Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 21.01.2016


BPatG 21.01.2016 - 7 W (pat) 90/14

Patentbeschwerdeverfahren – "Vorrichtung zum Prüfen und Kalibrieren von Kraftschraubern" – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Zahlung der dritten Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag - zur Darstellung der Voraussetzungen


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsdatum:
21.01.2016
Aktenzeichen:
7 W (pat) 90/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2010 027 222.1

wegen Wiedereinsetzung

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Januar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Anmelderin reichte am 15. Juli 2010 beim Deutschen Patent- und Markenamt eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Vorrichtung zum Prüfen und Kalibrieren von Kraftschraubern“ ein.

2

Der Verfahrensbevollmächtigte der Anmelderin, Patentanwalt F…, übersandte dem Patentamt zur Entrichtung der dritten Jahresgebühr per Telefax, eingegangen am 1. Oktober 2012, eine auf die Stadtsparkasse Wuppertal bezogene Sammel-Einzugsermächtigung („Einzugsermächtigung Nr. 9/12“ vom 30. September 2012). Neben der dritten Jahresgebühr in Höhe von 70 € für die vorliegende Patentanmeldung enthält die Einzahlungsliste noch weitere neun Positionen, die sich auf Jahresgebühren anderer Patentanmeldungen beziehen. Das Patentamt verbuchte ausweislich der elektronischen Patentamtsakte am 9. Oktober 2012 zunächst „Zahlungsdatum 01.10.2012“, vermerkte aber unter dem Datum 11. Oktober 2012 „Rücklastschrift“ und „nicht bezahlt“. Im Patentregister wurde später vermerkt, dass die Anmeldung seit dem 1. Februar 2013 wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr als zurückgenommen gilt.

3

Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2013, eingegangen per Telefax am 25. Oktober 2013, hat der anwaltliche Vertreter der Anmelderin zu mehreren Anmeldungen, darunter auch zu der vorliegenden Anmeldung, Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Jahresgebühr mit Zuschlag gestellt und zugleich die Jahresgebühr mit Zuschlag durch eine beigefügte Einzugsermächtigung entrichtet. Die Frist sei ohne Verschulden versäumt worden.

4

Zur Begründung wird ausgeführt, seit Jahren würden in der Kanzlei des Vertreters Jahresgebühren mit Hilfe einer auf das Patentamt ausgestellten Einzugsermächtigung gezahlt, und diese Zahlungsmodalität habe immer fehlerfrei funktioniert. Die diesbezüglichen Routinen, die so auch im vorliegenden Fall geschehen seien, sähen eine Benachrichtigung des Mandanten vor, nach Auftragserteilung werde die Rechnung gestellt, nach Eingang des Rechnungsbetrages die entsprechende Einzahlungsliste vorbereitet und diese zumeist am letzten Tag des Monats der Fälligkeit per Telefax an das Patentamt übermittelt. Nach erfolgreicher Übermittlung werde die Einzahlungsliste zusammen mit den Kontoauszügen des betreffenden Monats der Steuerkanzlei des Vertreters übermittelt, um dort zu steuerlichen Zwecken zur Verfügung zu stehen. Die Steuerkanzlei sammle dann zunächst einmal die ihm übermittelten Unterlagen über einen längeren Zeitraum und gebe diese, zum Beispiel im jährlichen Turnus, zurück zur weiteren Aufbewahrung in der Kanzlei des Vertreters.

5

Offenbar sei aber im vorliegenden Fall trotz fristgerecht übermittelter Einzugsermächtigung „nicht bezahlt worden“. Diese Tatsache sei aber dem Vertreter nicht mitgeteilt worden, weder schriftlich noch fernmündlich noch sonst irgendwie, so dass er davon habe ausgehen müssen, dass das Schutzrecht tatsächlich durch Zahlung in Kraft sei. Durch eine telefonische Mitteilung der Anmelderin sei er erstmalig am 28. August 2013 veranlasst gewesen, den Rechtsstand der vorliegenden Patentanmeldung zu überprüfen, und sei am selben Tag vom Register des Patentamts darüber informiert worden, dass diese wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr erloschen sei. Bei Überprüfung der anderen in der Einzugsermächtigung Nr. 9/12 aufgeführten Schutzrechte habe er dann festgestellt, dass ein weiteres ebenfalls erloschen sei, die übrigen aber als in Kraft befindlich geführt worden seien. Erst nachdem ihm am 6. September 2013 zu einem weiteren Schutzrecht von einem anwaltlichen Kollegen, der zusammen mit ihm eine Abmahnungsserie gegen Verletzer bearbeite, mitgeteilt worden sei, dass dieses wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr erloschen sei, sei ihm klar geworden, dass hier wohl eine Fehlbuchung vorgelegen habe. Zusammenfassend sei hier ein bislang noch nie aufgetretener Fehler in einem über Jahrzehnte hinweg gut funktionierenden System unterlaufen, der vom Vertreter nicht vorhersehbar gewesen sei. Das bisherige reibungslose Funktionieren des Zahlungssystems in der Kanzlei sei inzwischen so revidiert, dass derartige Fehler nicht mehr auftreten könnten. Die Verkettung der unglücklichen Umstände, die hier zu einem Verlust der Schutzrechte geführt habe, könne der Anmelderin nicht zur Last gelegt werden.

6

Mit Zwischenbescheid vom 9. Dezember 2013 hat das Patentamt darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung voraussichtlich als unbegründet zurückgewiesen werden müsse. Die gemäß der Einzugsermächtigung Nr. 9/12 durch das Patentamt getätigten Lastschriften seien mit Datum 11. Oktober 2012 von der bezogenen Bank mit dem Hinweis „nicht bezahlt“ zurückgebucht worden. Es sei zweifellos davon auszugehen, dass der Kontoinhaber von Seiten des Bankinstituts über die erfolgte Rücklastschrift informiert worden sei. Im Antrag auf Wiedereinsetzung werde auf diesen Umstand nicht eingegangen, insbesondere sei nicht ersichtlich, ob die Zahlung zeitnah erneut angewiesen worden sei. Den Darlegungen zur Übersendung der Einzahlungslisten und zugehörigen Kontoauszüge an die Steuerkanzlei sei nicht zu entnehmen, inwieweit hierbei, vorher oder nachher, Kontrollen der Zahlungsvorgänge durchgeführt worden seien. Es werde nicht schlüssig vorgetragen, dass die erforderliche Sorgfalt beachtet worden sei.

7

Durch Beschluss vom 24. April 2014 hat die Prüfungsstelle für Klasse G01L des Deutschen Patent- und Markenamts den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und zur Begründung auf den Zwischenbescheid vom 9. Dezember 2013 hingewiesen, auf den sich die Anmelderin nicht geäußert hatte.

8

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde, mit der sie beantragt,

9

den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G01L des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. April 2014 aufzuheben und ihr Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der dritten Jahresgebühr mit Zuschlag zu gewähren.

10

Zur Begründung trägt der Vertreter der Anmelderin unter Beifügung einer Kopie des seinerzeitigen Kontoauszugs der Sparkasse Wuppertal vor, es sei ersichtlich, dass am 8. Oktober 2012 der vollständige Betrag der Einzahlungsliste vom 30. September 2012 abgebucht worden sei und sich sein Konto im Guthaben befunden habe. Der Vertreter habe keine Gründe zu der Annahme gehabt, dass diese Zahlung zurückgebucht werde, zumal am 8. Oktober 2012 die diesbezüglichen Unterlagen zeitnah mit dem entsprechenden Zahlungsbeleg für seine Steuerkanzlei abgeheftet worden seien. Es bestehe keine Veranlassung, bei einer einmal erfolgten Zahlung nachzuverfolgen, ob diese auch tatsächlich Bestand habe.

11

Das Gericht hat die Anmelderin mit Schreiben vom 18. Dezember 2014 u. a. darauf hingewiesen, dass keine Umstände genannt worden seien, aus denen sich ergeben könnte, dass die Rücklastschrift nicht auf einen von ihrem Vertreter zu verantwortenden Fehler zurückgehe.

12

In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Anmelderin insbesondere nochmals betont, dass laut Kontoauszug der Betrag tatsächlich abgebucht worden sei. Daher habe er keine Zweifel gehabt, dass die Zahlung erfolgt sei. Er habe der Lastschrift nicht widersprochen. Wann die Sparkasse ihm von der Rücklastschrift Mitteilung gemacht habe, lasse sich nach einem Jahr nicht mehr feststellen. Es möge sein, dass insoweit ein Telefonat zwischen der Steuerkanzlei und seiner Buchhaltungskraft stattgefunden habe, die Kenntnis hiervon sei aber nicht zu ihm gelangt. Er habe sich im damaligen Zeitraum, Herbst 2012 bzw. Januar 2013, wegen schwerwiegender familiärer Probleme, die er näher ausführt, in einer Ausnahmesituation befunden. Es sei damals auch Post verschwunden. Zu der Frage, ob einem Anwalt in einer familiären Ausnahmesituation unter erleichterten Bedingungen Wiedereinsetzung gewährt werden kann, wird zudem die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt.

13

Im Handelsregister ist bezüglich der Anmelderin angegeben, dass am 1. September 2015 die Gesellschaft aufgelöst und die Firma erloschen ist. Der anwaltliche Vertreter hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, er sei weiterhin von der Beschwerdeführerin bevollmächtigt.

II.

14

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Das Patentamt hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Zahlung der dritten Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag zu Recht zurückgewiesen.

15

1. Der Zulässigkeit der Beschwerde steht die im Handelsregister vermerkte Auflösung der Anmelderin, einer GmbH & Co. KG, nicht entgegen. Sie ist hier gleichwohl weiterhin parteifähig (§ 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 50 ZPO), denn der Verlust der Parteifähigkeit einer Kommanditgesellschaft tritt nicht schon mit der Eintragung der Auflösung im Handelsregister und dem damit verbundenen Eintritt in das Abwicklungsstadium ein, sondern erst mit Vollbeendigung, wenn das letzte Aktivvermögen verteilt ist (vgl. BGH NJW 1995, 196; Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 50 Rdn. 17, 17a; Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KG im Gesellschafts- und Steuerrecht, 11. Aufl., S. 175). Letzteres ist noch nicht der Fall, da jedenfalls die hier streitgegenständliche Anmeldung einen Vermögensgegenstand darstellt. Der Eintritt in das Abwicklungsstadium bedingt zwar gemäß § 161 Abs. 2 HGB i. V. m. § 146 Abs. 1 HGB einen Wechsel in der gesetzlichen Vertretung, die dem anwaltlichen Vertreter vor Eintragung der Auflösung erteilte Vollmacht besteht jedoch weiter fort, § 99 Abs. 1 PatG i. V. m § 86 ZPO.

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2. Die Anmelderin hat die Frist zur Zahlung der dritten Jahresgebühr mit Zuschlag versäumt.

17

Die dritte Jahresgebühr war - ausgehend vom Anmeldetag 15. Juli 2010 - am 31. Juli 2012 fällig und konnte ohne Zuschlag in Höhe von 70 € (Gebührenverzeichnis zum PatKostG Nr. 312 030) bis zum 1. Oktober 2012 (der 30. September 2012 war ein Sonntag) und mit einem Verspätungszuschlag in Höhe von 50 € (GebVerz Nr. 312 032) bis zum 31. Januar 2013 bezahlt werden (§ 17 Abs. 1 PatG in der bis zum 31. März 2014 gültigen Fassung i. V. m. § 3 Abs. 2, § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 PatKostG; § 222 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 188 Abs. 2 BGB).

18

Eine fristgerechte Zahlung ist nicht erfolgt. Zwar hat die Anmelderin am 1. Oktober 2012 und damit fristgerecht am letzten Tag der zuschlagfreien Zahlungsfrist beim Patentamt eine Sammel-Einzugsermächtigung eingereicht, in der auch der genannte Betrag in Höhe von 70 € für die dritte Jahresgebühr enthalten war. Doch gemäß § 2 Nr. 4 PatKostZV in der hier maßgeblichen, bis 30. November 2013 geltenden Fassung gilt bei Erteilung einer Lastschrifteinzugsermächtigung nur dann der Tag des Eingangs beim Patentamt als Zahlungstag, sofern die Einziehung zugunsten der zuständigen Bundeskasse für das Patentamt erfolgt. Dass diese Einziehung tatsächlich erfolgt, ist Voraussetzung für den privilegierten Einzahlungstag (vgl. Schulte/Schell, PatG, 9. Aufl., PatKostZV § 2 Rdn. 28 für den Fall einer SEPA-Lastschrift) und im Sinne einer auflösenden Bedingung für die Erfüllung der Gebührenforderung zu verstehen. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt worden. Denn die zunächst erfolgte Einziehung des Gebührenbetrages zugunsten der Bundeskasse ist durch die Rücklastschrift wieder rückgängig gemacht worden, so dass im Ergebnis keine Einziehung erfolgte. Eine Zahlung ist erst zusammen mit der Stellung des Wiedereinsetzungsantrages im Oktober 2013 und damit verspätet erfolgt.

19

Da die dritte Jahresgebühr nicht rechtzeitig entrichtet worden ist, gilt die Patentanmeldung gemäß § 58 Abs. 3 PatG seit dem 1. Februar 2013 als zurückgenommen.

20

3. Der wegen Eintritts der Rücknahmefiktion und damit eines Rechtsnachteils i. S. v. § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung ist zwar statthaft und auch im Übrigen zulässig. Ausgehend davon, dass als Zeitpunkt für den Wegfall des Hindernisses der 28. August 2013 anzunehmen ist, als der Vertreter durch das Patentregister vom Erlöschen der vorliegenden Patentanmeldung Kenntnis erhielt, ist der Wiedereinsetzungsantrag innerhalb der ab diesem Zeitpunkt laufenden zweimonatigen Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG, nämlich am 25. Oktober 2013, fristgerecht gestellt und mit Gründen versehen worden; die versäumte Handlung ist ebenfalls fristgerecht nachgeholt worden.

21

Ob der Wegfall des Hindernisses nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt anzunehmen ist, weil dieser nicht erst mit positiver Kenntnis von der Fristversäumung eintritt, sondern bereits dann, wenn die Säumnis bei Beachtung der zu erwartenden Sorgfalt hätte erkannt werden können (vgl. Schulte/Schell, a. a. O., § 123 Rdn. 25), kann hier dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls ist ein Verschulden an der Fristversäumung nicht auszuschließen.

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4. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in der Sache unbegründet. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG darf Wiedereinsetzung nur gewährt werden, wenn der Säumige die Frist ohne Verschulden versäumt hat. Der Vortrag der Anmelderin ist jedoch nicht geeignet, ein ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden ihres anwaltlichen Vertreters an der Versäumung der Frist zur Zahlung der dritten Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag auszuschließen.

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a) Bei der Beurteilung, ob ein Verschulden vorliegt, dürfen – was sich aus § 123 Abs. 2 Satz 2 PatG ergibt – nur Tatsachen zugrunde gelegt werden, die innerhalb der zweimonatigen Antragsfrist (siehe unter 3.) vorgetragen worden sind. Vorliegend kann daher grundsätzlich nur der Vortrag im Wiedereinsetzungsantrag berücksichtigt werden, wonach die Jahresgebührenzahlung mittels Einzugsermächtigung in der Kanzlei des Vertreters immer fehlerfrei funktioniert habe und im vorliegenden Fall die dritte Jahresgebühr ohne Verspätungszuschlag mithilfe einer am 1. Oktober 2012 übersandten Sammel-Einzugsermächtigung hätte gezahlt werden sollen. Die Tatsache, dass die fristgerecht übermittelte Einzugsermächtigung offenbar „nicht bezahlt“ worden sei, was letztlich zum Verlust des Schutzrechts geführt habe, sei dem Vertreter der Anmelderin nicht mitgeteilt worden. Nach dem weiteren Vortrag in der Beschwerdebegründung, der zwar außerhalb der Antragsfrist erfolgt ist, aber im Wesentlichen nur eine nähere Erläuterung des Abbuchungsvorgangs zu der in Rede stehenden Einzugsermächtigung enthält und sich damit als zulässige Ergänzung (vgl. Schulte/Schell, a. a. O., § 123 Rdn. 39) darstellt, sei am 8. Oktober 2012 der vollständige Betrag der Sammel-Einzugsermächtigung vom 30. September 2012 abgebucht worden und das Konto habe sich im Guthaben befunden. Der Vertreter habe daher keine Gründe zu der Annahme gehabt, dass diese Zahlung zurückgebucht werde, zumal am 8. Oktober 2012 die diesbezüglichen Unterlagen zeitnah mit dem entsprechenden Zahlungsbeleg für seine Steuerkanzlei abgeheftet worden seien.

24

Dieser Vortrag bietet keine hinreichende Grundlage, um ein Vertreterverschulden an der Fristversäumung auszuschließen. Die Tatsache, dass vorliegend, wie aus der Patentamtsakte ersichtlich, eine Rücklastschrift stattgefunden hat, d. h. eine Einziehung vom Anwaltskonto zugunsten der Bundeskasse zunächst erfolgte, diese aber wenig später wieder rückgängig gemacht wurde, ist nicht in Abrede gestellt worden. Eine Rücklastschrift, die u. a. deswegen eintreten kann, weil der Belastungsbuchung widersprochen wurde oder das Konto nicht die genügende Deckung aufwies, fällt grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des Zahlungsschuldners und ist von diesem zu vertreten. Es sind keinerlei Umstände genannt worden, aus denen sich ergeben könnte, dass die Rücklastschrift nicht auf einen vom anwaltlichen Vertreter zu verantwortenden Umstand zurückgeht, vielmehr bleiben die Umstände, die zur Rücklastschrift geführt haben, im Unklaren. Ein Antragsteller, der sich auf eine unverschuldete Säumnis beruft, muss aber im Rahmen seines Wiedereinsetzungsantrags die tatsächlichen Abläufe, aus denen sich ergibt, auf welchen Umständen die Fristversäumung beruht, verständlich und geschlossen schildern. Kann ein Antragsteller eine solche Darstellung nicht liefern, geht dies zu seinen Lasten (st. Rspr., vgl. BGH NJW 2008, 3501, 3502; BGH, Urt. v. 10. 1. 2013, I ZB 76/11, AnwBl 2013, 233; Senatsbeschluss v. 10. 5. 2012, 10 W (pat) 13/11, juris Tz. 17).

25

Ebenso wenig ist der Vortrag, der Vertreter habe von der Rücklastschrift keine Kenntnis gehabt, zum Ausschluss eines Vertreterverschuldens hinreichend. Denn mangels konkreter Darlegungen gibt es keine Grundlage für die Annahme, dass diese Unkenntnis nicht auf Verschulden des Vertreters beruht. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Rückbuchung des Betrags nicht bemerkt worden ist, zumal jegliche konkreten Darlegungen fehlen, welche Vorkehrungen bzw. Anweisungen im Büro des anwaltlichen Vertreters getroffen waren, um auf Informationen über das Fehlschlagen von Einzugsermächtigungen in gebotener Weise zu reagieren. In einer Anwaltskanzlei muss nämlich durch geeignete organisatorische Maßnahmen sichergestellt werden, dass ein so außergewöhnlicher und bedeutsamer Vorgang wie die Rückbuchung eines Gebührenbetrages, der zum Verlust des betroffenen Schutzrechts führen kann, unmittelbar dem Anwalt zur Kenntnis gebracht wird (vgl. zu außergewöhnlichen Verfahrensgestaltungen bei der Fristenlöschung BGH GRUR 2014, 102 – Bergbaumaschine). Der Umstand, dass es über längere Zeit in der Kanzlei nicht zu Fehlern gekommen ist, bildet für sich gesehen dagegen keinen ausreichenden Beleg für eine hinreichende Kanzleiorganisation (vgl. BGH a. a. O. Tz. 22 - Bergbaumaschine).

26

Es bleibt daher offen, ob die Unkenntnis und damit die Versäumung der Zahlungsfrist für die dritte Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag auf einem (Organisations-) Verschulden des Vertreters beruht.

27

b) Die in der mündlichen Verhandlung ergänzend gemachten Angaben rechtfertigen keine andere Beurteilung. Soweit nunmehr vorgetragen wird, dass jedenfalls der Vertreter der Belastungsbuchung nicht widersprochen habe, schließt dies mangels weiterer konkreter Darlegungen weiterhin nicht aus, dass die Unkenntnis von der Rücklastschrift auf einem Verschulden des Vertreters beruht, zumal noch nicht einmal angegeben werden konnte, zu welchem Zeitpunkt die Bank von der Rückbuchung, die jedenfalls auf den Kontoauszügen ersichtlich gewesen sein muss, Mitteilung gemacht hat. Dass dieses Unvermögen durch den Zeitablauf mitbedingt ist, geht ebenfalls zu Lasten desjenigen, der Wiedereinsetzung beantragt (vgl. BGH NJW 2008, 3501, juris Tz. 17). Der weitere Vortrag, wonach es insoweit sein möge, dass ein Telefonat zwischen der Steuerkanzlei und seiner Buchhaltungskraft stattgefunden habe, die Kenntnis hiervon aber nicht zu dem Vertreter gelangt sei, vermag diesen ebenso wenig zu entlasten. Denn hier bleibt weiterhin völlig im Unklaren, ob bzw. welche organisatorischen Maßnahmen in der Kanzlei für den außergewöhnlichen und bedeutsamen Vorgang wie die Rückbuchung eines Gebührenbetrages, der zum Verlust des betroffenen Schutzrechts führen kann, getroffen waren.

28

Die in der mündlichen Verhandlung darüber hinaus geschilderte familiäre Belastungssituation des Vertreters stellt sich als neuer Sachvortrag dar, der außerhalb der Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG gemacht worden und deshalb grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist. Selbst wenn zugunsten der Anmelderin diese Angaben noch einbezogen werden, bleibt es dabei, dass mangels konkreter, vollständiger Darlegungen zu den Umständen der Rücklastschrift und zu den büroorganisatorischen Vorkehrungen bzw. Anweisungen ein Verschulden an der Fristversäumung nicht ausgeschlossen werden kann. Zwar mag eine familiäre Belastungssituation im Einzelfall einen Sorgfaltsverstoß zu entschuldigen, sie ersetzt aber nicht einen notwendigen Vortrag zu den in der Kanzlei getroffenen organisatorischen Maßnahmen. Aus diesem Grunde ist auch der - erstmalig in der mündlichen Verhandlung und damit ebenfalls außerhalb der Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG erfolgte - Hinweis des Vertreters darauf, dass im fraglichen Zeitraum auch Post verschwunden sei, nicht ausreichend für die Annahme, die Unkenntnis des Vertreters von der Rücklastschrift und damit die Fristversäumung habe nicht auf einem Verschulden des Vertreters beruht.

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5. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, denn die Voraussetzungen gemäß § 100 Abs. 2 PatG liegen nicht vor. Die im vorliegenden Fall auftretenden Rechtsfragen, insbesondere zum vollständigen Tatsachenvortrag, sind bereits höchstrichterlich geklärt. Die geltend gemachte familiäre Belastungssituation hat sich aus den unter 4b genannten Gründen nicht entscheidungserheblich ausgewirkt.