Entscheidungsdatum: 21.09.2010
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Detmold vom 22. Februar 2010 für den Neubau einer 110-/380-kV-Hochspannungsfreileitung von der Umspannanlage Gütersloh zum Punkt Friedrichsdorf.
Die Kläger zu 1 und 2 sind Miteigentümer des Flurstücks Nr. ... der Flur ... der Gemarkung A.; die Flurstücke Nr. ... und ... stehen im Eigentum der Klägerin zu 1. Das Flurstück Nr. ... sowie das darauf stehende, von den Klägern zu 1 und 2 mit ihren Kindern bewohnte Haus (...) werden in Ost-West-Richtung von einer bereits vor der Bebauung errichteten, von Gütersloh zum Punkt Sende führenden 220-kV-Freileitung überspannt. Sowohl an diesem als auch an den übrigen, unbebauten Grundstücken besteht seit 1956 zu Gunsten der Beigeladenen eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit des Inhalts, eine 220-kV-Freileitung führen, die dazu erforderlichen Masten errichten sowie die Grundstücke betreten zu dürfen; zugleich beinhaltet sie eine Bau- und Aufwuchsbeschränkung in einem Schutzstreifen von 60 m. An dem Flurstück Nr. ... besteht zusätzlich seit 1969 folgende Belastung zu Gunsten der Beigeladenen: "Beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Recht auf Legung und Unterhaltung von Höchstspannungsleitungen und in Verbindung damit ein Betretungsrecht sowie eine Bau- und Aufwuchsbeschränkung) ...". Etwa 30 m nördlich verläuft parallel zu der 220-kV-Leitung eine Gütersloh und Schloss Holte verbindende 110-kV-Freileitung.
Der Kläger zu 3 ist Miteigentümer der landwirtschaftlich genutzten, unbebauten Flurstücke Nr. ... und ... der Flur ... der Gemarkung A. Er ist außerdem Eigentümer des seit einigen Jahren bebauten und von ihm bewohnten Hausgrundstücks Flurstück Nr. ... Die beiden erstgenannten Grundstücke werden gleichfalls in West-Ost-Richtung von der bestehenden 220-kV-Freileitung überspannt, sämtliche Grundstücke liegen zu großen Teilen in deren Schutzstreifen und sind mit einer Dienstbarkeit belastet. Die Flurstücke Nr. ... und ... sind zudem mit einer Dienstbarkeit belastet, die mit der oben genannten aus dem Jahr 1969 übereinstimmt.
Die Beigeladene beabsichtigt, die bestehende 220-kV-Verbindung zwischen den Punkten Walstedde im Raum Hamm und Bechterdissen bei Bielefeld durch eine 380-kV-Freileitung zu ersetzen. Zwischen Walstedde und Gütersloh ist dies bereits geschehen. Die verbleibende Lücke soll in zwei Abschnitten geschlossen werden, von denen das angegriffene Vorhaben den ersten, 11,25 km langen Abschnitt bildet. Zugleich ist geplant, die 110-kV-Freileitung zwischen den Punkten Gütersloh-Ost und Friedrichsdorf-Süd auf das Gestänge der 380-kV-Leitung aufzunehmen und die überflüssig gewordenen Masten ebenso abzubauen wie eine dann entbehrliche 220-kV-Freileitung von Ummeln nach Friedrichsdorf. Die für die 380-kV-Freileitung vorgesehene Trasse deckt sich in weiten Teilen und insbesondere auf den Grundstücken der Kläger mit derjenigen der 220-kV-Leitung. Geführt werden soll sie über den westlich der dichteren Bebauung stehenden, 69,25 m hohen Mast Nr. 17 sowie den auf dem Flurstück Nr. ... des Klägers zu 3 zu errichtenden 66,75 m hohen Mast Nr. 18. Diese verfügen über jeweils drei Traversen und sollen jeweils zwei 380-kV- und zwei 110-kV-Stromkreise aufnehmen. Der beantragte Schutzstreifen ist auf beiden Seiten der Leitungsachse jeweils 30 m breit.
Auf Antrag der Beigeladenen leitete die Bezirksregierung Detmold das Planfeststellungsverfahren ein. In der Stadt Gütersloh erfolgte die Auslegung des Plans vom 27. August 2008 bis zum 26. September 2008, nachdem sie gemäß § 18 Abs. 1 der Hauptsatzung der Stadt Gütersloh in ihrem Amtsblatt vom 19. August 2008 unter Hinweisen gemäß § 73 Abs. 5 Satz 1, § 73 Abs. 4 Satz 5 VwVfG NRW bekannt gemacht worden war. Mit Schreiben vom 15. Juli 2008 wandten die Kläger zu 1 und 2 Gesundheitsgefahren durch elektrische Strahlungen und deren mögliche Vermeidung bei einer Umgehung der Bebauung ein. Die Linienbestimmung beruhe zudem auf einem seinerseits auf unzureichenden Tatsachen und sachwidrigen Erwägungen gründenden Votum der Stadt Gütersloh gegen die Umgehung. Der Kläger zu 3 wandte mit Schreiben vom 24. Oktober 2008 gleichfalls Gesundheitsgefahren ein, verwahrte sich gegen die Inanspruchnahme seines Grundes, verwies auf eine Erforderlichkeit der Trennung von Netz und Betrieb und rügte Voreingenommenheit und mangelnde Information des Planungsausschusses der Stadt Gütersloh bei Abgabe seiner Stellungnahme. Es gebe genügend Alternativen.
Mit Planfeststellungsbeschluss vom 22. Februar 2010 stellte die Beklagte den vorgenannten Plan fest und wies die Einwendungen der Kläger zurück. Gerechtfertigt sei der Plan bereits durch die Aufnahme des Vorhabens in Nr. 17 des Bedarfsplans nach § 1 Abs. 1 EnLAG. Auch unabhängig davon sei das Vorhaben zur Erreichung der Ziele des § 1 EnWG vernünftigerweise geboten. Die Aufteilung des Gesamtvorhabens in zwei Abschnitte diene angesichts des Umfangs des Gesamtvorhabens und der Unterschiedlichkeit der sich südlich und nördlich von Friedrichsdorf stellenden Konflikte - solche mit der Wohnbebauung einerseits, naturschutz- und landschaftsschutzrechtlicher Art andererseits - der Planbewältigung. Ein funktionsloser "Planungstorso" drohe nicht. Die Leitung könne - und werde bis zur Vollendung des Lückenschlusses - mit einer Spannung von 220 kV betrieben und sei in das bestehende Netz eingebunden. Unüberwindbare Hindernisse für den zweiten Abschnitt seien nicht erkennbar. § 22 BImSchG werde beachtet. Die höchste Belastung durch elektromagnetische Felder sei auf dem Wohngrundstück der Kläger zu 1 und 2 zu erwarten. Sie liege selbst bei Volllast mit einer elektrischen Feldstärke von 1,7 kV/m und einer magnetischen Flussdichte von 19 µT weit unter den Grenzwerten nach Anhang 2 zu § 3 der 26. BImSchV (5 kV/m bzw. 100 µT). Die nicht spannungsabhängige magnetische Flussdichte werde im Regelbetrieb noch darunter liegen. Gesundheitliche Beeinträchtigungen seien damit sicher auszuschließen. Belastbare Erkenntnisse zur Fehlerhaftigkeit der Grenzwerte bestünden nach der Empfehlung der Strahlenschutzkommission des Bundes aus dem Jahr 2008 nicht. Großräumige Alternativen kämen nicht ernsthaft in Betracht und seien daher in die Abwägung nicht eingestellt worden. Einer vollständigen Neutrassierung stünden naturschutzrechtliche Belange sowie das raumordnerische Anliegen der Trassenbündelung entgegen. Eine Mitnutzung bestehender 380-kV-Freileitungen sei nicht möglich. Eine Umgehung der Bebauung von Avenwedde sei geprüft, aber letztlich im Wege der Abwägung verworfen worden. Einer Linienführung, die am Mast Nr. 14 des Neubaus beginne und unter streckenweiser Nutzung der von dort zur Umspannanlage Avenwedde führenden Trasse südlich an Avenwedde vorbeilaufe, stünden Festsetzungen des Flächennutzungsplans sowie landschafts- und naturschutzrechtliche Bedenken entgegen; sie sei auch aufgrund des Votums der Stadt Gütersloh ausgeschlossen worden. Die zweite, ab Mast Nr. 15 nördlich Avenwedde-Mitte über unbebautes Gebiet zum Avenwedder See und von dort nach Osten auf die planfestgestellte Trasse zurückführende Variante erfordere einen zusätzlichen Mast, sei rund 400 m länger und koste damit rund 400 000 € mehr, führe zu einer stärkeren Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, zertrenne eine bislang unvorbelastete Landschaft und bringe auch durch Schutzmarkierungen nicht vollständig auszuräumende Gefahren für die im Bereich des Avenwedder Sees lebenden besonders kollisionsanfälligen Wasservögel mit sich. Diese Belange überwögen angesichts der deutlich unterschrittenen Grenzwerte das Interesse an einer vollständigen Befreiung der Wohnbebauung von elektromagnetischen Feldern; der Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG könne in einer solchen Konstellation zu keiner anderen Bewertung führen. Die Planfeststellungsfähigkeit einer Erdverkabelung als technischer Alternative sei in § 2 EnLAG abschließend geregelt und hier nicht gegeben. Zudem seien 380-kV-Erdkabel teurer und technisch noch nicht zuverlässig. Zu den Einwendungen des Klägers zu 3 heißt es ergänzend, auf seinen landwirtschaftlich genutzten Flurstücken lägen keine schutzwürdigen Immissionsorte. Die Aufstellung des Mastes Nr. 18 auf dem Flurstück Nr. ... sei erforderlich, um den Bereich der überspannten Bebauung von Masten freizuhalten.
Die Kläger haben am 25. März 2010 Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss erhoben und gleichzeitig einen Antrag nach § 80 Abs. 5, § 80a VwGO gestellt. Dem Vorhaben fehle bereits die Planrechtfertigung. Es falle nicht unter Nr. 17 der Anlage zu § 1 EnLAG; das Gesetz spreche von einem Neubau, der Planfeststellungsbeschluss hingegen von einem Ersatzneubau. Auch könne die Beigeladene als Tochtergesellschaft der RWE AG das Vorhaben nicht verwirklichen, Netz und Betrieb seien eigentumsrechtlich zu trennen. Die Abschnittsbildung sei nicht gerechtfertigt; sich aufgrund andersartig geprägter Räume ergebende unterschiedliche Konflikte seien linienförmigen Vorhaben immanent. Zudem habe der streitige Abschnitt keine eigenständige Funktion und stelle damit einen unzulässigen Torso im Sinne der Rechtsprechung dar. Alternative Linienführungen seien unzureichend geprüft und eindeutig vorzugswürdige seien verkannt worden, was zu einem Abwägungsfehler führe. Vorbelastungen dürfe keine Bedeutung beigemessen werden; der Entschluss zu einer grundsätzlichen Nutzung der bestehenden Trasse und gegen eine Neutrassierung sei daher rechtswidrig. Die bisherige Streckenführung quere Wohnbebauung, Biotope und ein Landschaftsschutzgebiet. Ein Konflikt der (oben beschriebenen) ersten Variante einer Umgehung von Avenwedde mit dem Flächennutzungsplan sei nicht erkennbar. Auch diese Alternativtrasse sei vorbelastet. Hinsichtlich der zweiten Umgehungsvariante sei verkannt worden, dass Eingriffe in die Natur am Avenwedder See durch eine leichte Verschiebung des Mastes zu vermeiden seien. Hinsichtlich beider Varianten habe die Beklagte Immissionen durch elektromagnetische Felder unterhalb der Grenzwerte und daraus resultierende Gesundheitsgefahren fehlerhaft gar nicht in die Abwägung eingestellt und den immissionsschutzrechtlichen Trennungsgrundsatz missachtet. Zudem sei verkannt worden, dass gerade die Linienführung über die Bebauung höhere Masten und damit stärkere Eingriffe in das Landschaftsbild bedinge. Mehrkosten einer alternativen Trassenführung seien fehlgewichtet worden; angesichts der Gesamtkosten fielen sie nicht ins Gewicht. Eine Erdverkabelung sei aufgrund eines Fehlverständnisses der § 43 EnWG, § 2 EnLAG unzureichend geprüft worden.
Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 22. Februar 2010 für den 1. Abschnitt vom Umspannwerk Gütersloh bis zum Punkt Friedrichsdorf in Bielefeld Senne der 110-/380-kV-Hochspannungsfreileitung von der Umspannanlage Gütersloh über die Umspannanlage Bielefeld-Ost zur Umspannanlage in Bechterdissen/Gemeinde Leopoldshöhe als Ersatzneubau für 110-/220-kV-Hochspannungsfreileitungen aufzuheben,
hilfsweise,
die Beklagte - ggf. unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 22. Februar 2010 - zu verpflichten, die Ansprüche der Kläger auf Schutz vor Immissionen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie auf den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss Bezug. Hinsichtlich der beiden Ortsumgehungsvarianten wird Folgendes ergänzt: Die erste diskutierte Trasse sei lediglich in einem kurzen Abschnitt - und nur mit einem schmaleren Schutzstreifen als für eine 380-kV-Trasse erforderlich - durch die 110-kV-Leitung belastet. Ihr ganz überwiegender Teil sei unvorbelastet. Der Flächennutzungsplan der Stadt Gütersloh weise in Übereinstimmung mit der tatsächlichen Biotopstruktur südlich von Mast Nr. 14 Flächen zur Entwicklung der Landschaft aus. Eine geringfügige Verschiebung der Linienführung der zweiten Variante im Bereich des Avenwedder Sees ändere an dem Vogelschlagrisiko nichts. Im Rahmen der Abwägung sei es zulässig, die Vorbelastungen durch den vorhandenen Leitungsbestand zu würdigen, zumal die Bebauung unstreitig erst nach der 220-kV-Freileitung errichtet worden sei.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Kläger seien mit ihrem Vortrag bereits weitgehend präkludiert. Darüber hinaus tritt die Beigeladene weitgehend der Argumentation der Beklagten bei und führt ergänzend aus, eine Verpflichtung, Übertragungsnetzbetreiber von Energieversorgungsunternehmen eigentumsrechtlich zu entflechten, ergebe sich weder aus den §§ 6 bis 10 EnWG noch aus der bis 2011 umzusetzenden Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (RL 2009/72/EG). Die dort genannten Voraussetzungen an einen unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber erfülle die Beigeladene. Die Kläger hätten auch kein Recht auf Prüfung einer Verletzung des objektiven Rechts. Das planfestgestellte Vorhaben sei bereits von den bestehenden persönlichen Dienstbarkeiten umfasst.
Der Berichterstatter hat am 7. Juli 2010 die betroffenen Grundstücke in Augenschein genommen und die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten ausführlich erörtert.
Mit Beschluss vom 22. Juli 2010 (BVerwG 7 VR 4.10) hat der Senat den Antrag der Kläger auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 22. Februar 2010 abgelehnt.
Anschließend hat der Senat den Beteiligten mitgeteilt, dass er beabsichtigt, über die Klage durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat mitgeteilt, der Kläger zu 3 sei mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht einverstanden. Jedenfalls im Hinblick auf die Frage der sachgerechten Abschnittsbildung weise die Sache besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art auf. Sie sei geeignet, die grundsätzliche Frage zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Abschnittsbildung im Fachplanungsrecht auf den Bau von Hochspannungsleitungen anzuwenden sei.
Das Bundesverwaltungsgericht kann nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags zulässig, aber unbegründet. In seinem Beschluss vom 22. Juli 2010 (BVerwG 7 VR 4.10) hat der Senat hierzu Folgendes ausgeführt:
"1. Zu Gunsten der Antragsteller kann dabei davon ausgegangen werden, dass sie eine umfassende Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. a) und ihrer im gerichtlichen Verfahren erhobenen Einwendungen gegen dessen Rechtmäßigkeit (vgl. b) beanspruchen können.
a) Es kann angenommen werden, dass die Antragsteller einen Anspruch auf umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses haben. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 EnWG hat der Planfeststellungsbeschluss enteignungsrechtliche Vorwirkung. Deswegen haben die betroffenen Eigentümer einen Anspruch aus Art. 14 Abs. 1 GG, von einer nicht dem Wohl der Allgemeinheit dienenden, insbesondere nicht gesetzmäßigen Entziehung ihres Grundeigentums verschont zu werden; sie können grundsätzlich eine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses beanspruchen (stRspr, vgl. Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308). Etwas anderes könnte allein dann gelten, wenn die bestehenden Dienstbarkeiten, wie von der Beigeladenen vorgetragen, zivilrechtlich bereits die Inanspruchnahme der Grundstücke der Antragsteller für das Vorhaben erlaubten. Zumindest auf dem Flurstück Nr. ... ist dies aber nicht der Fall. Dieses Grundstück soll direkt überspannt werden. Die eingetragene Dienstbarkeit erlaubt aber nach ihrem klar umrissenen Inhalt nur die Unterhaltung einer 220-kV-Leitung. Ein erweiterndes Verständnis im Hinblick auf die geänderten Bedürfnisse der Beigeladenen kommt nicht in Betracht. Bei genau fixiertem Inhalt ist eine inhaltliche Ausweitung der Dienstbarkeit durch Auslegung grundsätzlich nicht möglich (Bassenge, in: Palandt, BGB, 68. Aufl. 2009, § 1018 Rn. 10, § 1090 Rn. 7). Zumindest der Antragsteller zu 3 hat damit einen Anspruch auf eine vollinhaltliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses. Ob für die Antragsteller zu 1 und 2 etwas anderes gilt, kann dahinstehen.
b) Einwendungen der Antragsteller sind nicht in entscheidungserheblicher Weise präkludiert (§ 43a EnWG i.V.m. § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG NRW). Fristgerecht haben sowohl die Antragsteller zu 1 und 2 als auch der Antragsteller zu 3 Einwendungen vorgebracht. Diese müssen lediglich in groben Zügen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82) erkennen lassen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden und in welcher Hinsicht die Planfeststellungsbehörde bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll (Urteil vom 30. Januar 2008 - BVerwG 9 A 27.06 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 195; zu Laieneinwendungen vgl. auch Urteil vom 3. März 2004 - BVerwG 9 A 15.03 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 40). Nach diesen Maßstäben sind die Antragsteller mit ihren im Klageverfahren erhobenen Einwendungen überwiegend nicht präkludiert.
2. Bei überschlägiger Prüfung ist die Klage unbegründet, weil der angefochtene Planfeststellungsbeschluss an keinem Rechtsfehler leidet, der die Antragsteller in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und zur Folge hat, dass der Planfeststellungsbeschluss ganz oder teilweise aufzuheben oder zumindest seine Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit festzustellen wäre.
a) Die Planrechtfertigung für das Vorhaben der Beigeladenen ist gegeben. Der Neubau der Höchstspannungsleitung Gütersloh - Bechterdissen ist unter Nr. 17 des § 1 Abs. 1 EnLAG als Anlage beigefügten Bedarfsplans aufgeführt. Davon wird auch das verfahrensgegenständliche Vorhaben in dem Abschnitt Gütersloh - Friedrichsdorf umfasst. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 und 3 EnLAG stehen für die im Bedarfsplan genannten Vorhaben, die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf für die Planfeststellung verbindlich fest. Diese Bedarfsfestlegung bindet auch das erkennende Gericht. Dass das Vorhaben der Beigeladenen in dem Planfeststellungsbeschluss als 'Ersatzneubau' und nicht als 'Neubau' bezeichnet wird, ist - entgegen der Meinung der Antragsteller - bei gleichbleibender Zielbeschreibung ohne Bedeutung.
Die Planrechtfertigung entfällt auch nicht deshalb, weil die Beigeladene das Vorhaben nicht realisieren könnte. Die Antragsteller meinen, das Energiewirtschaftsgesetz und die bis zum 3. März 2011 umzusetzende Richtlinie 2009/72/EG vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt stünden einer Verbindung des Energieerzeugers und des Inhabers des Übertragungsnetzes in einem integrierten Unternehmen, wie die RWE AG und die Beigeladene es sind, entgegen (vgl. §§ 7, 8 EnWG, Art. 9 Abs. 8, Art. 17 f. RL 2009/72/EG). Dieser Einwand lässt jedoch die Planrechtfertigung nicht entfallen. Diese bestünde nur dann nicht, wenn die Verwirklichung des Vorhabens bereits im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses ausgeschlossen werden könnte, weil sie nicht beabsichtigt oder objektiv ausgeschlossen wäre (vgl. Urteil vom 24. November 1989 - BVerwG 4 C 41.88 - BVerwGE 84, 123 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 85). Dies ist aber nicht der Fall. Denn ein Rechtsnachfolger der Beigeladenen könnte in die Rechte und Pflichten aus dem Plan eintreten und das Vorhaben verwirklichen (vgl. Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 77 Rn. 8a).
b) Im Wege der Abwägung nicht überwindbare zwingende Vorschriften des Immissionsschutzrechts stehen dem Vorhaben nicht entgegen:
Der rechtliche Maßstab für den Nachbarschutz, den die Antragsteller gegenüber dem planfestgestellten Vorhaben beanspruchen können, ist im vorliegenden Fall im Wesentlichen § 22 Abs. 1 BImSchG zu entnehmen. Denn eine Hochspannungsfreileitung - als sonstige ortsfeste Einrichtung im Sinne von § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG - bedarf keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG (Beschluss vom 9. Februar 1996 - BVerwG 11 VR 46.95 - Buchholz 406.25 § 22 BImSchG Nr. 13). An den Betreiber einer solchen, gewerblichen Zwecken dienenden Anlage richtet § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG das Gebot, die nach dem Stand der Technik vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen zu verhindern (Nr. 1) und unvermeidbare schädliche Umweltauswirkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken (Nr. 2). Konkretisiert werden die Anforderungen des § 22 BImSchG für die hier in Rede stehenden elektrischen und magnetischen Felder als Immissionen im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG durch die aufgrund von § 23 BImSchG erlassene 26. BImSchV. Die verfahrensgegenständliche Leitung ist eine Niederfrequenzanlage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) 26. BImSchV. Gemäß §§ 3, 4 der 26. BImSchV i.V.m. Anhang 2 zur 26. BImSchV ist sie so zu betreiben, dass im Bereich von Gebäuden und Grundstücken, die nicht zum nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, die elektrische Feldstärke einen Grenzwert von 5 kV/m und die magnetische Flussdichte einen Grenzwert von 100 µT nicht überschreiten. Diese Werte werden hier deutlich unterschritten.
Soweit die Antragsteller die Grenzwerte als zu hoch angreifen und auf die wissenschaftliche Diskussion über Gesundheitsgefahren durch elektrische und magnetische Felder unter den Grenzwerten verweisen, ist dem im gerichtlichen Verfahren nicht zu folgen. Die Werte sind zwar nicht abschließend, wie sich aus § 6 der 26. BImSchV ergibt. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber in seinem vor Erlass der 26. BImSchV ergangenen, eine Hochspannungsleitung betreffenden Beschluss vom 9. Februar 1996 (a.a.O.) die Grenzwertempfehlung der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierenden Strahlen herangezogen (ebenso Beschluss vom 2. August 1994 - BVerwG 7 VR 3.94 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 2), die auch der zum 1. Januar 1997 in Kraft getretenen 26. BImSchV zugrunde liegt. Dass diese Erkenntnisse mittlerweile überholt sein sollten, hat die Strahlenschutzkommission des Bundes in ihrer Empfehlung vom 21./22. Februar 2008 unter Auseinandersetzung mit internationalen Standards nicht feststellen können. Bei Einhaltung der Grenzwerte besteht deshalb in der Regel keine Gefahr (Jarass, BImSchG, 8. Aufl. 2010, § 23 Rn. 33).
Das Bundesverfassungsgericht hat zu dem gleichgelagerten Problem der Belastungen durch Hochfrequenzanlagen (Mobilfunkanlagen) festgestellt, auch aus der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergäben sich keine weitergehenden Anforderungen. Dem Verordnungsgeber komme ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsbereich zu. Alle nur denkbaren Schutzmaßnahmen müsse er nicht treffen. Eine Verletzung der Schutzpflicht könne erst festgestellt werden, wenn Vorkehrungen überhaupt nicht getroffen, gänzlich ungeeignet oder unzulänglich seien. Ohne verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse über komplexe Gefährdungslagen sei es nicht Sache der Gerichte, sondern des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln zu beobachten und zu bewerten. Verletzt sei diese Pflicht erst, wenn eine ursprünglich rechtmäßige Regelung aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich evident untragbar geworden sei (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. Januar 2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805). Letzteres ist hier nicht der Fall. Die Bundesstrahlenschutzkommission beobachtet die Grenzwerte fortlaufend. Wie sich aus ihrer Empfehlung ergibt, hält sie die Grenzwerte nicht für zu hoch. Die in dem Parallelverfahren BVerwG 7 A 6.10 angesprochene Studie der Universität Bern zu einem Zusammenhang zwischen einer erhöhten Alzheimerprävalenz und elektromagnetischen Feldern unter Hochspannungsleitungen begründet dem vorgelegten Exposé nach eine bloße Vermutung und stellt die genannten Richtwerte damit nicht im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung in Frage.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 3. Juli 2007 - 32015/02 - (NVwZ 2008, 1215) eine Verletzung von Art. 8 (Achtung des Privat- und Familienlebens), Art. 2 (Recht auf Leben) der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und des Protokolls Nr. 1 zur Konvention (Schutz des Eigentums) durch die Anwendung der Grenzwerte der 26. BImSchV auf von Hochfrequenzanlagen ausgehende elektromagnetische Strahlung ebenfalls nicht erkennen können.
c) Hinsichtlich der Abschnittsbildung, die eine richterrechtliche Ausprägung des Abwägungsgebots darstellt (Beschluss vom 5. Juni 1992 - BVerwG 4 NB 21.92 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG/BauBG Nr. 55), leidet der Planfeststellungsbeschluss an keinem Abwägungsfehler (vgl. § 43 Satz 2 EnWG). Die Zulässigkeit einer planungsrechtlichen Abschnittsbildung ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich anerkannt. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, dass angesichts vielfältiger Schwierigkeiten, die mit einer detaillierten Streckenplanung verbunden sind, die Planfeststellungsbehörde ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen kann. Dritte haben deshalb grundsätzlich kein Recht darauf, dass über die Zulassung eines Vorhabens insgesamt, vollständig und abschließend in einem einzigen Bescheid entschieden wird. Jedoch kann eine Abschnittsbildung Dritte in ihren Rechten verletzen, wenn sie deren durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleisteten Rechtsschutz faktisch unmöglich macht oder dazu führt, dass die abschnittsweise Planfeststellung dem Grundsatz umfassender Problembewältigung nicht gerecht werden kann, oder wenn ein dadurch gebildeter Streckenabschnitt der eigenen sachlichen Rechtfertigung vor dem Hintergrund der Gesamtplanung entbehrt (Gerichtsbescheid vom 3. Juli 1996 - BVerwG 11 A 64.95 - Buchholz 442.09 § 30 AEG Nr. 7). Zudem dürfen nach summarischer Prüfung der Verwirklichung des Gesamtvorhabens auch im weiteren Verlauf keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308).
Nach diesen Vorgaben ist die Abschnittsbildung hier nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat nachvollziehbar auf den Umfang des Gesamtvorhabens und eine Unterschiedlichkeit der sich südlich und nördlich von Friedrichsdorf stellenden Konflikte hingewiesen. Soweit die Antragsteller rügen, das verfahrensgegenständliche Vorhaben habe keine eigenständige Funktion und stelle einen unzulässigen Planungstorso dar, ist in tatsächlicher Hinsicht auf die von der Antragsgegnerin dargestellte Einbindung in das bestehende Netz und den möglichen Betrieb mit einer Spannung von 220 kV zu verweisen. Danach erfüllte das planfestgestellte Vorhaben auch dann eine (eingeschränkte) eigenständige Funktion, wenn sich der geplante zweite Abschnitt nicht verwirklichen ließe. Der Frage, ob für den Neubau von Hochspannungsfreileitungen überhaupt gefordert werden kann, dass dem jeweiligen Planungsabschnitt eine selbstständige Funktion zukommen muss (verneint für schienengebundene Anlagen durch Beschlüsse vom 21. Dezember 1995 - BVerwG 11 VR 6.95 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 8 und vom 30. Dezember 1996 - BVerwG 11 VR 25.95 - NVwZ-RR 1997, 525), muss daher nicht weiter nachgegangen werden.
d) Auch die Behandlung der räumlichen Planungsalternativen ist frei von durchgreifenden Abwägungsmängeln (vgl. § 43 Satz 2 EnWG):
Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit ist erst dann überschritten, wenn eine alternative Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange als eindeutig vorzugswürdig aufdrängt (vgl. Urteil vom 12. August 2009 a.a.O. S. 332 m.w.N.) oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 <160 ff.> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23). Erheblich sind Abwägungsmängel dabei nach § 43e Abs. 4 EnWG nur, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.
Die Entscheidung der Antragsgegnerin, eine großräumige vollständige Neutrassierung nicht in die Abwägung einzustellen, begegnet keinen Bedenken. Näher zu prüfen hatte sie nur sich aufdrängende alternative Streckenführungen (Urteil vom 27. Juli 1990 - BVerwG 4 C 26.87 - Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 18). Hier drängte es sich - aus den von der Antragsgegnerin genannten Gründen - nicht auf, sich nicht zumindest im Grundsatz an den Trassen der bestehenden 220- und 110-kV-Freileitungen zu orientieren. Es liegt auf der Hand, dass eine vollkommene Neutrassierung Konflikte nur verlagern, neue Konflikte schaffen und, da Einwirkungen der bisherigen Trasse in Natur und Landschaft auch nach deren Abbau zumindest eine geraume Zeit fortwirken, in gewissem Umfang verdoppeln würde.
Das von der Antragsgegnerin verfolgte Anliegen, Trassen nach Möglichkeit zu bündeln, ist nicht zu beanstanden (vgl. dazu Beschluss vom 15. September 1995 - BVerwG 11 VR 16.95 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 6). Die Erwägung der Antragsgegnerin dazu, die bestehende 110-kV-Freileitung könne bei einer vollständig anderen Streckenführung nicht zurückgebaut werden, leuchtet ohne Weiteres ein.
Im Übrigen wenden sich die Antragsteller in erster Linie nicht gegen die unterbliebene Prüfung einer großräumigen alternativen Trassenführung. Vielmehr meinen sie insbesondere, die Antragsgegnerin habe die von ihr im Bereich des Ortsteils Avenwedde der Stadt Gütersloh geprüften Varianten zu Unrecht verworfen. Dies trifft jedoch nicht zu. Auch insoweit ist die Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin frei von erheblichen Rechtsfehlern. Sie hat die ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen im Verhältnis zueinander gewichtet. Die Bevorzugung der gewählten Lösung beruht nicht auf einer Bewertung, die zur objektiven Gewichtigkeit der von den möglichen Alternativen betroffenen Belange außer Verhältnis steht (vgl. dazu Urteil vom 9. April 2003 - BVerwG 9 A 37.02 - NVwZ 2003, 1393).
Die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss zu den beiden geprüften und verworfenen Trassenalternativen sind ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Hinsichtlich einer Linienführung, die am Mast Nr. 14 des Neubaus beginnt und unter streckenweiser Nutzung der von dort zur Umspannanlage Avenwedde führenden Trasse südlich an Avenwedde vorbeiläuft, hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar darauf verwiesen, dass sich südlich des geplanten Mastes Nr. 14 ein geschütztes Biotop mit Feuchtgebieten und Gewässern befindet, in die durch die 380-kV-Leitung erheblich eingegriffen würde. Das genannte Biotop ist aus dem vorgelegten Kartenmaterial ersichtlich (Planunterlagen Bd. 4 Karte 7.2 - 1 Bl. 3, Karte 7.2 - 3 Bl. 1). Bisher verläuft dort zwar eine 110-kV-Leitung, die aber im Zuge des Neubaus nach Westen verlegt werden soll, wodurch das Biotop entlastet wird. Dass die 380-kV-Leitung mit ihren höheren Masten und einem breiteren Schutzstreifen hier stärker eingriffe, liegt nahe. Zudem könnte auch diese Trasse, wie von der Antragsgegnerin im Klageverfahren ergänzt, nur zu einem geringen Teil vorbelastetes Areal nutzen.
Gleichermaßen nachvollziehbar sind die Ausführungen zu der zweiten, ab Mast Nr. 15 nördlich Avenwedde-Mitte über unbebautes Gebiet zum Avenwedder See und von dort nach Osten auf die festgestellte Trasse zurückführenden Variante. Für die untersuchte Variante hat die Antragsgegnerin in die Abwägung eingestellt, dass sie jegliche Belastung der Wohnbebauung durch Immissionen vermiede. Dieses Interesse hat sie aber - wie dargelegt vertretbar - geringer gewichtet als Belastungen der Natur und des Landschaftsbildes durch die Umgehungsvariante. Insoweit ist nachvollziehbar dargelegt, dass diese unvorbelastete Landschaft in Anspruch nähme, erstmalige Eingriffe durch den Schutzstreifen erforderte und Gefahren für Vögel am Avenwedder See mit sich brächte. Soweit den Antragstellern eine leichte Modifikation der Trasse vor Augen steht, musste diese sich jedenfalls nicht aufdrängen, weil sie keine erhebliche Änderung mit sich brächte, insbesondere das Vogelschlagrisiko sich dabei nicht anders darstellte und gleichfalls auf unvorbelastete Flächen zurückgegriffen werden müsste. Wenn man annimmt, die Modifikation hätte - weil im Planfeststellungsverfahren vorgeschlagen (vgl. Behördenakte Bd. I Bl. 348) - dennoch auch im Planfeststellungsbeschluss behandelt werden müssen (Ziekow, in: Ziekow, Praxis des Fachplanungsrechts, S. 226), wäre dieser Fehler zumindest nicht offensichtlich und hätte keinen Einfluss auf das Abwägungsergebnis.
e) Die Antragsgegnerin hat alle weiteren erheblichen Belange in die Abwägung eingestellt. Dazu gehört insbesondere das Interesse der Antragsteller an jeglicher Verschonung von elektromagnetischen Feldern (S. 106 des Planfeststellungsbeschlusses). Der Vorwurf dies nicht berücksichtigt zu haben, geht fehl. Auch die Rüge, die Antragsgegnerin habe verkannt, dass die Masten über dem Wohngebiet höher seien als über unbebautem Areal, trifft nicht zu. Auswirkungen auf das Landschaftsbild werden auf Seite 85 des Planfeststellungsbeschlusses ausführlich diskutiert, unterschiedliche Masthöhen in der zugrunde liegenden Umweltstudie ausdrücklich benannt (Bericht 4-4). Gleiches gilt für den Vorwurf der Verkennung, dass die planfestgestellte Trasse ebenfalls mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden ist. Die Umweltauswirkungen des Vorhabens sind ausführlich beschrieben (S. 48 ff. des Planfeststellungsbeschlusses).
Dass die Antragsgegnerin sich an das zitierte Votum der Stadt Gütersloh gebunden sah und keine eigenständige, die Planung der Vorhabenträgerin nachvollziehende Entscheidung getroffen hat, ist ebenfalls nicht erkennbar.
f) Eine Fehlgewichtung einzelner Belange ist gleichfalls nicht festzustellen:
Angesichts des oben dargestellten wissenschaftlichen Erkenntnisstandes war das Interesse der Antragsteller, keinerlei Immissionen durch elektromagnetische Strahlen ausgesetzt zu werden, nicht höher zu bewerten. In ihrer oben genannten Empfehlung wendet sich die Strahlenschutzkommission nicht gegen jegliche Überspannung von Bebauung, sondern empfiehlt allein, Grenzwerte nicht auszuschöpfen und Expositionen im Rahmen des technisch und wirtschaftlich sinnvoll Möglichen zu minimieren. Daran hat sich auch die Antragsgegnerin orientiert; die Grenzwerte werden hier bei Weitem nicht ausgeschöpft. Ein Vorrang der Vorsorge vor den von der Antragsgegnerin bevorzugten Belangen kommt in der Empfehlung nicht zum Ausdruck. Die landwirtschaftlich genutzten Grundstücke des Antragstellers zu 3 dienen überdies nur einem vorübergehenden Aufenthalt von Menschen und sind insoweit weniger schutzbedürftig. Zudem kommt hier der Grundsatz zum Tragen, dass der Außenbereich weniger schutzwürdig, weil generell für eine Bebauung nicht bestimmt ist (Urteil vom 1. Oktober 1997 - BVerwG 11 A 10.96 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 32).
Die Vorbelastungen durch die bestehenden Leitungen hat die Antragsgegnerin fehlerfrei in die Abwägung eingestellt. Vorbelastungen prägen in ihrem Einwirkungsbereich liegende Grundstücke und mindern im Grundsatz ihre Schutzwürdigkeit (Urteile vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 - BVerwGE 56, 110 <131 f.> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 2 und vom 28. Oktober 1998 - BVerwG 11 A 3.98 - BVerwGE 107, 350 <356 f.> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 23). Eine Grenze der Berücksichtigung von Vorbelastungen wird erst durch rechtswidrige Eigentums- und Gesundheitsbeeinträchtigungen gezogen (Urteil vom 28. Oktober 1998 a.a.O. S. 357). Davon kann hier nicht ausgegangen werden, weil die betroffenen Grundstücke bereits mit Grunddienstbarkeiten in Form von Leitungsrechten belastet waren und Gesundheitsgefahren - wie bereits ausgeführt - nicht zu befürchten sind.
Allgemein musste die Antragsgegnerin die Eigentumsinteressen der Antragsteller vor diesem Hintergrund nicht höher gewichten. Ob die bestehenden Dienstbarkeiten, wie von der Beigeladenen vertreten, (teilweise) bereits die Inanspruchnahme des Grundes für eine 380-kV-Leitung ermöglichen, bedarf dabei keiner näheren Erörterung. Maßgeblich ist vielmehr die beschriebene tatsächliche Vorbelastung. Einschränkungen durch höhere Masten, breitere Leiterseilführungen und - soweit der Antragsteller zu 3 betroffen ist - die Aufstellung eines Mastes stellen sich demgegenüber nicht als erhebliche weitere Beschwer dar.
Die Schutzwürdigkeit des Grundstücks der Antragsteller zu 1 und 2 ist zusätzlich dadurch erheblich gemindert, dass sie ihr Wohnhaus erst nach der Errichtung der Anlage gebaut und sich der Belastung damit selber ausgesetzt haben (Beschluss vom 1. April 1998 - BVerwG 11 VR 13.97 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 63). Wie bei dem Ortstermin des Berichterstatters auf dem Grundstück der Antragsteller zu 1 und 2 am 7. Juli 2010 festgestellt wurde, steht deren Wohnhaus unter - nur einige Meter über dessen First hängenden - Hochspannungsleitungen. Dadurch ist bereits heute die Wohnqualität beeinträchtigt. Die Antragsteller zu 1 und 2 haben sich aber für ein Wohnen unter Hochspannungsleitungen aus freien Stücken entschieden. Sie können deshalb mit ihrem - im Erörterungstermin am 7. Juli 2010 auch mündlich vertieften - Einwand, ein Wohnen unter Hochspannungsleitungen sei allgemein unzumutbar, nicht gehört werden. Abwägungsrelevant war vielmehr in erster Linie die Mehrbelastung ihres Grundstücks, die nach dem Bau der 380-kV-Leitung und dem Abbau der 110-kV- sowie der 220-kV-Leitung bestehen wird. Zu einer solchen Mehrbelastung wird es zwar kommen. Die Antragsgegnerin durfte aber - angesichts einer fehlenden gesundheitlichen Beeinträchtigung - anderen abwägungsrelevanten Belangen gegenüber einer Vermeidung dieser Mehrbelastung den Vorrang einräumen. Hinzu kommt, dass die "optische" Mehrbelastung des Grundstücks durch die 380-kV-Leitung - wie bei dem Ortstermin ebenfalls festgestellt wurde - dadurch gemindert werden wird, dass die neuen Leitungen einige Meter höher verlaufen werden als die bisherigen.
Dem in § 50 BImSchG niedergelegten Optimierungsgebot, wonach bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen so zuzuordnen sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete soweit wie möglich vermieden werden, kommt vor diesem Hintergrund keine eigene Bedeutung zu. Die Antragsteller können sich zwar zumindest unter dem Gesichtspunkt der gerechten Abwägung auf diese Norm berufen (vgl. Jarass, BImSchG, 8. Aufl. 2010, § 50 Rn. 26 ff.). Schädliche Umwelteinwirkungen stehen hier jedoch - wie dargelegt - nicht in Rede. Zudem normiert die Vorschrift nur eine Abwägungsdirektive. Immissionsschutzrechtliche Belange können zu Gunsten entgegenstehender Belange von hohem Gewicht zurückgestellt werden (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 <171 f.> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23).
Die Antragsgegnerin durfte grundsätzlich auch die Mehrkosten einer alternativen Streckenführung in die Abwägung einstellen (vgl. Beschluss vom 15. April 1999 - BVerwG 4 VR 18.98 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 151). Ob, wie hier die Mehrkosten zutreffend gewichtet sind, kann dahinstehen. Selbst wenn dies ein Mangel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten Belange sein sollte, ist dieser nicht erheblich, weil er nicht offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist (vgl. § 43e Abs. 4 Satz 1 EnWG).
g) Hinsichtlich der technischen Alternative einer Erdverkabelung hat die Antragsgegnerin ihre Abwägungsentscheidung rechtmäßig auf die Erwägung gestützt, sie sei hier aus technischen und finanziellen Gründen nicht vorzuziehen.
h) Die Entscheidung für den Standort des Mastes Nr. 18 auf dem Flurstück Nr. ... des Antragstellers zu 3 begründet ebenfalls keinen Abwägungsfehler. Die Antragsgegnerin hat den Standort nachvollziehbar begründet (S. 193 des Planfeststellungsbeschlusses). Eine Möglichkeit, das Eigentum etwa durch Verschiebung des Mastes in der Leitungsachse schonender in Anspruch zu nehmen, ist nicht erkennbar. Auch hat der Antragsteller zu 3 in dem Ortstermin des Gerichts ausgeführt, eine Verschiebung des Mastes sei für ihn ohne Interesse."
Daran hält der Senat in vollem Umfang fest und führt ergänzend aus:
Die von den Klägern in ihrem letzten Schriftsatz erneut angesprochene Abschnittsbildung ist rechtmäßig (vgl. Beschluss vom 22. Juli 2010 - BVerwG 7 VR 4.10 - Rn. 27 und 28). Der Betrieb einer auf 380 kV ausgelegten Freileitungstrasse mit einer 220-kV-Leitung hätte eine eingeschränkte eigenständige Funktion. Selbst wenn man die in der Rechtsprechung für Straßenbauvorhaben entwickelten Grundsätze entgegen den zu schienengebundenen Anlagen ergangenen Beschlüssen vom 21. Dezember 1995 - BVerwG 11 VR 6.95 - (Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 8) und vom 30. Dezember 1996 - BVerwG 11 VR 25.95 - (NVwZ-RR 1997, 525) auf die Planfeststellung von Freileitungen übertragen würde, genügte dies. Die von den Klägern aufgeworfene Frage ist somit nicht entscheidungserheblich. Deshalb weist die Sache keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art auf. Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Abschnittsbildung.
2. Hinsichtlich des Hilfsantrags ist die Klage bereits unzulässig. Der Hilfsantrag ist auf Schutzauflagen (vgl. § 43b EnWG i.V.m. § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW) gerichtet. Die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) setzt insoweit voraus, dass nach dem klägerischen Vortrag ein Anspruch auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um konkrete Schutzauflagen als möglich erscheint. Daran fehlt es hier. Die Kläger haben nicht dargelegt, um welche Schutzmaßnahmen der Plan ergänzt werden könnte und sollte. Auch von Amts wegen ist keine greifbare Möglichkeit ersichtlich, wie die Immissionen bei gleichzeitiger Verwirklichung der 380-kV-Freileitung technisch beschränkt werden könnten.
Die Klage wäre im Hilfsantrag auch unbegründet. Erforderlich sind Schutzmaßnahmen, wenn von dem Vorhaben nachteilige Auswirkungen ausgehen, die durch eine gerechte Abwägung nicht zu überwinden sind. Dies ist hier, wie oben dargelegt, nicht der Fall.