Entscheidungsdatum: 07.01.2010
I.
Die Antragstellerin, ein Steinmetzbetrieb, wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen eine Bestimmung in der Bestattungs- und Friedhofssatzung (BFS) der Antragsgegnerin, der Stadt Nürnberg, nach der auf den städtischen Friedhöfen nur Grabmale aufgestellt werden dürfen, die nachweislich in der gesamten Wertschöpfungskette ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne des Übereinkommens über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO-Konvention 182) hergestellt wurden (§ 28 Abs. 2 BFS).
Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Bestimmung durch den angegriffenen Beschluss für unwirksam erklärt: Sie könne nicht auf die in Anspruch genommene Ermächtigungsgrundlage des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 GO gestützt werden, nach dem die Gemeinden durch Satzung die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen regeln könnten. Regelungen über die Benutzung einer Einrichtung müssten geeignet und erforderlich sein, den Zweck zu erfüllen, dem die Einrichtung zu dienen bestimmt sei. Insbesondere dürften nicht anstaltsfremde Zwecke verfolgt werden. § 28 Abs. 2 BFS verfolge einrichtungsfremde Zwecke, nämlich die Bekämpfung der Kinderarbeit weltweit. Er sei nicht geeignet, den Friedhofszweck zu fördern. Des Weiteren überschreite die angegriffene Bestimmung die Ermächtigungsgrundlage des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 GO, weil sie sich nicht auf Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft beziehe. Auf diese Angelegenheiten sei die Satzungsbefugnis der Antragsgegnerin von vornherein beschränkt. § 28 Abs. 2 BFS diene der Umsetzung eines weltweiten politischen Anliegens, das keinen spezifisch örtlichen Bezug aufweise.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen seinen Beschluss nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat nicht die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Die Antragsgegnerin wirft die Rechtsfrage auf,
ob die Regelung zur Benutzung öffentlicher, örtlicher Einrichtungen einen unverzichtbaren Kernbestandteil des kommunalen Selbstverwaltungsrechts darstellt, der über den hier vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof durch die einengende Auslegung zu eng gesetzten Rahmen des Benutzungsbezugs einer öffentlichen Einrichtung hinausgeht, und ob es bereits aufgrund der Regelung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG möglich sein muss, für den Nutzungszweck einer öffentlichen Einrichtung relevante Regelungen - das so bezeichnete Vorfeld der Benutzung betreffend - erlassen zu können, insbesondere auch wenn sich die satzungsmäßig geregelten Sachverhalte außerhalb der örtlichen Grenzen der Gebietskörperschaft abspielen mögen, diese Umstände sich aber in ihrer Wirkung gerade im Bereich der jeweiligen Gebietskörperschaft auswirken und die Erfüllung der Zwecke der jeweiligen öffentlichen Einrichtung anderenfalls vereitelt oder erheblich beeinträchtigt würden.
Sie hat damit keine allein klärungsfähige Frage des revisiblen Bundesrechts aufgezeigt, die in einer verallgemeinerungsfähigen Weise, also losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalles im Revisionsverfahren beantwortet werden könnte und müsste.
Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Entscheidung auf zwei selbstständig tragende Gründe gestützt. Um wirksam zu sein, muss die streitige Bestimmung des § 28 Abs. 2 BFS nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs zwei Voraussetzungen erfüllen. Sie muss sich zum einen auf eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft beziehen, weil die Satzungsbefugnis der Gemeinden von vornherein auf diese Angelegenheiten beschränkt ist. Entsprechend der konkret in Anspruch genommenen Ermächtigungsgrundlage des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 GO muss sie zum anderen die Benutzung der öffentlichen Einrichtung "Friedhof" regeln. Das Vorliegen beider Voraussetzungen hat der Verwaltungsgerichtshof verneint. Jeder dieser Gründe trägt die Entscheidung selbstständig.
Jedenfalls soweit der Verwaltungsgerichtshof angenommen hat, § 28 Abs. 2 BFS regele nicht die Benutzung der öffentlichen Einrichtung "Friedhof" und sei deshalb von der Ermächtigungsgrundlage nicht mehr gedeckt, sind auch unter Würdigung des Beschwerdevorbringens keine (ungeklärten) Fragen des Bundesrechts erkennbar, denen grundsätzliche Bedeutung zukommen könnte.
Ob § 28 Abs. 2 BFS im Sinne der Ermächtigungsgrundlage des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 GO (noch) die Benutzung einer gemeindlichen Einrichtung regelt, wenn er nur Grabmale zur Aufstellung zulässt, die nachweislich in der gesamten Wertschöpfungskette ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt wurden, ist eine Frage der Auslegung des irrevisiblen Landesrechts. Sie könnte deshalb in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht geklärt werden, weil der Senat an die Auslegung des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 GO durch den Verwaltungsgerichtshof gebunden wäre. Die Antragsgegnerin macht zwar sinngemäß geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 GO unter Verletzung von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zu eng ausgelegt. Die Rüge einer Verletzung von Bundesrecht bei der Auslegung und Anwendung irrevisiblen Rechts kann die Zulassung der Revision aber wiederum nur dann rechtfertigen, wenn die Beschwerde auf eine klärungsbedürftige Frage gerade des Bundesrechts führt, nicht aber, wenn allenfalls Landesrecht klärungsbedürftig ist (vgl. beispielsweise Beschluss vom 11. März 1998 - BVerwG 8 BN 6.97 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 144). Letzteres ist hier der Fall.
Nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG muss den Gemeinden das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Einerseits gehört zur Regelung der örtlichen Angelegenheiten die Errichtung öffentlicher Einrichtungen und die Regelung ihrer Benutzung durch Satzung. Dieses Recht ist den Gemeinden durch Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 GO ausdrücklich eingeräumt. Anderseits kommt den Gemeinden keine allgemeine Befugnis zu, gewerbliche Tätigkeiten in ihrem Gemeindegebiet zu regeln (Beschluss vom 7. September 1992 - BVerwG 7 NB 2.92 - BVerwGE 90, 359 = Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 85). Will die Gemeinde die Ermächtigungsgrundlage des Art. 24 Abs. 1 Satz 1 GO auch für derartige Regelungen in Anspruch nehmen, muss ein Bezug zwischen der gewerblichen Tätigkeit und der gemeindlichen Einrichtung bestehen.
Wie eng dieser Bezug sein muss, damit noch eine zulässige Benutzungsregelung vorliegt, bedarf aus Anlass dieses Falles keiner ins Einzelne gehenden allgemeinen Klärung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass Regelungen in einer Satzung über die Benutzung einer Einrichtung geeignet und erforderlich sein müssen, den Zweck zu erfüllen, dem die Einrichtung zu dienen bestimmt ist; insbesondere dürfen mit ihnen nicht anstaltsfremde Zwecke verfolgt werden. Bezogen auf die öffentliche Einrichtung "Friedhof" rechnet der Verwaltungsgerichtshof dazu Regelungen, die für eine ordnungsgemäße Bestattung und würdige Totenehrung notwendig sind. Soweit - wie hier - gewerbliche Tätigkeiten in Rede stehen, hat der Verwaltungsgerichtshof als Regelung der Benutzung nur Vorschriften angesehen, die die gewerbliche Tätigkeit auf dem Friedhof betreffen oder sich dort wegen der Beschaffenheit des Grabsteins auswirken können. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang nicht den (möglicherweise) klärungsbedürftigen Rechtssatz aufgestellt, dass in seinem Sinne anstaltsfremde Zwecke immer dann verfolgt würden, wenn der Regelung (auch) ein örtlicher Bezug fehle. Von der Ermächtigungsgrundlage nicht mehr gedeckt, weil nicht die Benutzung des Friedhofs betreffend, wären nach der Begründung des Verwaltungsgerichtshofs solche Regelungen im Vorfeld von gewerblichen Tätigkeiten auf dem Friedhof, die zwar an örtliche Gegebenheiten anknüpfen, die aber nicht die Beschaffenheit der Grabsteine und damit nicht deren zweckgerechte Verwendung auf dem Friedhof betreffen.
Es liegt auf der Hand und bedarf deshalb nicht erst der Klärung in einem Revisionsverfahren, dass jedenfalls bei einem derartigen Sachverhalt die Anforderungen an eine zulässige Benutzungsregelung nicht zu Lasten der Gemeinde unter Verstoß gegen Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungswidrig überspannt sind.
Danach kommt es nicht darauf an, ob die Antragsgegnerin gegen die weitere selbstständig tragende Begründung, die streitige Regelung überschreite die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, durchgreifende Revisionsgründe vorgebracht hat.