Entscheidungsdatum: 16.10.2014
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 20. Juni 2013 - 6 Sa 695/12 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Die Parteien streiten um die Frage, ob aufgrund eines Widerspruchs der Klägerin gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses nach mehreren Betriebsübergängen zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.
Die Klägerin ist seit 1991 bei der Beklagten, einem bundesweit tätigen Telekommunikationsunternehmen, und ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt gewesen. Bei der Beklagten arbeitete die Klägerin zuletzt als Kundenberaterin in der K (K) C und verdiente 2.109,93 Euro brutto im Monat.
Unter dem 26. Juli 2007 informierte eine „V GmbH“ (V) die Klägerin über die beabsichtigte Veräußerung der K C und den damit einhergehenden Betriebsübergang auf V zum 1. September 2007. Die Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf V zunächst nicht und arbeitete für diese ab dem 1. September 2007 weiter.
Am 1. März 2008 erfolgte ein weiterer Betriebsübergang von der V auf eine a C GmbH („z.Z. noch a V GmbH“ - A -). Beide informierten die Klägerin mit Schreiben vom 17. Januar 2008. Die Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf A nicht und arbeitete für diese ab dem 1. März 2008 weiter. Zum 1. Oktober 2009 schloss die Klägerin mit A einen neuen Arbeitsvertrag, der nach seiner Ziffer 13 alle sonstigen arbeitsvertraglichen Regelungen ersetzte und alle Ansprüche aus den Regelungen der D/V, zB auf Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Leistungsentgelt, ergebnisbezogenes Entgelt, Zulagen aller Art, vermögenswirksame Leistungen sowie Jubiläumszahlungen entfallen ließ.
Mit Urteil vom 26. Mai 2011 (- 8 AZR 18/10 -) entschied der Senat zu einem wortgleichen Unterrichtungsschreiben der V, ebenfalls vom 26. Juli 2007, aber ein anderes Arbeitsverhältnis betreffend, dass die Unterrichtung fehlerhaft war.
Die Klägerin hat unter dem 9. Februar 2012 gegenüber der Beklagten dem ersten Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die V widersprochen. Die vorliegende Feststellungsklage ging beim Arbeitsgericht am 12. Juli 2012 ein.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, im Februar 2012 noch dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die V im Sommer 2007 widersprechen gekonnt zu haben. Die damalige Unterrichtung über den Betriebsübergang sei fehlerhaft gewesen und habe die Monatsfrist zum Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB nicht in Gang gesetzt.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
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festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch den Betriebsübergang auf die V GmbH zum 1. September 2007 beendet wurde, sondern zu den am 31. August 2007 geltenden Vertragsbedingungen unverändert fortbesteht. |
Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass die Klägerin jedenfalls ein etwa noch bestehendes Recht zum Widerspruch verwirkt habe. Das Zeitmoment sei in Anbetracht eines 4-1/2-jährigen Zeitraums zwischen der Belehrung und dem Widerspruch der Klägerin verwirklicht. Mit dem von der Klägerin mit A abgeschlossenen neuen Arbeitsvertrag habe diese auch das Umstandsmoment verwirklicht.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Einen wirksamen Widerspruch gegen den früheren Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die V konnte die Klägerin, deren Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Widerspruchs mit A bestand, nicht einlegen, § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB.
A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Es könne dahinstehen, ob das Unterrichtungsschreiben zum Betriebsübergang 2007 seitens der V fehlerhaft gewesen sei. Jedenfalls habe die Klägerin ein etwa noch bestehendes Recht zum Widerspruch verwirkt. Das Zeitmoment sei nach mehr als vier Jahren verwirklicht. Indem die Klägerin mit der A einen neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen und damit das Arbeitsverhältnis auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt habe - das gesamte Vergütungssystem sei unter Wegfall von Weihnachts- und Urlaubsgeld, vermögenswirksamen Leistungen und Jubiläumszahlungen etc. neu geregelt worden -, durfte die Beklagte aus diesem Verhalten den Schluss ziehen, die Klägerin habe den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses mit A bestätigt und endgültig auf die arbeitsvertragliche Bindung zur Beklagten verzichtet. Der Beklagten als Konzernobergesellschaft der an den Betriebsübergängen beteiligten V sei aufgrund ihrer Gesellschafterstellung das Wissen der V um die tatsächlichen Geschehnisse zuzurechnen.
B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält im Ergebnis der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I. Das Widerspruchsrecht bezüglich des Übergangs des Arbeitsverhältnisses bei Betriebsübergang ist zwar in der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. EG L 82 vom 22. März 2001 S. 16) nicht ausdrücklich geregelt, jedoch in der Rechtsprechung des EuGH anerkannt (ua. EuGH 16. Dezember 1992 - C-132/91, C-138/91 und C-139/91 - [Katsikas ua.] Rn. 30 ff. mwN, Slg. 1992, I-6577). Der Inhalt jenes Rechts ist unionsrechtlich nicht ausgestaltet; die Rechtsfolgen eines Widerspruchs für das Arbeitsverhältnis richten sich nach nationalem Recht (ua. EuGH 16. Dezember 1992 - C-132/91, C-138/91 und C-139/91 - [Katsikas ua.] Rn. 37, aaO). Für die Voraussetzungen des Widerspruchsrechts ergibt sich nichts anderes. Zudem verpflichtet die Richtlinie die Mitgliedstaaten schon nicht, die Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses mit dem Veräußerer für den Fall vorzusehen, dass der Arbeitnehmer sich frei dafür entscheidet, den Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis nicht mit dem Erwerber fortzusetzen (EuGH 16. Dezember 1992 - C-132/91, C-138/91 und C-139/91 - [Katsikas ua.] Rn. 35, aaO).
II. Der Widerspruch vom 9. Februar 2012 gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses am 1. September 2007 erfolgte nicht nach § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB gegenüber dem „neuen Inhaber“ (im Februar 2012 die A) oder „dem bisherigen Arbeitgeber“ (im Februar 2012 die V), sondern gegenüber der Beklagten als einer früheren Arbeitgeberin. Ein solches Widerspruchsrecht besteht nach dem Gesetz nicht. Auf die Frage einer Verwirkung kommt es nicht an.
1. Nach dem Wortlaut des § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB ist der Widerspruch gegenüber zwei Personen möglich: gegenüber dem „bisherigen Arbeitgeber“ oder dem „neuen Inhaber“. Ein Widerspruchsrecht gegenüber einem ehemaligen Arbeitgeber ist danach nicht gegeben (vgl. auch BAG 24. April 2014 - 8 AZR 369/13 -). „Bisheriger“ Arbeitgeber in der Situation, in der sich die Klägerin im Februar 2012 nach zwei Betriebsübergängen befand, wäre im Sinne des Gesetzes die V gewesen. „Bisher/ig“ bedeutet: „bis jetzt“ (Brockhaus-Wahrig Deutsches Wörterbuch S. 703 [1980]); „von einem unbestimmten Zeitpunkt an bis zum heutigen Tag“ (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. S. 607); „bislang/bis jetzt/bis heute/bis dato/bis zum heutigen Tage/bis zur jetzigen Stunde“ (Knaurs Lexikon der sinnverwandten Wörter S. 116). Bezogen auf einen Betriebsübergang ist der „bisherige Arbeitgeber“ derjenige, der vor dem aktuellen Arbeitgeber den Betrieb innehatte. Seit dem letzten Betriebsübergang ist die A „neue Inhaberin“ iSd. § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB, da sie bei diesem zweiten Betriebsübergang den Betrieb erworben hat. Zur Beklagten stand die Klägerin im Zeitpunkt der Erklärung ihres Widerspruchs nicht mehr in einer, auch nicht in einer durch § 613a Abs. 6 BGB vermittelten arbeitsrechtlichen oder sonstigen vertragsrechtlichen Beziehung. Die Beklagte war bei Zugang des Widerspruchs nicht „bisherige“ Arbeitgeberin, sondern hatte diese Eigenschaft am 1. März 2008 durch den Betriebsübergang von V auf A, also lange vor dem Widerspruch, verloren. V verlor infolge dieses weiteren Betriebsübergangs ihren Status als „neue Inhaberin“ und wurde zur „bisherigen Arbeitgeberin“. Die Erklärung vom Februar 2012 gegenüber der Beklagten als einer früheren Arbeitgeberin ging damit ins Leere.
Auch systematische Überlegungen führen zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch nur gegenüber dem „bisherigen“ Arbeitgeber oder „dem neuen Inhaber“, den letzten Übergang des Arbeitsverhältnisses betreffend, erklärt werden kann (näher BAG 24. April 2014 - 8 AZR 369/13 - Rn. 19 ff.).
2. Dies entspricht der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/7760 S. 20) für das Widerspruchsrecht. Mit der Würde des Menschen, dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und dem Recht auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 1, 2 und 12 GG) wäre es unvereinbar, wenn ein Arbeitnehmer verpflichtet würde, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat (BAG 22. April 1993 - 2 AZR 50/92 -; ebenso zu der Richtlinie 2001/23/EG: EuGH 16. Dezember 1992 - C-132/91, C-138/91 und C-139/91 - [Katsikas ua.] Rn. 32, Slg. 1992, I-6577; vgl. auch Art. 1 und Art. 15 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union).
Ist „das“ Arbeitsverhältnis (es handelt sich im Rahmen des § 613a BGB immer um das eine, nicht um mehrere Arbeitsverhältnisse) zwischenzeitlich vom Ersterwerber (bisheriger Arbeitgeber) auf einen Zweiterwerber (neuer Inhaber) übergegangen und dagegen ein Widerspruch nicht erhoben worden, stellt sich die Frage einer Verpflichtung, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, der nicht frei gewählt worden ist, nur noch in Bezug auf den Zweiterwerber (neuer Inhaber). Bezogen auf den Widerspruch vom 9. Februar 2012 gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses am 1. September 2007 von der Beklagten zur V kann es insofern nur auf eine Arbeitspflicht der Klägerin für die V ankommen. Eine solche bestand jedoch am 9. Februar 2012 nicht mehr, da das Arbeitsverhältnis durch den zweiten Betriebsübergang seit dem 1. März 2008 mit der A bestand.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Hauck |
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Breinlinger |
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Winter |
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Eimer |
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Pauli |