Entscheidungsdatum: 18.01.2012
In Fällen, in denen der Jugendvertreter (hilfsweise) sein Einverständnis mit der Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen erklärt hat, kann der Schutzzweck des § 9 BPersVG es gebieten, dass der öffentliche Arbeitgeber auf derartige Änderungswünsche eingeht. Voraussetzung dafür ist, dass der Jugendvertreter dem öffentlichen Arbeitgeber frühzeitig zu erkennen gibt, zu welchen abweichenden Arbeitsbedingungen er sich seine Weiterbeschäftigung vorstellt.
Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.
1. Die Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in Nummer 2 der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Die Beteiligten wollen geklärt wissen, ob dem öffentlichen Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Jugendvertreters zumutbar ist, wenn dieser sich bereiterklärt, zu unterwertigen Arbeitsbedingungen in ein Arbeitsverhältnis übernommen zu werden, "wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung entsprechende unbesetzte Helferstellen vorhanden sind". Diese Frage ist, soweit ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt, in der Senatsrechtsprechung bereits im Sinne der Beteiligten geklärt.
Gemäß dem in der Beschwerdebegründung zitierten Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 6. November 1996 - 7 ABR 54/95 - (BAGE 84, 294 <298 f.>) kann in Fällen, in denen der Auszubildende (hilfsweise) sein Einverständnis mit der Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen erklärt hat, der Schutzzweck des § 78a BetrVG es gebieten, dass der Arbeitgeber auf derartige Änderungswünsche eingeht. Zur Vermeidung einer Benachteiligung wegen der Amtsausübung kann der Arbeitgeber gehalten sein, Änderungswünschen, denen er auch bei anderen Auszubildenden nachkommen würde, bei einem durch § 78a BetrVG geschützten Auszubildenden bevorzugt Rechnung zu tragen. Voraussetzung dafür ist, dass der Auszubildende dem Arbeitgeber frühzeitig, regelmäßig nach dessen Nichtübernahmemitteilung nach § 78a Abs. 1 BetrVG und spätestens mit dem eigenen Weiterbeschäftigungsverlangen, zu erkennen gibt, zu welchen abweichenden Arbeitsbedingungen er sich seine Weiterbeschäftigung vorstellt. Diesen Erwägungen ist der Senat für den Anwendungsbereich des § 9 BPersVG beigetreten (Beschluss vom 1. November 2005 - BVerwG 6 P 3.05 - BVerwGE 124, 292 <298 f.> = Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 25 Rn. 26 f.). Er hat mit Blick auf neuere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts lediglich klargestellt, dass die Weiterbeschäftigungspflicht des öffentlichen Arbeitgebers zu nach dem Konsensprinzip geänderten Arbeitsbedingungen gleichfalls dienststellenbezogen ist. Das Auflösungsbegehren des öffentlichen Arbeitgebers kann daher keinesfalls mit der Begründung abgelehnt werden, das betreffende Mitglied der örtlichen Jugendvertretung könne außerhalb der Ausbildungsdienststelle weiterbeschäftigt werden (vgl. Beschlüsse vom 11. März 2008 - BVerwG 6 PB 16.07 - Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 30 Rn. 15 und vom 19. Januar 2009 - BVerwG 6 P 1.08 - BVerwGE 133, 42 = Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 33 Rn. 25 f. und 37).
2. Die Grundsatzrüge der Beteiligten kann nicht in einer Divergenzrüge nach § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG mit der Folge umgedeutet werden, dass dieser stattzugeben ist. Das Oberverwaltungsgericht ist im angefochtenen Beschluss nicht von der zitierten Senatsrechtsprechung abgewichen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich der Senat für den Bereich des § 9 BPersVG angeschlossen hat, muss der Jugendvertreter, der bei Fehlen einer ausbildungsadäquaten Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu abweichenden Arbeitsbedingungen in ein Arbeitsverhältnis im Ausbildungsbetrieb übernommen werden möchte, dem Arbeitgeber unverzüglich nach dessen Nichtübernahmeerklärung seine Bereitschaft zur Weiterbeschäftigung zu geänderten Vertragsbedingungen mitteilen. Er darf sich dabei nicht darauf beschränken, sein Einverständnis mit allen in Betracht kommenden Beschäftigungen zu erklären oder die Bereitschaftserklärung mit einem Vorbehalt zu verbinden. Er muss die von ihm hilfsweise für möglich gehaltene Beschäftigung vielmehr so konkret beschreiben, dass der Arbeitgeber erkennen kann, wie sich der Jugendvertreter seine Weiterarbeit vorstellt (vgl. BAG, Beschlüsse vom 6. November 1996 a.a.O. S. 298 f., vom 15. November 2006 - 7 ABR 15/06 - BAGE 120, 205 Rn. 43, vom 16. Juli 2008 - 7 ABR 13/07 - BAGE 127, 126 Rn. 30, vom 17. Februar 2010 - 7 ABR 89/08 - AP Nr. 53 zu § 78a BetrVG 1972 Rn. 32 und vom 8. September 2010 - 7 ABR 33/09 - AP Nr. 54 zu § 78a BetrVG 1972 Rn. 29).
Das Oberverwaltungsgericht hat die Frage, ob der Beteiligte zu 1 bei einer anderen Dienststelle ausbildungsadäquat hätte weiterbeschäftigt werden können, als nicht entscheidungserheblich angesehen, weil er in seinem Antrag auf Weiterbeschäftigung vom 26. Juli 2007 nicht zu erkennen gegeben habe, zu welchen abweichenden Arbeitsbedingungen er sich seine Weiterbeschäftigung bei anderen Dienststellen vorstelle und ob er auch insoweit mit einer Änderung seiner Arbeitsbedingungen grundsätzlich einverstanden sei (Beschlussabdruck S. 11). Damit hat das Oberverwaltungsgericht im Einklang mit der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung dem Beteiligten zu 1 die fehlende Substanziierung seiner hilfsweise erklärten Bereitschaft entgegengehalten, zu veränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt zu werden. Zwar hat es diesen Gesichtspunkt in den Zusammenhang mit der Weiterbeschäftigung außerhalb der Ausbildungsdienststelle gestellt; Letzteres scheidet - wie bereits erwähnt - bei einem Mitglied der örtlichen Jugendvertretung von vornherein aus. Die Konkretisierung modifizierter Arbeitsbedingungen ist aber vom Jugendvertreter für die Weiterbeschäftigung in jeder in Betracht zu ziehenden Dienststelle zu verlangen, also gerade auch für die Weiterbeschäftigung in der Ausbildungsdienststelle. Die zitierte Passage am Ende des angefochtenen Beschlusses enthält konkludent eine dahingehende, auf den Fall des Beteiligten zu 1 zugeschnittene Aussage. Jedenfalls hat das Oberverwaltungsgericht einen Rechtssatz des Inhalts, dass für die Beurteilung des Auflösungsbegehrens die hilfsweise erklärte Bereitschaft des Jugendvertreters zu einer Weiterbeschäftigung zu unterwertigen Bedingungen unbeachtlich sei, weder ausdrücklich noch sinngemäß aufgestellt.
3. Die in Nummer 1 und 3 der Beschwerdebegründung erhobenen Aufklärungsrügen sind unstatthaft und daher unzulässig. Die Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht gehört nicht zu den Verfahrensmängeln, auf welche die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde gestützt werden kann (§ 72 Abs. 2 Nr. 3, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, § 92 Abs. 1 Satz 2, § 92a Satz 2 ArbGG i.V.m. § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO).
4. Die Bezirksjugend- und Auszubildendenvertretung beim Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung war zu keinem Zeitpunkt gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 BPersVG am vorliegenden Verfahren beteiligt. Wie sie im Schreiben vom 26. September 2007 an das Verwaltungsgericht mitgeteilt hat, stand der Beteiligte zu 1 bei den Wahlen im Mai 2006 auf Platz 71 seiner Gewerkschaftsliste und hat in der Zeit bis zur Abschlussprüfung am 27. Juli 2007 an keiner Sitzung teilgenommen.