Entscheidungsdatum: 21.11.2018
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Januar 2017 - 4 Sa 900/16 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund des Eintritts einer auflösenden Bedingung oder aufgrund einer vorsorglichen ordentlichen Kündigung geendet hat.
Zwischen den Parteien besteht seit dem 1. Juli 2003 ein Arbeitsverhältnis. Der Kläger war bei der Beklagten, einer Fluggesellschaft, zuletzt als Flugkapitän beschäftigt. Die Arbeitsbedingungen richteten sich ua. nach dem von beiden Parteien unterzeichneten „Rahmenvertrag für Piloten“ vom 22./30. Dezember 2006 (im Folgenden RV). In diesem ist ua. geregelt:
|
„§ 3 Tätigkeit und Dienstpflichten |
(1) Der Mitarbeiter wird als Pilot für den Flugdienst angestellt. … |
|
(2) G ist berechtigt, dem Mitarbeiter anderweitige, seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechende zumutbare Tätigkeiten - gegebenenfalls gegen Erstattung von Spesen gemäß Dienstreiseordnung auch an einem anderen Beschäftigungsort - zuzuweisen. Dies gilt auch für den Fall, dass bei bestehender Fluguntauglichkeit die Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters nicht bescheinigt wird bzw. weiterhin Arbeitsfähigkeit gegeben ist. … |
|
§ 13 Beendigung des Arbeitsverhältnisses |
|
(1) Das Arbeitsverhältnis kann nach Ablauf einer etwaigen Probezeit von beiden Parteien, auch während einer Befristung des Arbeitsverhältnisses, mit einer Frist von 3 Monaten zum Monatsende gekündigt werden, es sei denn, die gesetzliche Kündigungsfrist ist länger. … |
|
(6) Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, wenn der Mitarbeiter seine Fluglizenz verliert und G den Verlust der Berechtigung nicht zu vertreten hat, oder wenn der Pilot wegen körperlicher Untauglichkeit seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, zu dem Zeitpunkt, zu dem nach Feststellung und Bekanntgabe der Fluguntauglichkeit an den Betroffenen eine Beendigung frühestens nach den Fristen des § 13 Abs. 1 möglich ist. |
|
Untauglichkeit in diesem Sinne ist das auf einem unbehebbaren oder aller Wahrscheinlichkeit nach unbehebbarem körperlichen Mangel beruhende Unvermögen, eine fliegerische Tätigkeit auszuüben.“ |
Der Kläger erkrankte in der Zeit vom 16. Juni 2009 bis zum 26. Juli 2009 arbeitsunfähig. Nachdem er zunächst seine Tätigkeit für die Beklagte wieder aufgenommen hatte, war er ab dem 10. Mai 2010 durchgehend arbeitsunfähig krank. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen legte er der Beklagten nur für den Zeitraum bis zum 15. Oktober 2010 vor. Der Kläger litt unter Krankheitssymptomen wie Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, starken Schlafstörungen, Nervenschmerzen in den Extremitäten, Sprachstörungen, Vergesslichkeit und Koordinationsproblemen.
Am 30. November 2010 stellte sich der Kläger zur Beurteilung seiner Flugtauglichkeit beim Medizinischen Zentrum S vor. Ausweislich der dort erstellten ärztlichen Bescheinigung wurde ohne Bewertung von Diagnosen allein aufgrund der damaligen Einnahme von Medikamenten gegen Schlafstörungen und gegen Depression eine Fluguntauglichkeit festgestellt.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Oktober 2015 teilte der Kläger der Beklagten mit, er leide am sogenannten aerotoxischen Syndrom, welches durch verunreinigte Kabinenluft am Arbeitsplatz ausgelöst worden sei. Im Hinblick auf seine physischen Beeinträchtigungen und angesichts der zur Schmerzdämmung erforderlichen Medikation sei nicht absehbar, ob er jemals wieder eine Beschäftigung werde aufnehmen können.
Mit Schreiben vom 3. November 2015, welches dem Kläger am Folgetag zuging, erklärte die Beklagte auszugsweise:
|
„Sehr geehrter Herr K, |
seit Mai 2010 sind Sie durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. … |
|
Da hier auch von einer Fluguntauglichkeit Ihrerseits auszugehen ist, teilen wir Ihnen mit, dass Ihr Arbeitsverhältnis nach § 13 Abs. 6 Ihres Rahmenvertrages vom 22.12.2006 auflösend bedingt am 30.04.2016 enden wird. |
|
Vorsorglich kündigen wir zudem das bestehende Arbeitsverhältnis aus personenbedingten Gründen ordentlich zum 30.04.2016.“ |
Ein betriebliches Eingliederungsmanagement war zu keinem Zeitpunkt durchgeführt worden.
Mit der am 25. November 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 2. Dezember 2015 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2016 gewandt. Er hat die Ansicht vertreten, er sei nicht dauerhaft fluguntauglich. Der Kläger hat sich erstinstanzlich ferner auf die fehlende soziale Rechtfertigung der Kündigung und auf eine treuwidrige Herbeiführung des Bedingungseintritts iSd. § 162 Abs. 2 BGB sowie auf eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit nach § 15 Abs. 5, § 21 TzBfG berufen. Im Verfahren vor dem Landesarbeitsarbeitsgericht hat der Kläger außerdem gerügt, die auflösende Bedingung sei nicht wirksam in den Arbeitsvertrag einbezogen worden und es fehle ein sachlicher Grund iSd. §§ 14, 21 TzBfG. Außerdem bestünden alternative Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Beklagte hätte ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchführen müssen. Da dies unterblieben sei, treffe sie eine gesteigerte Darlegungslast hinsichtlich des Fehlens anderer Beschäftigungsmöglichkeiten.
Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - sinngemäß beantragt
|
1. |
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund auflösender Bedingung mit Ablauf des 30. April 2016 geendet hat, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht; |
2. |
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 3. November 2015 geendet hat. |
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis habe schon wegen des Eintritts der auflösenden Bedingung sein Ende gefunden. Die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung wegen Fluguntauglichkeit sei zulässig. Die Bedingung sei auch eingetreten, der Kläger sei dauerhaft fluguntauglich. Er habe selbst mitgeteilt, es sei nicht absehbar, ob er jemals wieder eine Beschäftigung aufnehmen könne. Nach den flugrechtlichen Bestimmungen obliege dem Piloten der Nachweis seiner Flugtauglichkeit. Dem sei der Kläger nicht nachgekommen. Eine Beschäftigung des Klägers am Boden sei nicht möglich. Ein geeigneter freier Arbeitsplatz existiere nicht. Ein betriebliches Eingliederungsmanagement sei nicht erforderlich gewesen, weil die Flugdienstuntauglichkeit nicht mit Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen sei. Auch die personenbedingte Kündigung sei allein aufgrund der Fluguntauglichkeit gerechtfertigt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis weder aufgrund der auflösenden Bedingung noch aufgrund der Kündigung am 30. April 2016 geendet hat und die Berufung des Klägers im Übrigen zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.
A. Gegen die Zulässigkeit der Revision bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Entgegen der Ansicht des Klägers genügt die Revisionsbegründung den gesetzlichen Anforderungen (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO, zu den Anforderungen vgl. BAG 29. August 2018 - 7 AZR 144/17 - Rn. 11; 23. Juli 2014 - 7 AZR 853/12 - Rn. 18). Sie ist geeignet, die angefochtene Entscheidung umfassend in Frage zu stellen. Insbesondere hat sich die Beklagte in der Revisionsbegründung (unter II. 2.) entgegen der Ansicht des Klägers mit der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auseinandergesetzt, § 13 Abs. 6 RV könne als Allgemeine Geschäftsbedingung nicht ergänzend ausgelegt werden und genüge bei wortlautgetreuem Verständnis nicht dem Sachgrunderfordernis der §§ 21, 14 Abs. 1 TzBfG. Die Beklagte hat näher begründet, warum diese Auffassung nach ihrer Meinung rechtsfehlerhaft sei.
B. Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder aufgrund der auflösenden Bedingung in § 13 Abs. 6 Alt. 2 RV noch aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 3. November 2015 geendet hat.
I. Der Klageantrag zu 1. ist zulässig und begründet.
1. Der Klageantrag zu 1., mit dem der Kläger in der Revision noch die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund auflösender Bedingung mit Ablauf des 30. April 2016 geendet hat, ist zulässig. Das Landesarbeitsgericht hat den zweitinstanzlich gegen die auflösende Bedingung gerichteten Feststellungsantrag ohne Rechtsfehler als Bedingungskontrollklage gemäß § 17 Satz 1, § 21 TzBfG verstanden, soweit der Kläger mit ihm die Unwirksamkeit und den Nichteintritt der auflösenden Bedingung nach § 13 Abs. 6 Alt. 2 RV geltend gemacht hat, und ihn insoweit als zulässig erachtet. Wegen des fast untrennbaren Zusammenhangs zwischen der Wirksamkeit und dem Eintritt der auflösenden Bedingung sind beide Fragen Gegenstand einer Bedingungskontrollklage nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG (st. Rspr. seit BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 18 ff., BAGE 137, 292; vgl. BAG 15. Februar 2017 - 7 AZR 82/15 - Rn. 13 mwN).
Der Bedingungskontrollantrag ist iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt, obwohl er die angegriffene auflösende Bedingung nicht ausdrücklich bezeichnet. Seine Auslegung ergibt, dass Gegenstand des Antrags von vornherein die in § 13 Abs. 6 Alt. 2 RV vereinbarte auflösende Bedingung war. Dies folgt schon aus dem der Klageschrift in Kopie beigefügten Schreiben der Beklagten vom 3. November 2015, in dem sich die Beklagte (nur) wegen „einer Fluguntauglichkeit“ des Klägers auf den Eintritt der auflösenden Bedingung nach „§ 13 Abs. 6 Ihres Rahmenvertrages vom 22.12.2006“ beruft.
2. Der Bedingungskontrollantrag ist begründet. Es kann dahinstehen, ob die auflösende Bedingung in § 13 Abs. 6 Alt. 2 RV wirksam ist und ob sich der Kläger ggf. auf deren Unwirksamkeit berufen könnte oder ob er hieran nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG, § 6 KSchG gehindert wäre, weil er die Unwirksamkeit der auflösenden Bedingung erstmals in zweiter Instanz geltend gemacht hat. Die auflösende Bedingung ist nicht eingetreten.
a) Die auflösende Bedingung gilt nicht bereits nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als eingetreten. Der Kläger hat rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist nach §§ 21, 17 Satz 1 und Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG Bedingungskontrollklage erhoben.
aa) Nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG gilt eine auflösende Bedingung als zu dem in der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber angegebenen Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung als eingetreten, wenn der Arbeitnehmer den Nichteintritt der auflösenden Bedingung nicht innerhalb der Dreiwochenfrist nach §§ 21, 17 Satz 1 und Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG gerichtlich geltend gemacht hat (BAG 20. Juni 2018 - 7 AZR 689/16 - Rn. 38 mwN).
Die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG beginnt bei Bedingungskontrollklagen grundsätzlich mit dem Tag, an dem die auflösende Bedingung eingetreten ist. Allerdings endet der auflösend bedingte Arbeitsvertrag nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der Bedingung. Deshalb wird gemäß §§ 21, 17 Satz 1 und Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG die Klagefrist erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der Bedingung beendet, in Lauf gesetzt, wenn die Bedingung bereits vor Ablauf der Zweiwochenfrist eingetreten ist (st. Rspr., vgl. BAG 20. Juni 2018 - 7 AZR 689/16 - Rn. 39 mwN). Ist streitig, ob die auflösende Bedingung eingetreten ist, beginnt die Dreiwochenfrist grundsätzlich zu dem vom Arbeitgeber in dem Unterrichtungsschreiben angegebenen Zeitpunkt des Bedingungseintritts zu laufen. Geht dem Arbeitnehmer das Unterrichtungsschreiben des Arbeitgebers erst nach diesem Zeitpunkt zu, beginnt die dreiwöchige Klagefrist erst mit dem Zugang des Unterrichtungsschreibens (BAG 4. November 2015 - 7 AZR 851/13 - Rn. 27).
bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze hat sich der Kläger jedenfalls fristgemäß auf den Nichteintritt der Bedingung berufen. Die auflösende Bedingung nach § 13 Abs. 6 Alt. 2 RV soll nach der Mitteilung der Beklagten vom 3. November 2015 am 30. April 2016 eingetreten sein. Der Kläger hatte bereits nach dem Zugang des Schreibens der Beklagten vom 3. November 2015 mit der am 25. November 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 2. Dezember 2015 zugestellten Klageschrift, Bedingungskontrollklage erhoben und sich erstinstanzlich spätestens mit Schriftsatz vom 15. März 2016 und damit innerhalb der Klagefrist in Bezug auf den Eintritt der auflösenden Bedingung nach § 13 Abs. 6 Alt. 2 RV darauf berufen, es handele sich bei seinen gesundheitlichen Beschwerden nicht um einen „unbehebbaren oder aller Voraussicht nach unbehebbaren körperlichen Mangel“.
b) Die in § 13 Abs. 6 Alt. 2 RV geregelte auflösende Bedingung, auf die sich die Beklagte allein berufen hat, ist nicht eingetreten. Dabei kann offenbleiben, ob bei dem Kläger eine Fluguntauglichkeit im Sinne dieser Klausel objektiv vorliegt. Jedenfalls fehlt es an der erforderlichen Feststellung und Bekanntgabe der Fluguntauglichkeit.
aa) Nach § 13 Abs. 6 Alt. 2 RV endet das Arbeitsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf, wenn der Pilot wegen körperlicher Untauglichkeit seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, zu dem Zeitpunkt, zu dem nach Feststellung und Bekanntgabe der Fluguntauglichkeit an den Betroffenen eine Beendigung frühestens nach den Fristen des § 13 Abs. 1 RV möglich ist. Erforderlich sind danach - neben der körperlichen Untauglichkeit - die Feststellung der Fluguntauglichkeit und ihre Bekanntgabe an den Piloten. Die Feststellung hat durch ein flugmedizinisches Zentrum oder einen flugmedizinischen Sachverständigen zu erfolgen. Dies ist zwar in § 13 Abs. 6 Alt. 2 RV nicht ausdrücklich bestimmt, ergibt sich aber im Wege der Auslegung der Klausel.
(1) Bei § 13 RV handelt es sich nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um von der Beklagten vorformulierte Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist (vgl. BAG 25. Oktober 2017 - 7 AZR 632/15 - Rn. 22; 8. Dezember 2010 - 7 AZR 438/09 - Rn. 21, BAGE 136, 270; 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 23 f. mwN, BAGE 126, 198). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen anhand dieser Grundsätze kann durch das Revisionsgericht selbst erfolgen (BAG 20. September 2016 - 3 AZR 302/15 - Rn. 19).
(2) Bereits aus dem Wortlaut des § 13 Abs. 6 Alt. 2 RV ergibt sich, dass Voraussetzung der auflösenden Bedingung nicht allein das objektive Vorliegen der Fluguntauglichkeit sein soll, sondern dass die Fluguntauglichkeit festgestellt und bekanntgegeben werden muss. Mangels abweichender Regelung in der Klausel obliegt dies einem flugmedizinischen Zentrum oder einem flugmedizinischen Sachverständigen. Typische Vertragspartner der von der beklagten Fluggesellschaft formulierten Rahmenverträge sind Piloten. Über die Flugtauglichkeit von Piloten entscheidet üblicherweise weder der Pilot selbst noch die Fluggesellschaft, sondern ein flugmedizinisches Zentrum oder ein flugmedizinischer Sachverständiger. Dies ergibt sich aus den entsprechenden luftverkehrsrechtlichen Vorschriften.
So regelte § 24b der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) in der im Zeitpunkt des Abschlusses des RV geltenden Fassung unter der Überschrift „Tauglichkeitsuntersuchungen“, dass Erstuntersuchungen für die Erteilung eines für Verkehrspiloten erforderlichen Tauglichkeitszeugnisses der Klasse 1 vom Luftfahrt-Bundesamt oder von den vom Luftfahrt-Bundesamt anerkannten flugmedizinischen Zentren nach § 24e Abs. 4 LuftVZO durchgeführt wurden. Nachuntersuchungen wurden vom Luftfahrt-Bundesamt, den vom Luftfahrt-Bundesamt anerkannten flugmedizinischen Zentren nach § 24e Abs. 4 LuftVZO oder von flugmedizinischen Sachverständigen nach § 24e Abs. 3 LuftVZO durchgeführt. Entsprechendes gilt heute nach Anhang IV der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 der Kommission vom 3. November 2011 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates. Dort ist in MED.A.040 geregelt, dass Tauglichkeitszeugnisse der Klasse 1 bei der Erstausstellung von einem flugmedizinischen Zentrum iSd. Verordnung ausgestellt werden. Bei einer Verlängerung oder Erneuerung kann das Tauglichkeitszeugnis der Klasse 1 alternativ auch durch einen flugmedizinischen Sachverständigen iSd. Verordnung erteilt werden. Die Anforderungen an die Anerkennung als flugmedizinische Sachverständige sind in Abschnitt D des Anhangs IV geregelt. Für die am Abschluss von Rahmenverträgen der streitgegenständlichen Art beteiligten Verkehrskreise (Beklagte/Piloten) kann die Regelung in § 13 Abs. 6 Alt. 2 RV daher nur so verstanden werden, dass die auf einem körperlichen Mangel beruhende Fluguntauglichkeit von einem flugmedizinischen Zentrum oder einem flugmedizinischen Sachverständigen festgestellt und bekanntgegeben werden muss.
Für dieses Verständnis sprechen auch die einschlägigen Regelungen in Tarifverträgen anderer Fluggesellschaften. So lautete § 20 Abs. 1 des ab dem 1. Januar 2001 geltenden Manteltarifvertrags Nr. 5a für das Cockpitpersonal der Deutschen Lufthansa AG:
|
„a) Wird durch eine fliegerärztliche Untersuchungsstelle festgestellt, dass ein Mitarbeiter wegen körperlicher Untauglichkeit seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, so endet das Arbeitsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf, zu dem Zeitpunkt, zu dem nach Feststellung und Bekanntgabe der Flugdienstuntauglichkeit an den Betroffenen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 22 frühestens zulässig gewesen wäre. |
b) Flugdienstuntauglichkeit im Sinne dieser Bestimmungen ist das auf einem unbehebbaren oder aller Wahrscheinlichkeit unbehebbaren körperlichen Mangel beruhende Unvermögen, eine fliegerische Tätigkeit nach den einschlägigen Vorschriften weiter auszuüben.“ |
Eine vergleichbare Regelung enthält § 20 Abs. 1 des Manteltarifvertrags Nr. 6 für das Bordpersonal der Condor Flugdienst GmbH vom 20. Oktober 2000 (vgl. BAG 16. Oktober 2008 - 7 AZR 185/07 - Rn. 4). Auch § 48 des Manteltarifvertrags Nr. 3 Cockpitpersonal LTU sah eine verbindliche Feststellung der dauernden Fluguntauglichkeit durch eine bzw. mehrere fliegerärztliche Untersuchungsstellen vor (vgl. BAG 21. Oktober 2009 - 5 AZR 931/08 - Rn. 2).
Vor diesem Hintergrund musste ein Pilot, der den RV mit der Beklagten unterzeichnete, davon ausgehen, dass auch die Beklagte die Feststellung der Fluguntauglichkeit durch eine fliegerärztliche Untersuchungsstelle zur Voraussetzung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses machen wollte. Bei diesem Verständnis der Klausel wird auch dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit (vgl. hierzu APS/Backhaus 5. Aufl. TzBfG § 21 Rn. 7; KR/Lipke 11. Aufl. § 21 TzBfG Rn. 29) Genüge getan und ein Streit zwischen den Vertragspartnern darüber, ob Fluguntauglichkeit iSd. § 13 Abs. 6 RV vorliegt, weitgehend vermieden.
bb) Danach liegen die Voraussetzungen für den Eintritt der auflösenden Bedingung nicht vor. Nach der vertraglichen Definition ist Untauglichkeit iSd. § 13 Abs. 6 RV das auf einem unbehebbaren oder aller Wahrscheinlichkeit nach unbehebbaren körperlichen Mangel beruhende Unvermögen, eine fliegerische Tätigkeit auszuüben. Ein derartiges Unvermögen des Klägers ist nicht durch ein flugmedizinisches Zentrum oder einen flugmedizinischen Sachverständigen festgestellt worden. Die Beklagte hat ihre Auffassung, der Kläger sei dauerhaft fluguntauglich, allein auf die eigenen Angaben des Klägers in dem Schreiben vom 15. Oktober 2015 gestützt, nicht jedoch auf die Feststellungen eines flugmedizinischen Zentrums oder Sachverständigen.
Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die Untersuchung des Klägers durch das Medizinische Zentrum S am 30. November 2010 verwiesen hat, enthält die dort ausgestellte ärztliche Bescheinigung keine Feststellung der Fluguntauglichkeit iSd. § 13 Abs. 6 RV. Dort wurde ohne Bewertung von Diagnosen allein aufgrund der damaligen Einnahme von Medikamenten gegen Schlafstörungen und gegen Depression eine Fluguntauglichkeit des Klägers festgestellt. Die Diagnose eines unbehebbaren oder aller Wahrscheinlichkeit nach unbehebbaren körperlichen Mangels ergibt sich hieraus nicht.
II. Der gegen die vorsorgliche Kündigung der Beklagten vom 3. November 2015 gerichtete Kündigungsschutzantrag ist ebenfalls begründet.
1. Der Antrag ist dem Senat zur Entscheidung angefallen. Die Beklagte hat die Kündigung im Schreiben vom 3. November 2015 nur „vorsorglich“ für den Fall ausgesprochen, dass das Arbeitsverhältnis nicht bereits aufgrund der auflösenden Bedingung endet. Deshalb ist der gegen die Kündigung gerichtete Klageantrag regelmäßig auch nur für den Fall des Obsiegens mit dem Bedingungskontrollantrag gestellt (vgl. BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 302/16 - Rn. 46, BAGE 159, 267; 21. November 2013 - 2 AZR 474/12 - Rn. 18 ff., BAGE 146, 333). Da diese innerprozessuale Bedingung eingetreten ist, ist über den Kündigungsschutzantrag zu entscheiden.
2. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht die Unwirksamkeit der Kündigung vom 3. November 2015 gemäß § 1 Abs. 1 KSchG angenommen. Die Kündigung ist nicht durch Gründe in der Person des Klägers iSd. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht offengelassen, ob dem Kläger aufgrund einer Erkrankung oder aufgrund von Fluguntauglichkeit die Ausübung der ihm von der Beklagten zuletzt zugewiesenen fliegerischen Tätigkeit als Kapitän auf Dauer oder zumindest auf unabsehbare Zeit unmöglich ist. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die darlegungsbelastete Beklagte habe nicht hinreichend dargetan, dass keine alternative Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger „am Boden“, dh. ohne fliegerische Tätigkeit, bestand, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Eine aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers ausgesprochene Kündigung ist unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam, wenn sie zur Beseitigung der eingetretenen Vertragsstörung nicht geeignet oder nicht erforderlich ist. Eine Kündigung ist nicht durch Krankheit oder andere Gründe in der Person „bedingt“, wenn es angemessene mildere Mittel zur Vermeidung oder Verringerung künftiger Fehlzeiten gibt. Mildere Mittel können insbesondere die Umgestaltung des bisherigen Arbeitsbereichs oder die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem anderen - leidensgerechten - Arbeitsplatz sein. Darüber hinaus kann sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Verpflichtung des Arbeitgebers ergeben, dem Arbeitnehmer vor einer Kündigung die Chance zu bieten, ggf. spezifische Behandlungsmaßnahmen zu ergreifen, um dadurch die Wahrscheinlichkeit künftiger Fehlzeiten auszuschließen (vgl. BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 24 mwN, BAGE 150, 117). Auch der Verlust oder der Entzug der Fluglizenz kann die ordentliche Kündigung aus personenbedingten Gründen nicht allein rechtfertigen; vielmehr ist auch zu berücksichtigen, ob bei Fehlen einer Erlaubnis eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist (BAG 31. Januar 1996 - 2 AZR 68/95 - zu II 2 der Gründe mwN, BAGE 82, 139).
b) Die Beklagte trifft für das Fehlen anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten eine erweiterte Darlegungs- und Beweislast.
aa) Der Arbeitgeber, der für die Verhältnismäßigkeit der Kündigung nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Darlegungs- und Beweislast trägt, kann sich zwar grundsätzlich zunächst darauf beschränken zu behaupten, für den Arbeitnehmer bestehe keine alternative Beschäftigungsmöglichkeit. Besteht jedoch eine Verpflichtung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM), trifft den Arbeitgeber die Obliegenheit, detailliert darzulegen, dass keine Möglichkeit bestand, die Kündigung durch angemessene mildere Maßnahmen zu vermeiden (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 27, BAGE 150, 117). Ist ein an sich gebotenes bEM unterblieben, trifft den Arbeitgeber auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein bEM entbehrlich war, weil es wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Arbeitnehmers unter keinen Umständen ein positives Ergebnis hätte erbringen können. Die objektive Nutzlosigkeit eines betrieblichen Eingliederungsmanagements schränkt die Pflicht des Arbeitgebers ein, ein bEM durchzuführen. Es obliegt daher dem Arbeitgeber, die tatsächlichen Umstände im Einzelnen darzulegen und zu beweisen, aufgrund derer ein bEM wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Arbeitnehmers nicht zu einem positiven Ergebnis hätte führen können. Dazu muss er umfassend und konkret vortragen, weshalb weder der weitere Einsatz des Arbeitnehmers auf dem bisher innegehabten Arbeitsplatz noch dessen leidensgerechte Anpassung und Veränderung möglich war und der Arbeitnehmer auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit hätte eingesetzt werden können (BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 60; 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 36, BAGE 135, 361). Das betriebliche Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX aF ist auch dann durchzuführen, wenn keine betriebliche Interessenvertretung iSv. § 93 SGB IX aF gebildet ist (BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 62; 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 28, aaO).
bb) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, die Beklagte sei ihrer danach bestehenden Darlegungslast nicht nachgekommen.
(1) Die Beklagte war aufgrund der Arbeitsunfähigkeit des Klägers nach § 84 Abs. 2 SGB IX in der zum Zeitpunkt der Kündigung geltenden Fassung (aF; jetzt: § 167 Abs. 2 SGB IX nF) verpflichtet, ein bEM durchzuführen.
(a) Nach § 84 Abs. 2 SGB IX aF klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann, wenn Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind. Der Gesetzgeber hat mit der Verwendung des Begriffs „arbeitsunfähig“ in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX aF auf die zu § 3 Abs. 1 EFZG ergangene Begriffsbestimmung Bezug genommen und wollte keinen vom Entgeltfortzahlungsgesetz abweichenden eigenen Begriff mit anderen Merkmalen schaffen (BAG 13. März 2012 - 1 ABR 78/10 - Rn. 14 mwN, BAGE 141, 42). Die Definition des Entgeltfortzahlungsgesetzes entspricht grundsätzlich derjenigen der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (Schmidt Gestaltung und Durchführung des BEM 2. Aufl. Rn. 15; zur Arbeitsunfähigkeit vgl. auch vom Stein/Rothe/Schlegel/Weber Kap. 4 § 2 Rn. 7 ff. mwN). Nach § 2 Abs. 1 der Richtlinie liegt Arbeitsunfähigkeit vor, wenn Versicherte aufgrund von Krankheit ihre zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen können. Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben. Arbeitsunfähigkeit liegt auch vor, wenn aufgrund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine Arbeitsunfähigkeit bedingt, absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die Arbeitsunfähigkeit unmittelbar hervorrufen (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie idF vom 14. November 2013, veröffentlicht im Bundesanzeiger BAnz AT 27. Januar 2014 B4).
(b) Der Kläger war nach den gemäß § 559 ZPO den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts vor dem Ausspruch der Kündigung durchgängig seit Mai 2010 arbeitsunfähig in diesem Sinne. Soweit die Beklagte mit ihrer Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe in unzulässiger Weise die Anforderungen an eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit mit den Voraussetzungen der Fluguntauglichkeit vermengt und Arbeitsunfähigkeit und Fluguntauglichkeit gleichgesetzt, lässt sich hierfür in den Entscheidungsgründen kein Anhaltspunkt finden. Das Landesarbeitsgericht hat zwischen der Fluguntauglichkeit und der Arbeitsunfähigkeit unterschieden. Bei der Prüfung der Frage, ob der Kläger arbeitsunfähig iSd. § 84 Abs. 2 SGB IX aF war, hat es nicht die Kriterien des § 13 Abs. 6 RV bzw. des Anhangs IV der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 zugrunde gelegt, sondern das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit anhand der Definition in § 2 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie geprüft (vgl. zu B I 2 b bb der Entscheidungsgründe). Die beim Kläger bestehenden körperlichen Einschränkungen waren nach den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts unstreitig. Hiergegen hat die Beklagte keine erheblichen Revisionsrügen erhoben.
Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass aus der Nichtvorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seit dem 16. Oktober 2010 nicht geschlossen werden kann, dass der Kläger ab diesem Zeitpunkt wieder arbeitsfähig war. Es mag viel dafür sprechen, dass die Pflicht zur Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (§ 5 Abs. 1 EFZG) den Arbeitnehmer im ungekündigten Arbeitsverhältnis auch während solcher Zeiten trifft, für die er nach § 3 Abs. 1 EFZG keine Entgeltfortzahlung (mehr) beanspruchen kann (vgl. BAG 11. Juli 2013 - 2 AZR 241/12 - Rn. 29 mwN). Kommt der Arbeitnehmer seiner gesetzlichen Obliegenheit nach § 5 Abs. 1 EFZG nicht nach, so hat der Arbeitgeber nach der gesetzlichen Konzeption ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG. Daneben kann bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen ein Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers oder eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht kommen, Rechtsfolge der unterbliebenen Vorlage ist jedoch nicht der Eintritt einer Vermutung, dass der Arbeitnehmer nicht (mehr) arbeitsunfähig sei (vgl. ErfK/Reinhard 18. Aufl. EFZG § 5 Rn. 18; BeckOK ArbR/Ricken 49. Ed. 1.9.2018 EFZG § 5 Rn. 9 f.; Schmitt/Schmitt/Küfner-Schmitt EFZG 8. Aufl. § 5 Rn. 181 f.). Im Übrigen ging die Beklagte ausweislich des Kündigungsschreibens bei Ausspruch der Kündigung selbst davon aus, der Kläger sei „seit Mai 2010 … durchgehend arbeitsunfähig erkrankt“ gewesen.
(c) Die Beklagte hat nicht geltend gemacht, die Durchführung eines bEM wäre im Falle des Klägers nutzlos gewesen. Hierfür sind auch keine Anhaltspunkte erkennbar.
(2) Ohne revisible Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Beklagte sei ihrer danach wegen der Nichtdurchführung eines bEM bestehenden erweiterten Darlegungslast nicht nachgekommen. Sie habe im Prozess nicht umfassend dargetan, dass im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz nicht bestanden. Dies hat die Beklagte mit der Revision nicht angegriffen.
Soweit die Beklagte mit der Revision geltend macht, die Kündigung sei nicht (nur) wegen Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen worden, sondern wegen Fluguntauglichkeit, ändert dies nichts daran, dass sie aufgrund der auf Krankheit beruhenden Arbeitsunfähigkeit des Klägers zur Durchführung eines bEM verpflichtet war und sie deshalb für das Fehlen anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten, die nach dem im Kündigungsschutzrecht geltenden ultima-ratio-Prinzip grundsätzlich auch bei einer Kündigung wegen Fluguntauglichkeit zu prüfen sind, eine erweiterte Darlegungs- und Beweislast trifft.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
|
Gräfl |
|
Waskow |
|
Klose |
|
|
|
R. Gmoser |
|
Merten |