Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 05.03.2019


BVerwG 05.03.2019 - 7 B 3/18

Unzulässigkeit der Klage eines Hafenbetreibers gegen die Genehmigung der Verlegung einer Gaspipeline in der Ostsee


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsdatum:
05.03.2019
Aktenzeichen:
7 B 3/18
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2019:050319B7B3.18.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, 25. September 2017, Az: 1 Bf 93/16, Urteilvorgehend VG Hamburg, 17. Dezember 2015, Az: 7 K 607/11
Zitierte Gesetze
Art 12 Abs 1 GG
Art 14 Abs 1 GG

Gründe

I

1

Die Klägerin, Eigentümerin und Betreiberin der polnischen Häfen Swinoujscie (Swinemünde) und Szczecin (Stettin), wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte bergrechtliche Genehmigung für die Errichtung und Verlegung von zwei dem Transport von Erdgas dienenden Transit-Rohrleitungen auf dem Meeresboden östlich von Rügen im Bereich des deutschen Festlandsockels bzw. der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit diese den Kreuzungsbereich mit dem im Raumordnungsplan für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone in der Ostsee festgelegten Schifffahrtsweg Nr. 20 "Swinemünde-Ystad" betrifft. Die Gas-Pipeline ist dort entsprechend der Genehmigung vom 28. Dezember 2009 in der Fassung der Änderung vom 26. Februar 2010 in einer Tiefe von 17,50 m auf dem Meeresboden aufgelegt. Die Klägerin befürchtet wegen der dadurch an dieser Stelle eintretenden Verringerung der schiffbaren Tiefe eine Beeinträchtigung der Entwicklungsmöglichkeiten ihrer Häfen, wenn Überlegungen zur Vertiefung der südlich des Kreuzungsbereichs anschließenden Nordansteuerung Swinemünde umgesetzt werden. Sie möchte erreichen, dass die Pipeline in dem genannten Bereich in den Meeresboden eingegraben wird.

2

Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Mit Urteil vom 25. September 2017 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Wie bereits das Verwaltungsgericht ist auch das Oberverwaltungsgericht der Auffassung, dass die Klage unzulässig sei, weil der Klägerin die Klagebefugnis fehle. Die Klägerin habe keine Tatsachen vorgetragen, die es denkbar und möglich erscheinen ließen, dass sie durch die angefochtene Genehmigung aktuell oder absehbar in einer eigenen rechtlich geschützten Position beeinträchtigt sei.

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Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen; hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

II

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Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

5

1. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch. Ein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (etwa BVerwG, Beschluss vom 30. November 2018 - 5 B 33.18 D - juris Rn. 14). Dem wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht.

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a) Ohne Erfolg macht die Klägerin als Verfahrensmangel geltend, dass das Oberverwaltungsgericht die Klagebefugnis zu Unrecht verneint und die Klage als unzulässig angesehen habe.

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Verneint das Tatsachengericht fehlerhaft das Vorliegen von Sachurteilsvoraussetzungen und weist es die Klage folglich zu Unrecht durch Prozessurteil ab, kann dies grundsätzlich einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO begründen (stRspr, siehe etwa BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juli 1968 - 8 B 110.67 - BVerwGE 30, 111 <113>, vom 20. Januar 1993 - 7 B 158.92 - Buchholz 310 § 91 VwGO Nr. 24 S. 4 und vom 24. Oktober 2006 - 6 B 61.06 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 24 Rn. 2). Ein rügefähiger Verfahrensfehler liegt aber nur dann vor, wenn die inkorrekte Entscheidung auf einer fehlerhaften Anwendung der prozessualen Vorschriften beruht, etwa einer Verkennung ihrer Begriffsinhalte und der zugrunde zu legenden Maßstäbe; demgegenüber liegt ein materiell-rechtlicher Mangel vor, wenn die Vorinstanz deswegen zu einem Prozessurteil gelangt, weil sie eine materiell-rechtliche Vorfrage unzutreffend beantwortet (BVerwG, Beschlüsse vom 9. September 2013 - 7 B 2.13 u.a. - juris Rn. 19, vom 26. Februar 2014 - 6 C 3.13 - BVerwGE 149, 94 Rn. 15 und vom 20. Dezember 2017 - 6 B 14.17 - NVwZ 2018, 739 Rn. 11, jeweils m.w.N.).

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Die Rüge der unzutreffenden Verneinung der Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO bei der Anfechtung eines Verwaltungsakts durch einen Dritten führt hiernach nur dann auf einen Verfahrensfehler, wenn der Kläger geltend macht, dass die Verletzung einer Norm, die nach Auffassung der Vorinstanz ihn zu schützen bestimmt ist, zumindest möglich erscheint. Dies ist - mit der Folge der Unzulässigkeit der Klage - zu verneinen, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte ihm zustehen können und er folglich in seinen subjektiven Rechten nicht verletzt sein kann. Die insoweit an den Sachvortrag des Klägers zu stellenden Anforderungen dürfen - mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG - dabei nicht überspannt werden (stRspr, siehe etwa BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 14).

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Nach diesen Maßstäben legt die Klägerin einen Verfahrensmangel nicht dar. Sie beschränkt ihre Rüge zwar zu Recht auf die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zu einem Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG und der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit, die jeweils subjektive Rechte zu vermitteln geeignet sind und demnach grundsätzlich die Klagebefugnis begründen können. Denn im Übrigen verneint das Oberverwaltungsgericht eine Klagebefugnis schon aus Rechtsgründen, weil den weiteren in Betracht gezogenen, insbesondere einfachgesetzlichen Bestimmungen, der Schutznormcharakter fehle. Die Klägerin zeigt aber nicht auf, dass das Oberverwaltungsgericht zu hohe Anforderungen an den Tatsachenvortrag gestellt hat.

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Das Oberverwaltungsgericht hat die Grundrechtsfähigkeit der Klägerin unterstellt, eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 12 Abs. 1 GG aber mangels einer Betroffenheit des Schutzbereichs mit der Erwägung verneint, dass der angefochtenen Genehmigung keine objektiv berufsregelnde Tendenz zukomme, weil sie - sowohl bei Erlass als auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - offensichtlich keine Auswirkungen auf den gegenwärtigen bzw. absehbaren Betrieb der Klägerin habe (UA S. 51 f.). Eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit entweder aus Art. 56 AEUV oder gemäß Art. 100 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit der Verordnung (EWG) 4055/86 komme offensichtlich nicht in Betracht, weil Dienstleistungen, die durch die Auswirkungen der angefochtenen Genehmigung unterbunden oder behindert würden, derzeit und auch absehbar nicht möglich seien (UA S. 53 ff.). Denn eine Vertiefung der Nordansteuerung Swinemünde über eine lange Strecke, ohne die die Verlegung der Rohrleitung eine "abriegelnde Wirkung" nicht entfalten könne, sei aus verschiedenen, auch rechtlichen, Gründen sehr unsicher (UA S. 38 f.). Damit hat das Oberverwaltungsgericht vor dem Hintergrund eines für die rechtliche Bewertung maßgeblichen und materiell-rechtlich einzuordnenden Zeithorizonts schon eine tatsächliche Betroffenheit der Klägerin verneint. Diese Bewertung war nicht der Prüfung der Begründetheit der Klage vorbehalten. Zwar genügt für die im Rahmen der Zulässigkeit zu prüfende Möglichkeit einer Rechtsverletzung, dass der Kläger Tatsachen behauptet, die - wenn sie sich als zutreffend erweisen - eine Rechtsverletzung ergeben können; sind die zur Begründung der Rechtsverletzung vorgebrachten Tatsachen streitig oder sonst zweifelhaft, ist die Klärung ihrer Richtigkeit im Rahmen der Prüfung der Begründetheit vorzunehmen (BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2018 - 3 C 18.16 - NVwZ 2019, 86 Rn. 24). Es ist aber nicht dargetan, dass das Oberverwaltungsgericht hiergegen verstoßen hat. Denn weder trägt die Klägerin vor noch ist sonst ersichtlich, dass die Bewertung einer Realisierung von Ausbauabsichten für die Nordansteuerung als "nicht absehbar" auf einer Verkennung ihres Sachvortrags beruht und die diesbezüglichen Anforderungen überspannt worden sind.

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b) Die Rügen einer unterbliebenen Aussetzung des Verfahrens (§ 94 VwGO), einer unzureichenden Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) sowie eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz wegen einer aktenwidrigen Sachverhaltswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) führen schon deswegen nicht zur Zulassung der Revision, weil das Urteil des Oberverwaltungsgerichts auf solchen Fehlern nicht beruhen könnte. Bei dieser Prüfung hat das Revisionsgericht von der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung der Vorinstanz auszugehen, selbst wenn diese verfehlt sein sollte (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>).

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Die gerügten Mängel beziehen sich auf die Frage, ob die Nebenbestimmung Nr. 28 der angefochtenen Genehmigung wirksam und bestandskräftig ist, so dass sie zu Recht weiteren rechtlichen Erwägungen, insbesondere zur Effektivität späterer Rechtsschutzmöglichkeiten, zugrunde gelegt werden kann. Die entsprechenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts nehmen aber jeweils nur die Lage nach einer in einer noch unbestimmten Zukunft möglichen Vertiefung der Nordansteuerung in den Blick. Dies liegt jenseits des für die Prüfung der Klagebefugnis als maßgeblich erachteten zeitlichen Horizonts einer "absehbaren" tatsächlichen Beeinträchtigung.

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2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die die Beschwerde ihr beimisst.

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Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>). Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht.

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a) Die Frage:

"Sind bei der Beurteilung der Frage, ob bei einer Anfechtungsklage gegen eine Genehmigung nach § 133 Abs. 1 BBergG subjektive Rechte des Klägers im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO 'offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise' verletzt sein können, auch solche tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen, die bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht eingetreten sind, deren Eintritt vom Betroffenen jedoch angekündigt wurde, wenn der tatsächliche Eintritt ungewiss, jedoch nicht ausgeschlossen ist?",

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ist einer fallübergreifenden Klärung nicht zugänglich. Dies gilt auch dann, wenn sie sich - wie dies in der Beschwerdebegründung erläutert wird - auf die Möglichkeit einer Verletzung der vom Oberverwaltungsgericht geprüften Rechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit bezieht. Die Einschätzung, ob bei einer prognostischen Bewertung innerhalb eines rechtlich beachtlichen Zeitraums eine tatsächliche Betroffenheit des Klägers zu erwarten ist, die für die materiell-rechtliche Beurteilung von Bedeutung ist, ist nur mit Blick auf die spezifischen Umstände des jeweiligen Einzelfalles möglich und entzieht sich verallgemeinerungsfähigen Vorgaben.

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Die hieran anschließende Frage:

"Dürfen bei der Beurteilung der Frage, ob bei einer Anfechtungsklage gegen eine Genehmigung nach § 133 Abs. 1 BBergG subjektive Rechte des Klägers im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO 'offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise' verletzt sein können, auch Nebenbestimmungen der angefochtenen Genehmigung berücksichtigt werden, die den Schutz des Klägers vor einer Beeinträchtigung seiner als verletzt behaupteten Rechte bezwecken?",

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wäre in dem angestrebten Revisionsverfahren auch deswegen nicht klärungsfähig, weil das Oberverwaltungsgericht - was aus einem zutreffenden Verständnis des angegriffenen Urteils folgt (siehe oben Rn. 12) - sie sich so nicht gestellt und deshalb auch nicht beantwortet hat. Die Revisionszulassung setzt vielmehr eine Rechtsfrage voraus, die für das angegriffene Urteil entscheidungserheblich war (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2018 - 7 BN 3.18 - juris Rn. 11 m.w.N.).

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b) Die Fragen:

"Erstreckt sich der Anwendungsbereich des Sachgüterschutzes im Sinne des § 133 Abs. 2 Satz 1 BBergG auch auf die bestimmungsgemäße Nutzung (hier: die Erbringung von Hafendienstleistungen) von Sachgütern (hier: eines Hafens)?,

Gilt dies auch dann, wenn die Möglichkeit zur bestimmungsgemäßen Nutzung eines Sachgutes zwar zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung und auch der mündlichen Verhandlung noch nicht besteht, aber danach noch zu einer Zeit geschaffen werden kann, zu der das zu genehmigende Vorhaben auf dem Festlandsockel noch vorhanden sein wird?"

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sind nicht rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig. Sie können vielmehr auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Auslegungsregeln im Einklang mit dem Oberverwaltungsgericht eindeutig im verneinenden Sinne beantwortet werden.

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Eine Gefährdung von Sachgütern nach § 133 Abs. 2 Satz 1 BBergG legt nach dem Wortsinn deren Beeinträchtigung durch eine Schädigung bzw. den Verlust der Sachsubstanz nahe. Dieses Verständnis, das nicht auf bloße mittelbare Fernwirkungen der Verlegung einer Rohrleitung abstellt, wird bei systematischer Auslegung bestätigt durch die Verwendung desselben Begriffs in § 55 Abs. 1 Nr. 3 BBergG. Dort soll der Schutz unter anderem von Sachgütern insbesondere durch die den allgemein anerkannten Regeln der Sicherheitstechnik entsprechenden Maßnahmen gewährleistet werden. Der Sachgüterschutz hat demnach das unmittelbare, auf die Integrität der Sachsubstanz bezogene Schädigungspotenzial der Bergbautätigkeit bzw. der Verlegung und des Betriebs von Rohrleitungen im Blick (vgl. von Hammerstein, in: Boldt/Weller/Kühne/von Mäßenhausen, BBergG, 2. Aufl. 2016, § 133 Rn. 11 f.).

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Demgegenüber zielt das der Fragestellung zugrunde liegende Begriffsverständnis des Schutzes der Nutzungsmöglichkeiten einer Sachgesamtheit der Sache nach auf den Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb; hierauf hat die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung selbst abgestellt (Schriftsatz vom 29. September 2016 S. 35, GA S. 1314). Für eine solche Schutzrichtung fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt im Gesetz.

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c) Die Frage,

ob der Schutz der öffentlichen Interessen im Sinne von § 133 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 BBergG verfassungskonform in der Weise (wie bei § 48 Abs. 2 BBergG) auszulegen ist, dass die von der Genehmigung einer Transit-Rohrleitung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eigentumsbetroffenen Nachbarn eine Abwägung ihrer entgegenstehenden Interessen am Maßstab der Verhältnismäßigkeit verlangen können und § 133 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 BBergG daher insoweit nachbarschützend ist,

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rechtfertigt ebenso wenig die Zulassung der Revision. Sie geht von rechtlichen Prämissen aus, die hier so nicht zutreffen, und ist nicht entscheidungserheblich.

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Nimmt eine Regelung auf öffentliche Interessen oder öffentliche Belange Bezug, ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, der betreffenden Norm gleichwohl einen auch individualschützenden Gehalt beizumessen. Bei einem ausdrücklich benannten öffentlichen Belang kommt das etwa dann in Betracht, wenn dieser Belang insbesondere auf einen bestimmbaren und von der Allgemeinheit zu unterscheidenden Kreis von Betroffenen bezogen ist (vgl. zuletzt etwa BVerwG, Urteile vom 22. September 2016 - 4 C 2.16 - BVerwGE 156, 148 Rn. 12 und vom 19. Dezember 2017 - 7 A 6.17 - Buchholz 445.5 § 12 WaStraG Nr. 5 Rn. 42 ff.). Des Weiteren kann die Betroffenheit in einer eigentumsrechtlich geschützten Position insoweit von ausschlaggebender Bedeutung sein. Die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG verlangt bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, dass Vorkehrungen getroffen werden, die eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentums verhindern. Die so gezogenen Grenzen müssen durch die Gerichte bei der Anwendung und Auslegung eigentumsbeschränkender Vorschriften zur Geltung gebracht werden. Die Eigentumsgarantie enthält insoweit auch einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Februar 1989 - 4 C 36.85 - BVerwGE 81, 329 <341>, vom 29. Juni 2006 - 7 C 11.05 - BVerwGE 126, 205 Rn. 16 ff. und vom 21. April 2009 - 4 C 3.08 - BVerwGE 133, 347 Rn. 8 m.w.N.). Ob und unter welchen Bedingungen hiernach Hafenbetriebe wegen der Auswirkungen der Verlegung einer Rohrleitung Rechtsschutz in Anspruch nehmen können, bedarf indessen keiner abschließenden Entscheidung. Denn die Betroffenheit in einer eigentumsrechtlich geschützten Rechtsposition ist hier weder dargetan noch sonst ersichtlich. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vermittelt keinen Schutz von Erwerbschancen und Entwicklungsmöglichkeiten (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Juli 2012 - 7 A 11.11 - BVerwGE 143, 249 Rn. 74; siehe auch Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 7.15 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 240 Rn. 14), wie hier in Bezug auf eine bestimmte zukünftig erwartete Verkehrsanbindung allein geltend gemacht, so dass auch dahinstehen kann, ob dieses Recht vom Schutzbereich der Eigentumsgarantie erfasst wird (siehe BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. - BVerfGE 143, 246 Rn. 240).

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d) Mit den auf die Reichweite des Drittschutzes bei Abwägungsentscheidungen bezogenen Fragen:

"Verpflichtet § 133 Abs. 2 BBergG die zuständige Behörde, die Interessen des Vorhabenträgers einerseits und die öffentlichen sowie privaten Interessen Dritter andererseits gegeneinander abzuwägen?,

Wenn ja, kann jeder Betroffene verlangen, dass in dieser Abwägung seine Interessen mit dem ihnen jeweils zukommenden Gewicht eingestellt werden?,

Wenn ja, dient eine solche Abwägung auch dem Schutz der Interessen der Dritten, insbesondere der Träger öffentlicher Belange?,

Wenn ja, gilt dies auch dann, wenn es sich bei dem Dritten sowie dem Träger des öffentlichen Interesses um eine ausländische juristische Person des Privatrechts handelt?",

wird ein rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf nicht aufgezeigt.

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Zutreffend hat bereits das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, dass das drittschützende Recht auf gerechte Abwägung der eigenen abwägungserheblichen Belange, die nicht zugleich subjektive Rechte darstellen müssen, nur bei einer Entscheidung zu beachten ist, die aufgrund einer (fach-)planerischen Abwägung ergeht (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Februar 1975 - 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <66>, vom 24. September 1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <220 f.> und vom 17. Dezember 2009 - 7 A 7.09 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 69 Rn. 18). Dieses Recht können auch Kläger im Ausland geltend machen, die von grenzüberschreitenden Auswirkungen eines Vorhabens betroffen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2008 - 4 C 3.07 - BVerwGE 132, 151 Rn. 16 ff.).

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Die angefochtene Genehmigung setzt jedoch keine umfassende planerische Abwägung voraus, sondern ergeht als gebundene Entscheidung. Sie kann gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BBergG nur versagt werden, wenn die gesetzlich vorgesehenen Gründe entgegenstehen. Soweit darin auf überwiegende öffentliche Interessen verwiesen wird, hat der Gesetzgeber das betreffende öffentliche Interesse dem Entscheidungssystem der die gesetzlichen Vorgaben und Wertungen konkretisierenden "nachvollziehenden Abwägung" unterstellt. Damit ist - im Gegensatz zur planerischen Abwägung - ein gerichtlich uneingeschränkt überprüfbarer Vorgang der Rechtsanwendung gemeint, der eine auf den Einzelfall ausgerichtete Gewichtsbestimmung verlangt (BVerwG, Urteile vom 19. Juli 2001 - 4 C 4.00 - BVerwGE 115, 17 <24 f.> und vom 22. September 2016 - 4 C 2.16 - BVerwGE 156, 148 Rn. 38). Diese Abwägung ist jeweils nur auf das öffentliche Interesse bezogen und erfasst nicht auch sonstige Belange. Das Erfordernis der Abwägung trifft als solche keine Aussage darüber, wer dieses Interesse gerichtlich geltend machen kann. Soweit das öffentliche Interesse es hier gebietet, zur Wahrung völkerrechtlicher Verpflichtungen auf die vom Seerechtsübereinkommen (BGBl. II 1994 S. 1799) geschützten und vom genehmigten Vorhaben gegebenenfalls betroffenen Interessen anderer Staaten Rücksicht zu nehmen (vgl. BT-Drs. 13/193 S. 18; siehe auch Lagoni, in: Graf Vitzthum, Handbuch des Seerechts, 2006, Kap. 3 Rn. 142 ff., 150) , fehlt es für die von der Klägerin behauptete Prozessstandschaft als "Vertreterin des öffentlichen Interesses" an einem gesetzlichen Anknüpfungspunkt. Die Völkerrechtsfreundlichkeit der deutschen Rechtsordnung gebietet zwar die Gleichbehandlung von im Ausland ansässigen Klägern, insbesondere was die Möglichkeit der Abwehr grenzüberschreitender Immissionen angeht (BVerwG, Urteile 17. Dezember 1986 - 7 C 29.85 - BVerwGE 75, 285 <288 f.> und vom 16. Oktober 2008 - 4 C 3.07 - BVerwGE 132, 152 Rn. 18), nicht aber die Anerkennung weiterer subjektiver Rechte und Verfahrenspositionen.

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e) Zur Zulassung der Revision führt auch nicht die Frage,

ob § 133 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 BBergG eine Verpflichtung des Vorhabenträgers zu entnehmen ist, auf die berechtigten Belange einer vom Vorhaben potenziell nachteilig betroffenen Hafengesellschaft gebührend Rücksicht zu nehmen.

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Sie bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Auf der Grundlage der Rechtsprechung zum drittschützenden Gebot der Rücksichtnahme ist sie mit dem Oberverwaltungsgericht zu verneinen.

31

Das Gebot der Rücksichtnahme ist kein allgemeines Rechtsprinzip des öffentlich-rechtlichen Nachbarrechts. Dies gilt nicht nur für das Baurecht (BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2017 - 4 C 3.16 - BVerwGE 159, 187 Rn. 10), sondern in gleicher Weise für das Bergrecht (BVerwG, Urteil vom 16. März 1989 - 4 C 36.85 - BVerwGE 81, 329 <338>). Es ist nur dann zu beachten, wenn es Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften ist. Das ist insbesondere bei umweltrechtlichen Normen der Fall, die - wie etwa § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB - vor schädlichen Umwelteinwirkungen schützen sollen. Eine solche Regelung findet sich in § 133 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b BBergG nicht. Diese Vorschrift ist zwar nicht abschließend. Das Gebot der Rücksichtnahme ist aber in dieser Hinsicht auch kein ungeschriebener öffentlicher Belang, der eingreift, soweit es nicht um (schädliche) Immissionen, sondern um sonstige nachteilige Wirkungen einer nach § 133 Abs. 2 Satz 1 BBergG genehmigten Rohrleitung geht. Der Hinweis der Klägerin auf die Rechtslage bei § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB (siehe BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2017 - 4 C 3.16 - BVerwGE 159, 187 Rn. 11) geht fehl; denn das Gebot der Rücksichtnahme findet dort seine Grundlage in der Notwendigkeit des Ausgleichs unterschiedlicher Nutzungsinteressen der benachbarten Grundstückseigentümer, die im Bauplanungsrecht zu bewältigen sind. Darum geht es auf dem Festlandsockel aber nicht (BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1982 - 7 C 111.81 - BVerwGE 66, 307 <308 f.>).

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f) Schließlich führen auch die Fragen,

ob die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV auch dadurch verletzt werden kann, wenn es Schiffen eines Mitgliedstaates erschwert wird, Hafendienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat entgegenzunehmen, indem eine Transit-Rohrleitung auf dem Meeresboden genehmigt wird, die es diesen Schiffen unmöglich macht, einen bestimmten Hafen in einem anderen Mitgliedstaat über einen bestimmten Schifffahrtsweg zu erreichen?,

Wenn ja, gilt dies auch dann, wenn der Zugang zum Hafen des anderen Mitgliedstaates über einen Schifffahrtsweg noch nicht eröffnet ist, sondern erst zukünftig ermöglicht werden soll, und diese Möglichkeit nicht vollkommen fernliegend ist?,

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nicht zur Zulassung der Revision. Entscheidungserheblich ist angesichts der insoweit maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts allein die um die Variante ergänzte zweite Frage. Diese ist allerdings nicht, wie für die rechtsgrundsätzliche Klärungsfähigkeit erforderlich, in verallgemeinerungsfähiger Weise zu beantworten. Unter welchen Voraussetzungen eine erst zukünftig anzunehmende tatsächliche Beeinträchtigung der Erreichbarkeit eines Hafens zu einer rechtlich beachtlichen Verletzung der Dienstleistungsfreiheit führen kann, kann nur unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände des jeweiligen Einzelfalles beurteilt werden.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.