Entscheidungsdatum: 14.02.2019
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das europäische Patent 1 287 209
(DE 501 16 155)
hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, der Richterin Püschel und der Richter Dipl.-Ing. Küest, Dipl.-Ing. Dr. Großmann und Dipl.-Ing. Univ. Richter
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 287 209 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass
1. in Patentanspruch 1 nach den Anfangsworten „Sanitäres Einbauteil (1, 3, 4 und 5)“ die Worte „, das in ein Auslaufmundstück einer sanitären Auslaufarmatur einsetzbar ist,“ eingefügt werden und
2. sich die in ihrem Wortlaut gegenüber der erteilten Fassung unveränderten Patentansprüche 2 bis 13 auf die geänderte Fassung des Patentanspruchs 1 rückbeziehen.
II. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 4/5, die Beklagte 1/5.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Klage richtet sich gegen das in deutscher Verfahrenssprache mit der Bezeichnung „Sanitäres Einbauteil“ u. a. für den Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland erteilte europäische Patent 1 287 209 (Streitpatent), das auf eine Anmeldung vom 31. Mai 2001 zurückgeht und die Priorität der deutschen Voranmeldung 100 27 986 vom 6. Juni 2000 in Anspruch nimmt. Im Deutschen Patent- und Markenamt wird das Patent unter der Nummer 501 16 155 geführt. Das Streitpatent umfasst in seiner erteilten Fassung 13 Ansprüche, die alle mit der vorliegenden Klage angegriffen werden. Die Ansprüche 2 bis 13 sind als Unteransprüche auf Anspruch 1 rückbezogen.
Patentanspruch 1 hat in der erteilten Fassung folgenden Wortlaut:
1. Sanitäres Einbauteil (1, 3, 4 und 5) mit mehreren verschiedenen, darin einsetzbaren Funktionseinheiten, wobei das Einbauteil (1, 3, 4 und 5) ein Außengehäuse (2) aufweist, das (2) zumindest ein Gehäuseteil (6, 7, 30) hat, welches Gehäuseteil (6, 7, 30) zuströmseitig eine Einsetzöffnung (10) aufweist, durch die die Funktionseinheiten bis zu einem zugeordneten Einsetzanschlag (18, 19, 29) in das Gehäuseinnere einsetzbar sind, wobei dem wenigstens einen Einsetzanschlag (18, 19, 29) ein Gehäuse-Freiraum (20, 21, 22) zur Aufnahme des über den Einsetzanschlag (18, 19, 29) vorstehenden Überstands der Funktionseinheiten in Einsetzrichtung vor- und/oder nachgeordnet ist, wobei dem Gehäuse-Freiraum (20, 21, 22) mehrere der obergenannten verschiedene und wahlweise miteinander kombinierte, in den Gehäuse-Freiraum einsetzbare Funktionseinheiten zugeordnet sind, und wobei der dem wenigstens einen Einsetzanschlag (18, 19, 29) vor- und/oder nachgeschaltete Gehäuse-Freiraum (20, 21, 22) in Einsetzrichtung eine Längserstreckung hat, die gleich oder größer als der maximale Abstand zwischen dem Einsetzanschlag (18, 19, 29) einerseits und der in diesen Gehäuse-Freiraum (20, 21, 22) vorstehenden Funktionseinheit-Stirnseite der dem Einbauteil (1, 3, 4, 5) zugeordneten Funktionseinheiten andererseits ist.
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 13 wird auf die Streitpatentschrift EP 1 287 209 B1 Bezug genommen.
Die Klägerin macht den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ) geltend, wobei sie sich auf folgende Publikationen beruft:
K2 deutsches Gebrauchsmuster 1 799 691
K3 deutsches Gebrauchsmuster 81 33 875 U1
K4 deutsches Gebrauchsmuster 87 17 325 U1
Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ist ihrer Meinung nach gegenüber jeder dieser Entgegenhaltungen nicht neu. Auch die Merkmale der Unteransprüche enthielten nichts Patentfähiges.
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 1 287 209 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen das Streitpatent in der Fassung des mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2018 eingereichten Hauptantrags richtet,
hilfsweise, soweit sie sich gegen das Streitpatent in der Fassung des mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2018 eingereichten Hilfsantrags 1 richtet,
weiter hilfsweise, soweit sie sich gegen das Streitpatent in der Fassung des in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsantrags 1a richtet,
äußerst hilfsweise, soweit sie sich gegen den mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2018 eingereichten Hilfsantrag 2 richtet.
In der Fassung gemäß Hauptantrag werden dem Wortlaut des erteilten Patentanspruchs 1 folgende (durch Unterstreichung kenntlich gemachte) Worte hinzugefügt:
1. Sanitäres Einbauteil (1, 3, 4 und 5), das in ein Auslaufmundstück einer sanitären Auslaufarmatur einsetzbar ist, mit mehreren verschiedenen, darin einsetzbaren Funktionseinheiten,……
Die erteilten Ansprüche 2 bis 13 sind auf den geänderten Hauptanspruch rückbezogen.
Wegen des Wortlauts der Patentansprüche in der Fassung der Hilfsanträge wird auf die Anlagen zum Schriftsatz der Beklagten vom 18. Dezember 2018 (Bl. 171 ff., 195 ff. d. A.) bzw. zum Protokoll der mündlichen Verhandlung (Bl. 238 ff. d. A.) verwiesen.
Die Beklagte widerspricht dem Vortrag der Klägerin und hält das Streitpatent in den von ihr verteidigten Fassungen für bestandsfähig. Sie verweist auch auf parallele Patenterteilungen in Deutschland, Brasilien und den USA.
Die Klägerin rügt die Vorlage des Hilfsantrags 1a in der mündlichen Verhandlung als verspätet; im Übrigen hält sie auch die mit Haupt- und Hilfsanträgen verteidigten Anspruchsfassungen nicht für patentfähig.
Der Senat hat den Parteien mit Schreiben vom 16. November 2018 einen frühen gerichtlichen Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG zukommen lassen.
Wegen des Vorbringens der Parteien wird im Übrigen auf deren Schriftsätze mit sämtlichen Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Die Klage ist zulässig und in der Sache teilweise begründet. Das Streitpatent ist ohne Sachprüfung insoweit für nichtig zu erklären, als es über die von der Beklagten in zulässiger Weise nur noch beschränkt verteidigte Fassung hinausgeht (vgl. Schulte/Voit, PatG, 10. Aufl., § 81 Rn. 127). In Bezug auf die mit Hauptantrag verteidigte Anspruchsfassung liegt der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ) nicht vor, weshalb die Klage in diesem Umfang abzuweisen war. Über die von der Beklagten mit deren Hilfsanträgen verteidigten Fassungen des Streitpatents war demnach nicht zu entscheiden.
I.
1. Die vorliegende Erfindung geht nach ihrer Beschreibung in der Streitpatentschrift (Abs. [0002]) von bekannten sanitären Einbauteilen wie Strahlreglern, Durchflussbegrenzern oder Durchflussmengenreglern aus, die beispielsweise zur Belüftung des Wasserstrahls oder zur Vergleichmäßigung beziehungsweise Begrenzung der pro Zeiteinheit durchströmenden Wassermenge einzeln oder in Kombination miteinander in das Auslaufmundstück einer sanitären Auslaufarmatur einsetzbar sind. So sei aus der Druckschrift DE 195 10 734 A1 ein sanitäres Einbauteil mit einem Strahlregler und einem zuströmseitigen Vorsatzsieb bekannt. Zwischen dem Vorsatzsieb und der abströmseitig nachgeschalteten Funktionseinheit könne bei Bedarf ein Durchflussmengenregler zwischengeschaltet werden. Strahlregler, Durchflussmengenregler und Vorsatzsieb besäßen dazu an ihren einander zugewandten Stirnseiten komplementär geformte Rastmittel (Streitpatentschrift, Absatz [0004]).
Durch das Zwischenschalten des Durchflussmengenreglers benötige das vorbekannte sanitäre Einbauteil eine größere Einbaulänge. Da aber im Auslaufmundstück einer sanitären Auslaufarmatur nur eine begrenzte Einbauhöhe zur Verfügung stehe, hätten das Vorsatzsieb und der Durchflussmengenregler im Vergleich zum Strahlregler einen geringeren Durchmesser, um in den lichten Durchflussquerschnitt der sanitären Auslaufarmatur vorstehen zu können (Streitpatentschrift, Absatz [0005]). Dieser lichte Durchflussquerschnitt stehe aber einem solchen Einbauteil auch nicht immer zur Verfügung (Streitpatentschrift, Absatz [0006]).
Es bestehe daher insbesondere die Aufgabe, ein vielseitig einsetzbares sanitäres Einbauteil der eingangs erwähnten Art zu schaffen, das in jedem Fall im Auslaufmundstück einer sanitären Auslaufarmatur untergebracht werden könne, und dessen Herstellung dennoch mit einem vergleichsweisen geringen Aufwand verbunden sei (Streitpatentschrift, Absatz [0007]).
2. Diese Aufgabe soll erfindungsgemäß durch ein Erzeugnis mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 1 gelöst werden. Die Merkmale dieses Anspruchs können wie folgt gegliedert werden (entsprechend dem Vorschlag der Klägerin mit Ergänzung gemäß Hauptantrag der Beklagten):
a) sanitäres Einbauteil (1, 3, 4 und 5), das in ein Auslaufmundstück einer sanitären Auslaufarmatur einsetzbar ist,
b) mit mehreren verschiedenen, darin einsetzbaren Funktionseinheiten,
c) das Einbauteil (1, 3, 4 und 5) weist ein Außengehäuse (2) auf,
d) das Außengehäuse (2) hat zumindest ein Gehäuseteil (6, 7, 30), das zuströmseitig eine Einsetzöffnung (10) aufweist,
e) durch die Einsetzöffnung (10) sind die Funktionseinheiten bis zu einem zugeordneten Einsetzanschlag (18, 19, 29) in das Gehäuseinnere einsetzbar,
f) dem (wenigstens einen) Einsetzanschlag (18, 19, 29) ist ein Gehäuse-Freiraum (20, 21, 22) zur Aufnahme des über den Einsetzanschlag (18, 19, 29) vorstehenden Überstands der Funktionseinheiten in Einsetzrichtung vor- und/oder nachgeordnet,
g) dem Gehäuse-Freiraum (20, 21, 22) sind mehrere der obengenannten verschiedenen und wahlweise miteinander kombinierten, in den Gehäuse-Freiraum einsetzbare Funktionseinheiten zugeordnet,
h) der dem Einsetzanschlag (18, 19, 29) vor- und/oder nachgeschaltete Gehäuse-Freiraum (20, 21, 22) hat in Einsetzrichtung eine Längserstreckung, die gleich oder größer als der maximale Abstand zwischen dem Einsetzanschlag (18, 19, 29) einerseits und der in diesen Gehäuse-Freiraum (20, 21, 22) vorstehenden Funktionseinheit-Stirnseite der dem Einbauteil (1, 3, 4, 5) zugeordneten Funktionseinheiten andererseits ist.
3. Zuständiger Durchschnittsfachmann, auf dessen Wissen und Können es insbesondere für die Auslegung der Merkmale des Streitpatents und für die Interpretation des Standes der Technik ankommt, ist im vorliegenden Fall ein Techniker im Sanitärbereich mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung, Konstruktion und Fertigung von Sanitärarmaturen.
4. Dieser Fachmann legt den Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 folgendes Verständnis zu Grunde:
a) Bei dem patentierten Gegenstand handelt es sich um ein sanitäres Einbauteil, das ein Außengehäuse mit einer Einsetzöffnung zum Einsetzen verschiedener Funktionseinheiten aufweist (Merkmale a) bis d)). Der Begriff des „sanitären Einbauteils“ lässt an sich offen, ob sein Außengehäuse auch unmittelbar (etwa mittels eines Außen- oder Innengewindes) in bzw. an einem Auslauf einer sanitären Armatur angebracht werden kann, oder ob es lediglich dafür vorgesehen ist, in ein (vom Einbauteil separates) Mundstück eines Wasserauslaufs eingebaut zu werden. Durch die im Hauptantrag der Beklagten enthaltene Ergänzung ist der Anspruchsgegenstand nunmehr eindeutig auf die letztgenannte (engere) Auslegung beschränkt.
b) Die „Funktionseinheiten“, bei denen es sich um Einbauelemente zur gezielten Beeinflussung des Wasserstrahls handelt (z. B. belüfteter Strahlregler, Strahlzerlege- und Strahlreguliereinrichtung, Durchflussbegrenzer, Durchflussmengenregler, Rückflussverhinderer, Vorsatzsieb, vgl. etwa Streitpatentschrift, Absätze [0024] bis [0026], [0033], [0034] und Patentansprüche 7 bis 9, 13), sind bis zu einem zugeordneten Einsetzanschlag in das Gehäuseinnere einsetzbar (Merkmal e), wobei dem (wenigstens einen) Einsetzanschlag ein Gehäuse-Freiraum zur Aufnahme des darüber vorstehenden Überstands der Funktionseinheiten „in Einsetzrichtung vor- und/oder nachgeordnet“ ist. Diese Formulierung bringt zum Ausdruck, dass der Gehäuse-Freiraum in Fließrichtung des Wassers vor und/oder nach dem Einsetzanschlag zu liegen kommen kann.
c) Der Hauptanspruch 1 gibt nicht an, welche der verschiedenen Funktionseinheiten bei dem dort beanspruchten Erzeugnis konkret vorhanden sein müssen. Zur Verwirklichung des Anspruchsgegenstandes ist es vielmehr ausreichend, wenn das - mit einem Außengehäuse samt Einsetzöffnung, Einsetzanschlag und Gehäuse-Freiraum versehene - sanitäre Einbauteil einerseits zur Aufnahme mehrerer verschiedener, wahlweise miteinander kombinierbarer Funktionseinheiten und andererseits dazu geeignet ist, selbst in das Auslaufmundstück einer sanitären Auslaufarmatur eingesetzt zu werden. Merkmal g), das dem Gehäuse-Freiraum mehrere verschiedene und wahlweise miteinander kombinierte, darin einsetzbare Funktionseinheiten zuordnet, ist damit als Zweck- oder Funktionsangabe zu verstehen. Eine in einem Sachanspruch eines Patents enthaltene Zweck- oder Funktionsangabe für die beanspruchte Vorrichtung bringt regelmäßig zum Ausdruck, dass die Vorrichtung für den genannten Zweck oder die genannte Funktion objektiv geeignet sein muss (vgl. BGH GRUR 2018, 1128 - Gurtstraffer m. w. N.). In diesem Sinne konkretisiert Merkmal g) den vorliegenden Patentgegenstand auf sanitäre Einbauteile, die objektiv in der Lage sind, mehrere verschiedene und wahlweise miteinander kombinierte, darin einsetzbare Funktionseinheiten aufzunehmen und die damit ausgedrückte Wahlmöglichkeit zu bewerkstelligen.
d) Die Merkmale g) und h) bringen den Kern der vorliegenden Erfindung zum Ausdruck. Der Gehäuse-Freiraum ist danach so ausgestaltet, dass in ihm mehrere verschiedene und wahlweise zu kombinierende Funktionseinheiten untergebracht werden können. Dies wird dadurch bewerkstelligt, dass der Gehäusefreiraum in Einsetzrichtung eine Längserstreckung aufweist, die gleich oder größer ist als der maximale Abstand zwischen dem Einsetzanschlag und den diesem zugeordneten (ggf. verschiedenen, wahlweise zu kombinierenden) Funktionseinheiten. Zum Gehäusefreiraum kann im Übrigen - wie die Figuren 1 und 3 bis 5 der Streitpatentschrift zeigen - auch ein Bereich oberhalb des Gehäuses gehören, in den sich das kegelförmige Vorsatzsieb 27 und die unmittelbar darunter angeordneten Elemente von Funktionseinheiten hinein erstrecken.
e) Durch das Erfordernis der wahlweisen Kombinierbarkeit von verschiedenen Funktionseinheiten soll zum Ausdruck gebracht werden, dass bei der konkreten Ausgestaltung des sanitären Einbauteils im Einzelfall eine Wahlmöglichkeit im Hinblick auf die Zahl und die Zusammensetzung der Funktionseinheiten besteht. Diese Wahlmöglichkeit besteht allerdings nicht grenzenlos, vielmehr nur unter Berücksichtigung der vorhandenen räumlichen Gegebenheiten.
II.
Die beschränkte Verteidigung des Streitpatents in Gestalt des von der Beklagten vorgelegten Hauptantrags ist zulässig. Insbesondere wird der Gegenstand des Patentanspruchs 1 durch den Zusatz, wonach das beanspruchte sanitäre Einbauteil in ein Auslaufmundstück einer sanitären Auslaufarmatur einsetzbar ist, nicht unzulässig erweitert. Der Figurenbeschreibung in der Streitpatentschrift kann nämlich bereits entnommen werden, dass jedenfalls die dargestellten Ausführungsbeispiele derartige Einbauteile betreffen (s. Streitpatentschrift, Absatz [0021]).
Durch den Zusatz werden andererseits - von Patentanspruch 1 in seiner erteilten Fassung mit erfasste - Ausführungen, bei denen das Außengehäuse des sanitären Einbauteils unmittelbar in bzw. an dem Auslauf einer sanitären Armatur angebracht werden kann (s. o. I.4.a), vom Patentschutz ausgenommen, weshalb es sich bei der vorgenommenen Ergänzung auch nicht um eine bloße Klarstellung handelt, die im Patentnichtigkeitsverfahren nicht zulässig wäre (vgl. BGH GRUR 1988, 757 - Düngerstreuer).
III.
Durch keine der von der Klägerin genannten Druckschriften war der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der von der Beklagten mit Hauptantrag verteidigten Fassung neuheitsschädlich vorweggenommen.
1. Das einen Wasserstrahlregler betreffende deutsche Gebrauchsmuster 1 799 691 (K2) weist allerdings eine ganze Reihe von Übereinstimmungen mit dem genannten Anspruchsgegenstand auf.
So wird in K2 ein als Kopf bezeichnetes Außengehäuse gelehrt (Merkmal c)), das eine Einsatzöffnung aufweist (Merkmal d)), durch die mehrere verschiedene Funktionseinheiten - z. B. Scheibe 5 und durchlochte Scheibe 8 oder durchlöcherte Scheibe 15 mit Körper 16 sowie Strahlregulierungssieb 17 (vgl. Figur 2) - bis zu einem zugeordneten - dort mit Schulter 9 bezeichneten - Einsetzanschlag in das Gehäuseinnere einsetzbar sind (Merkmal e)). Dem Einsetzanschlag 9 ist, wie aus K2, Figur 2, ersichtlich, ein Gehäuse-Freiraum zur Aufnahme des über den Einsetzanschlag vorstehenden Überstands der Funktionseinheiten in Einsetzrichtung vor- und/oder nachgeordnet (Merkmal f)).
Auch das Merkmal h) ist in K2 verwirklicht. Der dem Einsetzanschlag 9 vor- und/oder nachgeschaltete Gehäuse-Freiraum hat in Einsetzrichtung eine Längserstreckung, die größer ist als der maximale Abstand zwischen dem Einsetzanschlag 9 einerseits und der Stirnseite der in diesen Gehäuse-Freiraum vorstehenden, dem Einbauteil zugeordneten Funktionseinheiten andererseits.
Allerdings wird der Kopf 1 in sämtlichen in der Druckschrift K2 dargestellten Ausführungsformen auf das Auslaufende eines Wasserhahns aufgeschraubt, weshalb er nicht i. S. d. (gemäß Hauptantrag der Beklagten geänderten) Merkmals a) in ein Auslaufmundstück einer sanitären Auslaufarmatur einsetzbar ist.
Vor allem ist bei K2 das erfindungswesentliche Merkmal g) nicht verwirklicht. Ein Gegenstand ist nämlich nur dann neuheitsschädlich getroffen, wenn die Vorveröffentlichung den Gegenstand unmittelbar und eindeutig zeigt (vgl. BGHZ 179, 168, Tz. 25 - Olanzapin), was auch für die objektive Eignung eines Gegenstands mit Blick auf Zweck- oder Funktionsangaben in dem Patentanspruch gilt, um dessen Vorwegnahme durch den Stand der Technik es geht (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2015, X ZR 67/13, Tz. 37). Daran fehlt es. Die in Merkmal g) angesprochene Eignung ist bei K2 nicht in der Beschreibung angesprochen, ebenso wenig lässt sie sich unmittelbar und eindeutig den Zeichnungen entnehmen. Zwar sind in den Ausführungsbeispielen von K2 gemäß den Figuren 1 bis 3 jeweils mehrere verschiedene Funktionseinheiten vorhanden. Jedoch sind die Kopfteile 1 dort, wie die Ausführungsbeispiele in den Figuren 1 bis 3 zeigen, an die verschieden geformten Körper zum Zerstreuen des Wasserstrahls angepasst. Damit kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht angenommen werden, dass sich aus den Zeichnungen in K2 eine beliebige Austauschbarkeit der in ein und demselben Gehäuse befindlichen Funktionseinheiten ergäbe. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die in den Ausführungsbeispielen dargestellten Funktionseinheiten wahlweise miteinander kombiniert werden können bzw. dass der Fachmann am Prioritätstag in Bezug auf K2 eine derartige Einsatzmöglichkeit mitgelesen hat. Aus K2 ist daher weder die Zuordnung von wahlweise miteinander kombinierten, in ein und dasselbe Kopfteil einsetzbaren Funktionseinheiten bekannt, noch gibt diese Schrift Hinweise auf ein derartiges Vorgehen.
2. Das deutsche Gebrauchsmuster 81 33 875 U1 (K3) zeigt in Figur 1 ein dort ebenfalls als Strahlregler bezeichnetes sanitäres Bauteil, bei dem in ein als Auslaufmundstück einer sanitären Auslaufarmatur fungierendes Gehäuse 2 mit Anschlussmundstück 3 ein Einbauteil eingesetzt ist (Merkmale a), b)).
Das Einbauteil weist ein Außengehäuse i. S. d. Merkmals c) auf. Dieses wird in K3 zwar nicht ausdrücklich erwähnt und auch nicht mit einer Bezugsziffer bezeichnet; es ist jedoch deutlich als ein im Gehäuse 2 (d. h. im Auslaufmundstück) eingesetztes, mehrfach abgesetztes hülsenförmiges Gehäuse erkennbar, das an seinem unteren Ende eine Auflage für das grobmaschige Sieb 18 bildet und sich von diesem Sieb seitlich bis zu einer einen Einsetzanschlag bildenden konischen Abstufung nach oben erstreckt.
Auch mehrere in das Einbauteil einsetzbare Funktionseinheiten i. S. d. Merkmals b) sind bei K3 vorhanden, z. B. Vorsatzsieb 6, Strahlzerlege-Einrichtung 5 mit Zerlegeplatte 10, Prallkörper 11 und Prallfläche 12 sowie Strahlregulierer 8 (vgl. Fig. 1), ebenso eine Einsetzöffnung, durch die die Funktionseinheiten bis zu einem zugeordneten Einsetzanschlag in das Gehäuseinnere einsetzbar sind (Merkmale d), e)), und ein in Einsetzrichtung nachgeordneter Gehäuse-Freiraum zur Aufnahme des über den Einsetzanschlag vorstehenden Überstands der Funktionseinheiten (Merkmal f)). Da der Einsetzanschlag zugleich das obere Ende des (bei K3 als Innengehäuse eingezeichneten) Außengehäuses dient, gibt es hier allerdings keinen dem Einsetzanschlag vorgeordneten Gehäuse-Freiraum.
Das Merkmal g) geht aus K3 jedoch ebenso wenig hervor wie aus K2. Zwar sind dort dem Gehäuse-Freiraum mehrere der genannten verschiedenen, in den Gehäuse-Freiraum ersetzbaren Funktionseinheiten, wie Vorsatzsieb 6 und Strahlzerlege-Einrichtung 5 mit Zerlegeplatte 10, Prallkörper 11 und Prallfläche 12 sowie Strahlregulierer 8, zugeordnet. Jedoch sind diese Funktionseinheiten nicht wahlweise miteinander kombinierbar. Vielmehr offenbart die Figur 1 nebst zugehöriger Beschreibung nur den dort gezeigten Zusammenbau mit zum Teil ineinander geschachtelten Funktionseinheiten.
3. Das deutsche Gebrauchsmuster 87 17 325 U1 (K4) betrifft wiederum einen Strahlregler, der in einen Wasserhahn einschraubbar ist, weshalb er das (gemäß Hauptantrag geänderte) Merkmal a) nicht erfüllt.
Dagegen gehen auch aus K4 die Merkmale b) bis f) und h) hervor. So sind mehrere verschiedene, in den Strahlregler einsetzbare Funktionseinheiten vorhanden, darunter ein Schmutzsieb 13, ein Strahlrichtungsgeber 10 und ein Zwischenstück 7 mit Auslaufsieb 9 (vgl. Figur 1), ebenso ein Außengehäuse 2 mit einem Gehäuseteil, das zuströmseitig eine Einsetzöffnung aufweist. Durch diese Einsetzöffnung sind die Funktionseinheiten bis zu einem zugeordneten, dort als Widerlager 6 bezeichneten Einsetzanschlag in das Gehäuseinnere einsetzbar (vgl. Fig. 1). Dem Einsetzanschlag ist, wie aus Figur 1 ebenfalls ersichtlich, ein Gehäuse-Freiraum zur Aufnahme des über den Einsetzanschlag vorstehenden Überstands der Funktionseinheiten in Einsetzrichtung vor- und/oder nachgeordnet. Die Längserstreckung des Gehäuse-Freiraums ist größer als der maximale Abstand zwischen dem Einsetzanschlag 6 einerseits und der Stirnseite der diesem zugeordneten, vorstehenden Funktionseinheiten.
Wahlweise miteinander kombinierbare Funktionseinheiten i. S. d. Merkmals g) sind aber auch der Entgegenhaltung K4 nicht zu entnehmen. In allen Figuren sind nämlich Funktionseinheiten mit gleichem Aufbau gezeigt.
IV.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hauptantrags der Beklagten war dem Fachmann am Prioritätstag auch nicht nahegelegt.
Insbesondere führt die Zusammenschau der Druckschriften K3 und K2 nicht zum Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 des Hauptantrags. Durch den Stand der Technik nach K3 ist zwar ein Einbauteil mit eingesetzten Funktionsteilen bekannt. Ziel dieser Entgegenhaltung ist die Herbeiführung einer möglichst geräuscharmen Strahlzerlegung (vgl. K3, Seite 2, Absatz 3). Für den Fachmann ergibt sich daraus keine Veranlassung, das Einbauteil so zu gestalten, dass sich in den Gehäuse-Freiraum des Einbauteils Funktionsteile in unterschiedlicher Kombination einsetzen lassen. Selbst wenn der Fachmann, trotz fehlender Veranlassung, auch die Offenbarung der Druckschrift K2 mit heranziehen würde, so ergibt sich auch daraus kein Hinweis auf die Zuordnung von wahlweise miteinander kombinierten, in ein und dasselbe Kopfteil bzw. in einen Gehäuse-Freiraum eines Einbauteils einsetzbaren Funktionseinheiten (s. o. III.1).
Aus diesem Grund gelangt man auch ausgehend von K2 nicht in naheliegender Weise zum Streitgegenstand. So mag es zwar keiner erfinderischen Tätigkeit bedürfen, die bei K2 in das jeweilige Auslaufmundstück (= Kopfteile 1) eingelegten Funktionseinheiten im Hinblick auf eine vereinfachte Handhabung und entsprechend der Lehre von K3 in einem Gehäuse als Einbauteil zusammenzufassen. Jedoch gelangt der Fachmann dann immer noch nicht zur erfindungsgemäßen Ausführungsform. Vielmehr wird ihm durch K2 nahegelegt, für jede Kombination von Funktionseinheiten ein speziell daran angepasstes Gehäuse auszuwählen. Einen Hinweis auf die Verwendung eines identischen Gehäuses zur Aufnahme von verschieden kombinierten Funktionseinheiten erhält der Fachmann weder aus K2 noch aus dem weiteren Stand der Technik.
V.
Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags hat somit Bestand. Die hierauf rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 13 werden von der Bestandskraft des mit Hauptantrag verteidigten Hauptanspruchs mitgetragen.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Soweit die Beklagte das Streitpatent nur beschränkt verteidigt, hat sie sich in die Rolle der Unterlegenen begeben und ist im Umfang der Beschränkung kostenpflichtig.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.