Entscheidungsdatum: 17.10.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Patentanmeldung 102 62 422.4
(wegen Wirksamkeit der Teilungserklärung)
hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 17. Oktober 2016 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr
beschlossen:
Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts – Prüfungsstelle für Klasse B65D - vom 18. November 2015 wird aufgehoben.
I.
Auf eine Anmeldung vom 14. März 2002 wurde der Anmelderin durch Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. November 2013 das Patent 102 11 327 mit der Bezeichnung „Portionenkapsel mit einer partikelförmigen, mittels Wasser extrahierbaren Substanz zur Herstellung eines Getränks“ erteilt. Die gegen diesen Erteilungsbeschluss eingereichte Beschwerde wurde durch den am 26. März 2015 zugestellten Senatsbeschluss vom 18. März 2015 (Az. 7 W (pat) 51/14) als unzulässig verworfen. Zuvor hatte die Anmelderin am 10. November 2014 unter Vorlage geänderter Anmeldungsunterlagen sowie eines SEPA-Basislastschriftmandats hilfsweise die Teilung der Anmeldung für den Fall erklärt, dass der Senat die Beschwerde als unzulässig erachten sollte. Dementsprechend wurde die durch Erklärung der Teilung im Beschwerdeverfahren entstandene Teilanmeldung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen. Dort wird sie nunmehr unter dem Aktenzeichen 102 62 422.4 geführt.
Mit dem genannten SEPA-Basislastschriftmandat wurden von der Anmelderin für die Teilanmeldung die Anmelde- und Prüfungsgebühr sowie die Jahresgebühren für das dritte bis zwölfte Patentjahr entrichtet (insgesamt 2.920,- €). Weiterhin zahlte die Anmelderin am 23. Juni 2015 einen Betrag in Höhe von 910,- € für die 14. Jahresgebühr samt Verspätungszuschlag ein. Durch Bescheid des Patentamts vom 16. Juli 2015 wurde ihr u. a. mitgeteilt, dass für die Teilanmeldung innerhalb einer dreimonatigen, am 18. März 2015 beginnenden Frist Gebühren von insgesamt 3.680,- € nachzuentrichten seien. Daraufhin teilte die Anmelderin durch Schreiben vom 21. Juli 2015, eingegangen beim Patentamt am 31. Juli 2015, mit, dass die am 23. Juni 2015 vorgenommene Zahlung für die 13. Jahresgebühr samt Verspätungszuschlag bestimmt gewesen sei; zugleich zahlte sie wiederum einen Betrag in Höhe von 910,- € für die 14. Jahresgebühr samt Zuschlag ein.
Im Anschluss an einen Zwischenbescheid und dessen Beantwortung durch die Anmelderin, sowie nach Durchführung einer Anhörung vor der Prüfungsstelle für Klasse B65D des Deutschen Patent- und Markenamtes verkündete der Prüfer am 18. November 2015 einen Beschluss mit der Feststellung, wonach die Teilanmeldung rückwirkend entfalle, da die Teilungserklärung wegen nicht vollständiger Zahlung als nicht abgegeben gelte (§ 39 Abs. 3 PatG).
In der schriftlichen Beschlussbegründung wird - ausgehend davon, dass die Teilung hilfsweise für den Fall erklärt wurde, dass die im Verfahren der Stammanmeldung eingelegte Beschwerde vom Patentgericht als unzulässig erachtet werde - angenommen, dass die dreimonatige Gebührenfrist des § 39 Abs. 3 PatG mit der Zustellung der Beschwerdeentscheidung am 26. März 2015 zu laufen begonnen habe. Dementsprechend habe sie am 26. Juni 2015 geendet. Da die Teilungserklärung vom 10. November 2014 datiert habe, seien neben der Anmelde- und der Prüfungsgebühr die Jahresgebühren für das dritte bis 13. Patentjahr zu bezahlen gewesen, insgesamt 3.680,- €. Von dem zusammen mit der Teilungserklärung eingereichten SEPA-Basislastschriftmandat sei jedoch die 13. Jahresgebühr nicht umfasst gewesen. Diese Jahresgebühr sei auch zu keinem späteren Zeitpunkt entrichtet worden. Die am 23. Juni 2015 bewirkte Zahlung der 14. Jahresgebühr könne nicht durch eine nachträgliche Änderung der Zweckangabe an die Stelle der fehlenden Zahlung der 13. Jahresgebühr treten. Eine Änderung der Zweckangabe sei nur möglich, wenn die Gebühr für den ursprünglichen Verwendungszweck noch nicht verfallen sei. Letzteres sei jedoch hier der Fall. Durch die Angabe des Verwendungszweckes und die Höhe des bezahlten Betrages bei dieser Zahlung sei auch eindeutig erkennbar gewesen, dass nicht die 13. Jahresgebühr durch diese Zahlung beglichen werden sollte. Aus der Zahlung der 14. Jahresgebühr könne sich keinesfalls eine Verlängerung der Zahlungsfrist für die 13. Jahresgebühr ergeben, sondern allenfalls die Rückzahlung der nunmehr gegenstandslos gewordenen Jahresgebühren.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beantragt,
- die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie
- die Feststellung, dass die Zahlung der 13. Jahresgebühr rechtzeitig erfolgt und dass die Anmeldung nicht rückwirkend entfallen sei.
Sie ist der Meinung, dass die am 23. Juni 2015 innerhalb der Dreimonatsfrist des § 39 Abs. 3 PatG vorgenommene Zahlung der 14.Jahresgebühr in eine Zahlung der 13. Jahresgebühr umzudeuten sei. Die Entrichtung der 14. Jahresgebühr sei als solche unwirksam, da bei fehlender Einzahlung der 13. Jahresgebühr die Teilanmeldung rückwirkend wegfalle. Die 14. Jahresgebühr sei mit ihrer Zahlung vom 23. Juni 2015 auch nicht verfallen; andernfalls wäre die vom Patentamt angekündigte Rückzahlung dieser Gebühr nicht möglich. Die Anmelderin hätte, sofern ihr die Unwirksamkeit der Zahlung der 14. Jahresgebühr bekannt gewesen wäre, selbstverständlich die 13. Jahresgebühr zahlen wollen. Als solche wäre die Zahlung auch fristgerecht und in der Höhe ausreichend, somit wirksam gewesen. Schützenswerte Interessen Dritter stünden einer Umdeutung auch nicht entgegen, zumal dem Register bis heute nichts hinsichtlich einer fehlenden Wirksamkeit der Teilanmeldung zu entnehmen sei.
Außerdem stellte die Anmelderin am 11. Dezember 2015 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 13. Jahresgebühr, über den das Patentamt bislang nicht entschieden hat.
Ergänzend wird auf die Gerichtsakte sowie auf die (elektronische) Akte des Deutschen Patent- und Markenamts Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache begründet. Die von der Prüfungsstelle getroffene Feststellung, wonach die Teilungserklärung wegen nicht vollständiger Zahlung als nicht abgegeben gelte, erweist sich im Ergebnis als unzutreffend.
Gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 PatG sind für eine abgetrennte Anmeldung innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Teilungserklärung für die Zeit bis zur Teilung die gleichen Gebühren zu entrichten, die für die ursprüngliche Anmeldung zu entrichten waren; ansonsten gilt die Teilungserklärung als nicht abgegeben. Im vorliegenden Fall hat die Anmelderin - entgegen der Annahme der Prüfungsstelle - dieses Gebührenerfordernis erfüllt.
1. Der angefochtene Beschluss geht zutreffend davon aus, dass die genannte Dreimonatsfrist im vorliegenden Fall mit der am 26. März 2015 bewirkten Zustellung der in dem Verfahren 7 W (pat) 51/14 ergangenen Beschwerdeentscheidung vom 18. März 2015 in Gang gesetzt wurde, und nicht bereits mit Einreichung der Teilungserklärung am 10. November 2014. Da nämlich die Teilung im Laufe dieses die Stammanmeldung betreffenden Beschwerdeverfahrens hilfsweise für den Fall erklärt wurde, dass die dortige Beschwerde als unzulässig erachtet werde, ist die Bedingung erst durch die Zustellung des Beschlusses, mit dem die Beschwerde verworfen wurde, eingetreten (vgl. BPatGE 41, 217, 226 = BlPMZ 2000, 31, 34 - Diagnose-Handgerät; Schulte/Moufang, PatG, 9. Aufl., § 39 Rdnr. 21; a. A. Benkard/Schäfers, PatG, 11. Aufl., § 39 Rdnr. 18; m. w. N.).
2. Bis zum 26. Juni 2015 waren, wie die Prüfungsstelle ebenfalls zutreffend erkannt hat, für die Stammanmeldung neben der Anmelde- und der Prüfungsgebühr Jahresgebühren für das dritte bis 13. Patentjahr zu entrichten (§ 3 Abs. 2 Satz 1 PatKostG). Nachdem das von der Anmelderin am 10. November 2014 eingereichte SEPA-Basislastschriftmandat die 13. Jahresgebühr nicht umfasst hatte, war somit diese Gebühr in Höhe von 760,- € (Gebührenverzeichnis Nr. 312 130) innerhalb der bis zum 26. Juni 2015 laufenden Dreimonatsfrist zu begleichen.
Innerhalb dieser Frist zahlte die Anmelderin am 23. Juni 2015 zwar nicht den auf die 13. Jahresgebühr entfallenden Gebührenbetrag ein, vielmehr einen Betrag in Höhe von 910,- € für die 14. Jahresgebühr samt Verspätungszuschlag. Sie hat somit nicht i. S. d. § 39 Abs. 3 PatG „die gleichen Gebühren“ entrichtet, die für die ursprüngliche Anmeldung zu entrichten waren, sondern an Stelle der 13. Jahresgebühr eine andere (und höhere) Gebühr. Im Ergebnis ist diese Abweichung jedoch unschädlich, weil die auf die 14. Jahresgebühr samt Verspätungszuschlag entrichtete Gebühr - wie die Anmelderin zu Recht geltend macht - in entsprechender Anwendung des § 140 BGB in eine Zahlung der 13. Jahresgebühr umzudeuten ist.
Die Umdeutung ist hier deshalb gerechtfertigt, weil mit der am 23. Juni 2015 geleisteten Zahlung der damit verfolgte Zweck, nämlich die Aufrechterhaltung der Teilanmeldung im 14. Patentjahr, nicht zu erreichen war, da ohne Nachentrichtung der 13. Jahresgebühr die Teilungserklärung gemäß § 39 Abs. 3 PatG als zurückgenommen und die Teilanmeldung daher als von Anfang an nicht vorhanden gelten musste. Dagegen konnte die Anmelderin durch Zahlung der 13. Jahresgebühr die von ihr beabsichtigte Aufrechterhaltung der Teilanmeldung erreichen. Es kann auch ohne weiteres angenommen werden, dass die Anmelderin, wenn ihr der drohende Rechtsverlust bewusst gewesen wäre, die 13. an Stelle der 14. Jahresgebühr entrichtet haben würde. Schließlich stehen einer Umdeutung auch keine schutzwürdigen Interessen Dritter gegenüber, nachdem die Teilanmeldung im Patentregister als in Kraft befindlich aufgeführt ist und niemand den Gegenstand der Anmeldung im guten Glauben an deren Untergang in Benutzung nehmen konnte.
3. Da die Teilungserklärung somit nicht mangels ausreichender Nachentrichtung der bis zur Teilung angefallenen Gebühren als nicht abgegeben zu gelten hat, ist das Verfahren der Teilanmeldung von der Prüfungsstelle fortzusetzen.