Entscheidungsdatum: 18.11.2010
I.
Die Klägerin gewinnt Quarzsand im Wege der Nassauskiesung. Der aus dem dadurch entstandenen Baggersee geförderte Sand wird in einer Aufbereitungsanlage mithilfe von gesondert aus dem See entnommenem Wasser gewaschen, nach Korngrößen getrennt und sodann in einer Trocknungsanlage getrocknet. Zur Kühlung dieser Anlage wird ebenfalls Wasser aus dem Baggersee benutzt. Nach Gebrauch wird das verwendete Wasser - bis auf einen im Sand verbleibenden Rest - zur Klärung in ein Absetzbecken und anschließend wieder in den Baggersee geleitet. Die Klägerin wurde für diese Benutzung des Oberflächenwassers zu einem Wasserentnahmeentgelt herangezogen. Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem Verwaltungsgericht ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Es hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass die Klägerin den - verfassungsgemäßen - Entgelttatbestand des § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Erhebung eines Entgelts für die Entnahme von Wasser aus Gewässern (Wasserentnahmeentgeltgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen - WasEG) erfülle. Sie entnehme Wasser und führe es einer Nutzung - Sandkorntrennung und Kühlung - zu. Die Nutzung sei nicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 WasEG i.V.m. § 24 WHG (a.F.) entgeltfrei. Eine erlaubnisfreie Benutzung im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 WHG (a.F.) liege nicht vor. Durch die Benutzung in Gestalt von Entnahme (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 WHG
II.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil ist nicht begründet. Der Rechtssache kommt die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu.
Die Beschwerde wirft folgende Fragen zu den rechtlichen Grenzen des Eigentümergebrauchs nach § 24 Abs. 1 Satz 1 WHG in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Wasserhaushaltsgesetzes vom 19. August 2002 (BGBl I S. 3245) - WHG a.F. - auf:
1. Ist hinsichtlich der Voraussetzung des erlaubnisfreien Eigentümergebrauchs, dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaft des Wassers nicht zu erwarten sein darf, auf den Zustand des Brauchwassers während des Benutzungsvorgangs abzustellen, ohne dass zu Gunsten des Gesamtgewässers getroffene Schutzvorkehrungen bei der Prognose eines Schadenseintritts berücksichtigt werden? Reicht mithin ein Gefährdungspotential, also eine potentielle, d.h. mögliche Gefährdung des Schutzguts aus, um annehmen zu können, dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaft des Wassers "zu erwarten" ist?
2. Ist nach § 24 Abs. 1 Satz 1 WHG a.F. auch eine zu erwartende "geringfügige" nachteilige Veränderung der Eigenschaft des Wassers tatbestandsmäßig?
3. Ist eine nachteilige Veränderung der Eigenschaft des "Wassers" auch zu erwarten, wenn lediglich ein untergeordneter Teilbereich des Gewässers betroffen ist, ohne dass sich dies nachteilig auf das Gesamtgewässer oder zumindest einen gewissen Abschnitt des Gesamtgewässers auswirkt?
Diese Fragestellungen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt, d.h. näher ausgeführt werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), dass und inwieweit die höchstrichterliche Beantwortung einer bestimmten Rechtsfrage des Bundesrechts zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (vgl. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>). Daran fehlt es hier.
Die als rechtsgrundsätzlich bedeutsam bezeichneten Fragen nach den rechtlichen Grenzen des Eigentümergebrauchs beantworten sich allerdings nach revisiblem Recht. Sie stellen sich hier zwar im Rahmen der Anwendung der nicht revisiblen landesrechtlichen Vorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 2 WasEG. Das Landesrecht nimmt darin auf erlaubnisfreie Benutzungen, darunter u.a. den in § 24 WHG a.F. geregelten Eigentümergebrauch, Bezug. Damit wird diese bundesrechtliche Norm aber nicht im Sinne einer echten Verweisung in der Weise landesrechtlich rezipiert, dass ihr sachlicher Anwendungsbereich erweitert wird und sie insoweit nur aufgrund des Normanwendungsbefehls des Landesgesetzgebers und folglich als irrevisibles Landesrecht gilt (vgl. etwa Beschlüsse vom 2. Juli 2009 - BVerwG 7 B 9.09 - Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 36 und vom 13. Juni 2009 - BVerwG 9 B 2.09 - Buchholz 445.4 § 3 WHG Nr. 6). Vielmehr knüpft die landesrechtliche Regelung im Sinne einer "unechten" Verweisung an die vom Landesgesetzgeber als vorgegeben hingenommene bundesrechtliche Regelung an, deren Geltungsgrund unverändert bleibt (vgl. Urteil vom 4. November 1976 - BVerwG 5 C 73.74 - BVerwGE 51, 268 <271 ff.>; Beschluss vom 24. März 1986 - BVerwG 7 B 35.86 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 132). Denn nach der insoweit maßgeblichen Auslegung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 WasEG durch das Oberverwaltungsgericht greift das Wasserentnahmeentgeltgesetz die wasserhaushaltsrechtliche Privilegierung des Eigentümergebrauchs durch die Freistellung von der Erlaubnispflicht auf und erkennt sie mit der Folge der Entgeltfreistellung an (vgl. OVG Münster, Urteil vom 16. Oktober 2008 - 9 A 1385/08 - NWVBl 2009, 157
Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen verleihen der Rechtssache jedoch deshalb keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie sich auf ausgelaufenes Recht beziehen.
Die für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Fassung des § 24 Abs. 1 WHG ist aufgrund der Neuregelung des Wasserhaushaltsgesetzes durch das Gesetz zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31. Juli 2009 (BGBl I S. 2585) mit Wirkung vom 1. März 2010 durch die Bestimmung des § 26 Abs. 1 WHG ersetzt worden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Rechtsfragen bei auslaufendem Recht trotz anhängiger Fälle regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung, da die Zulassungsvorschrift des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur eine für die Zukunft geltende Klärung herbeiführen soll (vgl. etwa Beschlüsse vom 9. Dezember 1994 - BVerwG 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 und vom 13. Juli 2007 - BVerwG 3 B 16.07 - Buchholz 451.511 § 6 MOG Nr. 9).
Diese Aufgabe kann ein auf auslaufendes Recht bezogenes Revisionsverfahren jedoch ausnahmsweise dann erfüllen, wenn sich bei der gesetzlichen Bestimmung, die der außer Kraft getretenen Vorschrift nachgefolgt ist, die streitigen Fragen in gleicher Weise stellen. Trotz des Auslaufens des alten Rechts ist dann eine richtungsweisende Klärung zu erwarten, wie die neue Vorschrift anzuwenden ist (vgl. Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 und vom 26. Juli 2005 - BVerwG 6 B 24.05 - Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 129). Eine solche Fallgestaltung liegt entgegen der Auffassung der Klägerin hier aber nicht vor. Zwar entspricht § 24 Abs. 1 Satz 1 WHG a.F. im Wesentlichen dem neu gefassten § 26 Abs. 1 Satz 1 WHG. Auf die insoweit übereinstimmenden tatbestandlichen Voraussetzungen des Eigentümergebrauchs sind die von der Klägerin allgemein formulierten Fragen auch bezogen. Sie stellen sich indessen in entscheidungserheblicher Weise nur für den Eigentümergebrauch, der auf eine Gewässerbenutzung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 4 WHG a.F., nämlich das Einbringen und Einleiten von Stoffen in oberirdische Gewässer, bezogen ist. Diese Art der Benutzung (siehe jetzt § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG) nimmt § 26 Abs. 1 Satz 2 WHG nunmehr aber ausdrücklich vom erlaubnisfreien Eigentümergebrauch aus; die Öffnungsklausel für die Länder in § 26 Abs. 1 Satz 3 WHG ermöglicht insoweit nur abweichende Regelungen für Zwecke der Fischerei (§ 25 Satz 3 Nr. 2 WHG).
Eine weitere Ausnahme von der Regel, dass Fragen des auslaufenden Rechts die Zulassung der Grundsatzrevision nicht rechtfertigen, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann anerkannt, wenn die Klärung der Rechtsfragen für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft weiterhin von Bedeutung ist. Für das Vorliegen einer solchen Sachlage ist der Beschwerdeführer darlegungspflichtig. Es müssen Anhaltspunkte für eine erhebliche Zahl von Altfällen dargetan und ersichtlich sein (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9). Dem trägt die Begründung der Beschwerde weder mit dem Hinweis auf noch anhängige Widerspruchsverfahren der Klägerin gegen weitere Bescheide für die Veranlagungszeiträume bis 2009 noch mit dem nicht näher spezifizierten Hinweis auf die Lage anderer Abgrabungsunternehmen in Nordrhein-Westfalen ausreichend Rechnung. Im Übrigen ist im Hinblick auf mögliche Altfälle zu berücksichtigen, dass auch die Rechtseinheit, der die Zulassung der Revision neben der Weiterentwicklung des Rechts zu dienen hat, nicht gefährdet wäre, weil für noch zu erwartende Streitverfahren ausschließlich das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in zweiter Instanz zuständig wäre (vgl. Beschluss vom 21. Dezember 1977 - BVerwG 7 B 109.77 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 160).