Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 21.09.2017


BVerwG 21.09.2017 - 7 C 29/15

Maßstäbe für Vorsatz und Fahrlässigkeit; keine Zurechnung eines Gutachterverschuldens


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsdatum:
21.09.2017
Aktenzeichen:
7 C 29/15
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2017:210917U7C29.15.0
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 22. Juli 2015, Az: 8 A 10041/15, Urteilvorgehend VG Neustadt (Weinstraße), 25. März 2014, Az: 5 K 505/13.NW, Urteil
Zitierte Gesetze
Art 2 Nr 6 EGRL 35/2004
Art 3 Abs 1 Buchst b EGRL 35/2004

Leitsätze

1. Vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln des nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG Verantwortlichen bestimmt sich nach zivilrechtlichen Maßstäben.

2. Die Verantwortlichkeit nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG setzt kein rechtswidriges Handeln voraus.

3. § 278 BGB findet im Rahmen der Verantwortlichkeit nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG keine entsprechende Anwendung.

Tatbestand

1

Der Kläger, eine anerkannte Naturschutzvereinigung, begehrt vom Beklagten die Anordnung von Sanierungsmaßnahmen nach dem Umweltschadensgesetz gegenüber der Beigeladenen zu 1.

2

Die Beigeladene zu 1 betreibt eine Getreidemühle, die ihren Betrieb durch bauliche Maßnahmen auf dem Grundstück Flurstück a der Gemarkung F. (Eingriffsgrundstück) erweitert hat. Die Baugenehmigung sowie eine wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung erteilte der Beigeladene zu 2 jeweils am 29. Juni 2012. Die von den baulichen Maßnahmen betroffenen Flächen liegen teilweise im FFH-Gebiet "M.". Erhaltungszielarten sind dort unter anderem die Falterarten Großer Feuerfalter und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling.

3

Einen das Eingriffsgrundstück betreffenden vorhabenbezogenen Bebauungsplan vom 22. Juni 2010 erklärte das Oberverwaltungsgericht unter anderem wegen Defiziten der FFH-Vorprüfung für unwirksam. Im Auftrag der Beigeladenen zu 1 erstellte die ... (B-GmbH) im Rahmen des anschließenden ergänzenden Bebauungsplanverfahrens am 21. September 2011 einen Fachbeitrag zum speziellen Artenschutz (Fachbeitrag). Danach ist aufgrund des Vorkommens des Großen Feuerfalters sowie eines potenziellen Vorkommens des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings auf dem Eingriffsgrundstück die Erfüllung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen nicht auszuschließen. Der Fachbeitrag empfiehlt insoweit vorsorglich Vermeidungsmaßnahmen, namentlich die Ansiedlung der auf dem Eingriffsgrundstück vorgefundenen Nahrungspflanzen Krauser Ampfer und Großer Wiesenknopf auf dem benachbarten Grundstück Flurstück b der Gemarkung F. (Ausgleichsgrundstück) sowie eine ergänzende Ansaat der Nahrungspflanzen. Auf dem Ausgleichsgrundstück bedürfe es zudem einer Reduzierung des Nährstoffgehalts durch Abtrag des Oberbodens. Des Weiteren seien dort eine 5-jährige Entwicklungspflege sowie eine dauerhafte Unterhaltungspflege durchzuführen.

4

Die geänderte Fassung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans vom 22. März 2012 setzte Maßnahmen zur Pflege und Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft auf der Grundlage des Fachbeitrags fest. Auch dieser Bebauungsplan wurde vom Oberverwaltungsgericht für unwirksam erklärt. Am 15. Januar 2013 beschloss die Gemeinde F. einen Bebauungsplan "F. M.". Dessen textliche Festsetzungen ordnen im Wesentlichen die gleichen Maßnahmen wie der Bebauungsplan vom 22. März 2012 an. Ziffer 1.9 bestimmt, dass bis zum Beginn der Durchführung der in Ziffer 4.2 festgesetzten Maßnahmen (Verpflanzung der Einzelpflanzen bzw. Pflanzengruppen der Arten Krauser Ampfer und Großer Wiesenknopf vom Grundstück Flurstück a; Oberbodenabtrag auf dem Grundstück Flurstück b) die Errichtung von baulichen Anlagen auf dem Eingriffsgrundstück nicht zulässig ist. Einen gegen den Bebauungsplan vom 15. Januar 2013 gerichteten Normenkontrollantrag wies das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 2. Juli 2014 zurück. Eine ergänzende, von der Beigeladenen zu 1 in Auftrag gegebene FFH-Verträglichkeitsuntersuchung der B-GmbH vom 13. März 2013 ist zu dem Ergebnis gekommen, dass für die Arten Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter eine vorhabenbedingte erhebliche Beeinträchtigung jeweils ausgeschlossen werden könne und Maßnahmen zur Schadensbegrenzung nicht erforderlich seien.

5

Für die seitens der Beigeladenen zu 1 auf dem Ausgleichsgrundstück durchgeführten naturschutzfachlichen Vermeidungsmaßnahmen zugunsten der Erhaltungszielarten Großer Feuerfalter und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling erteilte der Beigeladene zu 2 am 29. September 2011 eine wasserrechtliche Genehmigung, einen Erdabtrag von im Mittel 20 cm auf einer Teilfläche des Grundstücks vorzunehmen. Eine Nebenbestimmung legt fest, dass bei der Bauausführung darauf zu achten ist, die Abgrabungstiefe genau einzuhalten, weil bei einer tieferen Abgrabung die Gefahr einer Vernässung bestehe, die den Zweck des Vorhabens gefährde.

6

Die Beigeladene zu 1 begann im Herbst 2011 durch Abgraben des Ausgleichsgrundstücks mit der naturschutzfachlichen Maßnahme. Wegen eines Nachbarwiderspruchs gegen die wasserrechtliche Genehmigung vom 29. September 2011 verfügte der Beigeladene zu 2 am 17. November 2011 die Einstellung der Arbeiten auf dem Ausgleichsgrundstück. In der Folge wurden die Baumaßnahmen auf dem Eingriffsgrundstück durchgeführt.

7

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 12. November 2012 beim Beklagten die Anordnung von Maßnahmen zur Sanierung eingetretener Umweltschäden nach dem Umweltschadensgesetz. Die Bebauung des Eingriffsgrundstücks und eine fehlerhafte Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen auf dem Ausgleichsgrundstück (namentlich ein Oberbodenabtrag in einer Tiefe von ca. 40 cm) hätten zu erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf den Lebensraum der Arten Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Großer Feuerfalter geführt.

8

Am 13. Juni 2013 erhob der Kläger Untätigkeitsklage. Mit Bescheid vom 8. Juli 2013 stellte der Beklagte fest, dass ein Umweltschaden nicht vorliege. Es fehle jedenfalls an der Erheblichkeit möglicher nachteiliger Auswirkungen auf den Erhaltungszustand des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings und des Großen Feuerfalters. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 25. März 2014 ab. In Bezug auf die Art Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling liege kein Umweltschaden vor, weil ein Vorkommen auf dem Eingriffsgrundstück nicht belegt sei. Hinsichtlich der Art Großer Feuerfalter habe die Beigeladene zu 1 einen möglichen Umweltschaden jedenfalls nicht schuldhaft herbeigeführt.

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Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 22. Juli 2015 zurückgewiesen. Es bedürfe keiner Klärung, ob ein Umweltschaden vorliege. Es fehle zumindest an einem Verschulden des Verantwortlichen. Die Beigeladene zu 1 habe weder selbst, als Ausübende oder Bestimmerin einer beruflichen Tätigkeit, Schädigungen von Arten und Lebensräumen vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt, noch sei ihr ein Verschulden der von ihr beauftragten Gutachter der B-GmbH zuzurechnen.

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Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Das angefochtene Urteil verkenne den gesetzlichen Verschuldensmaßstab; die Umwelthaftungsrichtlinie gehe von einem vom Zivilrecht abweichenden Verschuldensmaßstab aus. Ein schuldhaftes Verhalten liege bei richtlinienkonformer Auslegung bereits dann vor, wenn der Verantwortliche die Vorgaben der Habitatschutzrichtlinie nicht nach bestem Wissen und Gewissen beachtet habe. Bei einem objektiven Fehlverhalten werde ein Verschulden des Verantwortlichen vermutet. Vorliegend liege das schuldhafte Fehlverhalten darin, dass die Beigeladene zu 1 vor den Maßnahmen auf dem Eingriffs- und dem Ausgleichsgrundstück keine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt habe. Das Oberverwaltungsgericht verkenne, dass der Beigeladenen zu 1 ein Gutachterverschulden gemäß § 278 BGB zugerechnet werden könne. Auch bei Zugrundelegung des vom Oberverwaltungsgericht angenommenen Verschuldensmaßstabes stelle sich das Urteil als rechtswidrig dar. Die Beigeladene zu 1 habe offensichtlich erhaltungszielrelevante Flächen ohne vorherige FFH-Verträglichkeitsprüfung bearbeitet und damit einen Umweltschaden billigend in Kauf genommen. Im Hinblick auf die Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen habe die Beigeladene zu 1 fahrlässig gehandelt. Bei Beachtung der nach dem Artenschutzrecht zu bestimmenden Sorgfaltspflicht hätte sie die Maßnahmen auf dem Eingriffsgrundstück nicht durchführen dürfen, ohne zuvor abzuwarten, ob die Ausgleichsmaßnahmen erfolgreich sein würden. Dass die Gutachter davon ausgegangen seien, auf dem Ausgleichsgrundstück könne sich ein Ersatzlebensraum etablieren, sei unerheblich. Die angefochtene Entscheidung sei zudem unter Verletzung des rechtlichen Gehörs zustande gekommen, weil das Oberverwaltungsgericht sich nicht hinreichend mit dem klägerischen Vorbringen auseinandergesetzt habe.

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Der Kläger beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. Juli 2015 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 25. März 2014 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd vom 8. Juli 2013 zu verpflichten,

1. gegenüber der Beigeladenen zu 1 anzuordnen, das Grundstück Flurstück b der Gemarkung F. auf das Ausgangsniveau vor der durchgeführten Bodenabtragung mit nährstoffarmem Boden aufzufüllen, dort gebietsheimisches Saatgut artenreicher Feuchtwiesen mit einem hohen Anteil an Samen der Arten Großer Wiesenknopf und Krauser Ampfer auszubringen und für den Zeitraum von fünf Jahren beginnend mit dem auf die Ansaat folgenden Frühjahr eine Entwicklungspflege und sodann eine Unterhaltungspflege im Sinne der Nr. 3.3.4 des Fachbeitrages der B-GmbH vom 21. September 2011 durchzuführen,

2. gegenüber der Beigeladenen zu 1 anzuordnen, das Grundstück Flurstück a der Gemarkung F. unter Rückbau der errichteten baulichen Anlagen auf das Bodenniveau vor dem Eingriff zurückzuversetzen, dort 50 Pflanzen der Art Krauser Ampfer und 8 Pflanzen der Art Großer Wiesenknopf durch Sodenübertragung aus Flächen im Naturraum "Nördliches Oberrheintiefland" einzubringen und die Fläche im Übrigen entsprechend dem Antrag zu 1 zu behandeln,

sowie, für den Fall, dass dem Antrag zu 2 stattgegeben wird,

3. gegenüber dem Beigeladenen zu 2 anzuordnen, die der Beigeladenen zu 1 erteilte Baugenehmigung vom 29. Juni 2012 zurückzunehmen,

hilfsweise,

unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über Art und Umfang der durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen neu zu entscheiden.

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Der Beklagte und die Beigeladene zu 1 beantragen jeweils,

die Revision zurückzuweisen.

13

Das angefochtene Urteil stelle sich jedenfalls im Ergebnis als richtig dar. Der Kläger schließe zu Unrecht von der rechtswidrigen Verursachung eines Umweltschadens auf das Vorliegen von Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Bezugspunkt für das Verschulden seien weder die Vorgaben des Gebietsschutz- noch des Artenschutzrechts, sondern die Arten und natürlichen Lebensräume im Sinne des § 19 Abs. 2 und 3 BNatSchG. Für die Anwendbarkeit des § 278 BGB fehle es an dem erforderlichen Sonderrechtsverhältnis.

14

Der Beigeladene zu 2 verteidigt das angefochtene Urteil.

15

Nach Auffassung des Vertreters des Bundesinteresses setzt eine Haftung nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG ein Verschulden des Verantwortlichen im zivilrechtlichen Sinne des § 276 BGB voraus. Auch seien zivilrechtliche Zurechnungsnormen zu berücksichtigen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist sowohl hinsichtlich der Hauptanträge als auch im Hilfsantrag unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht mit Bundesrecht in Einklang.

17

A. Das Oberverwaltungsgericht hat sein Urteil maßgeblich darauf gestützt, dass es hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Schädigung von Arten und natürlichen Lebensräumen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (Umweltschadensgesetz - USchadG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 10. Mai 2007 (BGBl. I S. 666), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 4. August 2016 (BGBl. I S. 1972) an einem vorsätzlichen oder fahrlässigen Handeln der Beigeladenen zu 1 als Verantwortlicher (§ 2 Nr. 3 USchadG) fehle und ein etwaiges Verschulden der von der Beigeladenen zu 1 beauftragten naturschutzfachlichen Gutachter dieser jedenfalls nicht zuzurechnen sei. Dies ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

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I.1. Vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln des nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG Verantwortlichen bestimmt sich nach zivilrechtlichen Maßstäben.

19

a) Eine eigenständige Begriffsbestimmung von Vorsatz und Fahrlässigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG trifft der Gesetzgeber des Umweltschadensgesetzes nicht. Auch den Gesetzgebungsmaterialien ist ein Hinweis auf insoweit heranzuziehende besondere Maßstäbe nicht zu entnehmen (vgl. BT-Drs. 16/3806 S. 22). Solche sind auch sonst nicht ersichtlich. Namentlich aus dem allgemeinen Gefahrenabwehrrecht, das die Begründung des Gesetzentwurfs in Bezug nimmt (vgl. BT-Drs. 16/3806 S. 21), ergeben sich keine Maßstäbe oder Begriffsbestimmungen für Vorsatz und Fahrlässigkeit. Zur Begründung der Polizeipflicht spielt es nach allgemeinem Verständnis mit Blick auf eine effektive Gefahrenabwehr keine Rolle, ob eine Gefahr vom Pflichtigen vorsätzlich oder fahrlässig hervorgerufen wird.

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Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, im Rahmen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG auf ein Verständnis von Vorsatz und Fahrlässigkeit abzustellen, wie es der Zivilrechtsordnung und insbesondere der Vorschrift des § 276 BGB zugrunde liegt und hinsichtlich des Begriffs der Fahrlässigkeit in § 276 Abs. 2 BGB seinen positiv-rechtlichen Ausdruck findet. Die Heranziehung von im Zivilrecht geltenden Maßstäben auch im Bereich des öffentlichen Rechts, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt. So greift die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mangels einer spezielleren Regelung auch bei der Auslegung von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG den § 276 Abs. 2 BGB auf (siehe etwa zum Fahrlässigkeitsbegriff BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2007 - 2 B 93.07 - Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 120 Rn. 5 f.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 2003 - 8 B 68.03 - juris Rn. 5 m.w.N.).

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b) Unionsrecht steht dem nicht entgegen. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (ABl. L 143 S. 56) - Umwelthaftungsrichtlinie (UH-RL) - enthält eine auf vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln abstellende verschuldensabhängige Haftungsregelung. Diese tritt neben die verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung für bestimmte (gefährliche) berufliche Tätigkeiten in Art. 3 Abs. 1 Buchst. a UH-RL. Aus der Entstehungsgeschichte des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b UH-RL (Gemeinsamer Standpunkt (EG) des Rates Nr. 58/2003 vom 18. September 2003, ABl. 2003 C 277 E, S. 10) wird deutlich, dass mit dem nachträglich eingefügten Verschuldenserfordernis für Biodiversitätsschäden aufgrund ungefährlicher beruflicher Tätigkeiten, eine Beschränkung der Haftung im Sinne eines Verschuldens im hergebrachten Verständnis des (zivilen) Haftungsrechts angestrebt wurde. Es liegt daher nahe, für die Begriffsbestimmung von Vorsatz und Fahrlässigkeit jedenfalls sinngemäß auf das überkommene Verständnis des jeweiligen nationalen Zivilrechts zurückzugreifen. Wird ein Tatbestandsmerkmal - wie hier das Verschulden - nicht durch die Umwelthaftungsrichtlinie selbst konkretisiert, sind für dessen Definition die Mitgliedstaaten zuständig (EuGH, Urteil vom 9. März 2010 - C-378/08 [ECLI:EU:C:2010:126] - Rn. 55 für den "ursächlichen Zusammenhang"). Die Begriffe Vorsatz und Fahrlässigkeit sind in die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten integriert, wobei sich der Begriff der Fahrlässigkeit auf ein nicht vorsätzliches Handeln oder Unterlassen bezieht, mit dem die verantwortliche Person ihre Sorgfaltspflicht verletzt (EuGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - C-308/06 [ECLI:EU:C:2008:312] - Rn. 74 f.).

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2. Im Rahmen der verschuldensabhängigen Verantwortlichkeit nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG beziehen sich Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Verantwortlichen auf die Unversehrtheit der nach § 19 Abs. 2 und 3 BNatSchG geschützten Arten und natürlichen Lebensräume. Eine Schädigung dieser Schutzgüter liegt nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG vor, wenn die Einwirkung durch den Verantwortlichen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Erreichung oder Beibehaltung des günstigen Erhaltungszustands der Lebensräume oder Arten hat. Für den Erfolgseintritt im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG genügt es, wenn vom Verantwortlichen unmittelbare Gefahren solcher Schäden verursacht werden.

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a) Anknüpfend hieran ist Vorsatz des Verantwortlichen dann zu bejahen, wenn dieser erhebliche nachteilige Auswirkungen seines Verhaltens auf die Erreichung oder Beibehaltung des günstigen Erhaltungszustands geschützter Lebensräume oder Arten oder die unmittelbare Gefahr solcher erheblichen nachteiligen Auswirkungen vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen hat. Fahrlässig handelt der Verantwortliche, wenn er erhebliche nachteilige Auswirkungen seines Verhaltens auf die Erreichung oder Beibehaltung des günstigen Erhaltungszustands geschützter Lebensräume oder Arten oder unmittelbare Gefahren solcher erheblichen nachteiligen Auswirkungen unter Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt vorhersehen und vermeiden konnte.

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b) Darauf, ob das zum Erfolgseintritt führende Verhalten des Verantwortlichen rechtmäßig ist, kommt es grundsätzlich nicht an. Umgekehrt ist bei der Prüfung, ob eine Handlung als vorsätzlich oder fahrlässig im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG zu qualifizieren ist, ebenfalls grundsätzlich nicht ausschlaggebend, ob die Handlung mit der Rechtsordnung insgesamt, namentlich mit einschlägigen Vorschriften des Naturschutzrechts, in vollem Umfang in Einklang steht.

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Für die Annahme, ein Verschulden im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG setze stets die Rechtswidrigkeit des die Unversehrtheit der nach § 19 Abs. 2 und 3 BNatSchG geschützten Arten und natürlichen Lebensräume berührenden Verhaltens des Verantwortlichen voraus (in diesem Sinne VG Schleswig, Urteil vom 20. September 2012 - 6 A 186.11 - NuR 2013, 442 Rn. 71 m.w.N.), fehlt es am notwendigen Anknüpfungspunkt im Gesetzeswortlaut. Die Gesetzessystematik und die Entstehungsgeschichte der Umwelthaftungsrichtlinie sprechen gegen diese Annahme. So ergibt sich aus § 2 Nr. 3 USchadG, dass Verantwortlicher im Sinne des Umweltschadensgesetzes auch der Inhaber einer - mit Legalisierungswirkung verbundenen - Zulassung oder Genehmigung für eine berufliche Tätigkeit ist, der in Ausübung oder Bestimmung dieser Tätigkeit unmittelbar einen Umweltschaden oder die unmittelbare Gefahr eines solchen Schadens verursacht hat (vgl. hierzu auch OVG Lüneburg, Urteil vom 4. Februar 2016 - 1 LB 2.13 - NuR 2016, 572 Rn. 127). Zudem sieht § 19 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG hinsichtlich eines im Einzelnen festgelegten, begrenzten Bereichs genehmigter oder zulässiger Tätigkeiten einer verantwortlichen Person eine Haftungsfreistellung vor. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass genehmigte oder gesetzeskonforme Tätigkeiten außerhalb des Anwendungsbereichs des § 19 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG grundsätzlich der verschuldensabhängigen Haftung nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG unterworfen sind.

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Auch der Entstehungsgeschichte der Umwelthaftungsrichtlinie ist zu entnehmen, dass sich der Richtliniengeber bewusst gegen die grundsätzliche Ausnahme von erlaubten Tätigkeiten aus dem Anwendungsbereich der Umwelthaftungsrichtlinie entschieden hat. Der Richtlinienentwurf der Kommission (UH-RL-E) hatte in Art. 9 Abs. 1 Buchst. c eine derartige Ausnahme noch vorgesehen (KOM <2002> 17 endg., ABl. 2002 C 151, S. 138). Schon die Kommission ging allerdings davon aus, dass ein rechtmäßiges Verhalten einen Fahrlässigkeitsvorwurf nicht zwingend ausschließen sollte. Denn nach Art. 9 Abs. 2 UH-RL-E sollte Art. 9 Abs. 1 Buchst. c UH-RL-E nicht gelten, wenn der Betreiber fahrlässig handelte. Das Europäische Parlament sah es für eine wirksame Umsetzung des Verursacherprinzips und in Übereinstimmung mit den Regelungen zahlreicher EU-Mitgliedstaaten, welche einer Genehmigung für die Umwelthaftung keine Bedeutung beimessen, jedoch als erforderlich an, diesen Rechtfertigungsgrund zu streichen (Europäisches Parlament, Bericht, A5-0145/2003 endg., S. 79). Dieser Auffassung ist der Rat gefolgt (Gemeinsamer Standpunkt Nr. 58/2003, ABl. C 277, S. 30).

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c) Die Rechtmäßigkeit eines Verhaltens und die Reichweite der Legalisierungswirkung einer Genehmigung für eine schadensverursachende berufliche Tätigkeit sind dessen ungeachtet bei der Frage nach der Haftung des Verantwortlichen von maßgeblicher Bedeutung. So wird ein Verantwortlicher, der schutzwürdig auf eine Genehmigung vertraut, bei einem von der Legalisierungswirkung der Genehmigung umfassten Verhalten regelmäßig nicht fahrlässig handeln (vgl. hierzu etwa Shirvani, UPR 2010, 209 <212> m.w.N.). Demgegenüber wird derjenige im Zweifel mindestens fahrlässig handeln, der bewusst ein die Unversehrtheit der nach § 19 Abs. 2 und 3 BNatSchG geschützten Arten und natürlichen Lebensräume verletzendes Handeln ohne eine hierfür erforderliche Genehmigung ausführt oder der wissentlich gegen naturschutzrechtliche Verbotstatbestände verstößt.

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Für die Auffassung des Klägers, jedes Handeln, dass nicht mit den Maßgaben der Vogelschutz- und FFH-Richtlinie in Einklang stehe, sei dem Verantwortlichen grundsätzlich auch als ein schuldhaftes oder zumindest nachlässiges, jedenfalls haftungsbegründendes Fehlverhalten anzulasten, ist ein normativer Anhalt nicht ersichtlich.

29

Eine Haftung für vermutetes Verschulden kommt ohne einen diesbezüglichen normativen Anhaltspunkt, der für die Verantwortlichkeit nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG nicht ersichtlich ist, hierbei nicht in Betracht. Anhaltspunkte für eine Haftung des Verantwortlichen für vermutetes Verschulden lassen sich - entgegen der Behauptung der Revision - namentlich auch der Umwelthaftungsrichtlinie nicht entnehmen.

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d) Nach allem ist auch den klägerischen Anregungen, dem Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV Fragen zu den Maßstäben von Vorsatz und Fahrlässigkeit im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b UH-RL vorzulegen (Schriftsatz vom 5. September 2017, S. 22, Fragen 4 und 5), nicht zu folgen. Die aufgeworfenen Fragen lassen sich beantworten, ohne dass es hierzu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf. Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass die Mitgliedstaaten für die Ausgestaltung oder Konkretisierung der Umwelthaftungsrichtlinie zuständig sind und insoweit über einen weiten Ermessensspielraum verfügen (EuGH, Urteil vom 9. März 2010 - C-378/08 - Rn. 55 m.w.N.). Dies gilt auch hinsichtlich der Konkretisierung der Begriffe "vorsätzlich" und "fahrlässig" nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b UH-RL im nationalen Recht.

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3. In Übereinstimmung mit den dargelegten bundesrechtlichen Maßstäben hat das Berufungsgericht Vorsatz oder Fahrlässigkeit hinsichtlich des Verhaltens der Beigeladenen zu 1 verneint. Die Beurteilung eines Verhaltens als vorsätzlich oder fahrlässig ist Sache der tatrichterlichen Würdigung und als solche mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Sie unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob das Tatsachengericht die Rechtsbegriffe von Vorsatz oder Fahrlässigkeit verkannt, bei der Beurteilung wesentliche Umstände außer Betracht gelassen oder gegen Verfahrensvorschriften, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2007 - 2 B 93.07 - Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 120 Rn. 7 m.w.N.; stRspr BGH, vgl. nur BGH, Urteil vom 24. April 2012 - XI ZR 96.11 - NJW 2012, 2422 Rn. 24 m.w.N.).

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Derartige Mängel sind für den Senat nicht erkennbar. Der Kläger, der im Kern lediglich eine von derjenigen des Berufungsgerichts abweichende Würdigung des Verhaltens der Beigeladenen zu 1 vornimmt, zeigt solche Defizite nicht auf.

33

a) Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der auf dem Eingriffsgrundstück ergriffenen Maßnahmen - insbesondere die Baufeldfreimachung und die anschließende Bebauung - Vorsatz oder Fahrlässigkeit entscheidungstragend deshalb verneint, weil die Beigeladene zu 1 darauf habe vertrauen dürfen, dass die zum Zeitpunkt der Eingriffe bereits teilweise durchgeführten naturschutzfachlichen Ausgleichsmaßnahmen auf dem Grundstück Flurstück b letztlich zur Schaffung eines zur Kompensation des Lebensraumverlusts und zur Stabilisierung des Erhaltungszustands der lokalen Populationen der betroffenen Falterarten Großer Feuerfalter und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling geeigneten Ersatzlebensraums führen würden. Die Beigeladene zu 1 hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hierauf deshalb vertrauen dürfen, weil die von ihr beauftragten naturschutzfachlichen Gutachter ihrerseits davon ausgegangen sind (und auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht weiter ausgegangen sind), dass sich auf dem Ausgleichsgrundstück dauerhaft ein für die Arten Großer Feuerfalter und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling zur Ansiedlung geeigneter Ersatzlebensraum in einer zur Erreichung oder Beibehaltung eines günstigen Erhaltungszustands der lokalen Populationen dieser Arten ausreichenden Größe und Beschaffenheit etablieren wird (UA S. 27 ff.).

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Diese tatrichterlichen Erwägungen halten der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand. Entgegen der Auffassung der Revision musste das Berufungsgericht insbesondere allein aus dem Umstand, dass eine FFH-Verträglichkeitsuntersuchung erst nach der Durchführung der Umsetzung der Nahrungspflanzen der geschützten Falterarten sowie der Maßnahmen auf dem Eingriffsgrundstück vorgelegt worden ist, nicht auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit bei der Beigeladenen zu 1 schließen. Dies ergibt sich schon daraus, dass Bezugspunkt für Vorsatz oder Fahrlässigkeit des nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG Verantwortlichen allein die Unversehrtheit der nach § 19 Abs. 2 und 3 BNatSchG geschützten Arten und natürlichen Lebensräume und nicht die Einhaltung sämtlicher gegebenenfalls einschlägiger naturschutzrechtlicher Vorschriften ist. Aus dem gleichen Grund lässt sich auch aus einem etwaigen objektiven Verstoß gegen einen artenschutzrechtlichen Verbotstatbestand (vgl. § 44 BNatSchG) nicht ohne Weiteres auf das Vorliegen von Vorsatz oder Fahrlässigkeit beim Verantwortlichen schließen.

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b) Hinsichtlich der auf dem Ausgleichsgrundstück ergriffenen Maßnahmen, namentlich der Abgrabung, hat das Berufungsgericht selbständig tragend festgestellt, dass diese Maßnahmen aufgrund von fachlichen Anleitungen und Empfehlungen der Gutachter erfolgt sind und nichts dafür ersichtlich ist, dass eine etwaige Fehlerhaftigkeit der Anleitungen und Empfehlungen der Gutachter für die Beigeladene zu 1 erkennbar gewesen sein könnte. Davon ausgehend musste das Oberverwaltungsgericht allein aus der Kenntnis der Beigeladenen zu 1 vom Inhalt der wasserrechtlichen Genehmigung vom 29. September 2011, insbesondere der Nebenbestimmungen zur Bauausführung, nicht auf ein Verschulden schließen. Folglich kommt auch dem Umstand keine Bedeutung zu, dass das Oberverwaltungsgericht - nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wohl zu Unrecht - angenommen hat, dass die Baugenehmigung vergleichbare Nebenbestimmungen enthielt.

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Soweit der Kläger Defizite hinsichtlich der ökologischen Baubegleitung seitens der Gutachter rügt, stellt das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler maßgeblich darauf ab, dass auch diesbezügliche etwaige Mängel für die Beigeladene zu 1 nicht erkennbar gewesen seien (vgl. UA S. 32). Schließlich ist auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen auch nichts dafür ersichtlich, dass es sich beim Gutachten der B-GmbH um ein "Gefälligkeitsgutachten" gehandelt haben könnte, dessen etwaige mangelnde Tragfähigkeit zur Abwendung des - vom Berufungsgericht offen gelassenen - Eintritts eines Umweltschadens die Beigeladene zu 1 unter Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können (vgl. UA S. 36 f.).

37

II. Im Einklang mit Bundesrecht hat das Berufungsgericht auch die Zurechnung eines - vom Berufungsgericht im Ergebnis offen gelassenen - Verschuldens der Gutachter der B-GmbH zu Lasten der Beigeladenen zu 1 abgelehnt.

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1. § 2 Nr. 3 USchadG legt den Kreis der nach dem Umweltschadensgesetz Verantwortlichen abschließend fest. Hiernach ist Verantwortlicher jede natürliche oder juristische Person, die eine berufliche Tätigkeit ausübt oder bestimmt und dadurch unmittelbar einen Umweltschaden oder die unmittelbare Gefahr eines solchen Schadens verursacht hat.

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a) Das "Ausüben" einer beruflichen Tätigkeit setzt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein Tätigwerden in eigener Person voraus (vgl. auch Beckmann/Wittmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Mai 2017, USchadG § 2 Rn. 32). Das "Bestimmen" einer beruflichen Tätigkeit bezieht sich demgegenüber auf eine Einflussnahme gegenüber einem Dritten. Hierbei setzt der Begriff des "Bestimmens" jedenfalls ein gewisses Maß an Weisungsbefugnis seitens des Bestimmenden gegenüber dem Bestimmten voraus (vgl. Beckmann/Wittmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Mai 2017, USchadG § 2 Rn. 33 m.w.N.). Ein solches Begriffsverständnis steht auch mit den Regelungen des Bundes und der Länder zur Reichweite der Polizeipflichtigkeit in Einklang, wonach sich die polizeirechtliche Verantwortlichkeit eines Handlungsstörers auf das Verhalten eines Verrichtungsgehilfen erstreckt (vgl. hierzu beispielhaft § 17 Abs. 3 BPolG, Art. 9 Abs. 1 Satz 4 LStVG, § 17 Abs. 3 OBG NRW). Eine derartige Verantwortlichkeit setzt jedoch die Macht des Verantwortlichen voraus, dem Verrichtungsgehilfen Weisungen zu erteilen (vgl. nur Wittreck, in: Möstl/Kugelmann, BeckOK Polizei- und Ordnungsrecht Nordrhein-Westfalen, Stand 20. August 2017, § 17 OBG Rn. 39 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts haben die Gutachter der B-GmbH die den auf dem Ausgleichsgrundstück durchgeführten naturschutzfachlichen Maßnahmen zugrunde liegende spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (Fachbeitrag) eigenverantwortlich, nach eigener Fachkunde und ohne Beeinflussungen des Auftraggebers, der Beigeladenen zu 1, erarbeitet. Entsprechendes gilt für die Durchführung der Maßnahmen auf dem Ausgleichsgrundstück.

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b) Für die vom Kläger geforderte entsprechende Anwendung des § 278 Satz 1 BGB, wonach der Schuldner ein Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten hat wie eigenes Verschulden, bleibt kein Raum. Die Rechtslage hinsichtlich einer Haftung des Verantwortlichen für ein Verhalten Dritter unterscheidet sich insofern grundlegend von derjenigen bei der Auslegung der Rechtsbegriffe Vorsatz und Fahrlässigkeit im Rahmen von § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG. Ansatzpunkt für die Heranziehung zivilrechtlicher Maßstäbe war dort die Verwendung der (auch) zivilrechtlich geprägten Begriffe von Vorsatz und Fahrlässigkeit im Tatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG. An einem vergleichbaren tatbestandlichen Anknüpfungspunkt für die Heranziehung zivilrechtlicher Maßstäbe fehlt es in § 2 Nr. 3 USchadG gerade.

41

Die Heranziehung der Regelung des § 278 BGB im Rahmen der verschuldensabhängigen Verantwortlichkeit nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG erscheint auch der Sache nach als nicht angemessen. Der Anwendungsbereich des § 278 BGB (analog) erstreckt sich nach herkömmlichem Verständnis auf eine Haftung für das Verschulden Dritter im Verhältnis der Parteien eines zumindest schuldrechtsähnlichen Sonderrechtsverhältnisses (vgl. nur BGH, Urteil vom 1. März 1988 - VI ZR 190/87 - NJW 1988, 2667 <2668>; Grundmann, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, BGB § 278 Rn. 15 und 19 m.w.N.) und bezieht sich insofern gerade nicht auf die Verantwortlichkeit eines Pflichtigen gegenüber der Allgemeinheit. Um eine derartige (Polizei-) Pflichtigkeit eines Verantwortlichen im Verhältnis zur Allgemeinheit geht es jedoch im Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG. Auf das Rechtsverhältnis zwischen Verantwortlichem und für die Zulassung eines Vorhabens zuständiger Behörde, auf das die Revision in diesem Zusammenhang abstellen will, kommt es insoweit nicht an. Dies ergibt sich bereits daraus, dass eine Haftung nach dem Umweltschadensgesetz unabhängig von der Zulassungsbedürftigkeit einer möglicherweise schadenstiftenden beruflichen Tätigkeit - und damit zugleich unabhängig von der Beteiligtenstellung in einem Verwaltungsverfahren - in Betracht kommt. Hinzu kommt, dass eine von einem eigenen Verschulden unabhängige Haftung für ein schuldhaftes Verhalten Dritter den verschuldensabhängigen Haftungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG jedenfalls in Fällen mit Drittbeteiligung der nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 USchadG lediglich für einen Katalog bestimmter beruflicher Tätigkeiten vorgesehenen Gefährdungshaftung annäherte.

42

c) Eine Haftung des nach § 2 Nr. 3 USchadG Verantwortlichen für ein Verhalten Dritter, das der Verantwortliche nicht im Sinne dieser Vorschrift "bestimmt", ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht unmittelbar aus der Umwelthaftungsrichtlinie. Art. 2 Nr. 6 UH-RL sieht eine Haftung auch für denjenigen, dem "die ausschlaggebende wirtschaftliche Verfügungsmacht über die technische Durchführung einer solchen Tätigkeit übertragen wurde", ausdrücklich nur für den Fall vor, dass eine solche Haftung in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Da dies nach deutschem Recht nicht der Fall ist, scheidet auch eine Zurechnung eines Verschuldens eines auf Seiten der Verantwortlichen eingeschaltenen Gutachterbüros aufgrund einer Betrachtung der Risikosphären (vgl. Saurer, NuR 2017, 289 <292>) aus. Eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es nicht. Auch insoweit gilt, dass die Mitgliedstaaten für die Ausgestaltung oder Konkretisierung der Umwelthaftungsrichtlinie zuständig sind (EuGH, Urteil vom 9. März 2010 - C-378/08 - Rn. 55 m.w.N.). Dies betrifft auch die Frage der Verschuldenszurechnung.

43

Eine Verantwortlichkeit der Beigeladenen zu 1 nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG für ein etwaiges - vom Berufungsgericht offen gelassenes - Verschulden der Gutachter der B-GmbH scheidet auf der Grundlage dieser mit für den Senat bindender Wirkung (§ 137 Abs. 2 VwGO) getroffenen Feststellungen nach den dargelegten rechtlichen Maßstäben mit Blick auf die Eigenverantwortlichkeit und Weisungsfreiheit der gutachterlichen Tätigkeit der B-GmbH mangels eines "Bestimmens" einer schadensverursachenden Tätigkeit aus. Auf die von der Revision näher erörterte Frage eines Verschuldens auf Seiten der B-GmbH kommt es hiernach nicht mehr an.

44

III. Auf der Grundlage seiner mit Bundesrecht zu vereinbarenden Rechtsauffassung konnte das Oberverwaltungsgericht offen lassen, ob vorliegend ein Umweltschaden im Sinne des § 2 Nr. 1 Buchst. a USchadG i.V.m. § 19 BNatSchG eingetreten ist (vgl. UA S. 21 ff.). Auf die Darlegungen des Klägers zum Vorliegen eines Umweltschadens kommt es hiernach nicht entscheidungserheblich an.

45

Entsprechendes gilt hinsichtlich der vom Kläger erörterten Frage der Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände. Die weitere Frage nach Inhalt und Umfang von im Haftungsfall gegebenenfalls anzuordnenden Sanierungsmaßnahmen (§ 8 USchadG) stellt sich hiernach ebenfalls nicht. Schon mangels Entscheidungserheblichkeit war insoweit auch den klägerischen Anregungen, dem Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV Fragen zur Auslegung des Begriffs des Umweltschadens vorzulegen, nicht zu folgen.

46

B. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht auch nicht auf Verfahrensmängeln. Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) ist nicht verletzt.

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Die Gewährleistung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch dazu, sich mit jedem Vorbringen im Urteil ausdrücklich zu befassen. Nur wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen ergibt, dass das Gericht aus seiner Sicht erhebliche, zum Kern des Beteiligtenvorbringens gehörende Gesichtspunkte nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen hat, sind Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verletzt (stRspr; vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 18. Januar 2017 - 8 B 16.16 - LKV 2017, 126 f. Rn. 4 m.w.N.).

48

Gemessen hieran zeigen die Darlegungen des Klägers einen Gehörsverstoß nicht auf. Das Oberverwaltungsgericht musste sich nach seiner insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung, namentlich zu den Maßstäben für Vorsatz und Fahrlässigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 USchadG und zur (Nicht-)Zurechnung von Drittverschulden entsprechend § 278 BGB, nicht in einem weiteren Umfang, als dies geschehen ist, mit Einzelheiten des klägerischen Vortrags in den Urteilsgründen auseinandersetzen. Dies gilt auch hinsichtlich der Darlegungen des Klägers zur Erheblichkeit der Beeinträchtigung der Arten Großer Feuerfalter und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling, zu fachlichen Defiziten des Fachbeitrags zum speziellen Artenschutz sowie mit Bezug auf die erst im März 2013 vorliegende FFH-Verträglichkeitsprüfung.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 aufzuerlegen, weil sich diese - anders als der Beigeladene zu 2 - durch ihre Antragstellung einem eigenen Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).