Bundesarbeitsgericht

Entscheidungsdatum: 12.01.2011


BAG 12.01.2011 - 7 ABR 35/09

Gericht:
Bundesarbeitsgericht
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsdatum:
12.01.2011
Aktenzeichen:
7 ABR 35/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, 2. Februar 2009, Az: 4 TaBV 1/09, Beschluss

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. Februar 2009 - 4 TaBV 1/09 - aufgehoben.

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 16. Mai 2008 - 26 BV 116/07 - teilweise abgeändert:

Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Arbeitnehmers A einzuholen und im Falle der Zustimmungsverweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten zuletzt noch über die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur mitbestimmungspflichtigen (Neu-)Eingruppierung des Arbeitnehmers A im Zusammenhang mit dessen Versetzung.

2

Die Arbeitgeberin unterhält ua. am Standort in B einen Betrieb mit ca. 640 Arbeitnehmern, in dem der zu 2. beteiligte Betriebsrat gebildet ist. Sie wendet in ihrem Betrieb das Tarifwerk für die Beschäftigten in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden an. Am 16. September 2003 schlossen der Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V. - Südwestmetall - und die Industriegewerkschaft Metall den räumlich für das Land Baden-Württemberg einschließlich des Tarifgebiets Nordwürttemberg/Nordbaden geltenden Entgeltrahmen-Tarifvertrag (ERA-TV) sowie den Einführungstarifvertrag zum ERA-TV (ETV-ERA). Nach der Protokollnotiz zu § 2.1.2 ETV-ERA wurde die Einführungsphase für den ERA-TV auf die Zeit vom 1. März 2005 bis 29. Februar 2008 festgelegt. Nach Abschluss der Einführungsphase gilt der ERA-TV verbindlich. Bei der Arbeitgeberin fand die Einführung des ERA-TV am 1. Juli 2007 statt.

3

Der ERA-TV lautet auszugsweise:

        

„§ 4   

        
        

Grundsätze der Grundentgeltermittlung

        
        

4.1     

Grundlage für die Ermittlung des Grundentgeltanspruchs des/der Beschäftigten gemäß § 9.1 ist die eingestufte Arbeitsaufgabe.

        
        

4.2     

Die Arbeitsaufgabe wird durch die Arbeitsorganisation bestimmt. Sie wird ganzheitlich betrachtet. Zu ihrer Einstufung werden alle übertragenen Teilaufgaben im Rahmen der folgenden Bestimmungen berücksichtigt.

        
        

§ 5     

        
        

Einstufung der Arbeitsaufgabe

        
        

5.1     

Gegenstand der Bewertung

        
        

5.1.1 

Gegenstand der Bewertung und Einstufung sind die Anforderungen der entsprechend der betrieblichen Arbeitsorganisation übertragenen Arbeitsaufgabe.

        
        

5.1.2 

Bei der Bewertung der Arbeitsaufgabe sind alle Teilaufgaben zu berücksichtigen, soweit sie die Arbeitsaufgabe in ihrer Wertigkeit prägen.

        
        

5.2     

Bewertung und Einstufung der Arbeitsaufgabe

        
        

5.2.1 

Die Bewertung und Einstufung der Arbeitsaufgabe erfolgt unter Anwendung des im Folgenden dargestellten Stufenwertzahlverfahrens als Methode der Arbeitsbewertung gemäß § 6.

        
        

5.2.2 

Das Stufenwertzahlverfahren kann unmittelbar (§ 6.4.1) oder in der Form einer Vergleichsbewertung, bezogen auf die tariflichen Niveaubeispiele (§ 6.4.2) oder bezogen auf die betrieblichen Ergänzungsbeispiele (§ 6.4.3), angewendet werden.

        
                 

Bestandteil des Systems der Bewertung und Einstufung ist der im Anhang beigefügte Katalog von tariflichen Niveaubeispielen.

        
        

5.2.3 

Die Tarifvertragsparteien werden den Katalog der Niveaubeispiele, ausgehend von der technischen und organisatorischen Entwicklung, auf die Notwendigkeit der Aufnahme neuer Beispiele hin überprüfen und eventuell Ergänzungen möglichst unverzüglich vereinbaren.

        
        

§ 6     

        
        

System der Bewertung und Einstufung

        
        

6.1     

Stufenwertzahlverfahren

        
        

6.1.1 

Grundlage der Bestimmung des Werts einer Arbeitsaufgabe sind folgende Bewertungsmerkmale für Arbeitsanforderungen (Definition siehe Anlage 1):

        
                 

1.    

Wissen und Können

        
                          

1.1     

Anlernen

        
                          

1.2     

Ausbildung und Erfahrung

        
                 

2.    

Denken

        
                 

3.    

Handlungsspielraum/Verantwortung

        
                 

4.    

Kommunikation

        
                 

5.    

Mitarbeiterführung

        
        

6.1.2 

Die Anforderungsniveaus der Bewertungsmerkmale werden durch Stufen differenziert (Anlage 1).

        
        

6.1.3 

Die Gewichtung der Bewertungsmerkmale und Stufen ergibt sich aus den zugeordneten Punkten (in Anlage 1).

        
        

6.1.4 

Die Gesamtpunktzahl einer Arbeitsaufgabe ergibt sich aus der Addition der Punkte aus den einzelnen Bewertungsmerkmalen.

        
        

6.1.5 

Die Gesamtpunktzahl wird wie folgt 17 Entgeltgruppen zugeordnet:

        
                 

Entgeltgruppe

Gesamtpunktzahl

        
                 

1       

6       

        
                 

…       

…       

        
                 

17    

64 - 96

        
        

6.2     

Die tariflichen Niveaubeispiele (Anhang) sind unter Anwendung des Stufenwertzahlverfahrens (§ 6.4.1) gemäß Anlage 1 verbindlich bewertet und eingestuft.

        
        

6.3     

Belastungen werden außerhalb des Stufenwertzahlverfahrens durch eine Zulage gesondert berücksichtigt (siehe Anlage 2).

        
        

6.4     

Systemanwendung

        
                 

Folgende Verfahren sind anwendbar:

        
        

6.4.1 

Das Stufenwertzahlverfahren nach § 6.1 kann unter Beachtung der Einstufungen der tariflichen Niveaubeispiele zur Bewertung der Arbeitsaufgabe direkt angewendet werden.

        
                 

Grundlage der Einstufung ist eine Beschreibung der Arbeitsaufgabe.

        
                 

Auf die Beschreibung kann mit Zustimmung beider Seiten verzichtet werden.

        
                 

Die Ergebnisse der Bewertung sind mit einer Begründung für jedes Bewertungsmerkmal zu versehen.

        
        

6.4.2 

Eine Arbeitsaufgabe kann durch Vergleichen mit tariflichen Niveaubeispielen bewertet werden.

        
                 

Die Einstufung der Arbeitsaufgabe erfolgt dabei in Bezug zu einem tariflichen Niveaubeispiel. Eine abweichende Bewertung ist in Bezug auf die Arbeitsaufgabe schriftlich zu begründen.

        
        

6.4.3 

Unter Beachtung der tariflichen Niveaubeispiele können durch die Paritätische Kommission (§ 7) einvernehmlich betriebliche Ergänzungsbeispiele erstellt werden. Die Zustimmung einer Seite der Paritätischen Kommission kann nicht ersetzt werden.

        
                 

…       

        
                 

Betriebliche Ergänzungsbeispiele können einvernehmlich durch eine Paritätische Kommission auf Unternehmensebene einheitlich festgelegt werden. Die Mitglieder dieser Paritätischen Kommission werden durch den Gesamtbetriebsrat bzw. durch die Unternehmensleitung bestimmt.

        
        

§ 7     

        
        

Paritätische Kommission

        
        

7.1     

In den Betrieben wird eine paritätisch besetzte Einstufungs- bzw. Reklamationskommission (im Folgenden: Paritätische Kommission) gebildet (siehe auch § 8).

        
        

7.1.1 

Die Paritätische Kommission besteht aus je drei Vertretern des Arbeitgebers einerseits sowie der Beschäftigten andererseits. Mindestens ein Vertreter der Beschäftigten muss dem Betriebsrat angehören.

        
        

7.1.2 

Die Vertreter des Arbeitgebers werden von diesem, die Vertreter der Beschäftigten vom Betriebrat bestimmt. Beide Seiten benennen eine entsprechende Anzahl von Stellvertretern.

        
        

...     

                 
        

7.2     

Aufgaben der Paritätischen Kommission

        
        

7.2.1 

Der Paritätischen Kommission obliegt die

        
                 

-       

Einstufung bestehender, aber nicht bewerteter Arbeitsaufgaben,

        
                 

-       

Einstufung neu entstehender oder veränderter Arbeitsaufgaben,

        
                 

soweit dieser Tarifvertrag ihr nicht weitere Aufgaben zuweist.

        
        

7.2.2 

Sie ist darüber hinaus berechtigt, von Fall zu Fall bestehende Einstufungen zu überprüfen, sofern dargelegt werden kann, dass sich auf Grund veränderter Anforderungen eine Veränderung der Einstufung ergeben könnte.

        
        

7.3     

Entscheidungsfindung in der Paritätischen Kommission

        

7.3.1 

Der Arbeitgeber übergibt der Paritätischen Kommission zur Vorbereitung der Entscheidung die entsprechenden Unterlagen (§ 6.4) und teilt die vorläufige Einstufung mit.

        

...     

        
        

7.3.3 

Kommt es in der Paritätischen Kommission zu keiner Einigung, so wird auf Antrag einer Seite je ein sachkundiger stimmberechtigter Vertreter der Tarifvertragsparteien hinzugezogen (erweiterte Paritätische Kommission).

        

7.3.4 

Kommt nach eingehender Beratung in dieser erweiterten Paritätischen Kommission eine einheitliche oder mehrheitliche Meinung nicht zustande, wird auf Antrag einer Seite eine Schiedsstelle gebildet.

        

...     

        
        

7.3.5 

Der Arbeitgeber kann festlegen, dass die Entscheidung anstatt durch die Schiedsstelle durch Losentscheid in der erweiterten Paritätischen Kommission herbeigeführt wird.

        

...     

        
        

7.3.7 

Mit der Entscheidung der Paritätischen Kommission nach § 7.3.1, der erweiterten Paritätischen Kommission nach § 7.3.3, der Schiedsstelle nach § 7.3.4 oder der erweiterten Paritätischen Kommission nach § 7.3.5 ist das Einstufungsverfahren abgeschlossen.

                 

Die Entscheidung ist damit verbindlich, sofern nicht - binnen einer Frist von zwei Wochen nach der Entscheidung bzw. dem Vorliegen der Begründung - Arbeitgeber oder Betriebsrat beim Arbeitsgericht die Feststellung beantragen, dass die Entscheidung unverbindlich ist, weil ein Verfahrensfehler vorliegt oder die Bewertung unter grober Verkennung der Grundsätze in §§ 4 - 6 vorgenommen worden ist.

        

...     

        
        

§ 9     

        
        

Grundentgeltanspruch der Beschäftigten

        
        

9.1     

Der Beschäftigte hat Anspruch auf das Grundentgelt derjenigen Entgeltgruppe, die der Einstufung der im Rahmen der festgelegten Arbeitsorganisation ausgeführten Arbeitsaufgabe entspricht.

        
        

Protokollnotiz zu § 9.1:            

        
        

Es besteht Einigkeit, dass der Grundentgeltanspruch des Beschäftigten ausschließlich davon bestimmt ist, wie die Arbeitsaufgabe im betrieblichen Verfahren nach den Bestimmungen des Tarifvertrages bewertet worden ist.

        
        

Da ein besonderer Eingruppierungsvorgang, also die Zuordnung des Beschäftigten zu einer bestimmten Entgeltgruppe, nicht mehr stattfindet, gehen die Tarifvertragsparteien ebenso übereinstimmend davon aus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Verfahren nach § 99 BetrVG bezüglich einer Eingruppierung/Umgruppierung nicht mehr vorliegen.

        
        

9.2     

Der Arbeitgeber teilt diese Entgeltgruppe dem Beschäftigten und dem Betriebsrat schriftlich mit.

        
                 

Dem Betriebsrat ist zusätzlich der zu Grunde gelegte Einstufungsvorgang schriftlich mitzuteilen.

        
        

9.3     

Der gemäß § 9.1 festgestellte Entgeltanspruch bleibt auch dann unverändert, wenn der Beschäftigte während eines ununterbrochenen Zeitraums von bis zu 6 Monaten Arbeitsaufgaben ausführt, die in einer niedrigeren oder höheren Entgeltgruppe eingestuft sind.

        
        

…       

                 
        

§ 10   

        
        

Reklamation

        
        

10.1   

Beschäftigte oder Betriebsrat können die mitgeteilte Entgeltgruppe (siehe § 9.2) schriftlich beim Arbeitgeber reklamieren.

        
                 

Bei der Reklamation ist schriftlich oder mündlich darzulegen, dass - und aus welchen Gründen - die Entgeltgruppe nicht zutreffend sein soll.

        
        

10.2   

Nach der Reklamation ist die Entgeltgruppe und ggf. die Einstufung der Arbeitsaufgabe durch den Arbeitgeber zu überprüfen.

        
                 

Dies soll in der Regel innerhalb von 2 Monaten erfolgen.

        
                 

Das Ergebnis der Überprüfung ist dem Beschäftigten und dem Betriebsrat unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

        
        

10.3   

Wird über das Ergebnis der Überprüfung kein Einverständnis erzielt, erfolgt eine weitere Überprüfung der Einstufung in der Paritätischen Kommission (§ 7.1 bzw. § 8.3).

        
                 

In diesem Fall hat der Arbeitgeber, soweit nicht vorhanden, eine Aufgabenbeschreibung anzufertigen, in der die im Rahmen der festgelegten Arbeitsorganisation ausgeführte Arbeitsaufgabe dargestellt ist. Die entsprechenden Unterlagen gemäß § 6.4 sind der Paritätischen Kommission zu übergeben.

        
        

10.4   

Kommt es in der Paritätischen Kommission zu keiner Einigung, ist entsprechend § 7.3.3 ff. zu verfahren.

        
        

10.5   

Führt die Überprüfung zu einer höheren Entgeltgruppe, so gilt diese ab dem Zeitpunkt der Reklamation.

        
        

10.6   

Führt die Überprüfung zu einer niedrigeren Entgeltgruppe, so gilt diese ab dem Zeitpunkt der verbindlichen Entscheidung.

        
        

10.7   

Der Beschäftigte kann im Hinblick auf das Ergebnis der Überprüfung den Rechtsweg beschreiten.

        
                 

Er kann jedoch nur geltend machen, dass ein Verfahrensfehler vorliegt oder die Bewertung unter grober Verkennung der Grundsätze der §§ 4 - 6 vorgenommen worden ist.

        
        

...“   

                 

4

Am 7. September 2007 schrieb die Arbeitgeberin intern den Arbeitsplatz eines „Qualitätstechnikers in der Qualitätsplanung m/w“ aus. Auf die Ausschreibung, in der unter „Tarifgruppe“ „Ab EG 11“ angegeben war, bewarb sich ua. der Arbeitnehmer A. Die Arbeitgeberin entschied sich für eine Besetzung des Arbeitsplatzes mit diesem Arbeitnehmer und erteilte hierüber dem Betriebsrat mit Formular vom 8. November 2007 eine sog. „Veränderungsmeldung“. In der Meldung sind die persönlichen Daten des Arbeitnehmers, seine „alte“ und die „neue“ betriebliche Funktion sowie die diesen entsprechenden Entgeltgruppen nach dem ERA-TV nebst Entwicklungsstufen - bisher Entgeltgruppe 11, keine Entwicklungsstufe; nunmehr Entgeltgruppe 11, eine Entwicklungsstufe - angegeben. Mit Schreiben vom 14. November 2007 widersprach der Betriebsrat sowohl der Veränderungsmeldung als auch der Eingruppierung. Zur Begründung führte er ua. an, die Eingruppierung für den von Herrn A zu besetzenden Arbeitsplatz sei bereits reklamiert worden. Mit E-Mail vom 22. November 2007 wiederholte die Arbeitgeberin die Veränderungsmitteilung mit gleichem Inhalt. Mit Schreiben vom 26. November 2007 teilte der Betriebsrat mit, er widerspreche erneut der Veränderungsmitteilung und der Eingruppierung. Mit Schreiben vom 30. November 2007 informierte die Arbeitgeberin den Betriebsrat, dass sie die geplante Versetzung vorläufig nach § 100 BetrVG durchführe. Dem widersprach der Betriebsrat mit Schreiben vom 3. Dezember 2007.

5

In dem zunächst von der Arbeitgeberin eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Zuordnung des Arbeitnehmers A zu einer der Entgeltgruppen des ERA-TV nach § 99 BetrVG geltend gemacht.

6

Er hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung - zuletzt (wider-)beantragt,

        

der Arbeitgeberin aufzugeben, seine Zustimmung zur Umgruppierung des Arbeitnehmers A nachträglich einzuholen und im Falle der Zustimmungsverweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen.

7

Die Arbeitgeberin hat Abweisung des Widerantrags beantragt. Sie hat die Ansicht geäußert, nach den Bestimmungen des ERA-TV finde keine Ein- oder Umgruppierung von Arbeitnehmern mehr statt. Mit dem tariflichen Entgeltsystem werde die Bewertung und Einstufung einer Arbeitsaufgabe abschließend festgelegt. Der dem einzelnen Beschäftigten zustehende Grundentgeltanspruch folge automatisch der ihm übertragenen Arbeitsaufgabe. Für eine Mitbeurteilung des Betriebsrats sei daher kein Raum. Auch beim Arbeitnehmer A habe der Betriebsrat im Zusammenhang mit der Zuweisung eines anderen Aufgabenbereichs nur bei der damit verbundenen Versetzung und nicht bei der Ein- oder Umgruppierung mitzubestimmen.

8

Das Arbeitsgericht hat den (Wider-)Antrag des Betriebsrats abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Antrag weiter. Die Arbeitgeberin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

9

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Vorinstanzen haben den Antrag des Betriebsrats zu Unrecht abgewiesen. Die Arbeitgeberin ist nach § 101 Satz 1 BetrVG verpflichtet, wegen der (Neu-)Eingruppierung des Arbeitnehmers A aufgrund seiner Versetzung die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen und im Falle der Zustimmungsverweigerung ein gerichtliches Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG einzuleiten.

10

I. Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig.

11

1. Wie die gebotene Auslegung des Antrags ergibt, geht es dem Betriebsrat der Sache nach um die Durchsetzung seines Mitbestimmungsrechts bei der von der Arbeitgeberin anlässlich der Versetzung des Arbeitnehmers A vorgenommenen Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer Entgeltgruppe nebst Entwicklungsstufe. Diesen Vorgang betrachtet der Betriebsrat als nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige „Umgruppierung“ (vgl. zu einer anlässlich einer Versetzung erforderlichen neuen Eingruppierung eines Arbeitnehmers BAG 18. Juni 1991 - 1 ABR 53/90 - zu B II 2 c der Gründe, BAGE 68, 104). Hierzu soll die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrats einholen und im Falle der beachtlichen - also frist- und formgerechten - Zustimmungsverweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG einleiten.

12

2. Damit ist das Begehren des Betriebsrats hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Arbeitnehmer, um dessen Eingruppierung es gehen soll, ist namentlich bezeichnet. Der Antrag entspricht der Formulierung, die das Bundesarbeitsgericht in vergleichbaren Fällen für zulässig und sachdienlich erachtet hat (vgl. etwa BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 37/03 - zu A der Gründe, BAGE 112, 238). Ein ihm entsprechender Tenor ist erforderlichenfalls nach § 85 Abs. 1 Satz 1 und 3 ArbGG iVm. § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO vollstreckbar (BAG 12. Dezember 2006 - 1 ABR 13/06 - Rn. 10 mwN, BAGE 120, 303).

13

3. Für den Antrag besteht ein Rechtsschutzbedürfnis. Obwohl die Arbeitgeberin in ihren an den Betriebsrat gerichteten Veränderungsmitteilungen vom 8. und 22. November 2007 auch die „alte“ und „neue“ Entgeltgruppe nach dem ERA-TV angegeben hat, hat sie damit nicht um Zustimmung des Betriebsrats zur (Neu-)Eingruppierung ersucht. Sie hat vielmehr die Ansicht vertreten, nach den Vorgaben des ERA-TV finde keine mitbestimmungspflichtige Ein- oder Umgruppierung mehr statt. Entsprechend hat sie - von ihrem Standpunkt aus konsequent - die Einleitung des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens auf die im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr streitbefangene Versetzung beschränkt.

14

4. Soweit der Antrag auf die Verpflichtung zu einer „nachträglichen“ Einholung der Zustimmung des Betriebsrats gerichtet ist, ist das Wort „nachträglich“ überflüssig. Das betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmungsverfahren zur Eingruppierung des Arbeitnehmers A ist nicht „nachzuholen“, sondern überhaupt erst einzuleiten und durchzuführen.

15

II. Der Antrag ist begründet. Der Betriebsrat hat in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG einen Anspruch darauf, dass die Arbeitgeberin seine Zustimmung zur Eingruppierung des Arbeitnehmers A einholt und im Falle der Verweigerung das gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren durchführt. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist die Zuweisung des neuen Aufgabenbereichs an den Arbeitnehmer A mit einer Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verbunden.

16

1. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Ein- oder Umgruppierung zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen. Dem Arbeitgeber kann auf Antrag des Betriebsrats gemäß § 101 Satz 1 BetrVG die Durchführung des Zustimmungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 BetrVG sowie des arbeitsgerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG aufgegeben werden, wenn er einen Arbeitnehmer ein- oder umgruppiert, ohne den Betriebsrat hieran beteiligt zu haben. Der Anspruch dient der Sicherung des Mitbeurteilungsrechts des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen. Er setzt voraus, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Ein- oder Umgruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorgenommen hat (vgl. für die st. Rspr. BAG 12. Dezember 2006 - 1 ABR 13/06 - Rn. 13 mwN, BAGE 120, 303).

17

a) Eingruppierung ist die - erstmalige oder erneute - Einreihung eines Arbeitnehmers in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Sie besteht in der Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer bestimmten Gruppe der Vergütungsordnung nach Maßgabe der dafür gültigen Kriterien (vgl. etwa BAG 11. November 2008 - 1 ABR 68/07 - Rn. 23, BAGE 128, 265). Eine Vergütungsordnung iSv. § 99 Abs. 1 BetrVG ist ein kollektives und - jedenfalls bei Geltung nur eines betrieblichen Vergütungssystems - mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht (vgl. BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 21 mwN, AP BGB § 613a Nr. 380 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20). Woraus sich die Geltung der Vergütungsordnung ergibt, ist unerheblich. Sie kann in einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag enthalten sein, auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarungen im Betrieb allgemein zur Anwendung kommen oder vom Arbeitgeber einseitig geschaffen sein (BAG 14. April 2010 - 7 ABR 91/08 - Rn. 12 mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 44 = EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 5).

18

b) Ein- und Umgruppierungen iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind stets personenbezogene Einzelmaßnahmen. Die vom Arbeitgeber vorzunehmende und vom Betriebsrat mitzubeurteilende Zuordnung zu einer bestimmten Gruppe einer Vergütungsordnung betrifft einzelne Arbeitnehmer. Davon zu unterscheiden sind personenunabhängige Bewertungen von Stellen, Arbeitsplätzen oder Tätigkeiten. Sie können maßgebliche Vorgaben für die Ein- oder Umgruppierung des Arbeitnehmers enthalten, der auf dem bewerteten Arbeitsplatz tätig wird oder die bewertete Tätigkeit ausübt. Die abstrakte Bewertung einer Stelle, eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ist dabei selbst keine der Mitbestimmung nach § 99 BetrVG unterfallende personelle Einzelmaßnahme (vgl. BAG 12. Dezember 1995 - 1 ABR 31/95 - zu B 4 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 6 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 136; 17. November 2010 - 7 ABR 123/09 - Rn. 30). Sie ist unabhängig vom Stellen- oder Arbeitsplatzinhaber oder von demjenigen, der die Tätigkeit ausübt. Gegenstand des als Mitbeurteilungsrecht ausgestalteten Mitbestimmungsrechts ist nicht die Bewertung des Arbeitsplatzes oder der Tätigkeit, sondern die sich daraus ergebende Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer Vergütungs- oder Entgeltgruppe (vgl. BAG 17. November 2010 - 7 ABR 123/09 - Rn. 31).

19

c) Das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen reicht nicht weiter als die Notwendigkeit zur Rechtsanwendung durch den Arbeitgeber. Soweit die Urheber der Vergütungsordnung selbst die betreffende Stelle, den Arbeitsplatz oder die Tätigkeit mit bindender Wirkung in ihr abstraktes Vergütungsschema eingereiht, also bewertet, haben, ist kein Raum für eine - erneute - Beurteilung des Arbeitsplatzes und eine damit korrespondierende Mitbeurteilung des Betriebsrats (vgl. BAG 3. Mai 2006 - 1 ABR 2/05 - Rn. 26 f., BAGE 118, 141). Dass sich die Beurteilung des Arbeitgebers und demzufolge die Mitbeurteilung des Betriebsrats wegen konkretisierter Vorgaben in der Vergütungsordnung reduziert, bedeutet aber nicht, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG gänzlich entfällt (so auch BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 58, BAGE 130, 286). Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist stets „Normenvollzug“. Dieser erübrigt sich nicht deshalb, weil die Norm mitbestimmungsfreie konkrete Vorgaben enthält. Eine vom Arbeitgeber vorzunehmende und vom Betriebsrat mitzubeurteilende Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG entfiele allenfalls dann, wenn die Normgeber selbst - die Zulässigkeit einer solchen Regelung unterstellt - die Zuordnung konkreter Arbeitnehmer zu einer bestimmten Vergütungs- oder Entgeltgruppe vornähmen.

20

d) Die Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer Gruppe einer Vergütungsordnung hat der Arbeitgeber bei jeder Einstellung und Versetzung vorzunehmen. Das folgt bereits aus § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, der für diese Fälle die Unterrichtung des Betriebsrats über die vorgesehene Eingruppierung ausdrücklich vorschreibt. Die Verpflichtung zur Eingruppierung besteht danach auch im Falle der Versetzung. Zwar ist der Arbeitnehmer in einem solchen Fall regelmäßig aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit bereits einer bestimmten Vergütungsgruppe zugeordnet. Eine Versetzung ist aber nach § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG stets mit der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs verbunden. Daher muss der Arbeitgeber auch in diesem Fall die Eingruppierung des Arbeitnehmers überprüfen. Gelangt er hierbei zu dem Ergebnis, dass für den Arbeitnehmer nunmehr eine andere Vergütungsgruppe zutreffend ist, handelt es sich um eine Umgruppierung. Ergibt die Prüfung des Arbeitgebers, dass es trotz geänderter Tätigkeit bei der bisherigen Zuordnung verbleibt, liegt eine erneute Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vor (vgl. zB BAG 18. Juni 1991 - 1 ABR 53/90 - zu B II 2 c der Gründe, BAGE 68, 104).

21

2. Nach diesen Grundsätzen ist die Arbeitgeberin entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts verpflichtet, den Betriebsrat bei der Zuordnung des Arbeitnehmers A zu einer Entgeltgruppe des ERA-TV nach § 99 BetrVG zu beteiligen.

22

a) Die Arbeitgeberin beschäftigt in ihrem Unternehmen in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Sie wendet in ihrem Betrieb in B die Tarifverträge für die Beschäftigten in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden - ua. den ERA-TV - an. Der ERA-TV ist eine kollektive Vergütungsordnung.

23

b) Der Arbeitnehmer A wurde versetzt. Bei der Mitteilung der Arbeitgeberin, ihn in seiner neuen betrieblichen Funktion wie bereits zuvor nach der Entgeltgruppe 11 ERA-TV - mit einer anderen Entwicklungsstufe - zu vergüten, handelt es sich entgegen der Beurteilung des Landesarbeitsgerichts um eine mitbestimmungspflichtige Eingruppierung.

24

aa) Allerdings hat das Landesarbeitsgericht die Bestimmungen der §§ 4 bis 7 ERA-TV zutreffend dahingehend verstanden, dass die Tarifvertragsparteien ein abschließendes tarifliches Konzept für die Bewertung von Arbeitsaufgaben geregelt haben. Nach § 4.1 ERA-TV ist Grundlage für die Ermittlung des Grundentgeltanspruchs des/der Beschäftigten gemäß § 9.1 ERA-TV die eingestufte Arbeitsaufgabe. Diese wird gemäß § 4.2 Satz 1 ERA-TV durch die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers bestimmt und gemäß § 4.2 Satz 2 ERA-TV ganzheitlich betrachtet. Nach § 5.1.1 ERA-TV sind Gegenstand der Bewertung und Einstufung die Anforderungen der entsprechend der betrieblichen Arbeitsorganisation übertragenen Arbeitsaufgabe. Nach § 5.1.2 ERA-TV sind bei der Bewertung alle wertigkeitsprägenden Teilaufgaben zu berücksichtigen. Als System der Arbeitsaufgabenbewertung sieht der ERA-TV das sog. Stufenwertzahlverfahren vor. Dieses basiert auf den fünf angeführten und in der Anlage 1 zum ERA-TV näher definierten Bewertungsmerkmalen, deren Anforderungsniveaus durch Stufeneinteilungen differenziert sind. Die Gewichtung der Bewertungsmerkmale und Stufen wird durch zugeordnete Punkte vorgenommen. Die Gesamtpunktzahl wird 17 Entgeltgruppen zugeordnet, vgl. § 6 ERA-TV. Das Stufenwertzahlverfahren kann unmittelbar (§ 6.4.1 ERA-TV) oder in der Form einer Vergleichsbewertung - bezogen auf die in einem Anhang aufgelisteten 122 tariflichen Niveaubeispiele (§ 6.4.2 ERA-TV) - oder bezogen auf von der Paritätischen Kommission, ggf. auf Unternehmensebene erstellte betriebliche Ergänzungsbeispiele (§ 6.4.3 ERA-TV) angewendet werden (§ 5.2.2 ERA-TV). Die Einstufung der Arbeitsaufgabe gemäß einem der drei Systemanwendungen erfolgt zunächst vorläufig durch den Arbeitgeber und sodann - soweit nicht in kleineren Betrieben das vereinfachte Einstufungsverfahren zur Anwendung kommt - durch die Paritätische Kommission in einem näher geregelten Verfahren (hierzu § 7.3 ERA-TV) mit diversen Eskalationsstufen, an deren Ende ggf. ein Losentscheid stehen kann (§ 7.3.5 ERA-TV). Sie unterliegt schon deshalb nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG, weil sie als abstrakte Bewertung unabhängig von demjenigen ist, der die Arbeitsaufgabe ausübt. Die Einstufung der Arbeitsaufgabe ist keine personelle Einzelmaßnahme.

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bb) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch verkannt, dass die Zuordnungen der die Arbeitsaufgaben ausübenden Arbeitnehmer - im vorliegenden Fall des Arbeitnehmers A - zu einer Entgeltgruppe des ERA-TV mitbestimmungspflichtige Ein- oder Umgruppierungen sind. Die Bewertung der Arbeitsaufgaben nach dem ERA-TV macht die Zuordnung des einzelnen Arbeitnehmers zu einer Entgeltgruppe nicht entbehrlich. Insbesondere bleibt zu prüfen, ob die Entgeltgruppe, welcher der einzelne Arbeitnehmer zugeordnet wird, der bewerteten und eingestuften Arbeitsaufgabe entspricht und ob der Arbeitnehmer die Arbeitsaufgabe tatsächlich ausführt. Die vom Arbeitgeber vorzunehmende und vom Betriebsrat zu kontrollierende Beurteilung ist insoweit keine grundlegend andere als bei einem Entgelttarifvertrag, der bestimmte Stellen bestimmten Entgeltgruppen zuordnet, oder der bei Vergütungsgruppen, die durch abstrakt beschriebene Tätigkeitsmerkmale definiert werden, bestimmte Tätigkeitsbeispiele aufführt.

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(1) Nach § 9.2 Abs. 1 ERA-TV teilt der Arbeitgeber die nach seiner Auffassung zutreffende Entgeltgruppe dem Beschäftigten und dem Betriebsrat schriftlich mit. Dies setzt zwingend die Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer Entgeltgruppe sowie die damit einhergehende Einschätzung voraus, dass der Arbeitnehmer die einer bestimmten Einstufung entsprechende Arbeitsaufgabe ausführt. Hierin liegt die mitbestimmungspflichtige Ein- oder Umgruppierungs„entscheidung“ des Arbeitgebers.

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(2) Mit ihrer Argumentation, ein Eingruppierungs„vorgang“ finde deshalb nicht statt, weil sich der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers nicht durch einen „Akt“, sondern unmittelbar aus dem Tarifvertrag ergebe, verkennt die Arbeitgeberin, dass die Ein- oder Umgruppierung kein gestaltender „Akt“ oder „Vorgang“ ist, sondern Normenvollzug. Der Arbeitnehmer „ist“ eingruppiert; er „wird“ nicht eingruppiert. Der Arbeitgeber äußert auch unter der Geltung des ERA-TV seine Ansicht der „richtigen“ Entgeltgruppe des Arbeitnehmers. Dies unterliegt der Mitbeurteilung durch den Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG.

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(3) Auch der Hinweis der Arbeitgeberin, nach § 9.1 ERA-TV werde dem Arbeitnehmer rechtsgestaltend eine eingestufte Arbeitsaufgabe übertragen, dem dann sein Grundentgeltanspruch folge, steht einem Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats nicht entgegen. Zwar setzt der Grundentgeltanspruch nach § 9.1 ERA-TV die Übertragung einer eingestuften Arbeitsaufgabe im Sinne einer rechtsgestaltenden Maßnahme des Arbeitgebers voraus. Einer bestimmten Entgeltgruppe zugeordnet ist aber nach § 9.1 ERA-TV „der Beschäftigte“. Dieser hat Anspruch auf das Grundentgelt einer bestimmten Entgeltgruppe. Dass sich die Bewertung durch den Arbeitgeber darauf beschränkt zu befinden, welche - nach den tariflichen Regelungen abschließend - bewertete Arbeitsaufgabe der Beschäftigte ausführt, macht eine Rechtsanwendung nicht überflüssig. Diese Bewertung ist vielmehr gerade die der Mitbestimmung unterliegende Rechtsanwendung.

29

c) Die Tarifvertragsparteien haben das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Ein- oder Umgruppierungen nicht beseitigt. Ein solcher Regelungswille ist weder Absatz 2 der Protokollnotiz zu § 9.1 ERA-TV noch § 10 ERA-TV zu entnehmen. Anderenfalls wären die genannten Bestimmungen unwirksam. Das Betriebsverfassungsgesetz enthält Mindestbestimmungen über die Beteiligungsrechte des Betriebsrats. Die Tarifvertragsparteien können diese nicht wirksam ausschließen, sofern nicht das Betriebsverfassungsgesetz selbst eine solche Möglichkeit - etwa nach Maßgabe des § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG - vorsieht (BAG 21. Oktober 2003 - 1 ABR 39/02 - zu B II 3 b bb (1) der Gründe, BAGE 108, 132; Fitting 25. Aufl. § 1 Rn. 247 mwN; Jacobs/Krause/Oetker Tarifvertragsrecht § 4 Rn. 81 mwN; Wiedemann/Thüsing TVG 7. Aufl. § 1 Rn. 765 mwN). Eine tarifliche Regelung, welche die Mitbestimmung des Betriebsrats ausschlösse, wäre daher - jedenfalls dann, wenn die Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag die Eingruppierung der einzelnen Arbeitnehmer nicht selbst konkret vornähmen - unwirksam. Es ist nicht anzunehmen, dass die Parteien des ERA-TV unzulässige Regelungen schaffen wollten. Absatz 2 der Protokollnotiz zu § 9.1 ERA-TV und § 10 ERA-TV sind vielmehr nach dem Grundsatz der geltungserhaltenden Interpretation auszulegen.

30

aa) Bei der übereinstimmenden Bekundung der Tarifvertragsparteien in Absatz 2 der Protokollnotiz zu § 9.1 ERA-TV, „dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Verfahren nach § 99 BetrVG bezüglich einer Eingruppierung/Umgruppierung nicht mehr vorliegen“, handelt es sich daher lediglich um die Äußerung einer - nicht zutreffenden - Rechtsansicht. Die Protokollnotiz gibt insgesamt eine Auffassung wieder und beinhaltet keinen rechtlichen Gestaltungswillen.

31

bb) Auch das Reklamationsverfahren nach § 10 ERA-TV schließt die Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG bei Ein- und Umgruppierungen nicht aus. Es regelt vielmehr ein neben der gesetzlichen Mitbestimmung bestehendes Procedere im Falle der auf die mitgeteilte Entgeltgruppe bezogenen schriftlichen Reklamation durch den Beschäftigten oder den Betriebsrat. Die erfolgreiche Reklamation der Einstufung der Arbeitsaufgabe kann Auswirkungen auf die richtige Eingruppierung des Arbeitnehmers haben. Sie ersetzt die vom Arbeitgeber vorzunehmende Eingruppierung jedoch nicht.

32

d) Die Annahme eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG führt schließlich entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht zu einem unzulässigen Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG für die Tarifvertragsparteien verbürgte Tarifautonomie. Die Tarifvertragsparteien haben bestimmt, dass und wie die Arbeitsaufgaben abschließend und verbindlich eingestuft und bewertet werden. Hieran sind die Betriebsparteien gebunden. Eine Richtigkeitskontrolle der Einstufung und Bewertung der Arbeitsaufgaben findet im Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG nicht statt. Die rechtsanwendende Beurteilung der Betriebsparteien ist auf die Frage beschränkt, ob die mitgeteilte Entgeltgruppe der bewerteten und eingestuften Arbeitsaufgabe entspricht und ob der Arbeitnehmer die Arbeitsaufgabe tatsächlich ausführt. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Betriebsrat bei der Zuordnung des Arbeitnehmers A zu der Entgeltgruppe 11 ERA-TV zu beteiligen ist, eine Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 BetrVG aber nicht etwa darauf stützen könnte, die Einstufung und Bewertung der Herrn A übertragenen Arbeitsaufgabe nach der Entgeltgruppe 11 ERA-TV sei unzutreffend.

        

    Linsenmaier    

        

    Gallner    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Busch    

        

    Rose