Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 24.07.2014


BPatG 24.07.2014 - 7 Ni 20/14

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsdatum:
24.07.2014
Aktenzeichen:
7 Ni 20/14
Dokumenttyp:
Urteil

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das deutsche Patent 10 2005 037 105

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juli 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, der Richter Dipl.-Ing. Hildebrandt und Dipl.-Ing. Küest, der Richterin Kortge sowie des Richters Dr.-Ing. Großmann

für Recht erkannt:

I. Das deutsche Patent 10 2005 037 105 wird in vollem Umfang für nichtig erklärt.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die beiden Klagen richten sich gegen das deutsche Patent 10 2005 037 105 (Streitpatent), das auf eine Anmeldung vom 3. August 2005 zurückgeht. Es ist bezeichnet mit „Adapter für ein Arbeitsgerät als Teil einer Schnellwechselvorrichtung und Schnellwechselvorrichtung“ und wurde vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in einem Beschränkungsverfahren in der jetzt gültigen Fassung mit 30 Ansprüchen aufrechterhalten, die alle mit den vorliegenden Klagen angegriffen werden. Anspruch 1 mit darauf unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen Unteransprüchen 2 bis 21 sowie Anspruch 22 schützen einen Adapter für ein Arbeitsgerät als Teil einer Schnellwechselvorrichtung. Anspruch 23 mit darauf rückbezogenen Unteransprüchen 24 bis 30 stellt eine Schnellwechselvorrichtung unter Schutz.

2

Die nebengeordneten Ansprüche 1, 22 und 23 haben in der erteilten Fassung folgenden Wortlaut.

3

1. Adapter (18) für ein Arbeitsgerät (14) als Teil einer Schnellwechselvorrichtung (12) für Erdbewegungsmaschinen zum Auswechseln von Arbeitsgeräten (14), der mit einem an einem hydraulisch betätigten Ausleger (10) der Erdbewegungsmaschine um eine horizontale Achse schwenkbaren Schnellwechsler (16) zum lösbaren Verbinden mit dem Adapter (18) zusammenwirkt, wobei der Schnellwechsler (16) feste, in eine erste Richtung ausgerichtete Klauen (20), zumindest einen in die erste Richtung zum Lösen und in eine der ersten Richtung entgegengesetzte zweite Richtung zum Verriegeln verschiebbaren Riegelbolzen (30) und eine den Klauen (20) entfernt angeordnete Widerlagerfläche (26) aufweist, und wobei der Adapter auf der ersten Seite zumindest eine den Klauen zugeordnete Kupplungsmantelfläche (22) und auf der zweiten Seite eine der Widerlagerfläche (26) zugeordnete erste Spannfläche (42) und eine dem Riegelbolzen (30) zugeordnete zweite Spannfläche (44) aufweist, die derart angeordnet sind, dass sich im verriegelten Zustand ein mehrachsiges Verspannen von Adapter (18) und Schnellwechsler (16) ergibt, und wobei sowohl auf der ersten als auch auf der zweiten Seite zumindest eine den Klauen (20) zugeordnete Kupplungsmantelfläche (22), eine der Widerlagerfläche (26) zugeordnete erste Spannfläche (42) und eine dem Riegelbolzen (30) zugeordnete zweite Spannfläche (44) vorgesehen sind, so dass der Schnellwechsler (16) wahlweise mit seinen Klauen (20) in Bezug auf die erste Seite des Adapters (18) oder in Bezug auf die zweite Seite des Adapters (18) ausgerichtet mit dem Adapter (18) verbindbar ist, wobei zumindest zwei Riegelachsen (38, 40) auf jeder Seite des Adapters (18) vorgesehen sind, die jeweils die Kupplungsmantelflächen (22) und die erste und zweite Spannfläche (42, 44) umfassen, und wobei die ersten Spannflächen (42) der einander gegenüberliegenden Riegelachsen (38, 40) zueinander einen spitzen Winkel (W1) aufweisen,

4

dadurch gekennzeichnet, dass

5

zwei zweite Spannflächen (44) vorgesehen sind, die durch zwei Vertiefungen (46) in oder zwei Erhöhungen auf der Riegelachse (38, 40) gebildet sind.

6

22. Adapter (18) für ein Arbeitsgerät (14) als Teil einer Schnellwechselvorrichtung (12) für Erdbewegungsmaschinen zum Auswechseln von Arbeitsgeräten (14), der mit einem an einem hydraulisch betätigten Ausleger (10) der Erdbewegungsmaschine um eine horizontale Achse schwenkbaren Schnellwechsler (16) zum lösbaren Verbinden mit dem Adapter (18) zusammenwirkt, wobei der Schnellwechsler (16) feste, in eine erste Richtung ausgerichtete Klauen (20), zumindest einen in die erste Richtung zum Lösen und in eine der ersten Richtung entgegengesetzte zweite Richtung zum Verriegeln verschiebbaren Riegelbolzen (30) und eine den Klauen (20) entfernt angeordnete Widerlagerfläche (26) aufweist, und wobei der Adapter auf der ersten Seite zumindest eine den Klauen zugeordnete Kupplungsmantelfläche (22) und auf der zweiten Seite eine der Widerlagerfläche (26) zugeordnete erste Spannfläche (42) und eine dem Riegelbolzen (30) zugeordnete zweite Spannfläche (44) aufweist, die derart angeordnet sind, dass sich im verriegelten Zustand ein mehrachsiges Verspannen von Adapter (18) und Schnellwechsler (16) ergibt, und wobei sowohl auf der ersten als auch auf der zweiten Seite zumindest eine den Klauen (20) zugeordnete Kupplungsmantelfläche (22), eine der Widerlagerfläche (26) zugeordnete erste Spannfläche (42) und eine dem Riegelbolzen (30) zugeordnete zweite Spannfläche (44) vorgesehen sind, so dass der Schnellwechsler (16) wahlweise mit seinen Klauen (20) in Bezug auf die erste Seite des Adapters (18) oder in Bezug auf die zweite Seite des Adapters (18) ausgerichtet mit dem Adapter (18) verbindbar ist, wobei zumindest zwei Riegelachsen (38, 40) auf jeder Seite des Adapters (18) vorgesehen sind, die jeweils die Kupplungsmantelflächen (22) und die erste und zweite Spannfläche (42, 44) umfassen,

7

dadurch gekennzeichnet, dass

8

die Riegelachsen (38, 40) jeweils mit einer insbesondere mittig angeordneten Ausnehmung (50) für ein Betätigungsmittel für den Schnellwechsler (16) versehen sind.

9

23. Schnellwechslervorrichtung (12) mit einem Adapter (18) nach einem der vorangehenden Ansprüche und einem Schnellwechsler (16) für ein Arbeitsgerät (14) für Erdbewegungsmaschinen zum Auswechseln von Arbeitsgeräten (14) für einen hydraulisch betätigten Ausleger (10) der Erdbewegungsmaschine, der um eine horizontale Achse schwenkbar ist und zum lösbaren Verbinden mit dem Adapter (18) zusammenwirkt, wobei der Schnellwechsler (16) feste, in eine erste Richtung ausgerichtete Klauen (20), zumindest einen in die erste Richtung zum Lösen und in eine der ersten Richtung entgegengesetzte zweite Richtung zum Verriegeln verschiebbaren Riegelbolzen (30) und eine den Klauen (20) entfernt angeordnete Widerlagerfläche (26) aufweist,

10

dadurch gekennzeichnet, dass

11

die Breite der Vertiefung (46) der zweiten Spannfläche (44) des Adapters (18) kleiner ist als die Breite der Klauen (20) und dass die Klauen (20) so angeordnet sind, dass jede Klaue (20) eine Vertiefung (46) bedeckt und im montiertem Zustand der Schnellwechselvorrichtung beiderseits der zugeordneten Vertiefung (46) auf der Riegelachse (38, 40) aufliegt.

12

Wegen des Wortlauts der übrigen Ansprüche wird auf die Streitpatentschrift DE 10 2005 037 105 C5 verwiesen.

13

Die Klägerinnen machen den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend (§ 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG). Die zunächst ebenfalls geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung und der Erweiterung des Schutzbereichs haben die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung nicht mehr weiter verfolgt.

14

Die Klägerinnen beziehen sich u. a. auf folgende Unterlagen:

15

K1 Patentanmeldung IT-BO2001A000183 (= Patent IT 000 132 88 44) mit Auszug aus der amtlichen Datenbank „DEPATIS“ des DPMA K1a und Übersetzung K1b;

16

K2  „Betriebsanleitung Lehmatic MS 01-03“, Ausgabe 03/98;

17

K3  „Betriebsanleitung Lehmatic MS 08“, Ausgabe 01/00;

18

K6 Klageschrift der Firma Canginibenne s.r.l. aus dem Patentnichtigkeitsverfahren 10 Ni 32/13 nebst Anlagen, darunter:

19

A5 Nachweise zu einer angeblichen offenkundigen Vorbenutzung auf der Messe „Bauma 2001“ vom 2. bis 8. April 2001 in München;

20

A8 Broschüre der Firma Lehnhoff Hartstahl GmbH, angeblich verteilt auf der Messe „Bauma 2001“;

21

A9 Katalog-Auszug „Lehmatic® Schnellwechselsysteme“, angeblich verteilt auf der Messe „Bauma 2001“;

22

A10 WO 98/46835;

23

A11 AT 413 117 B mit Anmeldungsunterlagen A12

24

und vertreten die Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu gegenüber K1 sei.

25

Sehe man die Ausbildung der zweiten Spannflächen als jeweils zwei separate Flächen (Merkmal 10) und damit neuheitsbegründend an, so sei dies jedenfalls nicht erfinderisch, ebenso wie die alternative Ausbildung der Spannflächen in Form zweier Erhöhungen (Merkmal 11).

26

Die Gegenstände der nebengeordneten Ansprüche 22 und 23 sowie der Unteransprüche seien - auch im Hinblick auf die Entgegenhaltungen K2 und K3 - ebenfalls nicht neu bzw. beruhten nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

27

Im Übrigen machen sich die Klägerinnen ergänzend das Vorbringen in der weiteren, gegen Anspruch 22 des Streitpatents gerichteten, mittlerweile wieder zurückgenommenen Nichtigkeitsklage der Firma C… s.r.l. im Verfahren

10 Ni 32/13 zu Eigen. Insbesondere behaupten sie, dass der Gegenstand des Anspruchs 22 durch die Firma C… s.r.l. auf der Münchener Messe „Bauma

2001“ vom 2. bis 8. April 2001 vorbenutzt worden sei.

28

Die Klägerinnen beantragen,

29

das deutsche Patent 10 2005 037 105 in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

30

Die Beklagte beantragt,

31

die Klage insgesamt abzuweisen,

32

hilfsweise, die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen die Fassung der Patentansprüche gemäß den mit Schriftsatz vom 3. Juni 2014 (Bl. 159 ff. d. A.) eingereichten, in der Reihenfolge ihrer Nummerierung gestellten Hilfsanträgen 1 bis 3 richtet.

33

In der Fassung des Hilfsantrags 1 lautet Patentanspruch 1 wie folgt (Änderungen gegenüber der Fassung gemäß Streitpatentschrift sind durch Streichung bzw. Unterstreichung kenntlich gemacht):

34

1. Adapter (18) für ein Arbeitsgerät (14) als Teil einer Schnellwechselvorrichtung (12) für Erdbewegungsmaschinen zum Auswechseln von Arbeitsgeräten (14), der mit einem an einem hydraulisch betätigten Ausleger (10) der Erdbewegungsmaschine um eine horizontale Achse schwenkbaren Schnellwechsler (16) zum lösbaren Verbinden mit dem Adapter (18) zusammenwirkt, wobei der Schnellwechsler (16) feste, in eine erste Richtung ausgerichtete Klauen (20), zumindest einen in die erste Richtung zum Lösen und in eine der ersten Richtung entgegengesetzte zweite Richtung zum Verriegeln verschiebbaren Riegelbolzen (30) und eine den Klauen (20) entfernt angeordnete Widerlagerfläche (26) aufweist, und wobei der Adapter auf der ersten Seite zumindest eine den Klauen zugeordnete Kupplungsmantelfläche (22) und auf der zweiten Seite eine der Widerlagerfläche (26) zugeordnete erste Spannfläche (42) und eine dem Riegelbolzen (30) zugeordnete zweite Spannfläche (44) aufweist, die derart angeordnet sind, dass sich im verriegelten Zustand ein mehrachsiges Verspannen von Adapter (18) und Schnellwechsler (16) ergibt, und wobei sowohl auf der ersten als auch auf der zweiten Seite zumindest eine den Klauen (20) zugeordnete Kupplungsmantelfläche (22), eine der Widerlagerfläche (26) zugeordnete erste Spannfläche (42) und eine dem Riegelbolzen (30) zugeordnete zweite Spannfläche (44) vorgesehen sind, so dass der Schnellwechsler (16) wahlweise mit seinen Klauen (20) in Bezug auf die erste Seite des Adapters (18) oder in Bezug auf die zweite Seite des Adapters (18) ausgerichtet mit dem Adapter (18) verbindbar ist, wobei zumindest zwei Riegelachsen (38, 40) auf jeder Seite des Adapters (18) vorgesehen sind, die jeweils die Kupplungsmantelflächen (22) und die erste und zweite Spannfläche (42, 44) umfassen, und wobei die ersten Spannflächen (42) der einander gegenüberliegenden Riegelachsen (38, 40) zueinander einen spitzen Winkel (W1) aufweisen,

35

dadurch gekennzeichnet, dass

36

zwei Riegelachsen (38, 40), auf jeder Seite des Adapters (18) eine, vorgesehen sind, die jeweils die Kupplungsmantelflächen (22) und die erste und zweite Spannfläche (42, 44) umfassen, und dass zwei zweite Spannflächen (44) vorgesehen sind, die jeweils durch zwei Vertiefungen (46) in oder zwei Erhöhungen auf der Riegelachse (38, 40) gebildet sind und dass die Riegelachse (38, 40) als Querträger wirkt, jeweils in seitlichen Längslaschen (34, 36) befestigt ist, die Längslaschen (34, 36) und die Riegelachsen (38, 40) einen verwindungssteifen Rahmen bilden, der nur über die Längslaschen (34, 36) unmittelbar mit dem Arbeitsgerät (14) oder mittelbar über eine Grundplatte mit dem Arbeitsgerät (14) verbunden ist.

37

In der Fassung des Hilfsantrags 2 wird der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 gegenüber der Fassung gemäß Hilfsantrag 1 wie folgt geändert:

38

1. …,

39

dadurch gekennzeichnet, dass

40

zwei Riegelachsen (38, 40), auf jeder Seite des Adapters (18) eine, vorgesehen sind, die jeweils die Kupplungsmantelflächen (22) und die erste und zweite Spannfläche (42, 44) umfassen, dass zwei zweite Spannflächen (44) vorgesehen sind, die jeweils durch zwei Vertiefungen (46) in oder zwei Erhöhungen auf der Riegelachse (38, 40) gebildet sind, und dass die Riegelachse (38, 40) mit einer insbesondere mittig angeordneten Ausnehmung (50) für ein Betätigungsmittel für den Schnellwechsler (16) versehen als Querträger wirkt, jeweils in seitlichen Längslaschen (34, 36) befestigt ist, die Längslaschen (34, 36) und die Riegelachsen (38, 40) einen verwindungssteifen Rahmen bilden, der nur über die Längslaschen (34, 36) unmittelbar mit dem Arbeitsgerät (14) oder mittelbar über eine Grundplatte mit dem Arbeitsgerät (14) verbunden ist.

41

In der Fassung des Hilfsantrags 3 wird der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 gegenüber der Fassung gemäß Hilfsantrag 1 wie folgt geändert:

42

1. …,

43

dadurch gekennzeichnet, dass

44

zwei Riegelachsen (38, 40), auf jeder Seite des Adapters (18) eine, vorgesehen sind, die jeweils die Kupplungsmantelflächen (22) und die erste und zweite Spannfläche (42, 44) umfassen, dass zwei zweite Spannflächen (44) vorgesehen sind, die jeweils durch zwei Vertiefungen (46) in oder zwei Erhöhungen auf der Riegelachse (38, 40) gebildet sind, und dass die Riegelachse (38, 40) als Querträger wirkt, jeweils in seitlichen Längslaschen (34, 36) befestigt ist, die Längslaschen (34, 36) und die Riegelachsen (38, 40) einen verwindungssteifen Rahmen bilden, der nur über die Längslaschen (34, 36) unmittelbar mit dem Arbeitsgerät (14) oder mittelbar über eine Grundplatte mit dem Arbeitsgerät (14) verbunden ist, und dass die Riegelachse (38, 40) mit einer insbesondere mittig angeordneten Ausnehmung (50) für ein Betätigungsmittel für den Schnellwechsler (16) versehen ist.

45

Wegen des Wortlauts der übrigen, mit den Hilfsanträgen verteidigten Patentansprüche wird auf die Anlagen zum Schriftsatz der Beklagten vom 3. Juni 2014 (Bl. 170 ff. d. A.) verwiesen.

46

Die Beklagte bestreitet eine Vorbenutzung und hält die Gegenstände des Anspruchs 1 sowie der nebengeordneten Ansprüche 22 und 23 einschließlich der Unteransprüche in der erteilten Fassung, zumindest aber die Anspruchsfassung gemäß eines ihrer Hilfsanträge, gegenüber sämtlichen Angriffen für bestandsfähig.

47

Der Senat hat den Parteien mit Schriftsatz vom 22. April 2014 einen frühen gerichtlichen Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG zukommen lassen.

48

Beide Klägerinnen sind von der Beklagten wegen angeblicher Verletzung des Streitpatents vor dem Landgericht Mannheim verklagt worden (Az.: 7 O 33/13 u. 2 O 40/13). Das Landgericht hat beide Rechtsstreite bis zu einer Entscheidung des vorliegenden Nichtigkeitsverfahrens ausgesetzt.

49

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere auf die Schriftsätze der Parteien mit sämtlichen Anlagen, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

50

Die Klage ist zulässig und auch erfolgreich. Das Streitpatent hat weder in der Fassung, die es durch das Beschränkungsverfahren erhalten hat, noch in einer der von der Beklagten hilfsweise beantragten Fassungen Bestand.

I.

51

1. Die vorliegende Erfindung betrifft eine Schnellwechselvorrichtung sowie einen dazu gehörigen Adapter. Durch solche Vorrichtungen werden Erdbewegungsmaschinen, z. B. Bagger, für ein Arbeitsgerät als Teil einer Schnellwechselvorrichtung in wieder lösbarer Weise mit Arbeitsgeräten, z. B. sog. Baggerlöffeln, verbunden. In der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift werden verschiedene im Stand der Technik bekannte Schnellwechselvorrichtungen und Adapter erläutert, wobei der Nachteil der aus der Patentschrift EP 0 569 026 B1 bekannten Konstruktion darin gesehen wird, dass mit dem dort vorgesehenen Adapter eine um 180° gedrehte Montage des Arbeitsgerätes relativ zum Schnellwechsler nicht möglich sei (Abs. 2 bis 5). Aus der Druckschrift GB 2 267 887 A seien eine Schnellwechselvorrichtung und ein Adapter bekannt, der eine um 180° gedrehte Montage zulasse. Eine sichere Verbindung auch unter extremen Belastungen werde bei dieser Konstruktion jedoch nicht gewährleistet (Beschr. Abs. 7).

52

Weiterhin seien aus dem italienischen Patent IT 000 132 88 44 ein gattungsgemäßer Adapter sowie ein gattungsgemäßer Schnellwechsler bekannt. Der Adapter weise auf einer ersten Seite zumindest eine Klauen des Schnellwechslers zugeordnete Kupplungsmantelfläche und auf einer zweiten Seite eine einer Widerlagerfläche des Schnellwechslers zugeordnete erste Spannfläche und eine einem Riegelbolzen des Schnellwechslers zugeordnete zweite Spannfläche auf. Sowohl auf der ersten als auch auf der zweiten Seite seien somit zumindest eine den Klauen zugeordnete Kupplungsmantelfläche, eine der Widerlagerfläche zugeordnete erste Spannfläche und eine dem Riegelbolzen zugeordnete zweite Spannfläche vorgesehen. Hierdurch sei der Schnellwechsler wahlweise mit seinen Klauen in Bezug auf die erste Seite des Adapters oder in Bezug auf die zweite Seite des Adapters ausgerichtet mit dem Adapter verbindbar. Die ersten Spannflächen wiesen zueinander einen spitzen Winkel auf. Die Kupplungsmantelfläche, die erste Spannfläche und die zweite Spannfläche seien derart angeordnet, dass sich im verriegelten Zustand ein mehrachsiges Verspannen von Adapter und Schnellwechsler ergebe (Beschr. Abs. 8).

53

Problematisch an dieser bekannten Konstruktion sei, dass es zu einem Verklemmen in Folge der auftretenden Kräfte und den sich dadurch ergebenden elastischen Verformungen von Adapter und Schnellwechsler kommen könne. Zudem sei beispielsweise bei halbautomatischen Schnellwechslern der Zugang mit einem Betätigungsmittel zu den Verschließmechanismen nicht gewährleistet. Auch wiesen diese Adapter große Festigkeitsprobleme auf (Beschr. Abs. 9).

54

Aufgabe der Erfindung sei es, einen Adapter und eine Schnellwechselvorrichtung derart weiterzubilden, dass der Einsatzbereich erweitert, eine sichere Verbindung zwischen Schnellwechsler und Adapter, ein sicheres Lösen und Verbinden von Adapter und Schnellwechsler und zudem eine ausreichende Festigkeit des Adapters gewährleistet seien (Beschr. Abs. 10).

55

2. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt Patentanspruch 1 in der Fassung der Streitpatentschrift einen Adapter mit folgenden Merkmalen vor:

56

1. Adapter (18) für ein Arbeitsgerät (14) als Teil einer Schnellwechselvorrichtung (12) für Erdbewegungsmaschinen zum Auswechseln von Arbeitsgeräten (14).

57

2. Der Adapter (18) wirkt mit einem an einem hydraulisch betätigten Ausleger (10) der Erdbewegungsmaschine angeordneten, um eine horizontale Achse schwenkbaren Schnellwechsler (16) zum lösbaren Verbinden mit dem Adapter (18) zusammen, wobei der Schnellwechsler (16) feste, in eine erste Richtung ausgerichtete Klauen (20), zumindest einen in die erste Richtung zum Lösen und in eine der ersten Richtung entgegengesetzte zweite Richtung zum Verriegeln verschiebbaren Riegelbolzen (30) und eine den Klauen (20) entfernt angeordnete Widerlagerfläche (26) aufweist.

58

3. Der Adapter (18) weist auf der ersten Seite zumindest eine den Klauen (20) zugeordnete Kupplungsmantelfläche (22) auf.

59

4. Der Adapter (18) weist auf der zweiten Seite eine der Widerlagerfläche (26) zugeordnete erste Spannfläche (42) auf.

60

5. Der Adapter (18) weist eine dem Riegelbolzen (30) zugeordnete zweite Spannfläche (44) auf.

61

6. Die Kupplungsmantelfläche (22), die erste Spannfläche (42) und die zweite Spannfläche (44) sind derart angeordnet, dass sich im verriegelten Zustand ein mehrachsiges Verspannen von Adapter (18) und Schnellwechsler (16) ergibt.

62

7. Sowohl auf der ersten als auch auf der zweiten Seite sind zumindest eine den Klauen (20) zugeordnete Kupplungsmantelfläche (22), eine der Widerlagerfläche (26) zugeordnete erste Spannfläche (42) und eine dem Riegelbolzen (30) zugeordnete zweite Spannfläche (44) vorgesehen, so dass der Schnellwechsler (16) wahlweise mit seinen Klauen (20) in Bezug auf die erste Seite des Adapters (18) oder in Bezug auf die zweite Seite des Adapters (18) ausgerichtet mit dem Adapter (18) verbindbar ist.

63

8. Zumindest zwei Riegelachsen (38, 40) auf jeder Seite des Adapters (18) sind vorgesehen, die jeweils die Kupplungsmantelflächen (22) und die erste und zweite Spannfläche (42, 44) umfassen.

64

9. Die ersten Spannflächen (42) der einander gegenüberliegenden Riegelachsen (38, 40) weisen zueinander einen spitzen Winkel (W1) auf.

65

10. Zwei zweite Spannflächen (44) sind vorgesehen.

66

11. Die zweiten Spannflächen sind durch zwei Vertiefungen (46) in oder zwei Erhöhungen auf der Riegelachse (38, 40) gebildet.

67

3. Zuständiger Durchschnittsfachmann, auf dessen Wissen und Können es insbesondere für die Auslegung der Merkmale des Streitpatents und für die Erfassung des Standes der Technik ankommt, ist im vorliegenden Fall ein Fachhochschul-Ingenieur des Maschinenbaus mit mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion von Baumaschinen. Dies gilt ungeachtet der Möglichkeit, dass im Einzelfall auch ein besonders qualifizierter Techniker Entwicklungen auf dem vorliegenden Gebiet hervorzubringen im Stande sein wird.

68

4. Die Auslegung des Merkmals 8, wonach „zumindest zwei Riegelachsen (38, 40) auf jeder Seite des Adapters (18)“ vorhanden sind, bereitet dem Fachmann Schwierigkeiten. Auf Grund seines Wortlauts könnte das Merkmal so zu verstehen sein, dass auf jeder Seite des Adapters jeweils zumindest zwei Riegelachsen, d. h. insgesamt zumindest vier Riegelachsen, vorhanden sein müssen.

69

Der Fachmann wird aber bei der Interpretation des Patentanspruchs nicht am reinen Wortlaut haften, selbst wenn dieser aus sich heraus klar und verständlich erscheint (vgl. Schulte/Rinken/Kühnen, PatG, 9. Aufl., § 14 Rdnr. 19, unter Bezugnahme auf Art. 1 des Protokolls über die Auslegung des Art. 69 EPÜ); vielmehr wird er auch berücksichtigen, welcher technische Sinngehalt dem betreffenden Merkmal beizumessen ist. Technische Merkmale sind nämlich so zu interpretieren, dass sich aus der Gesamtheit der Anspruchsmerkmale ein für die Zwecke der Erfindung tauglicher und vor allem funktionsfähiger Gegenstand ergibt (Schulte/Rinken/Kühnen, a. a. O., § 14 Rdnr. 23, m. w. N.).

70

Im vorliegenden Fall wird er u. a. überlegen, wie bei einer Anordnung von zwei Riegelachsen auf jeder Seite des Adapters der Vorgang des Koppelns bzw. Entkoppelns von Schnellwechsler und Adapter, d. h. des lösbaren Verbindens i. S. d. Merkmals 2, von statten gehen soll. Der Fachmann erkennt ohne Weiteres, dass jedenfalls bei paralleler Anordnung zweier durchgängiger, d. h. von einer Längslasche zur anderen (vgl. Bezugsziffern 34, 36 in Figur 4) reichenden, Riegelachsen die Verbindung der Klauen des Schnellwechslers mit den Kupplungsmantelflächen der Riegelachsen erheblich erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht wird, und dass vor allem nicht zu erreichen ist, was in der Streitpatentschrift als besonderer Vorteil der Erfindung herausgestellt wird, nämlich die Verwirklichung eines Kuppelns in beiden Positionen auf einfachste Weise und die Vermeidung eines Verklemmens der aneinander anliegenden Teile (siehe Beschr. Abs. 14).

71

Der Fachmann wird durch diese Überlegungen veranlasst, bei der Auslegung des Merkmals 8 die Änderungen, die der Anspruch 1 im Beschränkungsverfahren erhalten hat, und den systematischen Zusammenhang dieses Anspruchs mit den übrigen Patentansprüchen, aber auch die Beschreibung der Erfindung samt den zugehörigen Zeichnungen zu berücksichtigen.

72

Das Merkmal 8 war im erteilten Patent Gegenstand des Unteranspruchs 2 und ist erst im Beschränkungsverfahren in den Anspruch 1 aufgenommen worden. Von daher erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass eine Beschränkung des Schutzgegenstands auf Adapter mit mindestens vier Riegelachsen beabsichtigt war.

73

Allerdings war in dem ursprünglich erteilten Anspruch 1 von Riegelachsen überhaupt nicht die Rede, und das in der Beschreibung des erteilten Patents wiedergegebene und in den Zeichnungen, insbesondere in den Figuren 3 bis 12 dargestellte Ausführungsbeispiel (DE 10 2005 037 105 B3, Abs. 38 ff.) bezieht sich offensichtlich auf die im ursprünglich erteilten Anspruch 2 beanspruchte Konstruktion eines Adapters mit zwei Riegelachsen 38 und 40, die an gegenüberliegenden Seiten des Adapters angebracht sind, wobei der Adapter durchgängig mit insgesamt lediglich zwei Riegelachsen dargestellt wird. Dies spricht dafür, den Anspruch 2 des erteilten Patents ebenso wie den Anspruch 1 der nunmehr gültigen Fassung des Streitpatents im Sinne dieses Ausführungsbeispiels zu interpretieren.

74

In der Patentschrift wird zwar auch eine in den Zeichnungen nicht dargestellte Ausführungsform der Erfindung erwähnt, bei der zwei koaxiale Riegelachsen 38 und zwei koaxiale Riegelachsen 40, also insgesamt vier Riegelachsen, vorgesehen sind, wobei ein Abstand zwischen den beiden koaxial nebeneinander angeordneten Riegelachsen vorhanden ist, der im Wesentlichen dem Arbeitsraum und/oder dem Sichtfeld für ein Betätigungsmittel für den Schnellwechsler und ein Anzeigemittel für den Verriegelungszustand der Schnellwechselvorrichtung entspricht (siehe Abs. 72 der B3-Schrift bzw. Abs. 74 der Streitpatentschrift). Diese Ausführungsform hat ihren Niederschlag in Anspruch 14 des erteilten Patents bzw. in Anspruch 11 der nunmehr gültigen beschränkten Patentfassung gefunden. Dort ist jeweils davon die Rede, dass „der Adapter auf der ersten und zweiten Seite jeweils zwei Riegelachsen koaxial nebeneinander in einem vorbestimmten Abstand aufweist“. Durch diese ganz eindeutige Formulierung („jeweils zwei Riegelachsen“) soll offenbar eine Abgrenzung zu den Ausführungsformen der vorangehenden Patentansprüche geschaffen werden. Der Fachmann erkennt auch, dass die erforderliche Stabilität von Riegelachsen, die nicht von einer Längslasche (34) zur anderen Längslasche (36) durchgehen, nur mit einem besonderen konstruktiven Aufwand erreicht werden kann (u. a. durch die Anordnung der Riegelachsen über Laschen auf einer Grundplatte, vgl. Streitpatentschrift Beschr. Abs. 74).

75

Aus diesen Gründen wird der Fachmann das beschränkende Merkmal 8, wonach „zumindest zwei Riegelachsen auf jeder Seite des Adapters vorgesehen sind“, nicht in der Weise interpretieren, dass auf beiden Adapterseiten jeweils zwei parallel oder koaxial zueinander angeordnete Riegelachsen vorhanden sein müssen. Vielmehr wird er das Merkmal so verstehen, dass insgesamt mindestens zwei Riegelachsen, nämlich auf jeder Seite des Adapters mindestens eine Riegelachse, vorhanden sein müssen.

III.

76

In der Fassung der Streitpatentschrift erweist sich Patentanspruch 1 als nicht patentfähig.

77

1. Gegenüber der italienischen Patentanmeldung K1 ist der Gegenstand dieses Anspruchs allerdings - entgegen der von den Klägerinnen vertretenen Auffassung - neu.

78

Der in K1 offenbarte Adapter weist zwar – unstrittig - die Merkmale 1 bis 7 auf.

79

Auch sind bei ihm entsprechend Merkmal 8 zwei Riegelachsen 10, 11 (auf jeder Seite eine) vorgesehen, wobei diese jeweils die Kupplungsmantelflächen sowie eine erste und zweite Spannfläche umfassen.

80

Bei den Achsen 10, 11 der K1 handelt es sich um durchgehende, zwischen den Längslaschen 21, 22 angeordnete Riegelachsen. Der Auffassung der Beklagten, wonach die Achsen 10, 11 durch die Randleisten 12, 13 unterteilt würden, so dass jeweils ein T-Träger und zwei an diesen anschließende Achsen entstünden, kann nicht beigetreten werden. Insbesondere die Figur 2 der K1 lässt nämlich klar erkennen, dass dort an dem jeweils die Riegelachse bildenden durchgehenden Stab (10, 11 in Figur 2) die Randleiste als abstützendes Element angeschweißt ist. Dabei greift diese Randleiste in den Körper der Riegelachse weder in konstruktiver Hinsicht unterteilend ein, noch behindert sie die funktionelle Eigenschaft der Riegelachse als Achse im Sinne eines zumindest bereichsweise eine Schwenkbewegung der angreifenden Klaue des Schnellwechslers ermöglichenden Elements.

81

Insoweit geht auch die Argumentation der Klägerinnen ins Leere, im Gegensatz zu der Konstruktion nach der K1 komme beim Gegenstand des Streitpatents der Riegelachse eine zweifache Funktion zu, nämlich Abstützung der Riegelbolzen an den Spannflächen und Drehachse für die Klauen, während bei K1 diese Funktionen auf getrennte Elemente aufgeteilt seien.

82

Bei dem Adapter der K1 bilden die ersten Spannflächen 15 der einander gegenüberliegenden Riegelachsen 10 und 11 zueinander einen spitzen Winkel, d. h. auch das Merkmal 9 liegt vor.

83

Jedoch sind bei K1 die Merkmale 10 und 11 nicht verwirklicht, weil die Riegelachsen 10, 11 keine zwei zweiten Spannflächen aufweisen. Vielmehr ist auf jeder der Riegelachsen jeweils nur eine, im Vergleich zum Gegenstand des Streitpatents breitere, zweite Spannfläche 16 vorgesehen. Der von den Klägerinnen vertretenen Auffassung, wonach es sich dabei um zwei Spannflächen handele, weil an der Spannfläche zwei Riegelbolzen zur Anlage kommen, kann nicht beigetreten werden, da die Spannflächen im Kontext des Streitpatents als einzelne, räumlich klar abgegrenzte Bereiche in Form von Ausnehmungen bzw. Erhöhungen auf den Riegelachsen definiert sind.

84

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 war aber dem Fachmann - ausgehend von der Schrift K1 - am Anmeldetag nahe gelegt, weil es sich bei der Aufteilung der einen breiten Spannfläche 16 in zwei schmalere zweite Spannflächen i. S. d. Merkmale 10, 11 um eine für den Fachmann am Anmeldetag naheliegende Maßnahme handelte.

85

Der Vorteil des aus der Druckschrift K1 bekannten Adapters besteht darin, dass eine Schnellwechselvorrichtung mit ihm wahlweise in Bezug auf seine erste oder auf seine zweite Seite verbunden werden kann. Allerdings ist der Adapter der K1 auf die dort gezeigte Schnellwechselvorrichtung abgestimmt, d. h. seine Verwendung mit anderen, am Anmeldetag bekannten Schnellwechselvorrichtungen ist nicht ohne weiteres möglich. Der Fachmann wird aber Überlegungen anstellen, wie er die Konstruktion des ihm aus K1 bekannten Adapters so verändern kann, dass dieser nach Möglichkeit mit den ihm bekannten Schnellwechselvorrichtungen kompatibel ist.

86

So ist dem Fachmann aus der Betriebsanleitung K2 eine Schnellwechselvorrichtung bekannt, bei der der dort gezeigte Adapter nur an der Seite, an der sich die Kupplungswelle (14) befindet, eingehängt und zwei Riegelbolzen (13) nur auf der gegenüber liegenden Seite in die dort befindliche Riegelplatte (17) eingeschoben werden können. Aus diesem Grund ist eine Verbindung nur möglich, wenn die Klauen des Schnellwechslers auf die Seite des Adapters, auf der sich die Kupplungswelle befindet, ausgerichtet sind.

87

Will der Fachmann zusammen mit der Schnellwechselvorrichtung der K2 statt des dort vorgesehenen Adapters einen Adapter nach dem Vorbild der K1 verwenden, so muss er die aus K1 bekannte Adapterkonstruktion an einigen Stellen abändern. Insbesondere muss er zur Schaffung einer symmetrischen Konstellation die Riegelplatte (17) des Adapters der K2 durch eine zweite Riegelachse ersetzen sowie anstelle der dort zur Aufnahme der beiden Riegelbolzen vorgesehenen zwei Ausnehmungen entsprechende Spannflächen an der zweiten Riegelachse vorsehen.

88

Dazu bedarf es keiner erfinderischen Tätigkeit. Vielmehr findet der Fachmann in der Konstruktion nach der K1 die konkrete Anregung zu dieser vorteilhaften Abwandlung, da sich ihm bereits aus der dortigen Zeichnung die symmetrische Ausbildung des Adapters mit je einer Riegelachse auf jeder Seite ganz augenscheinlich aufdrängt (siehe insbesondere Figuren 2, 4 und 5). Auch bietet sich die dabei vorgenommene Aufteilung der einen zweiten Spannfläche der K1 in zwei separate Spannflächen schon deshalb nahezu zwangsläufig an, weil sie ein adäquates Pendant zu den beiden Ausnehmungen in der Riegelplatte (17) bei der K2 darstellen. Für den Fachmann liegt es im Übrigen auf der Hand, dass er mit dieser Maßnahme auch noch eine stabilere Gesamtkonstruktion im Sinne der Aufgabenstellung erreicht, da nunmehr jeder Riegelbolzen in einer eigenen Spannfläche präzise gehalten wird.

89

Somit erweist sich der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 als nicht patentfähig, wobei es für dieses Ergebnis auf die von den Klägerinnen in Bezug genommenen zusätzlichen Entgegenhaltungen aus dem Verfahren 10 Ni 32/13 (angebliche offenkundige Vorbenutzung gemäß Anlagen A5, A8, A9 sowie Druckschriften A10, A11) nicht ankommt.

IV.

90

Patentanspruch 1 hat auch in der Fassung des Hilfsantrags 1 keinen Bestand.

91

Nach Ansicht der Klägerinnen ist diese Anspruchsfassung unzulässig, weil das zusätzliche Merkmal, wonach der durch die Längslaschen und die Riegelachsen gebildete Rahmen „nur“ über die Längslaschen unmittelbar bzw. mittelbar mit dem Arbeitsgerät verbunden ist, den ursprünglichen Merkmalen nicht als zur Erfindung gehörig entnommen werden könne.

92

Ob diese Auffassung zutrifft, kann dahin gestellt bleiben, weil der Gegenstand der gemäß Hilfsantrag 1 beschränkten Anspruchsfassung nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht und daher nicht patentfähig ist.

93

Aus der Schrift K1 geht die in der Anspruchsfassung nach Hilfsantrag 1 enthaltene Klarstellung, wonach auf jeder Seite des Adapters eine Riegelachse vorgesehen ist, hervor (s. o. III.1.).

94

Auch die übrigen hinzugekommenen Merkmale ergeben sich aus K1.

95

Zwar tragen bei dem Ausführungsbeispiel nach Figur 2 der K1 zur Bildung eines verwindungssteifen Rahmens auch Elemente bei, welche nach der Formulierung des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 obligat oder alternativ weggelassen sind, wie Randleisten oder eine Grundplatte. Der Offenbarungsgehalt der Druckschrift K1 umfasst jedoch ausweislich des dortigen Anspruchs 1 auch wesentlich allgemeinere Ausführungsformen eines Adapters, insbesondere auch solche ohne Grundplatte und Randleisten, so dass der Fachmann in seiner Erkenntnis aus dem Gesamtinhalt der K1 nicht durch das spezielle Ausführungsbeispiel nach Figur 2 eingeschränkt ist.

96

Im Übrigen liegt es im Bereich fachnotorischer Maßnahmen, wie der Fachmann eine bestimmte angestrebte Steifigkeit für seine Gesamtkonstruktion erreicht. So wird er die Dimensionierung der funktionswesentlichen Elemente wie Riegelachsen und Seitenlaschen selbstverständlich entsprechend an die aufzunehmenden Lasten anpassen, wenn er aus anderweitigen Gründen etwa ohne eine Grundplatte oder andere Aussteifungen auskommen möchte.

V.

97

Ebenso beinhaltet die mit Hilfsantrag 2 verteidigte Fassung des Patentanspruchs 1 keinen patentfähigen Gegenstand. Ausgehend von der Entgegenhaltung K1 war diese Ausgestaltung, bei der die Riegelachsen jeweils mit einer insbesondere mittig angeordneten Ausnehmung (50) für ein Betätigungsmittel für den Schnellwechsler (16) versehen sind, dem Fachmann am Prioritätstag nahe gelegt.

98

Um die Schnellwechselvorrichtung mit einem Adapter zu verriegeln und um die Verriegelung wieder zu lösen, bedarf es eines Betätigungsmittels, durch das der Riegel in die Schließ- bzw. Öffnungsposition gebracht wird. Bei der Vorrichtung gemäß K1 ist hierfür über eine kugelförmige Verbindung 34 ein Schaft 35 angesetzt, der von oben in ein Langloch des Riegels 27 eingreift.

99

Bei der in der Betriebsanleitung K2 gezeigten Konstruktion wird die Verriegelung mit Hilfe eines Steckschlüssels (6) bewerkstelligt, der durch eine in der Mitte der Riegelplatte befindliche Öffnung geführt, in die Gewindespindel des Schnellwechslers eingesetzt und im Uhrzeigersinn festgezogen wird, bis die bei diesem System vorhandenen zwei Riegelbolzen in den Riegelbohrungen anliegen (K2, Seite 5-3, rechte Spalte, unter 6.). Entsprechend wird bei der Entriegelung der Steckschlüssel, nachdem er durch die Riegelplatte in die Gewindespindel eingesetzt worden ist, entgegen dem Uhrzeigersinn gedreht, um die Verbindung zu lösen (K2, Seite 5-4, rechte Spalte, unter 2.).

100

Die Verwendung eines nach dem Prinzip der K1 wahlweise in Bezug auf seine erste oder auf seine zweite Seite mit der Schnellwechselvorrichtung der K2 zu verbindenden Adapters wäre, wie der Fachmann unschwer erkennt, bei Beibehaltung des in K1 vorgesehenen Betätigungsmittels nicht möglich. Der Fachmann wird daher den Adapter der K1 so modifizieren, dass er mit dem in K2 gezeigten Betätigungsmittel kompatibel ist. Hierfür muss er es ermöglichen, dass der Steckschlüssel (6) der K2 zum Festziehen und Lösen der Verriegelung weiterhin auf den Schraubkopf der Gewindespindel aufgesteckt werden kann. Da beim Adapter der K1 keine Riegelplatte und demzufolge auch kein mittiges Loch zur Durchführung eines Steckschlüssels vorhanden ist, sondern stattdessen eine zweite Riegelachse, muss diese eine mittige Ausnehmung haben, um beim Verriegeln das Einführen und Aufstecken des bei der Schnellwechselvorrichtung der K2 vorgesehenen Steckschlüssels zu ermöglichen. Dasselbe gilt wegen der symmetrischen Bauweise des Adapters der K1 auch im Hinblick auf die erste Riegelachse. Es handelt sich dabei lediglich um die Umsetzung der Geometrie der Riegelplatte der K2 mit ihrer mittigen Öffnung auf die Konstruktion der K1 mit zwei Riegelachsen, wobei die zweite Riegelachse die Riegelplatte ersetzt. Dies sind lediglich Anpassungsarbeiten am Adapter der K1, damit sich die bekannte und bewährte Schnellwechselvorrichtung der K2 dort adäquat anschließen lässt, wofür es keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns bedarf.

101

Dem Fachmann ist zwar bewusst, dass die Riegelachsen geschwächt werden, wenn man sie mit einer Ausnehmung versieht. Dies wird ihn aber im Hinblick auf die durch die Ausnehmungen geschaffene Möglichkeit der Hindurchführung des Betätigungsmittels letztlich nicht von dieser Lösung abhalten. Er wird stattdessen die Riegelachsen, was deren Durchmesser und Materialbeschaffenheit angeht, so auslegen, dass sie trotz der Ausnehmungen die erforderliche Stabilität aufweisen.

102

Somit lag auch das einzige den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 gegenüber der erteilten Fassung unterscheidende Merkmal für den Fachmann auf der Hand und kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

VI.

103

Patentanspruch 1 i. d. F. des Hilfsantrags 3 stellt eine Kombination der in den Anspruchsfassungen gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 enthaltenen Merkmalen dar. Aus den zu diesen Fassungen genannten Gründen kann auch dem Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 keine erfinderische Qualität beigemessen werden.

VII.

104

Somit erweist sich Patentanspruch 1 weder in der geltenden Fassung gemäß der Streitpatentschrift noch in einer der mit den Hilfsanträgen vorgelegten Fassungen als bestandsfähig, weshalb der Klage in Bezug auf diesen Anspruch stattzugeben war.

105

Eine Abweisung der Klage im Umfang der Patentansprüche 2 bis 30 bzw. im Umfang einzelner dieser Ansprüche hat die Beklagte - auch auf ausdrücklichen Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung - nicht beantragt; eine Prüfung der Gegenstände dieser Ansprüche auf ihre Patentfähigkeit ist daher nicht veranlasst.

VIII.

106

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.