Entscheidungsdatum: 16.11.2010
Eine Feuerstätte wird im Sinne von § 2 Nr. 12 1. BImSchV "bestimmungsgemäß offen betrieben", wenn sie nach ihren Konstruktionsmerkmalen und nach dem Inhalt der Betriebsanleitung auf einen Betrieb mit offenem Feuerraum ausgelegt ist.
I.
Der Kläger begehrt auf der Grundlage immissionsschutzrechtlicher Vorschriften die Stilllegung eines Kaminofens nebst Schornstein, den der Beigeladene betreibt.
Zwischen den beiden mit Wohngebäuden bebauten Grundstücken des Klägers und des Beigeladenen verläuft ein ca. 2 m breiter Fußweg. Die Wohngebäude liegen auf gleicher Höhe auf einem Plateau in einem Ortsteil von Koblenz, das in einiger Entfernung westlich von den Grundstücken der Beteiligten zur Mosel hin abfällt.
Der Beigeladene betreibt in seinem Wohnhaus im Wohnzimmer einen Kaminofen der Marke "Hark Avenso" mit einer Nennwärmeleistung von 7 kW. Öfen dieser Marke sind von der DIN CERTO Gesellschaft für Konformitätsbewertung mbH als Dauerbrandöfen für feste Brennstoffe ausgewiesen. Der Schornstein für den streitigen Ofen - ein Edelstahlrohr - ist an der Hauswand des Wohnhauses des Beigeladenen etwa 3 m von dem vorgenannten Fußweg und ca. 5 m von der Grenze des Grundstücks des Klägers entfernt angebracht. Für die Errichtung des Schornsteins wurde dem Beigeladenen unter dem 30. Mai 2006 eine Baugenehmigung erteilt. Die von dem Kläger dagegen erhobene Anfechtungsklage wurde rechtskräftig abgewiesen.
Der Kläger macht geltend, dass er durch den Betrieb des Schornsteins und des Ofens gesundheitlich beeinträchtigt werde, weil Abgase in das Atrium seines Anwesens und in sein Schlafzimmer gelangten. Seine nach erfolglos durchgeführtem Vorverfahren erhobene Klage auf Stilllegung des Schornsteins und der angeschlossenen Feuerungsanlage wies das Verwaltungsgericht ab. Die dagegen gerichtete, vom Oberverwaltungsgericht wegen besonderer rechtlicher und tatsächlicher Schwierigkeiten zugelassene Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Der Kläger habe keinen Anspruch auf ein immissionsschutzrechtliches Einschreiten der Beklagten. Der streitgegenständliche Ofen werde ordnungsgemäß betrieben. Es lägen auch keine atypischen Verhältnisse vor, die ein Einschreiten der Beklagten gebieten würden.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
II.
Die Beschwerde bleibt erfolglos.
1. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
Der geltend gemachte Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO durch die prozessordnungswidrige Ablehnung der in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge Nr. 2 und 3 ist nicht in der erforderlichen Weise dargelegt. Beruft sich ein Beschwerdeführer auf eine Missachtung des verwaltungsprozessualen Untersuchungsgrundsatzes, muss er u.a. aufzeigen, dass bereits im Berufungsverfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der vermissten Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist. Denn die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren (Beschluss vom 19. Januar 2010 - BVerwG 4 B 2.10 - juris Rn. 2). Diesen Anforderungen wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.
Nach Auffassung des Klägers ist die Ablehnung der Beweisanträge Nr. 2 und 3 als unzulässige Ausforschungsbeweise fehlerhaft erfolgt, weil das Oberverwaltungsgericht sein Tatsachenvorbringen bei der Bewertung der Beweisanträge missverstanden habe. Er behaupte nicht, dass die Verbrennung von Holz in der Dauerbrandfunktion zu einer erhöhten Abgastemperatur führe, sondern dass beim Verbrennen des Holzes die Primärluftzufuhr nicht geschlossen werde. Dies führe zu einer erhöhten Abgastemperatur, für die der Schornstein nicht ausgelegt sei, so dass der Dämmstoff im Außenkamin sich zersetze und hierdurch nitrose Gase entstünden. Mit dieser Rüge der "Verkennung" des Beweisthemas ist ein Aufklärungsmangel nicht dargetan.
Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 24. März 2010 hat das Oberverwaltungsgericht die Beweisanträge des Klägers in der mündlichen Verhandlung durch Beschluss abgelehnt und eine kurze Begründung gegeben. Nach den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts in den Urteilsgründen (UA S. 16) beruhte - wovon auch der Kläger ausgeht - die Ablehnung der Beweisanträge Nr. 2 und 3 als Ausforschungsanträge maßgeblich auf der Erwägung, dass die zu klärenden Beweisfragen ein Betreiben des Ofens mit Holz im Dauerbrandbetrieb voraussetzen, wofür es an jeglichen Anhaltspunkten fehle. Dass die Beweisanträge Nr. 2 und 3 in der mündlichen Verhandlung mit einer anderen Begründung abgelehnt worden sind oder der vom Oberverwaltungsgericht gegebenen Begründung nicht entnommen werden konnte, warum die Beweisanträge als ungeeignet beurteilt worden sind, behauptet selbst der Kläger nicht. Die nunmehr zur Darlegung der Aufklärungsrüge geltend gemachte Verkennung des Beweisthemas war demnach für den Kläger und seinen damaligen Prozessbevollmächtigten schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht erkennbar. Die Aufklärungspflicht wird aber nicht verletzt, wenn ein anwaltlich vertretener Kläger es nach Bekanntgabe der Gründe für die Ablehnung eines Beweisantrages unterlässt, einen - das als "verkannt" gerügte Beweisthema - klarstellenden weiteren Beweisantrag zu stellen. Dem entspricht es, dass § 86 Abs. 2 VwGO das Gericht verpflichtet, die Ablehnung eines in der mündlichen Verhandlung unbedingt gestellten Beweisantrages zu begründen, um die Verfahrensbeteiligten in die Lage zu versetzen, sich auf die geschaffene Verfahrenslage einzustellen. Wird ein Aufklärungsmangel damit begründet, dass das Gericht einen Beweisantrag zu Unrecht abgelehnt hat, weil es das Beweisthema missverstanden hat, muss derjenige, der sich auf den Verfahrensmangel beruft, sich zudem entgegenhalten lassen, dass es ihm oblegen hätte, entweder um eine kurze Sitzungsunterbrechung zum Zwecke der Formulierung eines anderen Beweisantrages zu ersuchen oder das erkennende Gericht unmittelbar mit einem veränderten Aufklärungsbegehren zu befassen. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass dies dem Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht aus besonderen Gründen unzumutbar war (Beschluss vom 30. Juli 2008 - BVerwG 5 B 59.08 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO Nr. 50 Rn. 4).
2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>). Daran fehlt es hier.
Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob Kaminöfen aufgrund ihrer technischen Konstruktion unter den Begriff des "offenen Kamins" fallen.
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil sie - soweit sie sich in verallgemeinerungsfähiger Form klären lässt - ohne Weiteres im Sinne des vom Oberverwaltungsgericht eingenommenen Rechtsstandpunktes zu beantworten ist, ohne dass es dazu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Begriff "offener Kamin" sowohl in § 2 Nr. 10b der Verordnung über Kleinfeuerungsanlagen vom 14. März 1997 (BGBl I S. 490) als auch in § 2 Nr. 12 der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen vom 26. Januar 2010 (1. BImSchV, BGBl I S. 38) als "Feuerstätte für feste Brennstoffe, die bestimmungsgemäß offen betrieben werden kann", definiert ist. Dabei beschreibt der Begriff "offen" Feuerstätten mit einem offenen Feuerraum, d.h. solche Feuerstätten, die nicht über eine geschlossene Brennkammer verfügen. Hierzu gehören auch Öfen mit einer nicht selbstständig schließenden Feuerraumtür. Durch den offenen Feuerraum und die dadurch bedingte geringe Verbrennungstemperatur kann es zu einer "nicht vollkommenen" Verbrennung des Brennstoffes mit Ruß-, Qualm- und Geruchsbildung kommen. Offene Kamine dürfen daher nach § 4 Abs. 4 1. BImSchV nur gelegentlich betrieben werden. "Bestimmungsgemäß offen" kann eine Feuerungsanlage - wovon auch das Oberverwaltungsgericht zu Recht ausgegangen ist - dann betrieben werden, wenn sie darauf nach ihrer technischen Konzeption ausgelegt ist. Ob dies der Fall ist, lässt sich nicht generell für alle Kaminöfen beantworten, sondern richtet sich nach den jeweiligen Einzelfallumständen, namentlich nach den Konstruktionsmerkmalen und dem Inhalt der Betriebsanleitung.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).