Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 15.04.2014


BPatG 15.04.2014 - 7 W (pat) 15/14

Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsdatum:
15.04.2014
Aktenzeichen:
7 W (pat) 15/14
Dokumenttyp:
Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2008 045 039.1-43

hier: Wiedereinsetzung

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 15. April 2014 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Kortge

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Anmelderin meldete am 29. August 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eine Erfindung mit der Bezeichnung „Aufweitbare implantierbare Gefäßstütze“ zum Patent an. Mit Schreiben vom 14. Januar 2011 teilte das DPMA der Anmelderin mit, dass die für die Anmeldung fällig gewordene dritte Jahresgebühr nicht innerhalb der zuschlagfreien Frist entrichtet worden sei und dass die Anmeldung als zurückgenommen gelten müsse, wenn die Gebühr nicht samt einem Verspätungszuschlag (insgesamt 120,-- €) bis zum 28. Februar 2011 nachentrichtet werde. Da bis zu diesem Datum kein Gebühreneingang zu verzeichnen war, stellte das DPMA den Wegfall der Anmeldung zum 1. März 2011 fest.

2

Am 9. November 2011 beantragte die Anmelderin - bei gleichzeitiger Nachentrichtung der Gebühr - Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der dritten Jahresgebühr. Zur Begründung trug sie vor, der Anmeldung liege eine Arbeitnehmererfindung zu Grunde. Einer der beiden Erfinder, Herr O…, sei zum Zeitpunkt der Anmeldung bei ihr angestellt gewesen, am 1. Juli 2009 jedoch aus ihrem Unternehmen ausgeschieden. Nach Zahlung der Jahresgebühren für 2010 habe sie sich entschlossen, die Anmeldung nicht weiter zu verfolgen und die dritte Jahresgebühr zuzüglich Verspätungszuschlag nicht zu zahlen. Mangels Kenntnis von der aktuellen Anschrift des Herrn O… habe sie seinerzeit diesen nicht informieren und ihm auch nicht die Möglichkeit einräumen können, gemäß § 16 Abs. 2 ArbNErfG die Übertragung des Rechts zu verlangen.

3

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 habe ihr Herr O… unter Angabe seiner neuen Anschrift mitgeteilt, dass ihm vor Aufgabe der Anmeldung das Schutzrecht hätte angeboten werden müssen. Dies hätte sie auch getan, wenn ihr zum Zeitpunkt der fristgemäßen Zahlung der Jahresgebühr eine Mitteilung an Herrn O… möglich gewesen wäre. Somit habe ein Hindernis bestanden, was erst durch das Schreiben vom 13. Oktober 2011 weggefallen sei. Sie als Arbeitgeberin treffe kein Verschulden an der Fristversäumung, da sie zur Aufgabe der Anmeldung grundsätzlich berechtigt gewesen sei. Auch treffe sie kein Verschulden daran, dass sie von ihrem ehemaligen Arbeitnehmer keine zustellungsfähige Anschrift vorliegen hatte, denn dieser habe im Falle seines Ausscheidens aus dem Unternehmen das Recht, dem Arbeitgeber seine neue Anschrift nicht mitzuteilen.

4

Auf einen Zwischenbescheid des DPMA teilte die Anmelderin ergänzend mit, sie sei vor dem Ende der Zahlungsfrist irrtümlich davon ausgegangen, dass Herr O… nach Aufgabe seiner Stellung in seine Heimat im früheren J… zurückgegangen sei und kein Interesse an der Fortführung der Patentanmeldung mehr gehabt habe.

5

Durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 F des DPMA vom 14. November 2012 wurde der Wiedereinsetzungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Anmelderin habe die Zahlungsfrist bewusst verstreichen lassen, weshalb sie an der Einhaltung der Frist nicht gehindert gewesen sei. Die Verhinderung an der rechtzeitigen Information des Erfinders stelle keine tatsächliche Verhinderung an der Zahlung dar.

6

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beantragt sinngemäß,

7

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und

8

dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der dritten Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag stattzugeben.

9

Zur Begründung wiederholt sie ihr früheres Vorbringen und stellt vor allem darauf ab, dass sie die Anmeldung auf Grund eines schuldlosen, zum damaligen Zeitpunkt nicht lösbaren Kommunikationsproblems habe fallen lassen. Bei der Wiedereinsetzung gehe es für sie darum, nunmehr die schuldlos versäumte Mitteilung des beabsichtigten Fallenlassens nachholen und dem Arbeitnehmererfinder die Übernahme des Schutzrechts anbieten zu können. Zur Glaubhaftmachung bietet sie die Vernehmung der beiden Erfinder als Zeugen an.

II.

10

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Patentamt hat den Antrag auf Wiedereinsetzung zu Recht zurückgewiesen.

11

1. Der Antrag ist zwar gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG statthaft, weil die Anmelderin eine Frist versäumt und dadurch einen im Gesetz festgelegten Rechtsnachteil erlitten hat. Ausgehend vom Anmeldetag, dem 29. August 2008, war die dritte Jahresgebühr am 31. August 2010 fällig geworden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 PatKostG) und hätte ohne Zuschlag bis Ende Oktober 2010 oder mit einem Verspätungszuschlag bis Ende Februar 2011 entrichtet werden können (§ 7 Abs. 1 PatKostG). Da dies nicht geschehen ist, gilt die Anmeldung mit Wirkung vom 1. März 2011 als zurückgenommen (§ 58 Abs. 3 PatG).

12

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist aber nicht zulässig, weil er nicht innerhalb der in § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG genannten zweimonatigen Frist gestellt worden ist. Die Antragsfrist beginnt mit Wegfall des Hindernisses, d. h. des Umstandes, der den Säumigen an der Fristeinhaltung gehindert hat. Vom Vorliegen eines Hindernisses kann aber nicht gesprochen werden, wenn der Zahlungspflichtige - wie im vorliegenden Fall - die Frist bewusst verstreichen lässt (vgl. Schulte/Schell, PatG, 9. Aufl., § 123 Rn. 65 m. w. N.). In einem solchen Fall beginnt die Zweimonatsfrist unmittelbar zu laufen, sobald die Zahlungsfrist versäumt ist, d. h. am 1. März 2011. Die Wiedereinsetzung hätte somit bis Ende April 2011 beantragt werden müssen.

13

3. Auch wenn zugunsten der Anmelderin die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags angenommen werden könnte (etwa unter der Annahme, dass der Anmelderin Wiedereinsetzung in die Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG zu gewähren sei, nachdem ihr Herr O… erst mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 seine neue Anschrift und seinen Wunsch nach Übernahme der Anmeldung mitgeteilt hatte) hätte der Antrag keinen Erfolg, weil die Gebührenzahlungsfrist von ihr nicht schuldlos versäumt worden ist. Die Anmelderin hat auf die Entrichtung der Gebühr bewusst verzichtet, weil sie aus damaliger Sicht die Patentanmeldung nicht weiter verfolgen wollte. Der Umstand, dass das Fallenlassen des Schutzrechts auf einem zu diesem Zeitpunkt „nicht lösbaren Kommunikationsproblem“ beruhte, weil es der Anmelderin bis zum Fristablauf nicht möglich gewesen war, Herrn O… über das beabsichtigte Fallenlassen zu informieren und ihm die Übertragung anzubieten, dass sie aber bei rechtzeitiger Kontaktaufnahme die Patentanmeldung so lange aufrechterhalten hätte, bis der Erfinder ihr mitgeteilt hätte, ob er die Anmeldung übernehmen wolle oder nicht, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn damit sind nur die Motive dargetan, aus denen heraus die Anmelderin davon abgesehen hat, die Frist zur Zahlung der dritten Jahresgebühr einzuhalten; dies trotzdem zu tun, war sie aber nicht i. S. d. § 123 Abs. 1 PatG verhindert. Auch wenn die Anmelderin bei ihrer Entscheidung, die dritte Jahresgebühr nicht zu entrichten, von der unzutreffenden Annahme ausgegangen war, Herr O… sei in seine alte Heimat zurückgekehrt und habe nach Aufgabe seiner Stellung in der Firma an der Patentanmeldung kein Interesse mehr, können die Rechtsfolgen dieser Entscheidung nicht mit Hilfe des Rechtsinstituts der Wiedereinsetzung korrigiert werden.