Entscheidungsdatum: 09.03.2010
I.
Die Kläger, zwei als Naturschutzverbände anerkannte Fischereiverbände, wenden sich gegen einen wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss für den Neubau eines Wasserkraftwerks an einer bestehenden Staustufe der Weser. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen eingelegte Berufung zurückgewiesen und ausgeführt, die Klage des Klägers zu 1 sei unzulässig, die des Klägers zu 2 sei zulässig, aber unbegründet.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kläger.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, vgl. 1.). Eine Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts von Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts wird nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 VwGO, vgl. 2.). Schließlich liegt kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, vgl. 3.).
1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist.
a) Die Beschwerde sieht eine grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit zunächst im Hinblick darauf, dass das Oberverwaltungsgericht eine Klagebefugnis des Klägers zu 1 unter Heranziehung von § 3 Abs. 1 Satz 1 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) abgelehnt hat. Eine Frage zur Auslegung und Anwendung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes wird insoweit von der Beschwerde aber weder ausdrücklich noch sinngemäß gestellt. Vielmehr hält sie nur die Anwendung des Gesetzes im Einzelfall für fehlerhaft und meint insbesondere, das Berufungsgericht habe die Aufgaben des Klägers zu 1, die sich aus dessen Satzung ergeben, verkannt. Damit wird keine Frage von grundsätzlicher Klärung prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht auch ausgeführt, die Klage des Klägers zu 1 wäre - ebenso wie die des Klägers zu 2 - unbegründet, wenn man sie entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts als zulässig betrachten würde.
b) Weiter hält die Beschwerde für klärungsbedürftig, ob für das Vorhaben eine bundeswasserstraßenrechtliche Planfeststellung notwendig gewesen wäre. Auch insoweit stellt sie überwiegend - im Stile einer Berufungsbegründung - ihre Rechtsauffassung derjenigen des Oberverwaltungsgerichts gegenüber.
Die Rechtssache hat aber auch dann keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn man zu ihren Gunsten annimmt, sie halte für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage,
ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, die wasserstraßenrechtliche Planfeststellung sei auf die Verkehrsfunktion der Bundeswasserstraße bezogen, wobei der schifffahrtsfunktionale Zusammenhang kennzeichnend sei.
Diese Frage lässt sich ohne Weiteres bejahen.
Bauarbeiten an einer Bundeswasserstraße müssen unabhängig davon, ob sie als Unterhaltung oder Ausbau zu qualifizieren sind, die Wasserstraße als Verkehrsweg betreffen, wenn sie auf der Grundlage des Bundeswasserstraßengesetzes durchgeführt werden sollen. Das Bundeswasserstraßengesetz regelt Unterhaltung und Ausbau lediglich im Hinblick auf die Verkehrsfunktion der Bundeswasserstraßen. Die dem Bund in Art. 74 Nr. 21 GG zugewiesene Gesetzgebungskompetenz für die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen rechtfertigt nämlich keine wasserrechtlichen, also die Angelegenheiten der allgemeinen Wasserwirtschaft ordnenden Vorschriften, sondern nur Regelungen, die sich auf die Wasserstraßen als Verkehrswege beziehen. Bauarbeiten an einer Bundeswasserstraße müssen deshalb stets, seien es Unterhaltungs- oder Ausbauarbeiten, einen schifffahrtsfunktionalen Zusammenhang aufweisen (vgl. Urteil vom 5. Dezember 2001 - BVerwG 9 A 13.01 - BVerwGE 115, 294 <298> m.w.N.).
Dass bei dem Ausbau eines Gewässers in dem hierfür erforderlichen wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren auch die Rückwirkungen des Vorhabens auf die Funktionsfähigkeit bereits vorhandener Anlagen berücksichtigt werden müssen, die auf der Grundlage einer wasserstraßenrechtlichen Planfeststellung errichtet worden sind, folgt aus dem Abwägungsgebot, begründet aber nicht das Erfordernis einer (auch) wasserstraßenrechtlichen Planfeststellung für das Vorhaben.
c) Anschließend hält die Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage,
ob das Koordinierungsgebot in § 1b WHG gebietet, dass Maßnahmen und Einzelentscheidungen im Vollzug des Wasserhaushaltsgesetzes bzw. des entsprechenden Landesrechts, die von der zuständigen Behörde eines Bundeslandes getroffen werden, einem Zustimmungsvorbehalt der Wasserbehörden der übrigen Bundesländer, die zur Flussgebietseinheit gehören, unterliegen.
Diese Frage ist entscheidungserheblich nur für Einzelentscheidungen. Jedenfalls insoweit lässt sie sich - mit dem Oberverwaltungsgericht - ohne Weiteres verneinen.
Die Gewässer sind nach Flussgebietseinheiten zu bewirtschaften (§ 1b Abs. 1 Satz 1 WHG). Flussgebietseinheit ist u.a. die Weser (§ 1b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 WHG). Zur Erreichung der im Wasserhaushaltsgesetz festgelegten Bewirtschaftungsziele wird durch Landesrecht die Koordinierung der Bewirtschaftung der Flussgebietseinheiten geregelt, insbesondere die - von der Beschwerde in den Vordergrund gestellte - Koordinierung mit den anderen Ländern (§ 1b Abs. 2 Nr. 1 WHG). Die Koordinierung im Einzelnen wird durch irrevisibles Landesrecht (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) geregelt. Das bundesrechtliche Koordinierungsgebot in § 1b WHG fordert nicht, dass das Landesrecht einen derartigen Zustimmungsvorbehalt normiert. Dass der verfassungsrechtliche Grundsatz der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung der Länder hier nicht gelten soll, lässt sich unabhängig von der Beantwortung der Frage, ob eine derartige Regelung im Wasserhaushaltsgesetz mit dem Grundgesetz vereinbar wäre, dem Wasserhaushaltsgesetz nicht entnehmen.
Auch der Wasserrahmenrichtlinie lässt sich zweifelsfrei nichts dafür entnehmen, dass der Bundesgesetzgeber verpflichtet sein könnte, einen derartigen Zustimmungsvorbehalt vorzusehen. Gemäß Art. 3 Abs. 4 Satz 1 der Wasserrahmenrichtlinie sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die Anforderungen der Richtlinie zur Erreichung der Umweltziele nach Artikel 4 der Richtlinie und insbesondere alle Maßnahmeprogramme für die gesamte Flussgebietseinheit koordiniert werden. Die Richtlinie schreibt damit eine Koordinierung vor, lässt aber für Flussgebietseinheiten, die sich über das Gebiet mehrerer Bundesländer erstrecken, die jeweiligen Verwaltungskompetenzen - jedenfalls soweit es wie hier um Einzelentscheidungen im Vollzug des Wasserrechts geht - unberührt (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl., § 1b Rn. 7).
Soweit die Kläger bezweifeln, dass das Vorhaben mit den Vorstellungen der Behörden anderer Bundesländer auf der Grundlage der vorhandenen landesrechtlichen Regelungen, namentlich der auch vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Verwaltungsvereinbarung über die Bildung einer Flussgebietsgemeinschaft Weser, hinreichend koordiniert ist, greifen sie nur die tatsächliche Würdigung des Sachverhalts und die Anwendung irrevisiblen Landesrechts an, ohne herauszuarbeiten, dass das Oberverwaltungsgericht dabei eine weiter klärungsbedürftige Vorgabe des Bundesrechts für diese Koordinierung missachtet hat.
d) Weiter hält die Beschwerde für klärungsbedürftig die Frage,
ob das Verschlechterungsverbot des § 25b Abs. 1 Satz 1 WHG, wonach erheblich veränderte oberirdische Gewässer so zu bewirtschaften sind, dass "eine nachteilige Veränderung ihres ökologischen Potenzials ... vermieden wird", hinsichtlich der Anforderungen an die Durchgängigkeit der Gewässer ausschließlich von naturschutzfachlichen Beurteilungen abhängt oder ob nicht über die naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative hinaus auch der Stand der Wasserbautechnik einzubeziehen ist.
Auch diese Frage lässt sich - soweit sie fallübergreifend ist - ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten: Ob nachteilige Veränderungen des ökologischen Potenzials vermieden werden, ist eine naturschutzfachliche Frage. Im Einzelfall kann allerdings die Beantwortung der Frage nur möglich sein, wenn zunächst technische Vorfragen beantwortet werden. So kann die hier angesprochene Frage, welche Strömungsverhältnisse eines Gewässers nach einer Ausbaumaßnahme vorhanden sein werden, selbstverständlich nicht von einem Fachmann für Naturschutz, sondern nur von einem Fachmann für Wasserbautechnik beantwortet werden. Davon geht auch das Oberverwaltungsgericht aus. Die Beschwerde legt insoweit ausführlich dar, warum sie die vom Oberverwaltungsgericht gefundenen Ergebnisse für unzutreffend hält. Damit wird aber keine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage aufgezeigt.
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nur dann unreichend bezeichnet (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die Beschwerde muss also die angeblich widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde benennt zwar zwei Urteile des Bundesverwaltungsgerichts. Sie rügt aber allein deren fehlerhafte Anwendung im Einzelfall.
Soweit die Beschwerde eine Abweichung des Berufungsurteils von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs rügt, wird zwar keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dargelegt. Auch wenn man zu Gunsten der Beschwerde annimmt, sie wolle insoweit die grundsätzliche Bedeutung der Sache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) rügen, kann die Revision nicht zugelassen werden. Die Beschwerde rügt nämlich auch insoweit allein die ihres Erachtens unwichtige Anwendung der Rechtsprechung des EuGH im Einzelfall, ohne eine grundsätzliche Bedeutung ausdrücklich oder sinngemäß darzulegen.
3. Auch ein geltend gemachter Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), liegt nicht vor. Die Beschwerde meint, das Oberverwaltungsgericht habe die notwendige Beiladung (§ 65 Abs. 2 VwGO) der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest unterlassen und darauf könne dessen Urteil beruhen. Dies trifft nicht zu.
Das Oberverwaltungsgericht hätte die Wasser- und Schifffahrtsdirektion nicht beiladen müssen. Für die Frage, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, ist die materiellrechtliche Auffassung des Berufungsgerichts maßgebend. Dieses hielt eine wasserstraßenrechtliche Planfeststellung nicht für erforderlich, so dass kein Anlass zur Beiladung der Wasser- und Schifffahrtsdirektion bestand. Im Übrigen wäre deren Beiladung auch dann nicht notwendig gewesen, wenn hier eine wasserstraßenrechtliche Planfeststellung geboten gewesen wäre. Denn dann könnte dies auch ohne Beiladung zur Aufhebung der hier angefochtenen wasserrechtlichen Planfeststellung führen.
Im Übrigen verkennt die Beschwerde den Zweck der Beiladung. Dieser ist es nicht, die Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung zu erweitern, sondern die Rechtskraft des Urteils auch auf einen an dem streitigen Rechtsverhältnis Beteiligten zu erstrecken (vgl. Urteil vom 7. Februar 1986 - BVerwG 4 C 30.84 - Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 36 = BVerwGE 74, 19).