Entscheidungsdatum: 06.09.2011
Dem Landesforst Mecklenburg-Vorpommern - Anstalt des öffentlichen Rechts - ist die Weiterbeschäftigung eines Jugendvertreters auch dann unzumutbar, wenn ein ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplatz, der von einem rechtswirksamen Einstellungsstopp betroffen ist, mit einem Arbeitnehmer aus dem Personalüberhang der unmittelbaren Landesverwaltung besetzt wird.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 87 Abs. 2 MVPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung.
Die Beteiligte zu 1 hat in ihrer Beschwerdebegründung eine umfangreiche Rechtsfrage formuliert. Ihre Ausführungen zur Begründung sowie die Entscheidungen der Vorinstanzen, auf welche sie sich bezieht, geben jedoch zu erkennen, dass sie in Wirklichkeit zwei verschiedene Rechtsfragen aufwerfen will.
1. Die Beteiligte zu 1 will sinngemäß zunächst geklärt wissen, ob eine rechtlich selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts als Arbeitgeberin Einsparvorgaben im Bereich der Landesverwaltung der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung einer Jugendvertreterin entgegenhalten kann. Diese Frage lässt sich anhand der Senatsrechtsprechung ohne Weiteres beantworten, so dass es ihrer Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht bedarf.
In der Senatsrechtsprechung ist anerkannt, dass es die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung berührt, wenn sich der Haushaltsgesetzgeber auf globale Vorgaben der Personaleinsparung in bestimmten Ressortbereichen beschränkt und die Entwicklung organisatorisch angemessener und insbesondere sozialverträglicher Kriterien der Verwaltung überlässt. Wenn ein in Vollzug derartiger Anweisungen des Haushaltsgesetzgebers verfügter genereller Einstellungsstopp Ausnahmen zulässt, müssen diese so eindeutig und klar gefasst sein, dass sich auch nur der Verdacht einer Benachteiligungsabsicht von vornherein, das heißt anhand objektiver Kriterien ausschließen lässt. Eine Diskriminierung des Jugendvertreters ist auch dann nicht zu besorgen, wenn Ausnahmen vom Einstellungsstopp auf Fälle eines unabweisbaren vordringlichen Personalbedarfs beschränkt werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob exakt diese Formulierung verwandt wird. Entscheidend ist vielmehr, dass die Regelung der Sache nach auf eine streng restriktive Einstellungspraxis angelegt ist (vgl. Beschlüsse vom 13. September 2001 - BVerwG 6 PB 9.01 - Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 22 S. 21 f., vom 30. Mai 2007 - BVerwG 6 PB 1.07 - Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 28 Rn. 4 und vom 22. September 2009 - BVerwG 6 PB 26.09 - Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 38 Rn. 8 f.).
Ob die Regierung berechtigt ist, auf der Grundlage von Entscheidungen des Haushaltsgesetzgebers Einsparverpflichtungen auf Anstalten des öffentlichen Rechts zu erstrecken, ist eine Frage des Landeshaushaltsrechts. Ersichtlich hat das Oberverwaltungsgericht diese Frage bejaht (Beschlussabdruck S. 6), indem es - insoweit abweichend von der Fragestellung in der Beschwerdebegründung - eine auf den Haushaltsplan zurückzuführende Einsparungsverpflichtung gerade auch des Antragstellers angenommen hat. Dazu enthält die Beschwerdebegründung keine Ausführungen, die ihrerseits die Anforderungen an die Darlegung einer Grundsatzrüge erfüllen (§ 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 92a Satz 2 ArbGG). Ist daher eine Anstalt des öffentlichen Rechts von einem Einstellungsstopp betroffen, so gelten für sie - selbstverständlich - die oben genannten Grundsätze in gleicher Weise wie für die unmittelbare Landesverwaltung.
2. Die Beteiligte zu 1 will sinngemäß weiter geklärt wissen, ob die Weiterbeschäftigung einer Jugendvertreterin sich als zumutbar erweist, wenn ausbildungsadäquate Dauerarbeitsplätze bei einer Anstalt des öffentlichen Rechts bei Ausbildungsende bzw. in der Zeit kurz davor mit Beschäftigten aus der unmittelbaren Landesverwaltung besetzt werden. Diese Frage ist eindeutig im Sinne des Oberverwaltungsgerichts zu beantworten, so dass es auch insoweit der Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht bedarf.
Der öffentliche Arbeitgeber muss einem Mitarbeiter nicht kündigen, um dem Jugendvertreter einen Arbeitsplatz zu verschaffen. Er darf eine im Zeitpunkt des Ausbildungsendes unbesetzte Stelle für eine aus der Elternzeit zurückkehrende Mitarbeiterin freihalten und vor Ausbildungsende einen Arbeitsplatz mit einer aus der Elternzeit zurückkehrenden Mitarbeiterin besetzen. Ebenso darf er eine im Zeitpunkt des Ausbildungsendes unbesetzte Stelle für einen Arbeitnehmer freihalten, der wegen verminderter Erwerbsfähigkeit eine Rente auf Zeit erhält. Durch derartige Vorgänge wird der Normzweck des § 9 BPersVG nicht berührt. Dieser geht dahin, den Jugendvertreter vor nachteiligen Folgen seiner Amtsausübung zu schützen. Der Jugendvertreter kann dadurch diskriminiert werden, dass statt seiner andere Absolventen der Berufsausbildung weiterbeschäftigt oder externe Bewerber eingestellt werden. Hingegen liegt eine Benachteiligung typischerweise nicht vor, wenn der öffentliche Arbeitgeber lediglich gegenüber dem Stammpersonal seiner Weiterbeschäftigungspflicht nachkommt (vgl. Beschlüsse vom 4. Juni 2009 - BVerwG 6 PB 6.09 - Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 35 Rn. 11 und vom 9. Dezember 2009 - BVerwG 6 PB 35.09 - Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 40 Rn. 12 f. m.w.N.).
Ebenso verhält es sich, wenn sich der öffentliche Arbeitgeber zu einem sozial verträglichen Personalabbau entschlossen hat. Dieser geht dahin, frei werdende Stellen nach Möglichkeit mit Beschäftigten zu besetzen, die sich im Personalüberhang befinden. Eine solche Verfahrensweise richtet sich nicht gegen den Jugendvertreter, der an seiner Weiterbeschäftigung interessiert ist. Sie dient vielmehr ihrerseits dem sozialstaatlich anzuerkennenden Zweck, solche Mitarbeiter sinnvoll weiterzubeschäftigen, die auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht mehr benötigt werden (vgl. Beschluss vom 4. Juni 2009 a.a.O. Rn. 12).
Die vorbezeichneten Aussagen beziehen sich auf Vorgänge innerhalb eines öffentlichen Arbeitgebers. Ist dieser z.B. das Land, so kann dieses ohne Verstoß gegen § 9 BPersVG einen freien Arbeitsplatz in der Ausbildungsdienststelle des Jugendvertreters mit einem Arbeitnehmer besetzen, der bei einer anderen Dienststelle des Landes nicht mehr sinnvoll weiterbeschäftigt werden kann. Dieser Grundsatz beansprucht aber auch Geltung, wenn eine Stelle bei einer Anstalt des öffentlichen Rechts wie der Antragstellerin mit einem Arbeitnehmer aus dem Personalüberhang der Landesverwaltung besetzt wird.
Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 des Landesorganisationsgesetzes (LOG M-V) vom 14. März 2005, GVOBl M-V S. 98, zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. Oktober 2010, GVOBl M-V S. 615, gehören die rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts zu den Trägern der mittelbaren Landesverwaltung, soweit sie ihnen übertragene öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Anstalten des öffentlichen Rechts sind verselbständigte, in der Regel nicht mitgliedschaftlich organisierte rechtsfähige Verwaltungseinheiten, die zur dauerhaften Wahrnehmung von Aufgaben im öffentlichen Interesse errichtet werden (§ 10 Abs. 2 LOG M-V). Sie nehmen Aufgaben der Landesverwaltung nach Maßgabe der hierfür geltenden gesetzlichen Vorschriften wahr (§ 10 Abs. 4 Satz 3 LOG M-V).
Solche Vorschriften finden sich im Gesetz zur Errichtung der Landesforstanstalt (LFAErG M-V) vom 11. Juli 2005, GVOBl M-V S. 326, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 20. Mai 2011, GVOBl M-V S. 311, 322. Die Landesforstanstalt nimmt die Aufgaben der Landesforstverwaltung als Aufgaben des eigenen Wirkungskreises wahr (§ 2 Abs. 1 und 2 LFAErG M-V). § 2 Abs. 3 LFAErG M-V bezeichnet den Katalog von Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises. Die Landesforstanstalt untersteht der Rechtsaufsicht der obersten Forstbehörde, im Bereich der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises auch der Fachaufsicht (§ 3 Abs. 1 LFAErG M-V). Das Land ist Träger der Landesforstanstalt und haftet für deren Verbindlichkeiten Dritten gegenüber (§ 4 LFAErG M-V). Bei ihrer Tätigkeit hat die Landesforstanstalt die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im Sinne von § 7 der Landeshaushaltsordnung Mecklenburg-Vorpommern zu beachten (§ 10 Abs. 1 Satz 2 LFAErG M-V). Ihr Wirtschaftsplan (Erfolgs- und Finanzplan mit Stellenübersicht) wird dem Haushaltsplan des Landes als Anlage beigefügt (§ 10 Abs. 2 Satz 1 LFAErG M-V). Die Landesforstanstalt hat zwar die Dienstherrnfähigkeit und kann eigene Tarifverträge abschließen (§ 13 Abs. 1 und 2 LFAErG M-V). Die Zahlung der Löhne und Gehälter erfolgt aber durch das Landesbesoldungsamt (§ 13 Abs. 4 LFAErG M-V).
Aus alledem geht hervor, dass die Landesforstanstalt integraler Bestandteil der Landesverwaltung und als solcher mit der unmittelbaren Landesverwaltung eng verzahnt ist. Dies gilt insbesondere in personalwirtschaftlicher Hinsicht. Es ist daher folgerichtig, dass sie mit den Stellen der unmittelbaren Landesverwaltung einen Verbund bildet, wonach Arbeitnehmer im Personalüberhang wechselseitig übernommen werden. Dadurch werden Jugendvertreter ebenso wenig diskriminiert wie durch vergleichbare Vorgänge innerhalb der unmittelbaren Landesverwaltung. Diese Vorgänge sind nicht vergleichbar mit Fallgestaltungen, in denen ein anderer Absolvent der Ausbildung in der Ausbildungsdienststelle oder ein Bewerber außerhalb der Landesverwaltung dem Jugendvertreter vorgezogen werden. In den letztgenannten Fällen bedarf die Stellenbesetzung einer besonderen sachlichen Rechtfertigung, um vor § 9 BPersVG Bestand zu haben. In den Fällen der Stellenbesetzung mit Arbeitnehmern im Personalüberhang ist der sozialverträgliche Personalabbau die sachliche Rechtfertigung, die sich gegenüber den schützenswerten Belangen des Jugendvertreters durchsetzt. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - der fragliche Arbeitsplatz wegen eines rechtswirksamen Einstellungsstopps sonst nicht besetzbar wäre. § 9 BPersVG verlangt nicht, dass das Land auf das Mittel der Versetzung verzichtet, wenn dadurch einem Arbeitnehmer im Personalüberhang eine sinnvolle Weiterbeschäftigung verschafft wird. Die materielle Berechtigung dieser Vorgehensweise verliert nicht ihr Gewicht, wenn dabei ein Träger mittelbarer Landesverwaltung wie die Landesforstanstalt einbezogen wird. Arbeitnehmer aus der unmittelbaren Landesverwaltung können daher nicht mit externen Bewerbern gleichgesetzt werden, die Jugendvertretern gegenüber grundsätzlich nachrangig zu behandeln sind.
3. Der in der Beschwerdebegründung und der Beschwerdeerwiderung gleichermaßen zitierte Senatsbeschluss vom 19. Januar 2009 - BVerwG 6 P 1.08 - (BVerwGE 133, 42 = Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 33) ist hier nicht einschlägig. In diesem Beschluss war die Frage zu behandeln, auf welche Dienststellen im Rahmen der zu prüfenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten abzustellen ist. Dies ist bei einem Mitglied der örtlichen Jugend- und Auszubildendenvertretung ausschließlich die Ausbildungsdienststelle, weil nur bei einer dortigen Weiterbeschäftigung der für § 9 BPersVG wesentliche Schutzzweck der Ämterkontinuität gewahrt bleibt. Dagegen kommt es bei einem Mitglied der Jugend- und Auszubildendenstufenvertretung auf alle Dienststellen im Geschäftsbereich der übergeordneten Dienststelle an, weil der Jugendvertreter bei einem Dienststellenwechsel nach Ausbildungsende Gremienmitglied bleibt und sein erhöhter Verantwortungsbereich mit einem erhöhten Schutzbedarf einhergeht (vgl. im Einzelnen Beschluss vom 19. Januar 2009 a.a.O. Rn. 25 ff.). Diese Thematik ist von der hier in Rede stehenden, ganz anders gelagerten Frage der Besetzung ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplätze mit Arbeitnehmern der Landesverwaltung zu trennen, die sich im Personalüberhang befinden.