Entscheidungsdatum: 11.12.2012
Die an ihre Beschäftigten gerichtete Anordnung einer Dienststelle, mit welcher in einer innerdienstlichen Angelegenheit eine höherrangige Verwaltungsvorschrift konkretisiert wird, unterliegt der Mitwirkung des Personalrats nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG.
I.
Unter dem 10. November 2008 traf der Beteiligte folgende Anordnung:
"Betreff Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen;
hier Insbesondere für Dienstreisen
Bezug
Anlage - 2 -
Die Haushaltslage ist angespannt. Dieses gilt insbesondere auch für die für den Betrieb von Landfahrzeugen zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel.
Bei der Überprüfung der Fahrtnachweise habe ich festgestellt, dass Dienstkraftfahrzeuge in häufig auch für Einzeldienstreisen und fiskalische Fahrten genutzt wurden.
Zur Regelung dieser Fahrten, ordne ich ab sofort folgendes an:
1) Einzeldienstreisen mit günstiger Anbindung an das Streckennetz der DB AG, wie z.B. Dresden, Leipzig, Chemnitz, Halle, Potsdam, Berlin, Erfurt, usw. sind grundsätzlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchzuführen.
2) Fiskalische Fahrten sind auf ein Minimum zu reduzieren.
3) Polizeivollzugsbeamte prüfen in dem Bewusstsein, Repräsentanten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland zu sein, verstärkt die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel in Uniform.
4) Der als Anlage 1 beigefügte 'Antrag auf Nutzung eines Dienstkraftfahrzeuges' ist ab sofort für die genannten Fahrten zu verwenden.
Berechtigt zur Genehmigung von Dienstreisen mit Dienstkraftfahrzeugen sind:
Für den ÜPR, die GleiB, die StSt ÖA/B, IR und C/QM der Präsident/Vizepräsident;
Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stabsbereiche die Stabsbereichsleiter o.V.i.A.
Der Sachbereich 37 ist nur befugt, bei genehmigten Anträgen Dienstfahrzeuge zur Verfügung zu stellen.
Schließlich füge ich einen Auszug aus der PDV 700 (Bundespolizei) bei.
Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stabes der Bundespolizeidirektion Pirna sind in geeigneter Weise von dieser Verfügung in Kenntnis zu setzen."
Mit Schreiben vom 11. November 2008 machte der Antragsteller geltend, die Anordnung unterliege gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG seiner Mitwirkung. Dem trat der Beteiligte mit Schreiben vom 2. Dezember 2008 im Wesentlichen mit der Begründung entgegen, bei der Anordnung handele es sich um eine nicht mitwirkungsbedürftige Weisung, welche die sparsame und wirtschaftliche Nutzung von Haushaltsmitteln zum Ziele habe.
Das daraufhin angerufene Verwaltungsgericht hat antragsgemäß festgestellt, dass der Beteiligte durch Erlass der Verwaltungsanordnung vom 10. November 2008 das Mitwirkungsrecht des Antragstellers nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG verletzt und das Mitwirkungsverfahren nachzuholen hat. Die Beschwerde des Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Das Schreiben des Beteiligten vom 10. November 2008 sei eine Verwaltungsanordnung im Sinne von § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG. Denn es enthalte allgemeine Vorgaben für alle Bediensteten, die einen Dienstwagen zu nutzen beabsichtigten. Es sei als konkrete Anordnung mit verbindlicher Wirkung für die Beschäftigten erlassen worden. Wenn das Schreiben eine bloße Konkretisierung der Dienstanweisung PDV 700 der Bundespolizei sei, so stehe dies seiner Einordnung als Verwaltungsanordnung nicht entgegen. Es würden eigenständige Regelungen vorgegeben, etwa durch das vorgesehene Antragsformular und inhaltliche Vorgaben für bestimmte Dienstorte. Die Anordnung vom 10. November 2008 betreffe die innerdienstlichen Angelegenheiten der Beschäftigten. Sie beziehe sich nicht auf die Aufgabenerfüllung der Dienststelle, sondern regele ausschließlich das Verhalten der Beschäftigten. Indem die Berechtigung zu einer Inanspruchnahme eines Dienstwagens geregelt werde, seien allein die Arbeitsabläufe und die Arbeitsbedingungen in der Dienststelle betroffen.
Der Beteiligte trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor: Beim Schreiben vom 10. November 2008 handele es sich allein um eine Wiedergabe und allenfalls teilweise Konkretisierung der PDV 700. Die Benennung bekanntermaßen günstiger Verkehrsanbindungen konkretisiere lediglich die Regelung in der PDV 700, wonach die gegenüber der Benutzung anderer Verkehrsmittel entstehenden Mehrkosten zur Dringlichkeit des Dienstgeschäfts oder zur Zeitersparnis in einem vertretbaren Verhältnis stehen müssten. Die Rechtsstellung der Beschäftigten sei regelmäßig nicht im Sinne des Mitwirkungstatbestandes berührt, wenn lediglich eine Konkretisierung bestehender dienstlicher Verpflichtungen vorgenommen werde. Bei der Anordnung vom 10. November 2008 gehe es ebenso wie in der PDV 700 um die Sicherstellung der Nutzung von Dienstfahrzeugen als Einsatzmittel zur Erfüllung der der Bundespolizei gesetzlich übertragenen Aufgaben. Wegen des Primats als Einsatzmittel komme die Nutzung für fiskalische Fahrten und für Einzeldienstreisen allenfalls sekundär in Betracht. Billige man der Personalvertretung ein Beteiligungsrecht zu, so erhalte diese Einfluss auf die Nutzung von Dienstfahrzeugen als Einsatzmittel. Eine derartige Einwirkung auf die Erfüllung der der Dienststelle gesetzlich übertragenen Aufgaben sei der Personalvertretung nicht einzuräumen.
Der Beteiligte beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und die Anträge abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten ist nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Der Beteiligte hat mit seiner Anordnung vom 10. November 2008 zur Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen das Mitwirkungsrecht bei der Vorbereitung von Verwaltungsanordnungen verletzt. Er ist daher verpflichtet, das Mitwirkungsverfahren nachzuholen.
1. Rechtsgrundlage für das streitige Mitwirkungsrecht ist § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG. Danach wirkt der Personalrat mit bei der Vorbereitung von Verwaltungsanordnungen einer Dienststelle für die innerdienstlichen, sozialen und persönlichen Angelegenheiten der Beschäftigten ihres Geschäftsbereichs. Der in der Vorschrift enthaltene Vorbehalt wegen Beteiligung der Spitzenorganisationen nach § 118 BBG greift hier offensichtlich nicht ein.
a) Der Begriff "Verwaltungsanordnung" beschreibt in seiner personalvertretungsrechtlichen Bedeutung jede Regelung, welche die Dienststelle in Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Rechte als Dienstherr oder Arbeitgeber gegenüber allen ihren Beschäftigten, jedenfalls aber gegenüber einer unbestimmten Anzahl ihrer Beschäftigten trifft, ohne dass es auf ihre Form ankommt (vgl. Beschlüsse vom 19. Mai 2003 - BVerwG 6 P 16.02 - Buchholz 250 § 78 BPersVG Nr. 19 S. 6, vom 1. September 2004 - BVerwG 6 P 3.04 - Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 13 S. 2 f., vom 16. April 2008 - BVerwG 6 P 8.07 - Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 5 Rn. 9, vom 11. Mai 2011 - BVerwG 6 P 4.10 - Buchholz 251.6 § 75 NdsPersVG Nr. 6 Rn. 23 und vom 7. Februar 2012 - BVerwG 6 P 26.10 - juris Rn. 10).
b) Beim Merkmal der "innerdienstlichen Angelegenheiten" handelt es sich um einen Auffang- und Oberbegriff. Aufgefangen werden Angelegenheiten, die nicht als persönliche Angelegenheiten oder soziale Angelegenheiten qualifiziert werden können. Zugleich ist "innerdienstliche Angelegenheit" ein Oberbegriff, welcher allen Beteiligungstatbeständen in den Katalogen nach §§ 75 bis 79 BPersVG zugrunde liegt. Es handelt sich dabei um Entscheidungen im internen Bereich von Regierung und Verwaltung, durch welche die Beschäftigten in ihren spezifischen Interessen als Beamte und Arbeitnehmer berührt werden (vgl. Beschlüsse vom 19. Mai 2003 a.a.O. S. 4 und S. 6 sowie vom 16. April 2008 a.a.O. Rn. 11).
Eine Maßnahme verliert ihren innerdienstlichen Charakter nicht durch den Zusammenhang mit der Erledigung der Amtsaufgabe. Für innerdienstliche Maßnahmen ist nicht untypisch, dass durch sie behördenintern die Voraussetzungen für die Wahrnehmung des Amtsauftrages geschaffen werden. Hat eine innerdienstliche Maßnahme erhebliche Auswirkungen auf die Erledigung des Amtsauftrages, so ist dem nicht durch Ausschluss jeglicher Beteiligung, sondern dadurch Rechnung zu tragen, dass die Angelegenheit nicht der Letztentscheidungsbefugnis der der Volksvertretung verantwortlichen Stelle entzogen werden darf (vgl. Beschlüsse vom 19. Mai 2003 a.a.O. S. 4, vom 16. April 2008 a.a.O. Rn. 13 und vom 11. Mai 2011 a.a.O. Rn. 25). Die Beteiligung des Personalrats bei der Vorbereitung von Verwaltungsanordnungen nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG ist auf Mitwirkung beschränkt. Damit ist das Letztentscheidungsrecht der obersten Dienstbehörde sichergestellt (§ 72 Abs. 4 Satz 2 BPersVG; vgl. dazu Gerhold, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, Stand: Juli 2012, § 72 Rn. 32; Ilbertz/Widmaier/Sommer, Bundespersonalvertretungsgesetz, 12. Aufl. 2012, § 72 Rn. 23; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Band V, K § 72 Rn. 19; Weber, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 4. Aufl. 2012 § 72 Rn. 51; Altvater, in: Altvater/Baden/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 7. Aufl. 2011, § 72 Rn. 17).
c) Eine Verwaltungsanordnung im Sinne von § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG muss eigenständige Gestaltungswirkung haben. Dieses Erfordernis versteht sich schon deswegen, weil sich der Mitwirkungskatalog - ebenso wie die Mitbestimmungskataloge - auf Maßnahmen der Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne beziehen (vgl. §§ 69, 72 BPersVG). Verwaltungsanordnungen müssen daher auf Veränderung des bestehenden Zustandes in Bezug auf Beschäftigungsverhältnis oder Arbeitsbedingungen gerichtet sein. Eine lediglich norminterpretierende Verwaltungsvorschrift ist daher keine mitwirkungsbedürftige Verwaltungsanordnung im Sinne von § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG (vgl. Beschluss vom 7. Februar 2012 a.a.O. Rn. 13 und Rn. 18 f.).
Ebenso liegt es, wenn eine nachgeordnete Dienststelle - etwa in Form einer eigenständigen Bekanntmachung - die Verwaltungsvorschrift einer übergeordneten Dienststelle lediglich wiederholt. Abweichendes gilt dagegen, wenn sie von der übergeordneten Dienststelle belassene Entscheidungsspielräume ausfüllt und damit die höherrangige Verwaltungsvorschrift konkretisiert. Andernfalls ergäbe sich eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Beteiligungslücke. Die übergeordnete Dienststelle ist befugt, gesetzlich oder tarifvertraglich nicht abschließend geregelte innerdienstliche Angelegenheiten für ihren Geschäftsbereich zu gestalten. Sie kann dies durch eine Verwaltungsvorschrift tun, die sich in ihrem Regelungsbereich abschließende Wirkung zumisst. In diesem Fall ist allein die bei ihr gebildete Stufenvertretung zur Beteiligung berufen (§ 82 Abs. 1 BPersVG). Wegen des abschließenden Charakters der Anordnung ist für eine zusätzliche Beteiligung von Personalvertretungen bei nachgeordneten Dienststellen kein Raum. Die übergeordnete Dienststelle kann aber auch eine Rahmenregelung treffen, die auf Ausfüllung im nachgeordneten Bereich angelegt ist. In diesem Fall ist die Stufenvertretung bei der Rahmenregelung und sind die örtlichen Personalräte bei der Konkretisierung zu beteiligen. Nur dann ist die Beteiligung in gleicher Weise effektiv wie im erstgenannten Fall.
Der Senatsbeschluss vom 2. Januar 1986 - BVerwG 6 P 16.82 - (Buchholz 238.31 § 80 BaWüPersVG Nr. 2) steht nicht entgegen. Wenn es dort heißt, die Konkretisierung bestehender dienstlicher Verpflichtungen berühre regelmäßig nicht die Rechtsstellung der Beschäftigten, so bezieht sich diese Bemerkung nach ihrem Kontext auf die Wahrnehmung des Amtsauftrages durch die Beschäftigten, im entschiedenen Fall die Durchführung von Zweitkorrekturen und die Anfertigung von Aufgabenvorschlägen im Abitur durch Gymnasiallehrer (Beschluss vom 2. Januar 1986 a.a.O. S. 3 f.). Darum geht es im vorliegenden Zusammenhang nicht, weil die Mitwirkung nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG von vornherein auf Verwaltungsanordnungen in innerdienstlichen Angelegenheiten begrenzt ist.
d) Der Senat hat in den zitierten aktuellen Entscheidungen zur Mitwirkung bei der Vorbereitung von Verwaltungsanordnungen nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG und vergleichbaren Bestimmungen in den Landespersonalvertretungsgesetzen Stellung genommen und dabei angeknüpft an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 1995 - 2 BvF 1/92 - (BVerfGE 93, 37 <68 ff.>) zur Einschränkung der Mitbestimmung im öffentlichen Dienst durch das demokratische Prinzip nach dem Maßstab von Schutzzweck- und Verantwortungsgrenze. Die vor dieser Entscheidung ergangene ältere Senatsrechtsprechung zur Mitwirkung bei Verwaltungsanordnungen, die zum Teil von einem abweichenden Verständnis der innerdienstlichen Maßnahme ausging, ist damit überholt.
2. In Anwendung der vorbezeichneten Grundsätze erweist sich die Anordnung des Beteiligten vom 10. November 2008 als mitwirkungsbedürftige Verwaltungsanordnung im Sinne von § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG (a)). Sie betrifft eine innerdienstliche Angelegenheit (b)) und hat eine eigenständige Gestaltungswirkung (c)).
a) Durch diese Anordnung hat der Beteiligte in Wahrnehmung der dem Bund als Dienstherr und Arbeitgeber zukommenden Aufgaben und Rechte eine Regelung gegenüber den Mitarbeitern des Stabes der Bundespolizeidirektion Pirna getroffen. Diese Aussage trifft auch auf die Zuständigkeitsregelung zu. Dadurch werden Rechte und Pflichten nicht nur für diejenigen Amtspersonen begründet, denen die Befugnis zur Genehmigung von Dienstreisen mit Dienstkraftfahrzeugen übertragen wird, sondern auch für alle von der Anordnung erfassten Beschäftigten, die ihre Anträge von eben diesen Amtspersonen genehmigen lassen müssen.
b) Durch die Anordnung wird eine innerdienstliche Angelegenheit der betroffenen Beschäftigten geregelt. Es handelt sich um eine verwaltungsinterne Entscheidung, durch welche die betroffenen Beschäftigten in ihren spezifischen Interessen der Beamten und Arbeitnehmer berührt werden. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Dienstkraftfahrzeuge für Dienstreisen benutzt werden dürfen, betrifft die Rechtsbeziehung zwischen den Beschäftigten und ihrem Dienstherrn bzw. Arbeitgeber. Aufgaben und Befugnisse der Bundespolizei nach dem Bundespolizeigesetz werden durch die Anordnung vom 10. November 2008 nicht geregelt.
Die Anordnung verliert ihren innerdienstlichen Charakter nicht dadurch, dass zwischen der Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen für Dienstreisen und der Erledigung des bundespolizeilichen Amtsauftrages ein Zusammenhang besteht (vgl. zur Rahmenweisung für das Führen von Dienstkraftfahrzeugen als Selbstfahrer im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung: Beschluss vom 19. Mai 2003 - BVerwG 6 P 16.02 - Buchholz 250 § 78 BPersVG Nr. 19 S. 4 f.). Der Bedeutung dieser Frage dafür, ob für polizeiliche Einsätze in hinreichendem Maße Dienstkraftfahrzeuge zur Verfügung stehen, ist durch das Letztentscheidungsrecht der obersten Dienstbehörde Rechnung getragen (§ 72 Abs. 4 Satz 2, § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG).
Allerdings ist der Dienststellenleiter befugt, beteiligungsfrei zu regeln, dass die der Dienstelle zur Verfügung stehenden Dienstfahrzeuge ausschließlich für polizeiliche Einsätze genutzt werden dürfen. In diesem Fall ist die vorgesehene Ressourcenverwendung Teil der polizeilichen Aufgabenerfüllung; spezifische Beschäftigteninteressen werden dabei nicht berührt. So liegt es hier jedoch nicht. Der Anordnung vom 10. November 2008 liegt zwar die Erwägung zu Grunde, dass die Dienstfahrzeuge vorrangig den polizeilichen Einsätzen dienen. Sie lässt jedoch Raum dafür, dass die Fahrzeuge - unter Beachtung jenes Grundsatzes und unter im Vergleich zur bisherigen Praxis deutlich einschränkenden Voraussetzungen - jedenfalls im Einzelfall noch der Nutzung für Dienstreisen zugänglich sind. So sollen Einzeldienstreisen mit günstiger Anbindung an das Streckennetz der Bahn "grundsätzlich" mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchgeführt werden; die Zielorte mit einer derartigen günstigen Anbindung werden nicht abschließend aufgezählt (Nr. 1 der Anordnung). Fiskalische Fahrten sollen "auf ein Minimum" reduziert werden (Nr. 2 der Anordnung). Polizeivollzugsbeamte sollen die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel in Uniform "verstärkt prüfen" (Nr. 3 der Anordnung). Für die Nutzung von Dienstfahrzeugen für Dienstreisen wird ein formularmäßiges Antragsverfahren eingeführt (Nr. 4 und Anl. 1 der Anordnung). Damit hat der Beteiligte insgesamt eine Regelung getroffen, die zwar einen deutlichen Aufgabenbezug aufweist, aber noch offen ist für die Berücksichtigung spezifischer Beschäftigteninteressen in Zusammenhang mit der ausnahmsweisen Nutzung der Fahrzeuge für Dienstreisen. Daran knüpft die Beteiligungspflicht an.
c) Die Anordnung vom 10. November 2008 hat eigenständige Gestaltungswirkung.
aa) Es handelt sich dabei nicht um eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift. Namentlich befasst sie sich nicht mit der Auslegung des Bundesreisekostengesetzes (BRKG) vom 26. Mai 2005, BGBl I S. 1418. Dieses regelt Art und Umfang der Reisekostenvergütung der Beamten des Bundes (§ 1 Abs. 1 BRKG). Für diese Zwecke definiert es Dienstreisen und schreibt vor, dass diese grundsätzlich angeordnet oder genehmigt werden müssen und nur durchgeführt werden sollen, wenn sie aus dienstlichen Gründen notwendig sind (§ 2 Abs. 1 BRKG). Es befasst sich nicht mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen Beschäftigte Dienstkraftfahrzeuge für Dienstreisen nutzen dürfen. Dies ist Gegenstand der Anordnung vom 10. November 2008.
bb) Diese wiederholt nicht lediglich die einschlägigen Bestimmungen der PDV 700, sondern konkretisiert diese mit eigenständiger Gestaltungswirkung.
In der PDV 700 heißt es:
"3. Kraftfahrbetrieb
3.1 Allgemeine Hinweise
3.1.1 Grundsätze
Dienstfahrzeuge (Kraftfahrzeuge und Anhänger) sind wichtige Einsatzmittel zur Erfüllung der der Bundespolizei gesetzlich übertragenen Aufgaben.
Dienstfahrzeuge dürfen im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben verwendet bzw. eingesetzt werden, wenn
- es die Auftrags- und Einsatzlage erfordert,
- die gegenüber der Benutzung anderer Verkehrsmittel entstehenden Mehrkosten zur Dringlichkeit des Dienstgeschäftes oder zur Zeitersparnis in einem vertretbaren Verhältnis stehen.
Die Nutzung des Einsatzmittels "Dienstfahrzeug" als Beförderungsmittel für Dienstreisen ist stets besonders zu prüfen. Dabei ist die Zweckgebundenheit der Haushaltsmittel zu beachten <§ 14 Bundeshaushaltsordnung (BHO)>.
...
3.1.2 Wirtschaftlicher Einsatz der Dienstfahrzeuge
Die Gebote und Prinzipien der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sind stets zu beachten ...
Der Einsatz von Dienstfahrzeugen ist straff zu koordinieren ...".
Nach den vorgenannten Bestimmungen der PDV 700 ist der Einsatz von Dienstfahrzeugen trotz dadurch entstehender Mehrkosten gerechtfertigt, wenn dies wegen Dringlichkeit des Dienstgeschäftes oder aus Gründen der Zeitersparnis vertretbar ist. Die offene, unbestimmte Begriffe verwendende Formulierung lässt Spielraum für die Verwaltungspraxis in den nachgeordneten Dienststellen. Namentlich der Begriff der "Vertretbarkeit" gibt zu erkennen, dass bei vergleichbaren Fällen unter Umständen Raum für verschiedene Lösungen bleibt. Dieser Entscheidungsspielraum wird durch die in der PDV 700 weiter betonten haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckgebundenheit nicht nachhaltig eingeschränkt.
Demgemäß lässt sich die Regelung in Nr. 1 der Anordnung des Beteiligten vom 10. November 2008 nicht zwingend aus den genannten Bestimmungen der PDV 700 herleiten. In Nr. 1 der Anordnung wird zugrunde gelegt, dass Einzeldienstreisen mit dem Dienstkraftfahrzeug zu den dort genannten Großstädten im Vergleich zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel Mehrkosten verursachen. Diese Annahme ergibt sich nicht aus der PDV 700. Ob sie zutrifft, ist vor Ort zu klären und kann daher Gegenstand der Verhandlungen zwischen Antragsteller und Beteiligtem sein. Dasselbe gilt für die Vertretbarkeitsfrage, für welche die PDV 700 lediglich den Rahmen bereitstellt, der durch gestaltende generelle Regelungen im nachgeordneten Bereich ausfüllbar ist. Demgemäß hat der Beteiligte in Nr. 1 seiner Anordnung entschieden, dass in den dort näher bezeichneten Fällen die Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen für Einzeldienstreisen grundsätzlich als nicht vertretbar anzusehen ist.
Einen vergleichbar konkretisierenden Charakter haben die weiteren Bestimmungen der Anordnung vom 10. November 2008. Nr. 3 der Anordnung drückt - über eine unverbindliche Empfehlung hinausgehend - die Erwartung aus, dass Polizeivollzugsbeamte verstärkt öffentliche Verkehrsmittel in Uniform nutzen, um damit beim Publikum ein verstärktes Sicherheitsgefühl auszulösen. Damit ist ein Aspekt angesprochen, welcher über die Vorgaben in den genannten Bestimmungen der PDV 700 hinausgeht. Dies stellt zugleich einen weiteren Beleg für die eigenständige Gestaltungswirkung der Anordnung dar.
Mit der in Nr. 4 sowie in Anlage 1 der Anordnung getroffenen Formularregelung hat der Beteiligte sein Verfahrensermessen ausgeübt, ohne dass die PDV 700 dazu eine zwingende Vorgabe enthält. Mit seiner Zuständigkeitsregelung zur Genehmigung von Dienstreisen mit Dienstkraftfahrzeugen hat der Beteiligte schließlich von seiner Übertragungsbefugnis in Nr. 2.1.1 der Verwaltungsvorschrift des Bundespolizeipräsidiums vom 7. April 2008 Gebrauch gemacht.
3. Da der Beteiligte somit das Mitwirkungsrecht des Antragstellers nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG verletzt hat, war dies durch gerichtliche Entscheidung auszusprechen. Da der Antragsteller einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Nachholung des Mitwirkungsverfahrens hat (vgl. Beschlüsse vom 11. Mai 2011 - BVerwG 6 P 4.10 - Buchholz 251.6 § 75 NdsPersVG Nr. 6 Rn. 36 sowie vom 14. Juni 2011 - BVerwG 6 P 10.10 - Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 17 Rn. 10 m.w.N), ist dem durch einen weiteren gerichtlichen Ausspruch Rechnung zu tragen.