
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 15. Mai 2012, Az: 6 A 11455/11, Urteil

Gründe

1

Die Klägerin wendet sich gegen die ordnungsbehördliche Verfügung der Stadt M. vom 12. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier vom 15. Oktober 2008, mit der ihr untersagt wurde, private Sportwetten aller Anbieter im Gebiet der Stadt M. zu vermitteln, sowie gegen den Bescheid der Stadt M. vom 4. März 2010, der die Untersagung landesweit erstreckte, zusätzliche Anordnungen traf und die Zwangsmittelandrohung änderte. Das Verwaltungsgericht hat der Anfechtungsklage der Klägerin stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil geändert, die Untersagungsverfügung in der Fassung des Änderungsbescheides mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben und festgestellt, die Untersagungsverfügung (in der jeweiligen Fassung) sei im bereits abgelaufenen Zeitraum rechtswidrig gewesen. Die Revision gegen sein Urteil hat es nicht zugelassen.

2

Die dagegen erhobene Beschwerde des Beklagten, die sich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache beruft und Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO rügt, hat teilweise Erfolg.

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Eine Teilzulassung der Revision ist möglich, weil der Streitgegenstand teilbar ist. Hier kann der zukunftsgerichtete Anfechtungsantrag vom Fortsetzungsfeststellungsbegehren für die Vergangenheit unterschieden werden, von dem das Berufungsgericht gemäß § 88 VwGO für den bereits abgelaufenen Zeitraum ausgegangen ist. Innerhalb dieses Begehrens ist wiederum nach verschiedenen Zeitabschnitten der Wirksamkeit der Untersagungsverfügung zu differenzieren (1.). Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde die Entscheidung über den Fortsetzungsfeststellungsantrag für den Zeitraum vom Erlass der Untersagungsverfügung bis Ende September 2010 betrifft, liegt keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vor (2.). Die Rechtssache hat jedoch grundsätzliche Bedeutung, soweit das Verfahren das Fortsetzungsfeststellungsbegehren für den Zeitraum ab Oktober 2010 und die Anfechtung der Untersagungsverfügung für die Zukunft zum Gegenstand hat (3.).

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1. Von der Anfechtung der Untersagungsverfügung, die deren Aufhebung für die Zukunft erstrebt, ist das Fortsetzungsfeststellungsbegehren bezüglich des jeweils zurückliegenden Zeitraums zu unterscheiden. Dieses Begehren ist seinerseits in zeitlicher Hinsicht teilbar. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung trifft die Untersagungsverfügung eine zeitraumbezogene, hier unbefristete Regelung, die selbst für den Fall einer Änderung der Sach- und Rechtslage Fortgeltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsbezogen geprüft und beurteilt werden. Das Berufungsgericht hat unterschieden zwischen dem Zeitraum bis 2010, in dem die Untersagung mit dem Fehlen einer Erlaubnis und der Unmöglichkeit einer Erlaubniserteilung unter der Geltung des Sportwettenmonopols begründet wurde, und dem Zeitraum ab 2010, in dem der Beklagte das Erlaubnisverfahren - wohl aus Anlass der Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zum deutschen Sportwettenmonopol - wieder eröffnet hat und die fehlende Erlaubnisfähigkeit nicht mehr mit dem Sportwettenmonopol, sondern damit begründet, dass die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen jedenfalls wegen des Internet- und Livewettenangebots des Veranstalters nicht vorlägen. Die vom Berufungsgericht zeitlich nicht näher präzisierte Zäsur ist nach den Angaben des Beklagten zur Wiedereröffnung des Erlaubnisverfahrens im Oktober 2010 (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 25. Januar 2012) und mangels genauerer berufungsgerichtlicher Feststellungen auf den Beginn dieses Monats zu datieren.

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2. Bezüglich des vorausliegenden Zeitraums bis Ende September 2010, in dem die Untersagungsverfügung mit dem Fehlen einer Erlaubnis und mit dem Sportwettenmonopol begründet wurde, ist keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargetan; die insoweit gerügten Verfahrensmängel liegen ebenfalls nicht vor.

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a) Die Beschwerdebegründung formuliert insoweit keine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme (vgl. zu diesen Kriterien Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

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aa) Die zur Werbung für das Sportwettenangebot aufgeworfenen Fragen wären, soweit sie sich auf den Begriff der Werbung beziehen, im angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Das angegriffene Urteil stützt sich nicht auf eine einschränkende Begriffsdefinition, sondern auf eine strenge Konkretisierung der Grenzen, in denen Werbung für Sportwetten nach § 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 GlüStV a.F. zulässig war. Die Frage nach möglichen begrifflichen oder Wertungswidersprüchen zum Werbebegriff anderer Rechtsgebiete stellt sich also nicht. Fragen zur Vereinbarkeit der Zulässigkeitsgrenzen von Glücksspielwerbung mit dem Verfassungs- und Unionsrecht sowie die daran anknüpfenden Fragen zur Erheblichkeit, zur Definition und zur Feststellung struktureller Defizite beim Vollzug der werbebeschränkenden Regelungen können nicht zur Zulassung der Revision führen. Sie betreffen bei Beschwerdeeinlegung bereits auslaufendes und seit dem Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages (auch) in Rheinland-Pfalz zum 1. Juli 2012 ausgelaufenes Recht (vgl. Art. 1, Art. 2 Abs. 1 und 4 des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages - ErsterGlüÄndStV - vom 15. Dezember 2011 i.V.m. § 1 Abs. 1 des rheinland-pfälzischen Landesglücksspielgesetzes - LGlüG - vom 22. Juni 2012 ), ohne dass Umstände dargelegt sind, deretwegen ihnen dennoch grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zukäme. Insbesondere ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, dass diese Rechtsfragen sich zu den Nachfolgevorschriften des auch in Rheinland-Pfalz zum 1. Juli 2012 in Kraft getretenen § 5 GlüStV n.F. offensichtlich in gleicher Weise stellten. Die Nachfolgebestimmung lockert die bisherigen Werbebeschränkungen; die Frage ihrer Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Unionsrecht einschließlich der Frage, ob die berufungsgerichtliche Auffassung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerecht wird, stellt sich schon wegen der Lockerung der Beschränkungen und auch wegen ihrer Einbettung in ein den Marktzugang weniger stark beschränkendes Konzessionssystem jedenfalls nicht offensichtlich in gleicher Weise. Die bloße Möglichkeit, dass sich eine unveränderte Relevanz der Fragen bei näherer Prüfung der neuen Rechtslage erweisen könnte, reicht nicht aus (Beschluss vom 15. Dezember 2005 - BVerwG 6 B 70.05 - juris Rn. 6 m.w.N.). Der Beklagte legt auch nicht dar, dass die Beantwortung der zum ausgelaufenen Recht gestellten Fragen für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung wäre (dazu vgl. Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 S. 11 ff., vom 17. Mai 2004 - BVerwG 1 B 176.03 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 29 S. 11 und vom 15. Dezember 2005 a.a.O., je m.w.N.).

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Die zum strukturellen Vollzugsdefizit bezüglich der Werbebeschränkungen aufgeworfenen Fragen wären im angestrebten Revisionsverfahren nur entscheidungserheblich, soweit sie sich auf Verstöße gegen die Werbebeschränkungen nach § 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 GlüStV a.F. beziehen; insoweit betreffen auch sie ausgelaufenes, durch die liberalere Neuregelung abgelöstes Recht. Mit dem Hinweis auf mögliche Wurzeln der Rechtsfigur des strukturellen Vollzugsdefizits in der steuerrechtlichen Rechtsprechung ist noch nicht dargelegt, dass die Fragen zum Vollzug der glücksspielrechtlichen Werbebeschränkungen sich auch zur Neuregelung im Konzessionssystem in offensichtlich gleicher Weise stellten. Eine Relevanz für eine unübersehbare Zahl offener Fälle ist ebenfalls nicht dargetan.

9

bb) Auf die unionsrechtliche Frage, ob die sektorübergreifende Kohärenzprüfung eine Folgenabschätzung erfordert, käme es im Revisionsverfahren nicht an. Das Berufungsgericht hat nicht auf eine Inkohärenz wegen des Erlasses oder der Anwendung von Regelungen in einem anderen Glücksspielsektor abgestellt, sondern allein auf den Verstoß gegen Werbebeschränkungen im monopolisierten Sektor der Sportwetten selbst. Die Frage, ob die Monopolregelung durch die Glücksspielpolitik im Bereich der Geldspielgeräte konterkariert werde und (auch) deshalb unverhältnismäßig sei, hat es ausdrücklich offen gelassen.

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cc) Die Rüge, die Berufungsentscheidung verletze das Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG, formuliert keine klärungsbedürftige Rechtsfrage zu dessen Auslegung und übersieht, dass die Bindung an Recht und Gesetz die Bindung an das die Mitgliedstaaten verpflichtende Unionsrecht einschließt. Die gerichtliche Durchsetzung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten ist Teil des verfassungsrechtlich gewährleisteten effektiven (Individual-)Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG), steht also nicht im Widerspruch zur Aufgabe der Verwaltungsgerichte, den Schutz subjektiver Rechte zu gewähren. Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip ergibt sich auch nicht daraus, dass bei einer Inkohärenz der Monopolregelung - wie der Beklagte meint - sämtliche Schutzschranken außer Kraft gesetzt würden. Vielmehr ist in der Rechtsprechung geklärt, dass in einem solchen Fall zwar die Monopolregelung nicht mehr anzuwenden ist, dies aber nicht zwangsläufig zur Unanwendbarkeit etwa des Erlaubnisvorbehalts führt. Er bleibt vielmehr anwendbar, wenn er nicht allein der Durchsetzung des Monopols, sondern darüber hinaus anderen Zwecken dient und insoweit verfassungs- und unionsrechtskonform ist (Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 273 Rn. 73, 77 ff.). Entgegen der Auffassung des Beklagten verleiht die Aufhebung eines rechtswidrigen Verbots dem Betroffenen auch keine Rechtsposition, die über den konkreten Rechtsgrund der Aufhebung hinausginge. Insbesondere ist die Behörde durch die Aufhebung des rechtswidrigen Verbots nicht gehindert, ein mit dem geltenden Recht zu vereinbarendes neues Verbot zu erlassen.

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dd) Die zur Ermessensreduzierung auf Null und zum intendierten Ermessen aufgeworfenen Fragen rechtfertigen ebenfalls nicht die Zulassung der Revision.

12

Aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt sich, dass die Erfüllung des objektiven Tatbestands des § 284 Abs. 1 StGB nicht genügt, das Verbotsermessen der Behörde zulasten des Betroffenen auf Null zu reduzieren. Unerlaubtes, d.h. formell rechtswidriges Veranstalten oder Vermitteln von Sportwetten allein verpflichtet die zuständige Behörde noch nicht zum Erlass einer Verbotsverfügung; vielmehr ist auch die materielle Erlaubnisfähigkeit zu berücksichtigen (Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 4.10 - NVwZ 2011, 1326 = ZfWG 2011, 341 je Rn. 55). Umstände, deretwegen der Klägerin die Erlaubnis aus anderen, nicht monopolakzessorischen Gründen hätte versagt werden müssen (vgl. dazu Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 73 ff.), hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Insbesondere geht aus seinen Tatsachenfeststellungen nicht hervor, dass die Klägerin selbst Internet- und Livewetten vermittelte, und dass Nebenbestimmungen nicht ausgereicht hätten, einen etwa festzustellenden Verstoß gegen das Internet- oder das Livewettenverbot zu unterbinden.

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Ob die Untersagungsermächtigung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a.F. ein intendiertes Ermessen einräumt, dessentwegen das Verbot einer allein formell rechtswidrigen Tätigkeit keiner weiteren Begründung bedarf, ist keine Frage revisiblen Rechts. Der Glücksspielstaatsvertrag alter Fassung galt aufgrund der Transformationsgesetze der Länder als irrevisibles Landesrecht; eine Revisibilitätsklausel wurde erst mit § 33 GlüStV zum 1. Juli 2012 eingefügt. Die revisible Vorschrift des § 40 VwVfG i.V.m. § 1 LVwVfG betrifft die Grenzen der Ermessensausübung, nicht jedoch die durch Auslegung der Ermessensermächtigung zu klärende Frage, ob intendiertes Ermessen vorliegt. § 114 Satz 2 VwGO ist als prozessuale Regelung dafür ebenfalls nicht einschlägig.

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ee) Auch die weiter aufgeworfene Frage nach der Zulässigkeit einer "Rückwirkung" einer Änderung der bisherigen Rechtsprechung führt nicht zur Zulassung der Revision, da sie sich ohne Weiteres auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung beantworten lässt. Danach liegt in einer Änderung der Rechtsprechung aufgrund einer nachträglichen Klärung gemeinschaftsrechtlicher (jetzt: unionsrechtlicher) Fragen durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) keine Änderung der materiellen Rechtslage, der Rückwirkung zukommen könnte, sondern nur eine die bisherige Rechtsprechungslinie korrigierende Erkenntnis des bestehenden Rechts (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 1 C 15.08 - BVerwGE 135, 121 Rn. 21 = Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 55).

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ff) Soweit die Beschwerde Fragen zur Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO aufwirft, genügt sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Soweit der Beklagte beanstandet, das Berufungsgericht sei ohne ausreichende Feststellungen und rechtlich fehlerhaft von der Statthaftigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage für den abgelaufenen Zeitraum ausgegangen, formuliert er keine Grundsatzfrage zu § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO oder zur Auslegung des Klagebegehrens nach § 88 VwGO. Sie beanstandet lediglich, dass die Vorinstanz im konkreten Fall für die Vergangenheit schon wegen Zeitablaufs und mangels insoweit fortbestehender Beschwer von einer Erledigung ausgegangen ist. Die Anregung, die Voraussetzungen des besonderen Feststellungsinteresses nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO restriktiver zu konkretisieren, genügt ebenfalls nicht den Substantiierungsanforderungen, da sie sich nicht mit der bisherigen Rechtsprechung zum Präjudizinteresse auseinandersetzt und nicht darlegt, inwieweit diese klärungsbedürftige Fragen offen lässt oder aus Rechtsgründen einer grundsätzlichen Überprüfung bedürfte.

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b) Die bezüglich der Fortsetzungsfeststellung gerügten Verfahrensmängel liegen ebenfalls nicht vor.

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aa) Offen bleiben kann, ob die unzutreffende Annahme einer Erledigung oder eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses als Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO oder als materiell-rechtlicher Mangel im Sinne des Revisionsrechts einzuordnen wäre. Jedenfalls legt die Beschwerdebegründung nicht dar, dass die Berufungsentscheidung auf einem der beiden Mängel beruhte. Auf weitere Erledigungsvoraussetzungen kam es nicht an, weil der Dauerverwaltungsakt sich für den gesamten zurückliegenden Zeitraum erledigt hat und insoweit - selbst ohne endgültige Geschäftsaufgabe - Gegenstand eines Fortsetzungsfeststellungsantrags sein kann. Die Beschwerdebegründung zeigt auch nicht auf, dass das Berufungsurteil auf einer fehlerhaften Annahme eines besonderen Feststellungsinteresses gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO beruhen kann. Auf die Möglichkeit des Bestehens eines Amtshaftungsanspruchs oder anderer Ansprüche nach revisiblem Recht kommt es nicht an, weil die Vorinstanz ihre Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses unabhängig davon auf die selbstständig tragende Erwägung gestützt hat, die Geltendmachung verschuldensunabhängiger Haftungsansprüche nach § 68 Abs. 1 Satz 2 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes des Landes Rheinland-Pfalz (POG RP) sei nicht offensichtlich aussichtslos. Die berufungsgerichtliche Anwendung der irrevisiblen landesrechtlichen Haftungsregelung ist nach § 137 Abs. 1 VwGO auch im Revisionsverfahren zugrunde zu legen. Der Senat wäre daher auch an die Annahme der Vorinstanz gebunden, die Voraussetzungen der landesrechtlichen Staatshaftung seien jedenfalls nicht von vornherein unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zu verneinen. Die Einwände des Beklagten gegen die Annahme einer geschützten Rechtsposition und eines ersatzfähigen Schadens gehen daher fehl, soweit sie die Anwendung des irrevisiblen Landesrechts betreffen. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich auch keine im angestrebten Revisionsverfahren erhebliche Grundsatzfrage zu revisiblen Rechtsgrenzen der landesrechtlichen Regelung oder ihrer berufungsgerichtlichen Anwendung.

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bb) Das Oberverwaltungsgericht hat seine Pflicht zur Amtsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO nicht verletzt. Soweit der Beklagte die berufungsgerichtliche Würdigung der Werbemaßnahmen und des Verhaltens der Aufsichtsbehörden beanstandet, rügt er keine Versäumnisse gerichtlicher Tatsachenermittlung, sondern zum einen die strenge berufungsgerichtliche Konkretisierung der Werbebeschränkungen gemäß § 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 GlüStV a.F., die nicht mit der Verfahrensrüge angegriffen werden kann, und zum anderen die Beweiswürdigung der Vorinstanz (dazu sogleich Rn. 19). Dem Berufungsgericht musste sich auf der Grundlage seiner - für die Prüfung von Verfahrensfehlern maßgeblichen - materiell-rechtlichen Rechtsauffassung ohne einen förmlichen Beweisantrag des Beklagten auch nicht aufdrängen, ein Sachverständigengutachten zum Einfluss von Werbemaßnahmen einzuholen. Da es unter Berufung auf die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung davon ausging, das Sachlichkeitsgebot des § 5 Abs. 1 GlüStV a.F. und das Anreizverbot des § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV a.F. verböten bei unionsrechtskonformer Auslegung jede Werbung mit einer gemeinnützigen Verwendung der Mittel sowie jede Werbung mit Sonderauslosungen aus Anlass bestimmter hervorgehobener Sportereignisse, erübrigte sich eine sachverständige Begutachtung der tatsächlichen Wirkung solcher Werbemaßnahmen. Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe sich insoweit entgegen § 108 Abs. 2 VwGO eigene Sachkunde zur Beurteilung entscheidungserheblicher Tatsachen angemaßt, trifft danach ebenfalls nicht zu.

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cc) Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts verletzt auch nicht den Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO. (Angebliche) Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts sind regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen. Eine Ausnahme kommt bei einer selektiven oder aktenwidrigen Beweiswürdigung, bei einem Verstoß gegen die Denkgesetze oder einer sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht. Diese Voraussetzungen legt die Beschwerde nicht dar. Zwar meint der Beklagte, das Berufungsgericht habe seine tatsächlichen Annahmen zum strukturellen Vollzugsdefizit auf unzulängliche, bruchstückhafte, nicht nachvollziehbar bewertete Einzelinformationen und Erklärungen gestützt sowie zu Unrecht auf das Fehlen eines Einwilligungsvorbehalts für Werbemaßnahmen trotz anhaltender Vollzugsprobleme abgestellt. Damit legt er jedoch keinen Verfahrensmangel dar, sondern wendet sich lediglich gegen die gerichtliche Beweiswürdigung. Soweit die Lückenhaftigkeit der Feststellungen gerügt wird, kann auf die Ausführungen zur Aufklärungsrüge (soeben unter Rn. 18) verwiesen werden. Dass die Würdigung der getroffenen Feststellungen denkfehlerhaft wäre, ist nicht schon mit dem Vorbringen dargetan, die gezogenen Schlussfolgerungen seien unwahrscheinlich oder fernliegend. Denkfehlerhaft ist die Beweiswürdigung nur, wenn ihre Schlussfolgerungen denklogisch schlechthin unmöglich sind (stRspr; z.B. Beschlüsse vom 6. März 2008 - BVerwG 7 B 13.08 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 54 S. 17 und vom 22. Mai 2008 - BVerwG 9 B 34.07 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 65). Das legt die Beschwerdebegründung nicht dar.

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Soweit sie die berufungsgerichtlichen Ausführungen zur fehlerhaften Ermessensausübung für denkfehlerhaft hält, beanstandet sie keinen logischen Fehler tatsächlicher Annahmen, sondern macht die Widersprüchlichkeit materiell-rechtlicher Anforderungen geltend, die nicht Gegenstand der Verfahrensrüge sein kann.

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dd) Eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) ist nicht prozessordnungsgemäß nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gerügt. Der Beklagte beanstandet zwar sinngemäß, das Gericht habe die rechtlichen Maßstäbe und tatsächlichen Annahmen nicht ausreichend mit den Beteiligten erörtert. Er legt jedoch nicht substantiiert dar, aus welchen Gründen das angegriffene Urteil auf einer Gehörsverletzung beruhen kann. Da es sich in materiell-rechtlicher Hinsicht an der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts orientiert, sind keine für die Beteiligten überraschenden Erwägungen erkennbar. Zum Erörterungsbedarf in tatsächlicher Hinsicht ist nicht dargelegt, dass der Beklagte die Entscheidungserheblichkeit bestimmter Tatsachen nicht schon auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung und des Verfahrensverlaufs hätte erkennen und - auch ohne richterlichen Hinweis - entsprechend hätte vortragen können. Er hat auch nicht substantiiert dargetan, welche Beweisanträge er zu - aus der Sicht des Berufungsgerichts entscheidungserheblichen - Tatsachen gestellt hätte, wenn die vermisste (weitere) Erörterung stattgefunden hätte, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme erbracht und inwieweit sie eine andere Entscheidung in der Sache ermöglicht hätte.

22

Der Einwand, das Berufungsgericht habe sich nicht hinreichend mit dem schriftsätzlichen Vorbringen des Beklagten vom 6. Januar 2012 zur Ausgestaltung der Werberichtlinien und zum Umgehen mit Beanstandungsfällen auseinandergesetzt, legt ebenfalls keinen Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör dar. Das Gericht ist nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO nicht verpflichtet, auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten einzugehen, die im Laufe des Verfahrens von der einen oder anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind. Nur wenn es auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvorbringens eines Beteiligten zu einer seines Erachtens zentralen entscheidungserheblichen Frage nicht eingeht, kann dies die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass es dieses Vorbringen nicht berücksichtigt hat (Urteil vom 20. November 1995 - BVerwG 4 C 10.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 23 m.w.N.). Davon kann hier nicht die Rede sein. Das Berufungsgericht hat sich auf Seite 14 der Entscheidungsgründe seines Urteils im Einzelnen mit den Werberichtlinien auseinandergesetzt, die es schon wegen der Zulassung der Imagewerbung mit Förderprojekten für rechtswidrig hielt, und hat auch den Vortrag des Beklagten zur Reaktion auf Beanstandungsfälle gewürdigt. Insoweit hat es darauf abgestellt, dass Beanstandungen weder rechtzeitig noch hinreichend konsequent erfolgten und trotz systematischer Verstöße keine schärferen Kontrollinstrumente wie etwa ein Zustimmungsvorbehalt eingesetzt wurden. Soweit der Beklagte sich gegen diese Beurteilung der Sanktionspraxis wendet, rügt er die materiell-rechtliche Würdigung seines Vorbringens, die nicht mit der Verfahrensrüge angegriffen werden kann.

23

3. Die Revision ist aber wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, soweit das Verfahren das Aufrechterhalten der Untersagungsverfügung im Zeitraum seit Oktober 2010, also das Fortsetzungsfeststellungsbegehren für die seither verstrichene Zeit und die Anfechtung der Verfügung für die Zukunft betrifft. Insoweit wird voraussichtlich zu klären sein, ob ein nachträgliches Ersetzen wesentlicher Ermessenserwägungen bei Dauerverwaltungsakten unzulässig ist, und ob die zuständige Behörde bei der Ausübung des Untersagungsermessens verpflichtet ist, gesetzliche Änderungen einschlägiger materiell-rechtlicher Vorschriften bereits im Entwurfsstadium als ermessensrelevante Gesichtspunkte zu berücksichtigen, sofern die Änderungen sich zugunsten des Betroffenen auswirken würden.

24

Beide Fragen stellen sich nach Inkrafttreten der Änderung des Glücksspielstaatsvertrages zum 1. Juli 2012 offensichtlich in gleicher Weise wie unter der Geltung der vorherigen Fassung. Die erste Frage betrifft die verwaltungsverfahrensrechtlichen Grenzen des Nachschiebens und Ersetzens von Ermessenserwägungen sowie der Berücksichtigung solcher Gründe im Verwaltungsprozess. Die zweite Frage betrifft die verwaltungsverfahrensrechtlichen Grenzen der Ausübung des Untersagungsermessens, das auch nach der Änderung des Glücksspielstaatsvertrags besteht. Beide Fragen stellen sich damit unabhängig von den Änderungen der materiellen glücksspielrechtlichen Erlaubnisvoraussetzungen und von der begrenzten Marktöffnung durch den Übergang zum Konzessionssystem.

25

Die Fragen betreffen revisibles Recht (§ 40 VwVfG i.V.m. § 1 LVwVfG; § 114 Satz 2 VwGO) und sind jeweils klärungsbedürftig. Die Grenzen zulässigen Nachschiebens von Ermessenserwägungen sind in der bisherigen Rechtsprechung selbst für andere als Dauerverwaltungsakte nicht abschließend geklärt (vgl. zuletzt Urteil vom 13. Dezember 2011 - BVerwG 1 C 14.10 - BVerwGE 141, 253 Rn. 8 ff. m.w.N.). Ob Gesetzesänderungen bereits im Entwurfsstadium für das Untersagungsermessen zumindest als Interessengesichtspunkt relevant sein dürfen oder gar müssen, ist ebenfalls nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz anhand der Auslegungsregeln unter Berücksichtigung der bisher ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen zu bestimmen.

26

Ebenso wie die Frage zu den Grenzen zulässigen Nachschiebens von Ermessenserwägungen hat die Frage zur Ermessensrelevanz vorgeschlagener Gesetzesänderungen über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung. Sie stellt sich nicht allein in Bezug auf bereits anhängige Fälle und die letzte Änderung des Glücksspielstaatsvertrages, sondern darüber hinaus bei künftigen, noch nicht absehbaren Änderungen der materiell-rechtlichen Erlaubnisvoraussetzungen sowie bei Rechtsänderungen in anderen Glücksspielsektoren, soweit deren rechtliche Ausgestaltung wegen des Erfordernisses der sektorenübergreifenden Kohärenz der Regulierung für die Beurteilung einer Untersagungsverfügung erheblich ist. Beide Fragen können auch voraussichtlich im Revisionsverfahren geklärt werden. Daran fehlt es hinsichtlich der Frage zum Nachschieben von Ermessenserwägungen nicht etwa, weil die Berufungsentscheidung sich für den Zeitraum ab (Oktober) 2010 hilfsweise auf die Erwägung stützt, die nachgeschobene Ermessenserwägung sei jedenfalls mangels Berücksichtigung des Gesetzentwurfs zur Lockerung des Internet- und Livewettenverbots (LTDrucks 16/1179) fehlerhaft. Wie sich aus den dargelegten Erwägungen ergibt, werden beide Alternativbegründungen wirksam mit der Grundsatzrüge angegriffen.

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Auf die zur Aufhebung der Untersagungsverfügung für die Zukunft erhobene Verfahrensrüge kommt es danach nicht mehr an.