Entscheidungsdatum: 21.06.2017
1. Art. 37 Abs. 1 Satz 2 des Einigungsvertrages (juris: EinigVtr) bildet eine selbständige Anspruchsgrundlage für die Nachdiplomierung, die auch auf Abschlüsse anwendbar ist, die erst nach der Wiedervereinigung erlangt worden sind (stRspr).
2. Ein Fachschulabschluss als Ökonomin, der mit einem Abschluss an einer Vorläufereinrichtung von Fachhochschulen in den alten Bundesländern gleichwertig ist, umfasst nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 des Einigungsvertrages bei mindestens dreijähriger einschlägiger Berufstätigkeit die Berechtigung, die staatliche Bezeichnung Diplombetriebswirtin (FH) zu führen. Dies gilt auch für nach dem 31. Dezember 1990 erlangte Abschlüsse.
Die Klägerin begehrt die Neubescheidung des Antrags, ihr unter Rücknahme eines bestandskräftigen Ablehnungsbescheides die staatliche Bezeichnung Diplombetriebswirtin (FH) auf der Grundlage des Einigungsvertrages (EV) zuzuerkennen.
Die Klägerin begann im September 1986 neben ihrer Tätigkeit als "Mitarbeiterin Arbeitsökonomie" im VEB Gießereimaschinenbau B. ein Fernstudium in der Fachrichtung Finanzwirtschaft an der Fachschule für Finanzwirtschaft G., das sie Anfang 1991 abschloss. Das Abschlusszeugnis berechtigt sie zur Führung der Berufsbezeichnung Ökonom. Von März 1992 bis Juni 1995 betrieb die Klägerin eine Tankstelle als selbständige Pächterin. Seit August 1995 betreibt sie zwei Tankstellen, die seit der Umwandlung dieser Betriebe in eine GmbH im Jahr 1996 von ihr als Geschäftsführerin geleitet werden.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 31. August 1994 bescheinigte der Beklagte der Klägerin die Niveaugleichheit ihres Abschlusses mit einem entsprechenden Abschluss an Vorläufereinrichtungen der Fachhochschulen. Die Verleihung des Diplomgrades mit dem Zusatz Fachhochschule (FH) lehnte er ab, da eine Gleichwertigkeit nicht habe festgestellt werden können. Unter Aufhebung dieses Bescheides stellte der Beklagte mit Bescheid vom 26. Februar 1999 die Gleichwertigkeit des Abschlusses der Klägerin mit einem Abschluss an einer Vorläufereinrichtung von Fachhochschulen in dem Teil der Bundesrepublik Deutschland fest, in dem das Grundgesetz bereits vor dem 3. Oktober 1990 galt (Ziff. 1 des Bescheides). Den Antrag auf Verleihung des Diplomgrades mit dem Zusatz Fachhochschule (FH) lehnte der Beklagte erneut ab (Ziff. 2 des Bescheides). Die hiergegen erhobene Klage nahm die Klägerin zurück.
Mit Schreiben vom 18. Juli 2011 beantragte die Klägerin, ihr den Diplomgrad mit dem Zusatz Fachhochschule (FH) zu verleihen, hilfsweise das Verwaltungsverfahren wiederaufzugreifen und Ziff. 2 des Bescheides vom 26. Februar 1999 nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens aufzuheben sowie ihr den Diplomgrad mit dem Zusatz Fachhochschule (FH) zu verleihen. Der Beklagte lehnte den Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens mit Bescheid vom 13. September 2011 ab. Der Antrag sei unzulässig, weil sich die dem unanfechtbaren Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nicht nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert habe und keine neuen Beweismittel oder Wiederaufnahmegründe vorlägen. Der Antrag sei auch unbegründet, denn es bestehe kein Anspruch auf der Grundlage des § 110 des Thüringer Hochschulgesetzes (ThürHG).
Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat auf die - von ihm in Bezug auf den höchst hilfsweise gestellten Klageantrag zugelassene - Berufung der Klägerin das Urteil des Verwaltungsgerichts teilweise abgeändert und den Beklagten verpflichtet, den Antrag der Klägerin vom 18. Juli 2011 auf Rücknahme von Ziff. 2 des Bescheides vom 26. Februar 1999 und die Zuerkennung der staatlichen Bezeichnung Diplombetriebswirtin (FH) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden. Die Klägerin könne gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG verlangen, dass der Beklagte ermessensfehlerfrei über die Rücknahme der Ziff. 2 des Bescheides vom 26. Februar 1999 entscheidet. Der Bescheid sei insoweit rechtswidrig. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Nachdiplomierung. Dieser ergebe sich zwar nicht aus § 110 Abs. 1 ThürHG, weil der Abschluss nicht spätestens am 31. Dezember 1990 erlangt worden sei. Der Anspruch auf Zuerkennung der staatlichen Bezeichnung Diplombetriebswirtin (FH) folge jedoch unmittelbar aus Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV. Die als Bundesrecht gemäß Art. 45 Abs. 2 EV fortgeltende Regelung erfasse die Frage der Nachdiplomierung und betreffe auch Abschlüsse, die erst nach der Wiedervereinigung erlangt worden seien. Der Fachschulabschluss der Klägerin als Ökonomin sei - wie mit Bescheid vom 26. Februar 1999 verbindlich festgestellt - gleichwertig mit einem Abschluss an einer Vorläufereinrichtung von Fachhochschulen in den alten Bundesländern. Er verleihe damit auch die gleichen Berechtigungen wie ein Abschluss an einer solchen Vorläufereinrichtung. Dies sei in Verbindung mit der von der Klägerin ausgeübten Berufstätigkeit der Abschluss einer Betriebswirtin (FH) und umfasse auch die entsprechende Bezeichnung. Ob ein im Beitrittsgebiet erlangter Abschluss im Sinne des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV gleichwertig mit einem Abschluss in den alten Bundesländern sei und welche Berechtigungen er dort verleihe, sei gerichtlich vollständig überprüfbar. Der Kultusministerkonferenz bzw. den Landesgesetzgebern sei insoweit kein Gestaltungsauftrag eingeräumt worden. Die Stichtagsregelung verkürze den in Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV verankerten Anspruch auf Nachdiplomierung, weil sie die anerkannte Qualifizierungsmöglichkeit durch eine mehrjährige einschlägige Berufstätigkeit, die eine gleichwertige Befähigung schaffe, für erst nach 1991 erlangte Abschlüsse ausschließe. Diese Schlechterstellung gegenüber Absolventen, denen die Beendigung ihrer Ausbildung vor dem 3. Oktober 1990 bzw. dem 1. Januar 1991 möglich gewesen sei, hätten die vertragschließenden Parteien nicht gewollt. Eine einschlägige mehrjährige Berufstätigkeit könne die Klägerin nachweisen, da sie seit 1995 zwei Tankstellen selbständig betrieben habe.
Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Änderung des Berufungsurteils und die Zurückweisung der Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil. Er macht geltend, eine Nachdiplomierung sei nur unter Berücksichtigung der einschlägigen Beschlüsse der Kultusministerkonferenz sowie der Vorschriften des Thüringer Hochschulgesetzes möglich. Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV enthalte zur Frage der Nachdiplomierung keine Regelung und stehe der Möglichkeit, zeitliche Beschränkungen einzuführen, nicht entgegen. Die Stichtagsregelung sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Art. 3 GG sei nicht anwendbar, da sich der vor dem 31. Dezember 1990 erworbene Abschluss ohne Zusatzstudium qualitativ von einem solchen Abschluss mit Zusatzstudium unterscheide, der einem Abschluss an einer Fachhochschule gleichwertig sei. Jedenfalls lägen sachliche Gründe vor, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigten. Spätestens Ende 1990 habe festgestanden, dass die Fach- und Ingenieurschulen der ehemaligen DDR keiner Ausbildung der Bundesrepublik entsprächen und nicht fortgeführt würden, so dass eine Umorientierung auf das Ausbildungsangebot der Bundesrepublik möglich und zumutbar gewesen sei.
Die Klägerin verteidigt das Berufungsurteil.
Die Revision des Beklagten ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil beruht nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO). Das Berufungsgericht hat den Beklagten zu Recht verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Rücknahme von Ziff. 2 des Bescheides vom 26. Februar 1999 und die Zuerkennung der staatlichen Bezeichnung Diplombetriebswirtin (FH) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Das Oberverwaltungsgericht hat die Verpflichtung des Beklagten, ermessensfehlerfrei über die Teilrücknahme des bestandskräftigen Ablehnungsbescheides vom 26. Februar 1999 zu entscheiden, aus § 48 Abs. 1 Satz 1 des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes (ThürVwVfG) hergeleitet. Die dieser Annahme zugrunde liegende Auslegung und Anwendung der Vorschriften des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes, die insoweit mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes (VwVfG) wörtlich übereinstimmen und deshalb gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO dem revisiblen Recht angehören, weist keine Rechtsfehler auf. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Behörde - auch wenn, wie hier, die in § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG normierten Voraussetzungen nicht vorliegen - ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen wiederaufgreifen und eine neue, der gerichtlichen Überprüfung zugängliche Sachentscheidung treffen (sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne). Diese Möglichkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48 und 49 VwVfG und den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen (BVerwG, Urteile vom 7. September 1999 - 1 C 6.99 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 20 S. 16, vom 21. März 2000 - 9 C 41.99 - BVerwGE 111, 77 <82> und vom 22. Oktober 2009 - 1 C 15.08 - BVerwGE 135, 121 Rn. 24). Hinsichtlich dieser behördlichen Ermächtigung zum Wiederaufgreifen des Verfahrens im weiteren Sinne, welche die Korrektur inhaltlich unrichtiger Entscheidungen ermöglicht, besteht für den Betroffenen ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung (BVerwG, Urteil vom 21. März 2000 - 9 C 41.99 - BVerwGE 111, 77 <82>; BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. September 2007 - 2 BvR 1613/07 - NVwZ 2008, 418 <419>).
2. Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das Oberverwaltungsgericht in Bezug auf Ziff. 2 des Bescheides vom 26. Februar 1999 das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG bejaht. Der ablehnende Teil des bestandskräftigen Bescheides ist rechtswidrig, weil die Klägerin einen bundesrechtlich geregelten Anspruch auf die Zuerkennung der staatlichen Bezeichnung Diplombetriebswirtin (FH) hat. Art. 37 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag - EV) vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889) bildet eine selbständige Anspruchsgrundlage für die Nachdiplomierung (a), die auch auf Abschlüsse anwendbar ist, die erst nach der Wiedervereinigung erlangt worden sind (b). Im Wege der Auslegung kann der Vorschrift entnommen werden, dass ein Fachschulabschluss als Ökonomin, der mit einem Abschluss an einer Vorläufereinrichtung von Fachhochschulen in den alten Bundesländern gleichwertig ist, unabhängig vom Zeitpunkt des Abschlusses bei mindestens dreijähriger einschlägiger Berufstätigkeit die Berechtigung umfasst, die staatliche Bezeichnung Diplombetriebswirtin (FH) zu führen (c), und dass insoweit auch eine unternehmerische Tätigkeit wie der Betrieb von Tankstellen als einschlägige Berufstätigkeit in Betracht kommt (d).
a) Das Oberverwaltungsgericht hat Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV ohne Rechtsfehler als selbständige Anspruchsgrundlage für die Nachdiplomierung herangezogen. Der Versuch der Revision, diesen rechtlichen Ausgangspunkt des Berufungsurteils in Frage zu stellen, kann keinen Erfolg haben. Nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV stehen im Beitrittsgebiet oder in den anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland abgelegte Prüfungen oder erworbene Befähigungsnachweise einander gleich und verleihen die gleichen Berechtigungen, wenn sie gleichwertig sind. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist diese Regelung, die gemäß Art. 45 Abs. 2 EV als Bundesrecht fortgilt, unmittelbar als Anspruchsgrundlage für jeglichen Anspruch auf Nachdiplomierung heranzuziehen (BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 1997 - 6 C 10.97 - BVerwGE 106, 24 <39, 43> und vom 23. November 2005 - 6 C 19.04 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 162 Rn. 13 ff.). Dies folgt nicht nur aus dem klaren Wortlaut der Regelung ("und verleihen die gleichen Berechtigungen"), sondern vor allem aus ihrem Regelungszweck.
In dem Grundsatzurteil vom 10. Dezember 1997 hat der Senat in diesem Zusammenhang hervorgehoben, dass bei der Auslegung von Art. 37 EV als einer mit einem Staatsvertrag geschaffenen Regelung die beiderseitige Interessenlage zu berücksichtigen sei. Die Vertragschließenden hätten vor der Aufgabe gestanden, mit den Regelungen des Einigungsvertrages die Zusammenführung der Bevölkerung der alten Bundesländer und der Bevölkerung des Beitrittsgebiets in dem nunmehr gemeinsamen Staats- und Wirtschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland für die Zukunft anzubahnen und dafür Mittel und Wege bereitzustellen. Gleichzeitig sei es bei den für diesen Bereich getroffenen Regelungen auch darum gegangen, negative wirtschaftliche und berufliche Folgen des Zusammenbruchs des Staats- und Wirtschaftssystems der ehemaligen DDR für die Berufstätigen - soweit notwendig und möglich - zu begrenzen. Für die Vertragschließenden sei absehbar gewesen, dass der Beitritt zu einem marktwirtschaftlich - im Sinne der sozialen Marktwirtschaft - orientierten Staatssystem für eine große Zahl von Menschen der ehemaligen DDR zwangsläufig und in vielfältiger Hinsicht berufliche Neuorientierungen erfordern würde. Dies habe alle Altersschichten betroffen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Berufsanfänger oder um Berufstätige mit jahre- oder gar jahrzehntelanger Berufserfahrung in ihrem Fach gehandelt habe. Bei Abschluss des Einigungsvertrages sei ebenso absehbar gewesen, dass diese Vielschichtigkeit und die Dimension des Neuanfangs sich in einer hohen Zahl beruflich motivierter Abwanderungen aus dem Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer niederschlagen und außerdem die Gefahr einer hohen Arbeitslosenquote im Beitrittsgebiet mit sich bringen würden. Entsprechend vielgestaltig hätten die Wirkungen der in Art. 37 Abs. 1 Sätze 2 und 3 EV vorgesehenen Anerkennungsentscheidung sein müssen. Für viele, insbesondere für die älteren Menschen sei es um einen Wettbewerb mit ungleichen Startchancen gegangen. Die Anerkennung habe daher mehr bewirken müssen als nur die optimale "Einpassung" der in der ehemaligen DDR erworbenen Abschlüsse in das gestufte System der bundesdeutschen Bildungs- und Ausbildungslandschaft zwecks Herstellung einer nur formalen Chancengleichheit im beruflichen Wettbewerb. Ein solcher - diese Anforderung missachtender - Vertragswille sei dem Einigungsvertrag nicht zu entnehmen und auch den Vertragschließenden nicht zu unterstellen. Erst recht sei der Einigungsvertrag nicht auf einen mittelbaren Zwang zur - vorhergehenden - Nachholung von Bildungsabschlüssen für den erst anschließend aufzunehmenden Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt angelegt gewesen; denn es hätten unübersehbar in großer Zahl fortgeschrittene berufliche Lebensläufe auf dem Spiel gestanden, die aus den genannten Gründen unversehens in Frage gestellt gewesen seien. Hier seien die systembedingten Nachteile beim Start in den Wettbewerb soweit irgend vertretbar auszugleichen gewesen.
Das Revisionsvorbringen zeigt keine Gesichtspunkte auf, die dem Senat Anlass geben könnten, von diesen Erwägungen abzurücken und seine gefestigte Rechtsprechung aufzugeben. Das systematische Verhältnis zu Art. 37 Abs. 6 Satz 2 EV, auf das der Beklagte seinen abweichenden Standpunkt in erster Linie stützt, ist im vorliegenden Zusammenhang unergiebig. Nach der genannten Vorschrift sind im Rahmen der Kultusministerkonferenz weitergehende Grundsätze und Verfahren für die Anerkennung von Fachschul- und Hochschulabschlüssen für darauf aufbauende Schul- und Hochschulausbildungen zu entwickeln. Ein derartiger Ausgestaltungsauftrag ist indes weder dem Wortlaut des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV zu entnehmen noch ergibt er sich aus dem Normzweck. Bei der in Art. 37 Abs. 1 EV geregelten Gleichstellung in der DDR erworbener schulischer, beruflicher oder akademischer Abschlüsse geht es nicht - wie im Rahmen des Art. 37 Abs. 6 EV - um eine umfassende Bewertung, ob die für eine konkrete wissenschaftliche Weiterqualifizierung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vorliegen, sondern lediglich um die Feststellung der "Niveaugleichheit" der fraglichen Abschlüsse, die in erster Linie die formelle und funktionelle Gleichheit der Ausbildung und inhaltlich eine fachliche Annäherung voraussetzt (BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 1997 - 6 C 10.97 - BVerwGE 106, 24 <29> und vom 19. März 1998 - 2 C 2.97 - BVerwGE 106, 253 <258>). Die dieser Feststellung zugrunde liegende Prüfung ist deshalb einfacher strukturiert und weniger von prognostischen Elementen geprägt als die im Rahmen des Art. 37 Abs. 6 EV erforderliche Prüfung der Einpassung konkreter Ausbildungsinhalte in das nach der Wiedervereinigung vorhandene Bildungssystem. Zudem berührt die Zuerkennung eines Abschlusses als staatliche Bezeichnung die Hochschulautonomie weniger stark als die Regelung von Zugangsvoraussetzungen für ein Hochschulstudium. Der Hinweis des Beklagten auf die "Gesetzesbegründung" geht ebenfalls ins Leere. Der Begründung des Art. 37 EV in der Denkschrift zum Einigungsvertrag (BT-Drs. 11/7760 S. 355 <374 f.>) ist im vorliegenden Zusammenhang lediglich die allgemein gehaltene Aussage zu entnehmen, dass "[d]ie Vereinigung der beiden Staaten in Deutschland (...) auch Regelungen erforderlich [macht], die Freizügigkeit und Durchlässigkeit zwischen Bildungssystemen und Bildungsgängen ermöglichen, die Mobilität in jeder Richtung fördern und die Gleichheit der Lebensverhältnisse auf längere Sicht garantieren", dies "in ganz besonderem Maße die gegenseitige Anerkennung und Gleichstellung von Abschlüssen und Befähigungsnachweisen" voraussetzt und Art. 37 "die dazu notwendigen Regelungen" vorsieht. Bei der Frage, inwieweit diese Regelungen auf eine weitere Ausgestaltung durch die Länder angelegt sind, helfen die Ausführungen in der Denkschrift offensichtlich nicht weiter.
b) Die weitere Annahme des Oberverwaltungsgerichts, Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV beschränke die Gleichstellung gleichwertiger Abschlüsse und die Verleihung gleicher Berechtigungen nicht auf bei Untergang der DDR bereits abgeschlossene Sachverhalte, sondern betreffe auch Abschlüsse, die erst nach der Wiedervereinigung erlangt worden sind, weist ebenfalls keine Rechtsfehler auf.
Der Senat hat zwar bisher offengelassen, ob Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV in Fällen, in denen die fragliche Ausbildung im Beitrittsgebiet zwar vor dem 3. Oktober 1990 begonnen, aber erst danach beendet wurde, direkt anwendbar ist. Hierfür spricht indes bereits, dass der Wortlaut der Vorschrift lediglich darauf abstellt, dass Prüfungen oder Befähigungsnachweise "[i]n dem in Artikel 3 genannten Gebiet" abgelegt bzw. erworben worden sind und diese Bezeichnung in zeitlicher Hinsicht offen ist (BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 1999 - 6 B 68.99 - juris Rn. 3). Auf der Grundlage teleologischer Erwägungen hat der Senat in diesen Fällen unabhängig davon jedenfalls eine entsprechende Anwendung des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV bejaht (BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 1999 - 6 B 68.99 - juris Rn. 4): Die mit der Regelung in Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV verfolgte Absicht komme auch dann zum Zuge, wenn eine im Beitrittsgebiet begonnene Ausbildung erst nach dem 3. Oktober 1990 beendet wurde (vgl. auch bereits BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1997 - 6 C 6.97 - juris Rn. 16, insoweit nicht wiedergegeben in Buchholz 111 Art. 37 EV Nr. 3). Auch auf diejenigen Menschen im Beitrittsgebiet, die vor der deutschen Vereinigung eine Ausbildung aufgenommen gehabt hätten, träfen die Erwägungen zu, die in der Denkschrift zum Einigungsvertrag insoweit angeführt worden seien. Auch sie hätten sich in einer Situation befunden, wie sie der Senat in seiner Grundsatzentscheidung zu Art. 37 EV (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1997 - 6 C 10.97 - BVerwGE 106, 24 <29 ff.>) beschrieben habe. Hieran ist festzuhalten. Die spezifische Schutzbedürftigkeit ist gerade in einem Fall wie demjenigen der Klägerin offensichtlich, in dem die Ausbildung am 3. Oktober 1990 bis auf einen nur noch unwesentlichen Teil beendet war (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 1999 - 6 B 68.99 - juris Rn. 3).
c) Das Oberverwaltungsgericht hat der Regelung des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV ohne Rechtsfehler im Wege der Auslegung entnommen, dass ein Fachschulabschluss, der mit einem Abschluss an einer Vorläufereinrichtung von Fachhochschulen in den alten Bundesländern gleichwertig ist, bei mindestens dreijähriger einschlägiger Berufstätigkeit die Berechtigung umfasst, den Diplomgrad mit dem Zusatz "Fachhochschule" ("FH") als staatliche Bezeichnung zu führen, und dass dies unabhängig davon gilt, ob der Abschluss vor oder nach dem 31. Dezember 1990 erlangt worden ist. Die einschlägigen Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder können insoweit zwar grundsätzlich als Auslegungshilfe herangezogen werden (1); mangels Vereinbarkeit mit dem Normzweck des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV gilt dies jedoch nicht in Bezug auf die von der Kultusministerkonferenz getroffene Stichtagsregelung, nach der in den Fällen der Fach- und Ingenieurschulabschlüsse weitergehende Voraussetzungen für die Nachdiplomierung bestehen, wenn der entsprechende Abschluss nach dem 31. Dezember 1990 erlangt worden ist (2).
(1) Bei der Auslegung des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV kann der Senat die zur Feststellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen (Hochschulabschlüsse, Abschlüsse kirchlicher Ausbildungseinrichtungen, Fach- und Ingenieurschulabschlüsse) im Sinne des Art. 37 Abs. 1 des Einigungsvertrages ergangenen Beschlüsse der Kultusministerkonferenz vom 11. Oktober 1991 in der Fassung vom 18. April 1997, geändert durch den Beschluss vom 24. April 1998 in der Fassung vom 30. Juni 2000, sowie vom 7. Mai 1993 in der Fassung vom 9. März 2001 (in: Sammlung der Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, Nr. 1965.1, Nr. 1965.1.1 und Nr. 438) grundsätzlich als Auslegungshilfe heranziehen. Der Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 11. Oktober 1991 enthält in Abschnitt IV. Regelungen zu den Fach- und Ingenieurschulabschlüssen. Danach werden für die Feststellung der Gleichwertigkeit gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 3 EV die in der Anlage IV aufgeführten Fach- und Ingenieurschulabschlüsse wie die entsprechenden Abschlüsse an Vorläufereinrichtungen der Fachhochschulen (Ingenieurschulen und Höhere Fachschulen) bewertet (Ziff. 1). Die in Anlage IV aufgeführten Fach- und Ingenieurschulabschlüsse werden wie Fachhochschulabschlüsse bewertet, wenn der Inhaber des Abschlusses eine mindestens einjährige, evtl. auch berufsbegleitende Zusatzausbildung absolviert und damit die dem Fachhochschulabschluss entsprechende Qualifikation erworben hat (Ziff. 2). Bei Abschlüssen, die vor 1991 erworben wurden, wird im Wege der Nachdiplomierung der Diplomgrad mit dem Zusatz "Fachhochschule" ("FH") zuerkannt, wenn eine mindestens dreijährige einschlägige Berufstätigkeit nachgewiesen wird. Das Nähere regelt der zuständige Landesminister (Ziff. 3).
Wegen ihres Charakters als sachverständige Äußerungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 1998 - 5 C 31.97 - Buchholz 436.36 § 46 BAföG Nr. 19 S. 10) können den genannten Beschlüssen der Kultusministerkonferenz vor allem auch dann, wenn Bezugspunkt der Gleichwertigkeitsfeststellung solche Abschlüsse sind, für die auch in den alten Bundesländern insoweit keine einheitlichen Regelungen bestanden, Anhaltspunkte dafür entnommen werden, welche weiteren Voraussetzungen für die in Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV geregelte Nachdiplomierung gegebenenfalls erfüllt sein müssen. Derartiger Konkretisierungsbedarf besteht insbesondere in den Fällen der Fachschulabschlüsse: Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Abschlüsse an den Fach- bzw. Ingenieurschulen der DDR grundsätzlich mit den Abschlüssen an den Vorläufereinrichtungen der Fachhochschulen in den alten Bundesländern gleichwertig sind, aber keine Gleichwertigkeit mit einem Hochschulabschluss besteht. Dass sich die Gleichwertigkeitsfeststellung nur auf die Vorläufereinrichtungen der Fachhochschulen und nicht auf die Fachhochschulen selbst bezieht, ist im Übrigen auch in der Rechtsprechung des Senats geklärt (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1997 - 6 C 10.97 - BVerwGE 106, 24 <38>). Der Abschluss an einer Vorläufereinrichtung von Fachhochschulen in den alten Bundesländern berechtigte indes nicht ohne weiteres zur Führung des Diplomgrades. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Hochschulrahmengesetzes (HRG) in der am 3. Oktober 1990 geltenden (und insoweit bis heute unveränderten) Fassung wird der Diplomgrad mit dem Zusatz "Fachhochschule" ("FH") aufgrund der Hochschulprüfung, mit der ein berufsqualifizierender Abschluss erworben wird, an Fachhochschulen oder in Fachhochschulstudiengängen anderer Hochschulen verliehen. Da es sich bei dem Abschluss an einer Vorläufereinrichtung von Fachhochschulen nicht um einen berufsqualifizierenden Abschluss eines Studiengangs handelt (vgl. § 10 Abs. 1 HRG), konnte den Absolventen einer Vorgängereinrichtung von Fachhochschulen der Diplomgrad mit dem Zusatz Fachhochschule nicht verliehen, sondern lediglich als staatliche Bezeichnung behördlich zuerkannt werden.
Diese so genannte Nachdiplomierung war in den Ländern unterschiedlich geregelt. Zum Teil wurde sie an zusätzliche tatbestandliche Voraussetzungen geknüpft. So sah etwa Art. 131 Abs. 2 des Bayerischen Hochschulgesetzes (BayHSchG) in der zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1988 (GVBl S. 399) vor, dass Personen, die vor dem 1. August 1971 eine Ingenieurschule oder eine gleichrangige Bildungseinrichtung, die in den Fachhochschulbereich einbezogen wurde, erfolgreich abgeschlossen hatten und nach den bisher gültigen Bestimmungen in Bayern graduiert werden konnten, auf Antrag an Stelle der Graduierungsbezeichnung der Diplomgrad nach Art. 86 Abs. 1 Satz 1 BayHSchG als staatliche Bezeichnung verliehen wird, wenn sie eine mindestens fünfjährige Tätigkeit in einem der jeweiligen Abschlussprüfung entsprechenden Beruf durch geeignete Unterlagen, in Zweifelsfällen durch ein Fachgespräch, nachweisen. Eine hiervon abweichende Regelung enthielt z.B. § 99 Abs. 2 des Gesetzes über die Fachhochschulen im Lande Baden-Württemberg (Fachhochschulgesetz - FHG) in der Fassung vom 30. Oktober 1987 (GBl. S. 597). Danach wird Personen, die nach einem erfolgreich abgeschlossenen Studium an einer Vorgängereinrichtung der Fachhochschulen in Baden-Württemberg graduiert wurden oder die Voraussetzungen für die Graduierung in Baden-Württemberg erfüllen, auf Antrag ein dem § 40 entsprechendes Diplom als staatliche Bezeichnung verliehen. Diese unterschiedlichen landesrechtlichen Regelungsansätze bei der Nachdiplomierung der Absolventen von Vorgängereinrichtungen der Fachhochschulen stehen der Annahme entgegen, dass die Berechtigung zur Führung des Diplomgrades bereits unmittelbar aus der auf Art. 37 Abs. 1 EV gestützten Feststellung der Gleichwertigkeit eines im Beitrittsgebiet erlangten Abschlusses mit einem Abschluss an einer Vorläufereinrichtung von Fachhochschulen folgt. Vielmehr bedarf es insoweit einer rechtlichen Konkretisierung der Voraussetzungen, die Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV für die Nachdiplomierung fordert.
Vor diesem Hintergrund sollen die in den genannten Beschlüssen der Kultusministerkonferenz enthaltenen Vorgaben die durch Art. 3 Abs. 1 GG gebotene gleichmäßige Anwendung des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV im gesamten Bundesgebiet sichern. In Bezug auf die zur Umsetzung dieser Beschlüsse im Land Brandenburg ergangene Verwaltungsvorschrift hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 10. Dezember 1997 - 6 C 10.97 - (BVerwGE 106, 24) hervorgehoben, dass insbesondere die in dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10./11. Oktober 1991 enthaltene Regelung, dass denjenigen, die in der ehemaligen DDR einen der bezeichneten und damit gleichgestellten Fach- oder Ingenieurschulabschlüsse bis zum 31. Dezember 1990 erworben haben, die Berechtigung zur Führung des Diplomgrades mit dem Zusatz "Fachhochschule" ("FH") zuerkannt wird, sofern die Bewerber mindestens drei Jahre einschlägig berufstätig waren, eine im Grundsatz zutreffende Interpretation der Regelung des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV darstellt, auf deren Grundlage zu prüfen ist, ob ein Anspruch auf Nachdiplomierung besteht (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1997 - 6 C 10.97 - BVerwGE 106, 24 <39 f.>).
(2) Soweit die einschlägigen Beschlüsse der Kultusministerkonferenz für die Nachdiplomierung eine Stichtagsregelung vorsehen, nach der in den Fällen der Fach- und Ingenieurschulabschlüsse weitergehende Voraussetzungen für die Nachdiplomierung bestehen, wenn der entsprechende Abschluss nach dem 31. Dezember 1990 erlangt worden ist, verfehlen sie jedoch den Normzweck des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV und können deshalb nicht als Auslegungshilfe herangezogen werden.
Die Bestimmung des Inhalts des in Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffs "gleichwertig" unterliegt der vollständigen gerichtlichen Nachprüfung, die nicht durch einen behördlichen Beurteilungsspielraum eingeschränkt wird. Die Verwaltungsgerichte sind danach befugt, den Begriff "gleichwertig" anders auszufüllen, als dies in den genannten Beschlüssen der Kultusministerkonferenz zum Ausdruck gekommen ist. Auch dies hat der Senat bereits in dem Grundsatzurteil vom 10. Dezember 1997 - 6 C 10.97 - (BVerwGE 106, 24 <29>) geklärt. Für den unbestimmten Rechtsbegriff der "gleichen Berechtigung" in Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV gilt dies entsprechend. Ob sich die in dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 11. Oktober 1991 in der Fassung vom 18. April 1997 vorgenommene Differenzierung zwischen Abschlüssen, die vor 1991 erworben wurden, und später erworbenen Abschlüssen noch im Rahmen einer zutreffenden Interpretation des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV hält, musste der Senat bisher nicht prüfen; denn in dem Fall, der dem Urteil vom 10. Dezember 1997 zugrunde lag, stand fest, dass die Klägerin den Abschluss vor dem 31. Dezember 1990 erworben hatte.
Das Oberverwaltungsgericht hat diese Frage mit der Begründung verneint, die in den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz getroffene Stichtagsregelung führe zu einer "Verkürzung" des in Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV verankerten Anspruchs auf Nachdiplomierung, weil sie die anerkannte Qualifizierungsmöglichkeit durch eine mehrjährige einschlägige Berufstätigkeit, die eine gleichwertige Befähigung schafft, für erst nach 1991 erlangte Abschlüsse ausschließe. Diese Annahme stützt sich auf ein zutreffendes Verständnis des Normzwecks des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV und steht im Einklang mit den dargelegten Grundsätzen der Rechtsprechung des Senats. Danach kommt unabhängig davon, zu welchem konkreten Zeitpunkt eine vor dem 3. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet begonnene Ausbildung beendet wurde, die mit der Regelung in Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV verfolgte Absicht der Vertragschließenden zum Zuge (BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 1999 - 6 B 68.99 - juris Rn. 4; vgl. auch Urteil vom 10. Dezember 1997 - 6 C 6.97 - juris Rn. 16). Diese Absicht bestand - wie ausgeführt - im Wesentlichen darin, nicht lediglich eine formale Chancengleichheit durch die optimale "Einpassung" der in der ehemaligen DDR erworbenen Abschlüsse in das gestufte System der bundesdeutschen Bildungs- und Ausbildungslandschaft herzustellen, sondern einen praktisch möglichst wirksamen Ausgleich der negativen wirtschaftlichen und beruflichen Folgen des Zusammenbruchs des Staats- und Wirtschaftssystems der ehemaligen DDR für die Berufstätigen zu schaffen (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1997 - 6 C 10.97 - BVerwGE 106, 24 <29 ff.>). Ist die Ausbildung an einer Fach- oder Ingenieurschule noch vor dem 3. Oktober 1990 aufgenommen worden und die Regelung des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV deshalb zumindest entsprechend anwendbar, dürfen ohne sachlichen Grund keine unterschiedlichen Anforderungen an die für die Zuerkennung des Diplomgrades geforderte Zusatzqualifikation gestellt werden, je nachdem, ob der Abschluss an einer Fach- oder Ingenieurschule vor oder nach dem 31. Dezember 1990 erworben wurde. Denn das Problem der - zumindest partiellen - Entwertung der angestrebten berufsqualifizierenden Abschlüsse und der damit verbundenen Enttäuschung grundsätzlich schutzwürdigen Vertrauens stellt sich grundsätzlich in allen Fällen, in denen eine Ausbildung an einer Fach- oder Ingenieurschule noch in der DDR begonnen worden war.
Ein hinreichender sachlicher Grund dafür, die in den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz grundsätzlich anerkannte Qualifizierungsmöglichkeit durch eine mehrjährige einschlägige Berufstätigkeit bei Abschlüssen auszuschließen, die erst nach dem 31. Dezember 1990 erlangt worden sind, ist indes nicht erkennbar. Soweit der Beklagte darauf hinweist, dass spätestens Ende 1990 festgestanden habe, dass die Fach- und Ingenieurschulen der ehemaligen DDR keiner Ausbildung der Bundesrepublik entsprächen und nicht fortgeführt würden, so dass eine Umorientierung auf das Ausbildungsangebot der Bundesrepublik möglich und zumutbar gewesen sei, wird dies dem dargelegten Regelungsgehalt des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV nicht gerecht. Selbst wenn eine "Umorientierung" auf das Ausbildungsangebot in den alten Bundesländern theoretisch möglich gewesen wäre, hätte der mittelbare Zwang, vor Aufnahme des Wettbewerbs auf dem gemeinsamen Arbeitsmarkt die dem Bildungs- und Ausbildungssystem der alten Bundesländer entsprechenden Bildungsabschlüsse nachzuholen, bei den Betroffenen zu einer partiellen Entwertung ihrer in der ehemaligen DDR bereits begonnenen Ausbildung sowie zu unverschuldeten Verzögerungen beim Start in den beruflichen Wettbewerb geführt. Eine derartige Verschlechterung der Startchancen der Absolventen der Fach- und Ingenieurschulen in der ehemaligen DDR auf dem gemeinsamen Arbeitsmarkt wäre jedoch dem von den Vertragschließenden mit Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV bezweckten Ausgleich systembedingter Nachteile der Bevölkerung des Beitrittsgebiets zuwidergelaufen.
Die Stichtagsregelung steht im Übrigen auch in einem Wertungswiderspruch zu der einschränkungslos formulierten Aussage unter IV. des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 11. Oktober 1991 in der Fassung vom 18. April 1997, dass der Diplomgrad mit dem Zusatz "Fachhochschule" ("FH") aufgrund einer einschlägigen Berufstätigkeit zuerkannt werden könne und dabei im Hinblick auf den im Einigungsvertrag verfolgten Integrationszweck und im Interesse der Förderung der Mobilität der Fach- und Ingenieurschulabsolventen eine mindestens dreijährige einschlägige Berufstätigkeit als ausreichend erachtet worden sei. Zwar ist es nicht zu beanstanden, dass die Kultusministerkonferenz angenommen hat, dass die Abschlüsse von Fach- und Ingenieurschulen in der DDR nicht ohne eine Zusatzqualifikation mit den Fachhochschulabschlüssen in den alten Ländern gleichgestellt werden können. Ist die Kultusministerkonferenz als sachverständiges Gremium jedoch erklärtermaßen der Auffassung, dass bei Absolventen der Fach- und Ingenieurschulen eine mehrjährige einschlägige Berufstätigkeit als Zusatzqualifikation grundsätzlich ausreicht, erschließt sich nicht, aus welchen Gründen dies bei Absolventen, die ihre Abschlüsse erst nach dem 31. Dezember 1990 erworben haben und die sich materiell in einer vergleichbaren Situation befinden, nicht der Fall sein soll.
d) Entnimmt das Berufungsurteil der Vorschrift des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV nach alledem zu Recht, dass auch ein nach dem 31. Dezember 1990 erlangter Fachschulabschluss als Ökonomin, der mit einem Abschluss an einer Vorläufereinrichtung von Fachhochschulen in den alten Bundesländern gleichwertig ist, bei einer vor dem 3. Oktober 1990 begonnenen Ausbildung und mindestens dreijähriger einschlägiger Berufstätigkeit die Berechtigung umfasst, die staatliche Bezeichnung Diplombetriebswirtin (FH) zu führen, ist auch die weitere Annahme des Oberverwaltungsgerichts rechtsfehlerfrei, dass der selbständige Betrieb von Tankstellen nach der Wiedervereinigung eine einschlägige Berufstätigkeit in diesem Sinne darstellen kann.
Der Senat hat es zwar bisher offengelassen, ob die mindestens dreijährige einschlägige Berufstätigkeit (noch) in der ehemaligen DDR absolviert worden sein muss oder ob es ausreicht, dass jedenfalls insgesamt drei Jahre einschlägiger Berufstätigkeit nachgewiesen sind, gleichgültig, wann und wo diese nach Erwerb des Abschlusses ausgeübt worden ist (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1997 - 6 C 10.97 - BVerwGE 106, 24 <41>). Die Frage ist jedoch im letztgenannten Sinne zu beantworten. Denn die Nachdiplomierungsmöglichkeit wäre im Ergebnis für alle Fach- und Ingenieurschulabschlüsse, die nach 1987 erworben wurden, entwertet, wenn nur eine in der DDR ausgeübte Berufstätigkeit berücksichtigt werden könnte. Dies wäre mit dem oben eingehend dargelegten - weit zu verstehenden - Normzweck des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV offensichtlich nicht vereinbar.
Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass im Fall des von der Klägerin erworbenen Fachschulabschlusses in der Fachrichtung Finanzwirtschaft auch eine selbständige unternehmerische Tätigkeit wie der Betrieb einer Tankstelle eine "einschlägige" Berufstätigkeit darstellen könne, wie sie in den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz als Voraussetzung für die Nachdiplomierung gefordert wird, lässt ebenfalls keinen Verstoß gegen Art. 37 EV erkennen. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass eine Beschränkung des Berufsfeldes auf den Bereich der Finanzwirtschaft zu eng sei, weil die mit der Wiedervereinigung verbundenen Veränderungen für das System der beruflichen Verwendungen berücksichtigt werden müssten und den Inhabern eines wirtschaftswissenschaftlichen Fachschulabschlusses in der Fachrichtung Finanzen und Preise keine spezielle Bezeichnung, sondern nach den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz die allgemeine Bezeichnung "Diplom-Betriebswirt (FH)/Diplom-Betriebswirtin (FH)" zuerkannt werde. Maßgeblich sei daher der gesamte Tätigkeitsbereich eines Betriebswirts. Dieser lasse sich allgemein mit der Planung, Organisation und Überwachung von Geschäftsaktivitäten von Unternehmen der Privatwirtschaft und wirtschaftsnaher Verwaltungen beschreiben. Ferner hat das Oberverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht - gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindend - festgestellt, dass die Klägerin seit 1995 zwei Tankstellen selbständig betrieben hat, deren Geschäftsaktivitäten sie geplant, organisiert und überwacht hat, wozu auch die Ausbildung sowie die Beschäftigung mehrerer Angestellter gehört. Die hierauf gestützte Würdigung des Berufungsurteils, es könne noch von einer einschlägigen mehr als dreijährigen Berufstätigkeit ausgegangen werden, ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
3. Einen Verstoß gegen revisibles Recht lässt schließlich auch die inzidente Annahme des Oberverwaltungsgerichts nicht erkennen, der unmittelbar aus Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV folgende Anspruch auf Nachdiplomierung werde durch Landesrecht weder ausgeschlossen noch eingeschränkt.
Das Oberverwaltungsgericht hat § 110 Abs. 1 des Thüringer Hochschulgesetzes (ThürHG) entnommen, dass eine dreijährige einschlägige Berufstätigkeit zur Qualifizierung nur dann ausreicht, wenn der Abschluss spätestens am 31. Dezember 1990 erlangt worden ist. Ferner hat es in Anwendung dieser landesrechtlichen Vorschrift festgestellt, dass die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt sind, weil die Klägerin ihren Abschluss erst Anfang 1991 erworben hat. Wie sich aus dem Aufbau und Begründungsgang des Berufungsurteils ergibt, ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Anspruch auf Nachdiplomierung unabhängig von der landesrechtlichen Rechtslage auf die bundesrechtliche Vorschrift des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV gestützt werden kann, nach der die dreijährige einschlägige Berufstätigkeit als Qualifizierung auch bei nach dem 31. Dezember 1990 erlangten Abschlüssen ausreicht. Zu Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EV steht § 110 Abs. 1 ThürHG demnach im Verhältnis der Anspruchsnormenkonkurrenz. An diese Feststellung des Inhalts des einschlägigen Landesrechts und seine Anwendung im konkreten Fall durch das Oberverwaltungsgericht ist der Senat gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO gebunden.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.