Entscheidungsdatum: 13.03.2012
§ 49 Abs. 1 PersVG RP (juris: PersVG RP 1992) fordert nicht, die Teilnahme von Orchestermusikern an Personalversammlungen als Dienst im Sinne von § 12 Abs. 1 Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern vom 31. Oktober 2009 (TVK) anzurechnen.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 121 Abs. 2 PersVG RP i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.
1. Die Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Der Sache nach hält der Antragsteller für klärungsbedürftig, ob § 49 Abs. 1 Satz 1 PersVG RP den Dienststellenleiter dazu verpflichtet, die Teilnahme von Orchestermusikern, deren Arbeitsverhältnisse durch den Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern vom 31. Oktober 2009 (TVK) bestimmt werden, an Personalversammlungen als Dienst im Sinne von § 12 Abs. 1 TVK anzurechnen. Dass der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung (dort S. 2) den von ihm geltend gemachten Klärungsbedarf nicht auf § 49 Abs. 1 Satz 1 PersVG, sondern auf § 12 Abs. 1 TVK und damit auf eine Norm bezogen hat, deren Auslegung im Rahmen des angestrebten Rechtsbeschwerdeverfahrens nicht entscheidungserheblich wäre, ist unschädlich. Sein Klärungsbegehren kann unschwer im oben bezeichneten Sinn gedeutet werden. Auch in dieser Fassung kommt ihm jedoch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zu. Die Frage der Anrechnung einer Teilnahme an Personalversammlungen als Dienst im Sinne von § 12 Abs. 1 TVK ist auf Grundlage der Rechtsprechung des Senats eindeutig im Sinne des Oberverwaltungsgerichts zu beantworten, so dass es der Klärung im Rahmen eines Rechtsbeschwerdeverfahrens nicht bedarf.
a. Gemäß § 49 Abs. 1 Satz 1 PersVG RP finden Personalversammlungen während der Arbeitszeit statt, soweit nicht zwingende dienstliche Verhältnisse eine andere Regelung erfordern. Zur Anrechenbarkeit der Versammlungsteilnahme als Dienst im Sinne von § 12 Abs. 1 TVK ist der Vorschrift unmittelbar nichts zu entnehmen. Diese Frage stellt sich vor dem Hintergrund der Besonderheiten, die für die Arbeitsverhältnisse von Orchestermusikern aufgrund des TVK gelten. Danach richtet sich die individuelle Arbeitsverpflichtung der Musiker, soweit im vorliegenden Zusammenhang von Interesse, zum einen auf die in § 12 Abs. 1 TVK als Dienst bezeichnete Mitwirkung bei Aufführungen und Proben sowie zum anderen auf die hier hierfür notwendige, im TVK nicht eigens geregelte häusliche Vorbereitung. Während die Dienste durch den Arbeitgeber festgelegt werden, der hierbei die in § 12 Abs. 2 und 3 TVK bestimmten Obergrenzen zu beachten hat, legt der Musiker die Zeit für die häusliche Vorbereitung selbst fest (vgl. Beschluss vom 12. August 2002 - BVerwG 6 P 17.01 - Buchholz 251.7 NWPersVG Nr. 29 S. 34; BAG, Urteil vom 31. Juli 1986 - 6 AZR 146/85 - juris Rn. 17).
Die vom Antragsteller begehrte Klärung läuft vor diesem Hintergrund auf die Frage hinaus, ob unter das Merkmal der "Arbeitszeit" im Sinne von § 49 Abs. 1 Satz 1 PersVG nur eine der beiden Kategorien - nämlich der Dienst im Sinne von § 12 Abs. 1 TVK - zu fassen ist, was bejahendenfalls zu der Konsequenz führen würde, dass die Versammlungsteilnahme nicht auf Kosten der häuslichen Vorbereitungszeit ginge, sondern wegen der Obergrenzen in § 12 Abs. 2 und 3 TVK die zulässige Höchstzahl der Aufführungen und Proben mindern würde; eben hierin läge die vom Antragsteller ins Auge gefasste Anrechnung.
b. Eine vergleichbare Fallgestaltung lag dem Beschluss des Senats vom 25. Juni 1984 zugrunde (BVerwG 6 P 2.83 - BVerwGE 69, 313 ff. = Buchholz 238.37 § 47 NWPersVG Nr. 1). Zu entscheiden war dort, ob gemäß der parallelen Vorschrift des § 47 NWPersVG Personalversammlungen von Lehrern während der für den Vormittagsunterricht veranschlagten Zeit statt während der unterrichtsfreien Arbeitszeit abgehalten werden dürfen. Der Senat hat zur Klärung dieser Frage den in § 2 Abs. 1 NWPersVG niedergelegten Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Dienststelle und Personalvertretung herangezogen, der auch im PersVG RP und dort gleichfalls in § 2 Abs. 1 normiert ist. Diesem Grundsatz hat der Senat entnommen, einerseits sei die Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben derart sicherzustellen, dass diese ihrem öffentlichen Auftrag so gut wie möglich gerecht werden könne, und andererseits - gleichrangig hiermit - sei das Wohl der Beschäftigten zu wahren und soweit wie möglich zu fördern (Beschluss vom 25. Juni 1984, BVerwGE 69, 313 <315> = Buchholz 238.37 § 47 NWPersVG Nr. 1 S. 2). Zu Recht hat auch das Oberverwaltungsgericht im vorliegenden Fall seine Entscheidung an diesen Maßstäben ausgerichtet (UA S. 7) und konsequenterweise § 49 Abs. 1 Satz 1 PersVG RP anhand einer Abwägung der kollidierenden Belange von Dienststelle und Beschäftigten mit dem Ziel ihres möglichst schonenden Ausgleichs ausgelegt (UA S. 7 ff.).
c. Das Oberverwaltungsgericht ist in dem angefochtenen Beschluss der Sache nach zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beeinträchtigung des Spielbetriebs des Orchesters durch einen möglichen Probenausfall regelmäßig schwerer wiege als die zusätzliche Belastung, die dem Musiker dadurch entstehe, dass sich - bei Nichtanrechnung der Teilnahme an Personalversammlungen als Dienst - der zeitliche Rahmen seiner häuslichen Vorbereitungszeit verenge (UA S. 8 ff.); daher werde den beiderseitigen Belangen in der Regel dann hinreichend Rechnung getragen, wenn die Personalversammlungen regelmäßig in der probenfreien Arbeitszeit abgehalten würden (UA S. 10). Aus Sicht des Senats ergibt dies keinen Anlass für Beanstandungen. Die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Abwägung entspricht in der Struktur ihrer Durchführung wie in ihrem Ergebnis derjenigen, die der Senat in seinem oben genannten Beschluss vom 25. Juni 1984 vorgenommen hat. Der Senat war dort zu dem Schluss gelangt, dass die Beeinträchtigung des Schulbetriebs durch ein Abhalten von Personalversammlungen auf Kosten der vormittäglichen Unterrichtszeit grundsätzlich schwerer wiege als die Beeinträchtigung von Lehrern durch Beschneidung ihrer unterrichtsfreien Nachmittagszeit (a.a.O. S. 316 f. bzw. S. 3 f.).
d. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht das vorgenannte Ergebnis an die Bedingung geknüpft, dass der Beteiligte Störungen des Orchesterbetriebs hinzunehmen habe, die dadurch entstehen könnten, dass sich infolge der versammlungsbedingten Einengung der häuslichen Vorbereitungszeit möglicherweise die Vorbereitung der Musiker auf den kommenden Dienst verschlechtere (UA S. 9 f.). Dies entspricht der § 49 Abs. 1 Satz 1 PersVG RP zugrunde liegenden gesetzlichen Wertung, derzufolge Einschränkungen der Aufgabenerfüllung, wie sie zwangsläufig durch das Abhalten von Personalversammlungen während der Arbeitszeit eintreten, von der Dienststelle grundsätzlich akzeptiert werden müssen (vgl. Beschluss vom 25. Juni 1984, BVerwGE 69, 313 <317> = Buchholz 238.37 § 47 NWPersVG Nr. 1 S. 4). Die Dienststelle darf vom Orchestermitglied nicht verlangen, versammlungsbedingte Vorbereitungsversäumnisse dadurch wieder auszugleichen, dass die häusliche Vorbereitungszeit über das ansonsten übliche Maß hinaus verlängert wird. Es widerspräche der insoweit eindeutigen Intention des Gesetzgebers, wenn Versammlungsteilnahmen mit Freizeiteinbußen erkauft werden müssten. Diese Intention kommt auch in der Regelung des § 49 Abs. 1 Satz 3 PersVG RP zum Ausdruck, der für die Teilnahme an Dienstversammlungen außerhalb der Arbeitszeit die Gewährung entsprechender Dienstbefreiung vorschreibt (vgl. Fischer/Goeres/Gronimus in: GKÖD, Bd. V, Stand 2011, K § 50 Rn. 1, dort bezogen auf die parallele Vorschrift in § 50 Abs. 1 BPersVG).
e. Sinn und Zweck von § 49 Abs. 1 PersVG RP gebieten keine abweichende Betrachtung.
aa. Indem die Norm eine für die Beschäftigten nachteilsfreie Teilnahme an Personalversammlungen vorsieht, verfolgt sie augenscheinlich das Ziel, einen entsprechenden Teilnahmeanreiz zu setzen. Dem liegt die Wertung zugrunde, dass es wünschenswert sei, wenn die Beschäftigten den Tätigkeitsbericht des Personalrats (§ 48 Abs. 1 Satz 2 PersVG RP) und die Berichterstattung der Dienststellenleitung (§ 48 Abs. 2 Satz 1 PersVG RP) zur Kenntnis nehmen und sich hierdurch wie auf andere Weise, beispielsweise durch die Teilnahme an Aussprachen während der Versammlung, mit ihren kollektiven Angelegenheiten befassen. Dementsprechend sind Versammlungstermine zu vermeiden, die von Seiten der Beschäftigten als unzumutbare Belästigung empfunden und sie daher von der Teilnahme abhalten würden (vgl. Beschluss vom 25. Juni 1984, a.a.O. S. 317 f. bzw. S. 4 f.). Zu Recht hat daher das Oberverwaltungsgericht auf die im Einzelfall bestehende Möglichkeit verwiesen, Personalversammlungen unmittelbar im Anschluss an Proben abzuhalten, hierfür gegebenenfalls auch Proben zu verkürzen sowie bei der Planung von Folgediensten den Zeitpunkt einer vorherigen Personalversammlung mit zu berücksichtigen (UA Seite 10). Vergleichbare Überlegungen hatte auch der Senat in seinem Beschluss vom 25. Juni 1984 angestellt (BVerwGE 69, 313 <318> = Buchholz 238.37 § 47 NWPersVG Nr. 1 S. 5).
bb. Der Gesichtspunkt der Anreizbildung darf aber nicht in der Weise verabsolutiert werden, dass - was im vorliegenden Fall zur Anrechnung der Personalversammlung als Dienst im Sinne von § 12 Abs. 1 TVK führen würde - die größtmöglichen Anstrengungen unternommen werden müssten, um die Beschäftigten zur Versammlungsteilnahme zu bewegen. Dies widerspräche dem oben aufgezeigten Ausgangspunkt der Normauslegung, wonach eine Abwägung der Belange von Beschäftigten und Dienststelle mit dem Ziel ihres möglichst schonenden Ausgleichs vorzunehmen ist. So wie die Dienststelle bestimmte versammlungsbedingte Störungen der Aufgabenerfüllung hinzunehmen hat, so darf an die Beschäftigten die Erwartung gerichtet werden, ihre Versammlungsteilnahme nicht ausschließlich davon abhängig zu machen, ob eine nicht nur angemessene, sondern in jeder Hinsicht optimale Berücksichtigung ihrer privaten Belange gewährleistet ist.
2. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG) nicht gegeben. Für eine Abweichung des Oberverwaltungsgerichts von den in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aufgestellten Grundsätzen zur Auslegung von Tarifnormen liegen weder Anhaltspunkte vor, noch würde der angefochtene Beschluss hierauf beruhen können.