Entscheidungsdatum: 31.05.2012
§ 32 VersAusglG lässt die Anpassung von Anrechten nach Rechtskraft des Versorgungsausgleichs nur für Regelsicherungssysteme zu. Eine analoge Anwendung auf - obligatorische - berufsständische Zusatzversorgungen (hier: Bezirksschornsteinfegermeister) kommt nicht in Betracht.
Der 1960 geborene Kläger ist Bezirksschornsteinfegermeister und Mitglied der Beklagten. Er begehrt die Rückübertragung von Rentenanwartschaften, die im Wege des Versorgungsausgleichs zugunsten der Rentenversicherung seiner geschiedenen Ehefrau begründet wurden. Seinen Antrag, die von ihm abgetretenen Rentenanteile nach dem Tod seiner geschiedenen Ehefrau am 19. Februar 2010 wieder seinem Rentenkonto gutzuschreiben, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. März 2010 ab. Durch das zum 1. September 2009 in Kraft getretene Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs sei das Verfahren über den Versorgungsausgleich grundlegend neu geregelt worden. Einen Wegfall der Kürzung des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person, wenn die berechtigte Person vor ihrem Tod keine Leistungen erworben habe, sehe die nun geltende Rechtslage für die Beklagte nicht mehr vor. Die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts wurde zurückgewiesen.
Auch die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ergibt sich aus der Beschwerdebegründung nicht.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht oder nicht hinlänglich geklärt ist und die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 17. August 2009 - BVerwG 6 B 9.09 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 166 = NVwZ 2009, 1569 und vom 9. September 2011 - BVerwG 8 B 15.11 - ZOV 2011, 226). Daran fehlt es hier.
1. Die vom Kläger aufgeworfene Frage,
ob Beschäftigte oder selbstständig Tätige, die versicherungspflichtig und hiervon nicht befreit sind, aber aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Zwangsmitglied einer öffentlich-rechtlichen Versorgungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe sind, zumindest analog unter § 37 VersAusglG fallen,
bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, weil sich ihre Beantwortung ohne Weiteres aus dem Gesetz ergibt.
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch beurteilt sich nach dem am 1. September 2009 in Kraft getretenen Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) vom 3. April 2009 (BGBl I S. 700). Die Übergangsregelung des § 49 VersAusglG, nach der die §§ 4 bis 10 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) weiterhin anzuwenden sind, findet hier keine Anwendung, weil der Antrag auf Rückübertragung der abgetretenen Rentenanteile nicht vor dem 1. September 2009 beim Versorgungsträger eingegangen ist. Eine Anpassung nach Rechtskraft des Versorgungsausgleichs, zu der auch die Regelung des § 37 VersAusglG gehört, ist nunmehr nur noch für die in § 32 VersAusglG aufgeführten Anrechte möglich. Dazu gehören die Versorgungsanrechte des Klägers bei der Beklagten nicht. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Regelung, aus der Gesetzeshistorie und der Systematik.
Ersichtlich handelt es sich bei den hier streitigen Anrechten nicht um solche aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung oder einer anderen Versorgung, die zur Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 SGB VI führt (§ 32 Nr. 1 und 2 VersAusglG). Ebenso scheidet eine Anwendung aufgrund § 32 Nr. 4 und 5 VersAusglG aus, da es sich weder um die Alterssicherung der Landwirte noch um ein Versorgungssystem der Abgeordneten und Regierungsmitglieder im Bund und in den Ländern handelt. Aber auch die Regelung des § 32 Nr. 3 VersAusglG ist, wie das Berufungsgericht zu Recht festgestellt hat, auf den Kläger nicht anwendbar. Denn die Anrechte, die der Kläger bei der Beklagten erworben hat, führen nicht zu einer Befreiung von der Sozialversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 SGB VI. Der Kläger ist vielmehr gemäß § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI versicherungspflichtig. Die für den Kläger obligatorische Versorgung gemäß §§ 29 ff. Schornsteinfegergesetz (SchfG) ersetzt nicht die gesetzliche Rentenversicherung, sondern tritt als Zusatzversorgung ergänzend hinzu. Damit fällt sie nicht unter § 32 Nr. 3 VersAusglG, sodass § 37 VersAusglG nicht zur Anwendung kommen kann.
Dieses Ergebnis der Auslegung nach dem Wortlaut des Gesetzes wird durch die Entstehungsgeschichte bestätigt. Nach der amtlichen Begründung (vgl. BTDrucks 16/10144 S. 71 f.) sind die Vorschriften zur Vermeidung verfassungswidriger Härten obligatorisch nur für die Regelsicherungssysteme vorgesehen. Im Bereich der ergänzenden Altersvorsorge sollen die Anpassungsvorschriften demgegenüber grundsätzlich nicht zur Anwendung kommen. Dementsprechend zählen die Nr. 1 bis 5 des § 32 VersAusglG abschließend auf, für welche Regelsicherungssysteme die Vorschriften der §§ 33 bis 38 VersAusglG gelten (BTDrucks 16/10144 S. 72; vgl. auch Breuers, juris PK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 32 VersAusglG Rn. 3; Ruland, Versorgungsausgleich, 3. Aufl. 2011, Rn. 926).
Da der Gesetzgeber Anpassungen des Versorgungsausgleichs nach dessen Rechtskraft auf die Regelsicherungssysteme beschränkt hat, ist es auch nicht systemwidrig, wenn diese Regelungen auf die Versorgungsanrechte des Klägers gegenüber der Beklagten keine Anwendung finden. Denn hierbei handelt es sich nicht um ein Regelsicherungssystem, sondern um eine berufsständische Zusatzversorgung. Auch wenn diese für den Kläger obligatorisch ist, tritt sie nicht an die Stelle der Pflichtversicherung in den sozialen Rentenversicherungen, sondern ergänzt diese (vgl. im Einzelnen § 29 Abs. 5 SchfG). Dass dem Nachteil des Klägers wegen des Versterbens seiner geschiedenen Ehefrau vor Bezug einer Versorgung kein vergleichbarer Vorteil gegenübersteht, entspricht dem Versicherungsprinzip.
Eine analoge Anwendung der Anpassungsregelungen und damit auch des § 37 VersAusglG scheidet schon deshalb aus, weil es an den Voraussetzungen einer Analogie, nämlich einer Regelungslücke fehlt. Der Gesetzgeber hat die Anpassungsregelungen ausdrücklich und bewusst auf die Regelsicherungssysteme beschränkt. Eine entsprechende Anwendung auf andere Anrechte bei öffentlich-rechtlichen Versorgungsträgern würde dem gesetzgeberischen Willen widersprechen (vgl. auch Breuers, a.a.O. Rn. 10 unter Hinweis auf BTDrucks 16/10144 S. 72).
2. Auch die weitere vom Kläger für grundsätzlich gehaltene Rechtsfrage, ob die Regelungen der §§ 32 ff. VersAusglG verfassungswidrig sind und damit die alte, für den Kläger günstigere Rechtslage gemäß § 4 VAHRG anzuwenden ist, kann nicht zur Zulassung der Revision führen. Die Beschwerdebegründung beanstandet einen Verfassungsverstoß, ohne eine im Revisionsverfahren klärungsbedürftige verfassungsrechtliche Rechtsfrage zu formulieren. Sie lässt auch nicht erkennen, worin der Kläger die Verfassungswidrigkeit sieht. Der Hinweis auf die Möglichkeit einer Ungleichbehandlung ohne jede Darlegung zu den Voraussetzungen einer unzulässigen Diskriminierung genügt dazu ebenso wenig wie der nicht belegte allgemeine Hinweis auf die einschlägige Literatur. Mit der die Verfassungsmäßigkeit der Regelung bejahenden Rechtsprechung (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 16. Juni 2011 - 18 UF 107/11 - juris Rn. 18 f.) setzt er sich nicht auseinander.