Entscheidungsdatum: 21.06.2017
1. Die Mitteilung über die Einstellung eines Verwaltungsverfahrens zur Entziehung einer Rechtsposition, hier des Doktorgrades, ist regelmäßig kein Verwaltungsakt.
2. Die Auslegung des Oberverwaltungsgerichts, der Auftrag an die Hochschulen nach § 64 Abs. 2 Nr. 9 HG NRW (juris: HSchulG NW 2006) zur Regelung der Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften erfasse die Entziehung von Doktorgraden wegen der Verletzung grundlegender wissenschaftlicher Pflichten bei der Erstellung von Promotionsleistungen, ist mit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot vereinbar.
3. Der landesgesetzliche Regelungsauftrag bringt die Verfassungsgrundsätze des Vorbehalts des Parlamentsgesetzes und der Hochschulselbstverwaltung für das Promotionswesen angemessen zum Ausgleich.
4. Eine Dissertation kann nicht als eigenständige Leistung und wissenschaftlicher Befähigungsnachweis gelten, wenn sie quantitativ oder qualitativ durch verschleierte Übernahmen aus fremden Texten (Plagiatsstellen) geprägt ist.
5. Die Täuschung über die Erfüllung des Gebots der Eigenständigkeit der Dissertation rechtfertigt die Entziehung des Doktorgrades zur Sicherung der Redlichkeit der Wissenschaft ungeachtet der dadurch herbeigeführten grundrechtsrelevanten Nachteile.
Die Klägerin schloss im Jahr 1980 das Studium der Politologie an der Philosophischen Fakultät der beklagten Universität mit dem Grad einer Magistra Artium (M.A.) ab. Im November 1986 verlieh ihr diese Fakultät den Doktorgrad. Bei der Vorlage ihrer Dissertation hatte die Klägerin die in der damaligen Promotionsordnung vorgesehene Versicherung an Eides Statt abgegeben, sie habe die wörtlich oder dem Sinn nach aus anderen Werken übernommenen Stellen der Arbeit in jedem einzelnen Fall kenntlich gemacht.
Nachdem öffentlich Zweifel an der Arbeitsweise der Klägerin geäußert worden waren, setzte die Fakultät im Oktober 1990 eine Kommission ein, die die Vorwürfe prüfen sollte. In ihrem Abschlussbericht bescheinigte die Kommission der Dissertation gravierende methodische Mängel, weil sie Verstöße gegen das Gebot richtigen Zitierens in nicht geringer Zahl enthalte. Sie hielt der Klägerin nach deren Anhörung zugute, sie habe nicht vorsätzlich über die Urheberschaft der übernommenen Texte getäuscht, sondern nachlässig gearbeitet. Ungeachtet der Mängel habe die Klägerin in der Dissertation eine anerkennenswerte These vertreten. Aufgrund dieses Berichts beschloss der Erweiterte Fakultätsrat am 30. Januar 1991, es bestehe kein Anlass, gegen die Klägerin wegen des Vorwurfs der Täuschung mit dem Ziel der Entziehung des Doktorgrades einzuschreiten. Der Dekan der Philosophischen Fakultät teilte der Klägerin diesen Beschluss und die wesentlichen Erwägungen der Kommission durch Schreiben vom 30. April 1991 mit.
Anfang 2011 veröffentlichte die Internetplattform "VroniPlag" das Ergebnis einer elektronischen Prüfung der Dissertation, wonach ungefähr 47 % der Seiten wörtliche oder umformulierte Übernahmen aus Arbeiten anderer Autoren enthielten, ohne die richtige Quelle anzugeben (Plagiatsstellen). Die daraufhin vom Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät eingesetzte Arbeitsgruppe bestätigte diesen Befund weitgehend: Die überprüften Textteile der Dissertation enthielten auf ungefähr 40 % der Seiten 327 Plagiatsstellen, von denen die 1990/91 tätige Kommission nur 44 entdeckt hätte. Aufgrund dieses Befunds beschloss der Promotionsausschuss im April 2012, der Klägerin den Doktorgrad zu entziehen; der Fakultätsrat bestätigte diese Entscheidung. Der Dekan setzte diese Beschlüsse um, indem er der Klägerin durch Bescheid vom 18. April 2012 den ihr 1986 verliehenen Doktorgrad entzog. In den Gründen heißt es, es werde zugunsten der Klägerin unterstellt, dass der Dekan in dem Schreiben vom 30. April 1991 rechtsverbindlich festgestellt habe, den Doktorgrad nicht zu entziehen. Ein solcher Verwaltungsakt werde hiermit zurückgenommen, weil er rechtswidrig sei. Die Klägerin habe den Entziehungstatbestand der Täuschung im Sinne des § 20 Abs. 2 der Promotionsordnung der Philosophischen Fakultät erfüllt, weil sie vorsätzlich eine Vielzahl von Plagiatsstellen in die Dissertation aufgenommen habe. Die Ermessensabwägung ergebe einen Vorrang des Schutzes der wissenschaftlichen Redlichkeit. Angesichts der Schwere des Fehlverhaltens könnten es die mit der Entziehung verbundenen erheblichen Nachteile und die seit der Verleihung verstrichene Zeit nicht rechtfertigen, von der Entziehung abzusehen.
Die Anfechtungsklage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. In dem Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Es gebe keinen Verwaltungsakt aus dem Jahr 1991, der feststelle, dass die Klägerin bei der Erstellung der Dissertation keine Täuschung begangen habe. Bei dem Schreiben des Dekans vom 30. April 1991 handele es sich nach Inhalt, Form und Begleitumständen um die formlose Mitteilung, dass die Fakultät das damalige Entziehungsverfahren eingestellt habe. Anderenfalls habe die Fakultät einen solchen rechtswidrigen Verwaltungsakt in dem Entziehungsbescheid vom 18. April 2012 zu Recht zurückgenommen.
Die Philosophische Fakultät habe die Entziehung des Doktorgrades zutreffend auf § 20 Abs. 2 ihrer Promotionsordnung (PromO) gestützt, der Täuschungen über die Einhaltung grundlegender wissenschaftlicher Pflichten bei der Erstellung von Promotionsleistungen sanktioniere. Dadurch sei die Fakultät dem Auftrag des nordrhein-westfälischen Hochschulgesetzes nachgekommen, die Folgen von wissenschaftsrelevanten Verstößen gegen Promotionsvorschriften zu regeln. Der Landesgesetzgeber müsse die Voraussetzungen für die Entziehung des Doktorgrades weder selbst festlegen noch einen inhaltlichen Rahmen vorgeben, weil das Promotionswesen zum Kernbereich der grundgesetzlich gewährleisteten Selbstverwaltung der Hochschulen gehöre.
Zu den wissenschaftlichen Kernpflichten, deren vorsätzliche Verletzung eine Täuschung im Sinne des § 20 Abs. 2 PromO darstelle, gehöre die Pflicht, die Dissertation eigenständig zu erarbeiten. Über die Eigenständigkeit ihrer Leistung habe die Klägerin getäuscht, indem sie Texte anderer Autoren in sehr großer Zahl ohne zutreffende Quellenangabe übernommen und damit als eigene Leistung ausgegeben habe. Die Fakultät habe aus der Vielzahl der verschleierten Textübernahmen und der Arbeitsweise der Klägerin zu Recht den Schluss gezogen, dass die Klägerin systematisch und planmäßig vorgegangen sei. Daher sei die Entziehung ihres Doktorgrades angezeigt gewesen, um wissenschaftlichen Mindeststandards Geltung zu verschaffen. Die Fakultät habe diesem Interesse ermessensfehlerfrei Vorrang vor dem Interesse der Klägerin eingeräumt, den Doktorgrad wegen des Gewichts der mit der Entziehung verbundenen Nachteile und der seit der Verleihung verstrichenen Zeit weiter führen zu dürfen. Die unbefristete Entziehungsmöglichkeit benachteilige die Inhaber von Doktorgraden nicht gleichheitswidrig gegenüber den Inhabern anderer akademischer Grade, deren Entziehung nur zeitlich begrenzt möglich sei. Der Doktorgrad bringe nicht nur die Befähigung zum selbständigen wissenschaftlichen Arbeiten zum Ausdruck. Er begründe zusätzlich die Verpflichtung, sich dauerhaft wissenschaftlich redlich zu verhalten.
Mit der Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Rechtssicherheit und Vertrauensschutz geböten die Auslegung des Schreibens des Dekans vom 30. April 1991 im Sinne einer rechtsverbindlichen Feststellung, dass der Klägerin der Doktorgrad nicht entzogen werde. Dieser Verwaltungsakt sei rechtmäßig gewesen, weil er eine Täuschung der Klägerin aufgrund einer auf Vollständigkeit angelegten Nachprüfung ihrer Dissertation verneint habe. Dieses Ergebnis könne nicht durch die Anwendung einer damals unbekannten Untersuchungsmethode in Frage gestellt werden. Die Entziehungsregelung des § 20 Abs. 2 PromO sei nichtig, weil sie nicht auf einer verfassungskonformen gesetzlichen Ermächtigung beruhe. Der landesgesetzliche Regelungsauftrag genüge weder dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot noch dem Vorbehalt des Parlamentsgesetzes; es handele sich um eine Blankettermächtigung für die Hochschulen. Der Landesgesetzgeber müsse die Entziehungsvoraussetzungen zum Schutz der Grundrechte der Promovierten inhaltlich vorgeben. Er dürfe diese Aufgabe nicht an die Hochschulen delegieren, weil diese materiell beteiligt seien. Die zeitlich unbefristete Entziehungsmöglichkeit für Doktorgrade sei gleichheitswidrig, weil diese Schlechterstellung gegenüber den Inhabern anderer akademischer Grade sachlich nicht gerechtfertigt werden könne. Es sei rechtsstaatswidrig und verletze das Persönlichkeitsrecht der Promovierten, einschneidende Rechtsfolgen wie die Entziehung des Doktorgrades an seit Jahrzehnten abgeschlossene Sachverhalte zu knüpfen.
Demgegenüber vertritt die Beklagte die Auffassung, dem Landesgesetzgeber seien Regelungen über die Entziehung des Doktorgrades mit Rücksicht auf das grundrechtlich geschützte Selbstverwaltungsrecht der Hochschulen für das Promotionswesen verwehrt. Es gehe um die Pflege der Wissenschaft, die das Grundgesetz den Hochschulen anvertraut habe.
Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das angefochtene Berufungsurteil beruht nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 und 2 VwGO).
Die Philosophische Fakultät der beklagten Universität war nicht durch einen 1991 erlassenen Verwaltungsakt gehindert, der Klägerin den Doktorgrad zu entziehen (unter 1.). Die angewandte Entziehungsregelung des § 20 Abs. 2 der Promotionsordnung - PromO - der Fakultät in der Fassung vom 4. Juni 2010 (Amtliche Bekanntmachungen der Beklagten, 40. Jahrgang, Nr. 08 vom 10. Juni 2010) ist rechtswirksam: Die Ermächtigungsgrundlage des § 64 Abs. 2 Nr. 9 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz - HG NRW) in der hier anwendbaren Fassung vom 31. Oktober 2006 (GV. NRW. S. 474) enthält nach dem irrevisiblen Normverständnis des Oberverwaltungsgerichts einen Auftrag an die Hochschulen, die Verletzung grundlegender wissenschaftlicher Pflichten bei der Erstellung von Promotionsleistungen durch die Entziehung des Doktorgrades zu sanktionieren (unter 2.). Mit diesem Inhalt genügt der gesetzliche Regelungsauftrag den Anforderungen des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebots (unter 3.). Er bringt den Verfassungsgrundsatz des Vorbehalts des Parlamentsgesetzes und das grundrechtlich geschützte Selbstverwaltungsrecht der Hochschulen zu einem angemessenen Ausgleich (unter 4.). Die Möglichkeit, den Doktorgrad unbefristet zu entziehen, benachteiligt die Inhaber dieses Grades nicht gleichheitswidrig gegenüber den Inhabern anderer akademischer Grade (unter 5.). Durch die Entziehungsregelung des § 20 Abs. 2 PromO hat die Philosophische Fakultät der Beklagten den Regelungsauftrag des § 64 Abs. 2 Nr. 9 HG NRW grundgesetzkonform erfüllt. Der Entziehungstatbestand der Täuschung im Sinne des § 20 Abs. 2 PromO soll die Redlichkeit der Wissenschaft sicherstellen; er erfasst vor allem falsche Angaben der Promovenden über die Eigenständigkeit ihrer Dissertation (unter 6.). Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass die Klägerin diesen Entziehungstatbestand erfüllt hat (unter 7.). Davon ausgehend verletzt die Ermessensausübung der Fakultät keine Grundrechte der Klägerin (unter 8.).
1. Die Philosophische Fakultät der Beklagten war an der Entziehung des Doktorgrades nicht durch einen im Jahr 1991 erlassenen Verwaltungsakt gehindert, der diese Maßnahme ausschloss. Sie hat einen Verwaltungsakt dieses Inhalts nicht erlassen (unter a)) oder ihn anderenfalls zurückgenommen (unter b)).
a) Nach § 35 Satz 1 VwVfG NRW, der wegen Wortgleichheit mit § 35 Satz 1 VwVfG des Bundes nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisibel ist, ist Verwaltungsakt jede Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Eine Maßnahme hat Regelungscharakter, wenn sie nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt darauf gerichtet ist, eine Rechtsfolge zu setzen. Sie muss für den Betroffenen rechtsverbindlich Rechte oder Pflichten begründen, inhaltlich ausgestalten, ändern, aufheben, feststellen oder einen derartigen Ausspruch rechtsverbindlich ablehnen (BVerwG, Urteile vom 29. April 1988 - 9 C 54.87 - BVerwGE 79, 291 <293> und vom 5. November 2009 - 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 Rn. 15). Ein feststellender Verwaltungsakt schreibt das Ergebnis der behördlichen Rechtsanwendung rechtsverbindlich fest (BVerwG, Urteile vom 20. November 2003 - 3 C 29.02 - Buchholz 316 § 35 VwVfG Nr. 55 S. 9 und vom 5. November 2009, a.a.O.). Kein Regelungsgehalt im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG kommt behördlichen Erklärungen zu, denen sich kein Regelungs- bzw. Rechtsbindungswille entnehmen lässt. Hierzu gehören Auskünfte oder Mitteilungen, dass die Behörde gegen ein bestimmtes Verhalten keine rechtlichen Bedenken hat oder nicht beabsichtigt, eine rechtsverbindliche Maßnahme zu ergreifen (BVerwG, Urteil vom 6. November 1986 - 3 C 72.84 - BVerwGE 75, 109 <113>; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 83).
Ein Verwaltungsakt entfaltet materielle Bindungswirkung in Bezug auf den Regelungsausspruch (Tenor), nicht aber in Bezug auf die den Ausspruch tragenden Gründe. Die Bindungswirkung hindert die Behörde, eine inhaltlich abweichende Regelung zu treffen, solange der Verwaltungsakt nach Maßgabe des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW (= § 43 Abs. 2 VwVfG des Bundes) rechtswirksam ist. Darüber hinaus sind Behörden und Gerichte verpflichtet, in Bestandskraft erwachsene rechtsverbindlich getroffene Regelungen ihren Entscheidungen zugrunde zu legen, ohne die Rechtmäßigkeit in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Mai 2012 - 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 16 und vom 15. April 2015 - 8 C 14.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:150415U8C14.14.0] - BVerwGE 152, 26 Rn. 32; zum Ganzen Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 43 Rn. 41 ff.).
Ob eine behördliche Maßnahme Regelungscharakter und damit Verwaltungsaktqualität hat, ist durch Auslegung zu bestimmen. Dabei kommt vor allem der entsprechend anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB Bedeutung zu. Danach ist der objektive Erklärungsgehalt der Maßnahme zu bestimmen; es kommt darauf an, wie sie der Adressat bei objektiver Betrachtung verstehen kann (BVerwG, Urteile vom 25. Mai 1984 - 8 C 100.83 - Buchholz 316 § 38 VwVfG Nr. 4, vom 21. Juni 2006 - 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 52 und vom 5. November 2009 - 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 Rn. 21). Die Auslegung der Tatsachengerichte unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsgerichtlichen Nachprüfung: Nach § 137 Abs. 2 VwGO ist das Bundesverwaltungsgericht an die tatsächlichen Feststellungen gebunden, die das Tatsachengericht seiner Auslegung zugrunde gelegt, d.h. die es herangezogen hat, um sein Auslegungsergebnis zu begründen. Der Senat kann offenlassen, ob sich diese Bindung auch auf das Auslegungsergebnis selbst, d.h. auf die tatrichterliche Würdigung des festgestellten, für die Auslegung bedeutsamen Sachverhalts anhand der allgemeinen Auslegungsregeln erstreckt (vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 19. Februar 1982 - 8 C 27.81 - BVerwGE 65, 61 <68 f.> und vom 21. Juni 2006 - 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 52). Auch kann dahingestellt bleiben, ob es dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund seiner Beschränkung auf die Nachprüfung revisiblen Rechts verwehrt ist, den Erklärungsgehalt abweichend von der Vorinstanz zu bestimmen, wenn die Maßnahme in einem irrevisiblen, weil landesrechtlich geregelten Zusammenhang steht (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 72).
Der Senat muss diese Fragen nicht beantworten, weil die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass der Dekan mit dem Schreiben vom 30. April 1991 keinen Verwaltungsakt mit dem Regelungsausspruch erlassen hat, der Klägerin werde der Doktorgrad nicht entzogen, einen Verstoß gegen § 133 BGB nicht erkennen lässt. Der Beschluss des Erweiterten Fakultätsrats vom 30. Januar 1991 kommt als Verwaltungsakt von vornherein nicht in Betracht, weil seine Rechtswirkung auf das Innenverhältnis zwischen Fakultätsrat und Dekan als den Organen der Philosophischen Fakultät beschränkt ist. Der Dekan ist verpflichtet, Beschlüsse des Fakultätsrats auszuführen (vgl. nunmehr § 27 Abs. 1 Satz 7 HG NRW). Hierzu gehört, dass der Dekan die durch den Beschluss veranlassten Schritte gegenüber Betroffenen ergreift.
Die Auslegung des Schreibens vom 30. April 1991 aus der Sicht eines objektiven Adressaten ergibt, dass der Dekan nicht rechtsverbindlich festgestellt oder zugesichert hat, die Klägerin könne den Doktorgrad dauerhaft weiter führen. Vielmehr hat er die Klägerin formlos von dem Ergebnis der Prüfung ihrer Dissertation und der Einstellung des Prüfungsverfahrens in Kenntnis gesetzt. Er hat sich darauf beschränkt mitzuteilen, wie die Kommission und ihr folgend der Erweiterte Fakultätsrat die Untersuchungsergebnisse bewerteten und dass sie nicht beabsichtigten, weitere Ermittlungen durchzuführen. Aufgrund dieser Hinweise musste die Klägerin zwar nicht mehr befürchten, ihr könnte als Folge der Untersuchungen in dem im Oktober 1990 eröffneten Verfahren der Doktorgrad entzogen werden. Jedoch kann dem Schreiben vom 30. April 1991 nicht entnommen werden, die Fakultät habe ihr darüber hinaus eine materielle Rechtsposition des Inhalts zuerkannt, sie dürfe den Doktorgrad ungeachtet weiterer Entwicklungen dauerhaft weiter führen.
Das Oberverwaltungsgericht hat dieses Auslegungsergebnis zutreffend aus Inhalt und Aufmachung des Schreibens vom 30. April 1991 sowie aus den vorangegangenen Erklärungen des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin gegenüber dem Dekan hergeleitet. In dem Schreiben vom 30. April 1991 hat der Dekan die abschließenden Stellungnahmen der Kommission und des damals für die Entziehung zuständigen Erweiterten Fakultätsrats wörtlich wiedergegeben: Der Fakultätsrat war zu dem Ergebnis gekommen, dass kein Anlass bestehe, wegen des Vorwurfs der Täuschung einzuschreiten. Damit hatte er sich der Kommission angeschlossen, die glaubte, den Verdacht der Täuschung trotz der nicht geringen Zahl methodisch bedenklicher Stellen verneinen zu können. Beide Stellungnahmen bezogen sich inhaltlich ausschließlich auf den damals aktuellen Stand der Ermittlungen. Jedenfalls sind sie viel zu vorsichtig formuliert, als dass die Klägerin daraus den Schluss hätte ziehen können, ihr solle wegen der endgültigen Freistellung vom Vorwurf der Täuschung rechtsverbindlich "Entziehungsschutz" zugesagt werden. Diese Annahme liegt auch deshalb fern, weil beide Stellungnahmen der Dissertation aufgrund der festgestellten Verstöße gegen das Gebot richtigen Zitierens erhebliche methodische Mängel bescheinigten. Hinzu kommt, dass die Aufmachung des Schreibens vom 30. April 1991 keinen Rechtsbindungswillen erkennen lässt. Das Schreiben enthält keinen von den Gründen abgesetzten Regelungsausspruch im Sinne der Klägerin, sondern ist ersichtlich als formloses Mitteilungsschreiben konzipiert. Schließlich hat das Oberverwaltungsgericht den von ihm bindend festgestellten Sachverhalt zutreffend dahingehend gewürdigt, der damalige Bevollmächtigte der Klägerin habe darauf hingewirkt, es bei einer schlichten Mitteilung zu belassen, dass die Untersuchungen beendet seien.
Die Fakultät war auch nicht verpflichtet, rechtsverbindlich festzustellen, dass von einer Entziehung des Doktorgrades abgesehen wurde. Es gibt keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass ein Verwaltungsverfahren, in dem eine durch Verwaltungsakt verliehene Rechtsposition überprüft wird, durch eine rechtsverbindliche Feststellung abzuschließen ist, wenn es nicht zur Aufhebung der Rechtsposition kommt. Eine derartige Verpflichtung kann sich nur aus dem jeweiligen Fachrecht ergeben. Das Oberverwaltungsgericht hat der 1991 geltenden Promotionsordnung der Philosophischen Fakultät kein solches Erfordernis entnommen. An diese Auslegung ist der Senat gebunden, weil es sich bei der Promotionsordnung wie bei dem gesamten Satzungsrecht der Hochschulen um irrevisibles Landesrecht handelt (§ 137 Abs. 1, § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO).
b) Im Übrigen könnte ein feststellender Verwaltungsakt des Inhalts, der Klägerin werde der Doktorgrad nicht entzogen, keine materielle Bindungswirkung mehr entfalten, weil die Fakultät einen solchen Verwaltungsakt durch den Entziehungsbescheid vom 18. April 2012 ausdrücklich zurückgenommen hätte. Die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Rücknahme habe auf § 48 VwVfG NRW gestützt werden können, weil die Promotionsordnung der Fakultät insoweit eine Regelungslücke enthalte, ist als Auslegung des irrevisiblen Satzungsrechts revisionsgerichtlich nicht nachprüfbar. Demgegenüber ist § 48 VwVfG NRW wegen der Wortgleichheit mit der entsprechenden bundesgesetzlichen Regelung nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisibel. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG NRW kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Der Verwaltungsakt muss zum Zeitpunkt seines Erlasses objektiv rechtswidrig gewesen sein, falls sich aus dem Fachrecht kein anderer Zeitpunkt ergibt. Die Rechtswidrigkeit kann darauf beruhen, dass die Behörde das geltende Recht falsch ausgelegt oder falsch auf den Sachverhalt angewandt hat. Darüber hinaus erweist sich ein Verwaltungsakt als rechtswidrig, wenn ihn die Behörde bei vollständiger Kenntnis der für die rechtliche Beurteilung bedeutsamen Tatsachen nicht erlassen hätte. Es kommt nicht darauf an, ob sich die Behörde um eine richtige und vollständige Sachaufklärung bemüht, d.h. die ihr zur Verfügung stehenden Aufklärungsmöglichkeiten ausgeschöpft hat. Maßgebend ist allein, ob die Sachverhaltswürdigung unter Einbeziehung der nachträglich entstandenen oder bekannt gewordenen Tatsachen die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts ergibt (BVerwG, Urteile vom 30. Januar 1969 - 3 C 153.67 - BVerwGE 31, 222 <223> und vom 30. April 1985 - 1 C 33.83 - BVerwGE 71, 248 <249 f.>; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 48 Rn. 51; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 51).
Auf der Grundlage dieses Rechtswidrigkeitsbegriffs hat das Oberverwaltungsgericht eine rechtsverbindliche Feststellung, der Klägerin werde der Doktorgrad nicht entzogen, so sie denn 1991 getroffen worden wäre, als rechtswidrig angesehen. Der damaligen Rechtsanwendung habe nur ein Bruchteil der verschleierten Übernahmen fremder Texte zugrunde gelegen. Die Würdigung des vollen Ausmaßes der Pflichtenverstöße ergebe, dass die Entziehungsvoraussetzungen des § 20 Abs. 2 PromO vorlägen, weil die Klägerin über die Eigenständigkeit ihrer Dissertation getäuscht habe. An die Auslegung des irrevisiblen Begriffs der Täuschung im Sinne des § 20 Abs. 2 PromO und dessen Anwendung auf den festgestellten Sachverhalt ist der Senat gebunden (vgl. unter 6. und 7.).
Für die Ausübung des Rücknahmeermessens gelten die gleichen Grundsätze wie für die Ausübung des Entziehungsermessens nach § 20 Abs. 2 PromO; sie verstößt nicht gegen grundrechtlich geschützte Belange der Klägerin (vgl. unter 7. und 8.). Schließlich hätte die Fakultät einen Verwaltungsakt des Inhalts, der Doktorgrad werde nicht entzogen, innerhalb der Jahresfrist nach § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW zurückgenommen. Diese Frist beginnt erst zu laufen, wenn die zuständige Behörde zu der Erkenntnis gelangt ist, dass sie den Verwaltungsakt bislang zu Unrecht für rechtmäßig gehalten hat (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2012 - 2 C 13.11 - BVerwGE 143, 230 Rn. 28). Die Fakultät konnte die Rechtswidrigkeit einer 1991 getroffenen rechtsverbindlichen Feststellung erkennen, nachdem ihre Arbeitsgruppe die 2011 veröffentlichten Enthüllungen von "VroniPlag" über das Ausmaß der Plagiatsstellen bestätigt hatte. Danach verging kein Jahr bis zum Erlass des angefochtenen Bescheids vom 18. April 2012.
2. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, die angewandte satzungsrechtliche Entziehungsregelung des § 20 Abs. 2 PromO sei von der Ermächtigungsgrundlage des § 64 Abs. 2 Nr. 9 HG NRW gedeckt. Nach dieser Vorschrift müssen Hochschulprüfungsordnungen die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften regeln. Hochschulprüfungsordnungen seien auch die Promotionsordnungen der Fakultäten (§ 67 Abs. 3 Satz 3 HG NRW). Daher erstrecke sich die gesetzliche Ermächtigung auch auf die Sanktionierung wissenschaftsrelevanter Pflichtenverstöße, die die Promovenden bei der Erstellung der Promotionsleistungen zu beachten hätten. Der Landesgesetzgeber habe darauf verzichtet, Sanktionstatbestände, etwa für die Entziehung des Doktorgrades, festzulegen oder inhaltlich vorzuzeichnen. Vielmehr habe er sich darauf beschränkt, den Hochschulen insoweit einen Regelungsauftrag zu erteilen. Durch die Beschränkung dieses Auftrags auf wissenschaftliches Fehlverhalten hat das Oberverwaltungsgericht dem Umstand Rechnung getragen, dass die Rechtsetzungsbefugnis der Hochschulen nur Angelegenheiten der Wissenschaft erfassen kann (BVerwG, Urteil vom 30. September 2015 - 6 C 45.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:300915U6C45.14.0] - BVerwGE 153, 79 Rn. 19). Der Senat hat diese Auslegung des irrevisiblen § 64 Abs. 2 Nr. 9 HG NRW hinzunehmen (§ 137 Abs. 1 Nr. 1, § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO). Er ist darauf beschränkt nachzuprüfen, ob das Normverständnis des Oberverwaltungsgerichts mit Bundesverfassungsrecht vereinbar ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 3. Juni 2014 - 4 CN 6.12 - BVerwGE 149, 373 Rn. 23 und vom 14. Dezember 2016 - 6 C 19.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:141216U6C19.15.0] - juris Rn. 6
Einer revisionsgerichtlichen Nachprüfung entzogen ist auch die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, landesgesetzliche Satzungsermächtigungen wie § 64 Abs. 2 Nr. 9 HG NRW schlössen als entgegenstehende Rechtsvorschriften des Landes im Sinne des § 1 Abs. 1 VwVfG NRW für ihren Regelungsbereich die Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes, hier der §§ 48 ff. VwVfG NRW für die Entziehung des Doktorgrades, aus. Der landesgesetzliche Begriff "Rechtsvorschriften des Landes" ist nicht nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisibel, weil er in § 1 Abs. 1 VwVfG des Bundes naturgemäß nicht verwendet wird.
3. Die Ermächtigungsregelung des § 64 Abs. 2 Nr. 9 HG NRW in der irrevisiblen Auslegung des Oberverwaltungsgerichts ist mit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) vereinbar. Dieses verlangt, dass sich im Wege der Auslegung einer Rechtsnorm feststellen lässt, welche tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um eine bestimmte Rechtsfolge auszulösen. Aus Wortlaut und Zweck der Norm sowie aus ihrem systematischen Zusammenhang müssen sich hinreichende Anhaltspunkte ergeben, um den Bedeutungsgehalt unbestimmter Rechtsbegriffe plausibel zu konkretisieren. Im Übrigen hängt das Maß der erforderlichen Bestimmtheit entscheidend von der Eigenart der jeweiligen Regelungsmaterie ab (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2001 - 2 BvK 1/00 - BVerfGE 103, 332 <384 f.>; Kammerbeschluss vom 3. September 2014 - 1 BvR 3353/13 - NVwZ 2014, 1571 Rn. 17; BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2013 - 6 C 9.12 - BVerwGE 147, 292 Rn. 20).
Die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des § 64 Abs. 2 Nr. 9 HG NRW als Auftrag an die Hochschulen, die Verletzung wissenschaftlicher Pflichten bei der Erstellung von Promotionsleistungen zu sanktionieren, gibt dieser Bestimmung einen hinreichend bestimmten Inhalt, weil dieser durch Wortlaut und Regelungszusammenhang nahegelegt wird: Nach dem Wortlaut des § 64 Abs. 2 HG NRW sind die Hochschulen verpflichtet ("müssen"), Prüfungsordnungen mit den gesetzlich vorgesehenen Inhalten zu erlassen. Prüfungen dienen dem Nachweis von Kenntnissen und Fähigkeiten, die zum Erwerb einer gesetzlich bestimmten Qualifikation notwendig sind. Wie die Regelungsgegenstände des § 64 Abs. 2 HG NRW belegen, sind Prüfungsordnungen Regelwerke, die die für Prüfungen geltenden Bedingungen in den einzelnen Prüfungsvorschriften festlegen. Sie betreffen den Prüfungsstoff, die Art der Prüfungsleistungen und deren Bedeutung für das Ergebnis, den äußeren Ablauf des Prüfungsverfahrens, das Verfahren zur Bewertung der Prüfungsleistungen und die Grundsätze für die Bewertung. Zu der Regelung der Prüfungsbedingungen gehört, dass den Prüfungsteilnehmern Pflichten für die Erstellung der Prüfungsleistungen und das Verhalten während der Prüfung auferlegt werden. Die Nichtbeachtung einer solchen Pflicht stellt nach allgemeinem Sprachgebrauch einen "Verstoß" gegen die jeweilige Prüfungsvorschrift dar. Gleiches gilt für Promotionsordnungen, die nach der irrevisiblen Auslegung des Oberverwaltungsgerichts Hochschulprüfungsordnungen im Sinne des § 64 Abs. 2 HG NRW sind. Dementsprechend legen Promotionsordnungen die Bedingungen, d.h. die Verfahrens- und Bewertungsregeln, unter denen Promotionen stattfinden, sowie die Pflichten der Promovenden bei der Erstellung der Promotionsleistungen fest. Der Zweck der Promotion und der Dissertation als der maßgebenden Promotionsleistung wird gesetzlich vorgegeben: Die Promotion dient dem Nachweis der Befähigung zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit; hierfür muss die Dissertation wissenschaftlich beachtlich sein (§ 67 Abs. 1 Satz 1 und 2 HG NRW; vgl. unter 6.).
Die Bedeutung des Begriffs der "Folgen" von Verstößen gegen Prüfungs- und damit Promotionsvorschriften, zu deren Regelung die Hochschulen nach § 64 Abs. 2 Nr. 9 HG NRW verpflichtet sind, ergibt sich bereits aus dem Wortsinn: Gemeint sind Nachteile, die die Betroffenen wegen ihres wissenschaftlichen Fehlverhaltens in Bezug auf den Erfolg der Promotion hinzunehmen haben. Das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot verlangt nicht, dass der Landesgesetzgeber die Nachteile für bestimmte Pflichtenverstöße ausdrücklich benennt. Wie bei allen Prüfungen sind sie zahlenmäßig begrenzt und ergeben sich aus deren Zweck, eine gesetzlich bestimmte fachliche Befähigung nachzuweisen. In Betracht kommen der Ausschluss von der Prüfung, solange diese noch nicht abgeschlossen ist, im Übrigen die Erklärung der Prüfung oder einzelner Prüfungsleistungen als ungültig oder nicht bestanden sowie die Herabsetzung von Gesamt- oder Einzelnoten. Auch kann der aufgrund der Prüfung verliehene Grad bzw. die Berufsbezeichnung nachträglich aberkannt werden. Dies gilt gleichermaßen für die Promotion, wobei zudem Nachbesserungen der Dissertation angeordnet werden können. Für die Sanktionierung von Pflichtenverstößen gilt das Gebot der Verhältnismäßigkeit. Die Erklärung der gesamten Prüfung als ungültig oder nicht bestanden und die Entziehung des verliehenen Grades setzen schwere Verstöße gegen wichtige Pflichten voraus. Im Übrigen entzieht sich das Verhältnis von Verstößen zu dafür ausgesprochenen Sanktionen allgemeingültigen Vorgaben; entscheidend ist die Würdigung des Einzelfalls.
4. Das irrevisible Normverständnis des § 64 Abs. 2 Nr. 9 HG NRW als Auftrag zur Sanktionierung wissenschaftlicher Pflichtenverstöße bei der Erstellung von Promotionsleistungen verstößt auch nicht insoweit gegen den Grundsatz des Vorbehalts des Parlamentsgesetzes (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG), als es um die Entziehung des Doktorgrades geht. Der Landesgesetzgeber ist nicht verpflichtet, die Entziehungsvoraussetzungen selbst festzulegen oder inhaltlich vorzuzeichnen. Er darf diese Aufgabe ungeachtet der Grundrechtsrelevanz den Hochschulen überlassen, weil die Entziehung als Teil des Promotionswesens deren grundrechtlich geschütztem Selbstverwaltungsrecht unterfällt.
a) Der Vorbehalt des Parlamentsgesetzes verpflichtet den parlamentarischen Gesetzgeber, die grundlegenden Entscheidungen in wesentlichen Sachbereichen selbst zu treffen und nicht an Verordnungs- und Satzungsgeber zu delegieren. Dies gilt aufgrund des Homogenitätsgebots nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG auch für die Landesgesetzgebung. Aufgrund dieses Geltungsanspruchs kann autonomen Körperschaften wie den Hochschulen nur eine eingeschränkte Rechtsetzungsbefugnis zustehen. Der Gesetzgeber hat jedenfalls Gegenstand und Zweck einer solchen Befugnis zu umreißen. Ob und inwieweit er darüber hinaus den Regelungsinhalt des Satzungsrechts vorgeben oder doch einen Rahmen setzen muss, hängt neben der allgemeinen Bedeutung der Regelungsmaterie vor allem von deren Grundrechtsrelevanz ab. Je intensiver Grundrechte betroffen sind, desto aussagekräftiger muss die gesetzliche Ermächtigung in Bezug auf die Eingriffsmöglichkeiten sein. Für das Maß der gebotenen oder zulässigen Zurückhaltung des Gesetzgebers spielt auch eine Rolle, ob die Rechtsetzungsbefugnis autonomer Körperschaften im Grundgesetz verankert ist. Dessen ungeachtet folgt aus dem Vorbehalt des Parlamentsgesetzes der Grundsatz, dass der Gesetzgeber seinen Einfluss auf den Inhalt des zu erlassenden Satzungsrechts nicht gänzlich preisgeben darf (zum Ganzen: BVerfG, Beschlüsse vom 9. Mai 1972 - 1 BvR 518/62 und 308/64 - BVerfGE 33, 125 <157 ff.>, vom 22. Juni 1977 - 1 BvL 23/75 - BVerfGE 45, 393 <399 f.> und vom 13. Juli 2004 - 1 BvR 1298/94 u.a. - BVerfGE 111, 191 <217 f.>; BVerwG, Urteile vom 25. Januar 2006 - 8 C 13.05 - BVerwGE 125, 68 Rn. 13 und vom 16. Oktober 2013 - 8 CN 1.12 - BVerwGE 148, 133 Rn. 26 f.). Auch muss der Gesetzgeber Vorkehrungen treffen, dass das Satzungsrecht Organisations- und Verfahrensregelungen enthält, die Gewähr für eine angemessene Berücksichtigung gegenläufiger Rechtspositionen und rechtlich geschützter Interessen bieten (BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2004, a.a.O. <217>).
Die Entziehung des Doktorgrades hat Grundrechtsrelevanz; sie beeinträchtigt in aller Regel grundrechtlich geschützte Belange der Promovierten. Die Entziehung stellt einen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl nach Art. 12 Abs. 1 GG dar, wenn der Betroffene den Beruf des Hochschulprofessors ergreifen will oder bereits ergriffen hat oder die Promotion zugleich als berufsbezogene Abschlussprüfung gilt (BVerwG, Urteil vom 30. September 2015 - 6 C 45.14 - BVerwGE 153, 79 Rn. 15). Ansonsten beeinträchtigt sie die Freiheit der Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG, wenn sie sich im Einzelfall nachteilig auf den beruflichen Werdegang auswirkt. Die Entziehung kann zur Folge haben, dass der Promovierte seinen Arbeitsplatz verliert, sein beruflicher Werdegang bei seinem Arbeitgeber stockt oder die beruflichen Verdienstmöglichkeiten geschmälert werden. Auch kann die Entziehung der Grund dafür sein, dass dem Betroffenen der Zugang zu bestimmten Berufsfeldern oder einer bestimmten beruflichen Stellung verwehrt bleibt. Diese durch die Entziehung herbeigeführten beruflichen Nachteile sind einer Typisierung und generellen Bewertung nicht zugänglich. Ihr Gewicht hängt von der individuellen Situation des Betroffenen ab. Hinzu kommen Unwägbarkeiten der weiteren Entwicklung, die sich zum Zeitpunkt der Entziehungsentscheidung nicht zuverlässig vorhersehen lassen.
Die Entziehung des Doktorgrades beeinträchtigt das durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, wenn dessen soziales und gesellschaftliches Ansehen Schaden nimmt. So kann der Betroffene gezwungen sein, Ehrenämter aufzugeben. Auch insoweit lassen sich keine generellen Aussagen treffen; entscheidend ist die persönliche Lebenssituation. Das Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG bietet ebenso wenig wie die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG einen absoluten Schutz vor der Entziehung, wenn seit der Verleihung des Doktorgrades Jahrzehnte vergangen sind. Dem steht entgegen, dass mit dem Doktorgrad auch die Erwartung verbunden ist, dass der Inhaber dauerhaft grundlegende wissenschaftliche Pflichten beachten wird (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2013 - 6 C 9.12 - BVerwGE 147, 292 Rn. 27 und 46). Diese Erwartung wird enttäuscht, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass der Inhaber des Doktorgrades als Promovend bereits bei der Erstellung von Promotionsleistungen, insbesondere der Dissertation, grundlegende wissenschaftliche Pflichten schwerwiegend verletzt hat (vgl. unter 6.).
Dagegen bietet das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG keinen Schutz vor der Entziehung eines Doktorgrades, wenn der Dissertation als der entscheidenden Promotionsleistung erhebliche Verstöße gegen grundlegende wissenschaftliche Pflichten anhaften. Wissenschaftlich unredliches Verhalten genießt nicht den Schutz des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2013 - 6 C 9.12 - BVerwGE 147, 292 Rn. 17 und 26). Dies ist insbesondere bei einer Dissertation der Fall, die nicht als eigenständige Leistung des Promovenden gelten kann. Sie stellt keinen schützenswerten wissenschaftlichen Beitrag dar (vgl. unter 6.).
b) Den Hochschulen ist durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG das Recht verliehen, ihren Wissenschaftsbetrieb, d.h. die Angelegenheiten von Forschung und Lehre, eigenverantwortlich zu regeln (akademische Selbstverwaltung). Das Grundrecht vermittelt ihnen eine abwehrfähige Rechtsposition, die sie vor staatlichen Eingriffen in den Wissenschaftsbetrieb schützt. Dem entspricht, dass sie die Verantwortung dafür tragen, dass in ihrem Wissenschaftsbetrieb grundlegende wissenschaftliche Pflichten beachtet werden. Dabei haben sie bei der Wahrnehmung von Selbstverwaltungsaufgaben die Grundrechte der Hochschulangehörigen zu beachten (BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1996 - 6 C 5.95 - BVerwGE 102, 304 <309>).
Zu den Aufgaben der Hochschulselbstverwaltung gehört herkömmlicherweise das Promotionswesen, das intern den Fakultäten anvertraut ist (BVerwG, Urteil vom 30. September 2015 - 6 C 45.14 - BVerwGE 153, 79 Rn. 18; VerfGH Berlin, Urteil vom 1. November 2004 - VerfGH 210/03 - WissR <2005> 67 <71 ff.>; Fehling, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Stand Mai 2017, Art. 5 Abs. 3 (Wissenschaftsfreiheit) Rn. 210). Das Promotionswesen umfasst Regelungen über Art und Gewicht der Promotionsleistungen, die Gestaltung des Promotionsverfahrens einschließlich des Verfahrens der Leistungsbewertung, die Bewertungsgrundsätze sowie die wissenschaftlichen Pflichten der Promovenden bei der Erstellung der Promotionsleistungen und die Sanktionierung von Pflichtenverstößen. Hochschulintern sind hierfür seit jeher die Fakultäten (Fachbereiche) zuständig, die für ihr Gebiet die Aufgaben der Hochschule erfüllen (vgl. nunmehr § 26 Abs. 2 Satz 1 HG NRW).
Der Regelungsspielraum der Fakultäten ist im Promotionswesen grundsätzlich weiter als im Bereich der Studienprüfungen. Zum einen ist die Promotion für die große Mehrheit der Promovenden kein berufsqualifizierender Abschluss, sodass es sich bei ihren Anforderungen bei typisierender Betrachtungsweise nicht um subjektive Berufszulassungsvoraussetzungen handelt, für die nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG ein weitreichender Vorbehalt des Parlamentsgesetzes gilt. Zum anderen weist die Promotion einen erheblich stärkeren wissenschaftlichen Bezug auf als die an Hochschulen stattfindenden Berufsausbildungen. Die Promotion ist dazu bestimmt, eine über das allgemeine Studienziel hinausgehende Befähigung zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit nachzuweisen. Die im Vordergrund stehende Dissertation muss wissenschaftlich beachtlich sein (vgl. § 67 Abs. 1 Satz 1 und 2 HG NRW). Sie soll einen Gewinn an wissenschaftlicher Erkenntnis erbringen und den wissenschaftlichen Austausch fördern.
Das Promotionswesen ist den Hochschulen bzw. deren Fakultäten (Fachbereichen) anvertraut, weil die Wahrnehmung dieser Aufgabe in besonderer Weise Sachverstand und Erfahrung in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre erfordert. Insbesondere für die Betreuung und Bewertung von Dissertationen ist eine hohe fachwissenschaftliche Kompetenz unverzichtbar. Diese Tätigkeiten eignen sich nicht für allgemeingültige Vorgaben; sie sind dadurch gekennzeichnet, dass den verantwortlichen Wissenschaftlern weite Beurteilungsspielräume eröffnet sind. Dies gilt nicht in vergleichbarer Weise, wenn es darum geht, Verstöße gegen wissenschaftliche Pflichten bei der Erstellung der Promotionsleistungen festzustellen und zu sanktionieren. Zwar kann fachwissenschaftliche Sachkunde erforderlich sein, um Pflichtenverstöße festzustellen. Dies gilt namentlich für Ermittlungen, ob und in welchem Umfang eine Dissertation Plagiatsstellen enthält. Auch diese Tätigkeit macht aber in aller Regel keine komplexen wissenschaftlichen Erwägungen notwendig, wie sie für die Beurteilung der wissenschaftlichen Bedeutung einer Dissertation angestellt werden müssen.
c) Zwischen den Verfassungsgrundsätzen des Vorbehalts des Parlamentsgesetzes und der Selbstverwaltung der Hochschulen in wissenschaftlichen Angelegenheiten besteht ein Spannungsverhältnis: Je weiter der Zugriff des Landesgesetzgebers auf diese Regelungsmaterien reicht, desto mehr drängt er den sich aus der Selbstverwaltung ergebenden Regelungsanspruch der Hochschulen zurück. Dies ist schon deshalb nicht unbegrenzt möglich, weil deren Selbstverwaltungsrecht in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verankert ist. Daher stehen seine grundrechtlichen Gewährleistungen, zu denen das Promotionswesen gehört, nicht zur vollen Disposition des Landesgesetzgebers. Vielmehr muss dieser auch in Regelungsbereichen, die Grundrechte wie die Berufsfreiheit oder das Persönlichkeitsrecht betreffen, einen angemessenen Ausgleich dieser Grundrechtspositionen mit der Hochschulselbstverwaltung herstellen. Der Landesgesetzgeber muss umso mehr Zurückhaltung üben, je mehr ein Regelungsbereich den Kernbereich der den Hochschulen nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG anvertrauten Wissenschaftspflege und je weniger intensiv er Grundrechte Privater betrifft. Zu diesem Kernbereich gehört der eigentliche Wissenschaftsprozess, d.h. die Suche nach wissenschaftlichen Erkenntnissen, deren Verbreitung und der wissenschaftliche Austausch.
Wie unter 4. a) dargelegt, kann die Entziehung des Doktorgrades die Grundrechte der Promovierten erheblich beeinträchtigen. Daher darf der Landesgesetzgeber die Entziehung des Doktorgrades nicht vollständig den Hochschulen bzw. deren Fakultäten überlassen. Hinzu kommt, dass die Entziehung nicht zum Kernbereich der Wissenschaftspflege und damit der Hochschulselbstverwaltung gehört. Hierzu zählt im Promotionswesen insbesondere die Betreuung und Bewertung von Dissertationen, nicht aber die Aufklärung und Sanktionierung wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Andererseits ist die Pflege der Wissenschaft nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG den Hochschulen bzw. ihren Fakultäten anvertraut. Dementsprechend tragen in erster Linie sie die Verantwortung für die Redlichkeit der unter ihrem Dach betriebenen Wissenschaft. Diese Verantwortung konkretisiert sich, wenn sich nachträglich gewichtige Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sie einen Doktorgrad verliehen haben, obwohl die Dissertation auf einer schwerwiegenden Verletzung gewichtiger wissenschaftlicher Pflichten beruht. Daher dürfen die Hochschulen bzw. ihre Fakultäten im Bereich der Entziehung von Doktorgraden nicht von jeder Regelungs- und Entscheidungsmöglichkeit ausgeschlossen oder auf den Vollzug gesetzlicher Entziehungsregelungen beschränkt werden. Ihnen müssen eigenverantwortliche Entscheidungsbefugnisse verbleiben. Die gegenwärtigen landesgesetzlichen Regelungsmodelle werden diesen Anforderungen gerecht:
Bei Inkrafttreten des Grundgesetzes war die Entziehung des Doktorgrades abschließend durch § 4 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Führung akademischer Grade - GFaG - vom 7. Juni 1939 (RGBl. I S. 985) geregelt, der nach Art. 123 GG in allen Bundesländern als Landesrecht fortgalt (BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1960 - 7 C 198.59 - BVerwGE 10, 195 <195 f.>; Beschlüsse vom 7. September 1990 - 7 B 127.90 - Buchholz 421.11 § 4 GFaG Nr. 2 und vom 25. August 1992 - 6 B 31.91 - NVwZ 1992, 1201; BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. November 1988 - 1 BvR 900/88 - juris Rn. 8 und 9). Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GFaG konnten Doktorgrade entzogen werden, wenn sie durch Täuschung erworben worden waren (Buchst. a)), sich nachträglich herausstellte, dass der Inhaber bei der Verleihung unwürdig war (Buchst. b)) oder er sich durch sein späteres Verhalten als unwürdig erwiesen hatte (Buchst. c)). Diese Bestimmungen wurden seit den 1980er Jahren nach und nach durch Regelungen der Landeshochschulgesetze abgelöst, wobei manche Bundesländer § 4 Abs. 1 Satz 1 GFaG inhaltlich nachgezeichnet haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2013 - 6 C 9.12 - BVerwGE 147, 292 Rn. 15 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht hat derartige Nachfolgeregelungen mit der Maßgabe für verfassungskonform gehalten, dass der Entziehungstatbestand der Unwürdigkeit nur wissenschaftsrelevantes Fehlverhalten erfasst (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2013 - 6 C 9.12 - BVerwGE 147, 292 Rn. 22 ff.).
Daran ist festzuhalten: Zwar geben landesgesetzliche Regelungen, die dem § 4 Abs. 1 Satz 1 GFaG nachgebildet sind, die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Entziehung des Doktorgrades vor. Damit legt der Landesgesetzgeber abschließend fest, welches wissenschaftliche Fehlverhalten Anlass für die Entziehung des Doktorgrades geben kann. Bei Vorliegen eines Entziehungstatbestandes steht die Entziehung jedoch im Ermessen der Hochschulen bzw. ihrer Fakultäten. Dementsprechend haben sie die für und gegen die Entziehung sprechenden Belange, d.h. das Gewicht des wissenschaftlichen Fehlverhaltens einerseits und die grundrechtsrelevanten Folgen einer Entziehung andererseits, erschöpfend aufzuklären, zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Es entspricht der Verantwortung der Hochschulen bzw. ihrer Fakultäten für die Redlichkeit der unter ihrem Dach betriebenen Wissenschaft, dass sie die tatsächlichen Umstände, die für das Gewicht des wissenschaftlichen Fehlverhaltens bedeutsam sind, festzustellen und zu bewerten haben. Hierunter fällt die Entscheidung, ob eine Dissertation trotz zahlreicher Plagiatsstellen noch als wissenschaftliche Eigenleistung und damit als Befähigungsnachweis für selbständiges wissenschaftliches Arbeiten gelten kann (vgl. unter 6.). Von der Bewertung des Gewichts der Pflichtenverstöße hängt ab, ob die Entziehung des Doktorgrades wegen der dadurch herbeigeführten grundrechtsrelevanten Nachteile unterbleiben kann.
Nach alledem ist der Landesgesetzgeber zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, abschließend vorzugeben, welches wissenschaftliche Fehlverhalten den Hochschulen bzw. ihren Fakultäten Anlass zur Entziehung des Doktorgrades geben kann. Er kann stattdessen vorsehen, dass die Hochschulen bzw. ihre Fakultäten einen gesetzlich vorgegebenen Rahmen für tatbestandliche Entziehungsvoraussetzungen inhaltlich konkretisieren (BVerwG, Urteil vom 30. September 2015 - 6 C 45.14 - BVerwGE 153, 79 Rn. 11 ff.). Darüber hinaus kann es hingenommen werden, dass der Landesgesetzgeber darauf verzichtet, einen Rahmen für Entziehungstatbestände festzulegen, und den Hochschulen lediglich einen Regelungsauftrag erteilt, wie dies durch § 64 Abs. 2 Nr. 9 HG NRW geschehen ist (vgl. unter 2.). Hierfür sprechen folgende Erwägungen: Zum einen bleibt der vom Selbstverwaltungsrecht geforderte Ermessensspielraum der Fakultäten unberührt. Zum anderen ist der Regelungsspielraum, der ihnen durch die Zurückhaltung des Landesgesetzgebers eröffnet ist, begrenzt: Die Entziehungstatbestände sind auf zwei wissenschaftsrelevante Fallgruppen begrenzt. Erfasst werden Verstöße gegen wissenschaftliche Pflichten bei der Erstellung der Promotionsleistungen, insbesondere der Dissertation, sowie wissenschaftsrelevantes Fehlverhalten, das nicht in Zusammenhang mit der Promotion steht. Vor allem aber sind die hochschulintern zuständigen Fakultäten verpflichtet, einem Auftrag des Landesgesetzgebers zum Erlass von Entziehungsregelungen nachzukommen. Sie müssen die von diesem Rechtsetzungsauftrag erfassten Entziehungstatbestände, die sie im Falle gesetzlicher Festlegungen anzuwenden hätten, in ihr Satzungsrecht aufnehmen. Ungeachtet dessen folgt die Verpflichtung der Fakultäten, jedenfalls schwerwiegende Verletzungen grundlegender wissenschaftlicher Pflichten bei der Erstellung der Dissertation zu sanktionieren, bereits aus ihrer grundgesetzlichen Verantwortung für eine redliche Wissenschaft. Auch sind sie verpflichtet, durch Gestaltung und Anwendung ihres Satzungsrechts sicherzustellen, dass die unter 4. a) dargestellten grundrechtsrelevanten Nachteile mit dem ihnen fallbezogen zukommenden Gewicht berücksichtigt werden. Dies folgt aus ihrer Bindung an die Grundrechte der bei ihnen wissenschaftlich Tätigen (BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1996 - 6 C 5.95 - BVerwGE 102, 304 <309>).
5. Es verstößt nicht gegen das Gebot der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG, dass das Landesgesetz oder das Satzungsrecht der Hochschulen keine Ausschluss- oder Verjährungsfrist für die Entziehung des Doktorgrades vorsieht, während die Entziehung berufsqualifizierender akademischer Grade nur befristet möglich ist. Diese Schlechterstellung der Inhaber von Doktorgraden wird durch den besonderen Zweck dieses Grades gerechtfertigt. Im Gegensatz zu Graden, die aufgrund beruflicher Abschlüsse verliehen werden, bringt der Doktorgrad nicht nur zum Ausdruck, dass sein Inhaber bestimmte fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten nachgewiesen hat. Darüber hinaus ist seine Verleihung mit der Erwartung verbunden, dass der Inhaber sich dauerhaft wissenschaftskonform verhalten, d.h. grundlegende wissenschaftliche Pflichten beachten wird. Der Doktorgrad weist den Inhaber als wissenschaftlich vertrauenswürdig aus. Dementsprechend muss dieser sich des Vertrauens dauerhaft als würdig, d.h. als wissenschaftlich redlich, erweisen, um den Doktorgrad weiter führen zu dürfen (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2013 - 6 C 9.12 - BVerwGE 147, 292 Rn. 27 und 46). Der Vertrauensvorschuss war von vornherein nicht berechtigt, wenn sich nach der Verleihung herausstellt, dass der Inhaber den Doktorgrad durch eine vorsätzliche Verletzung grundlegender wissenschaftlicher Pflichten bei der Erstellung der Dissertation erlangt, etwa keine eigenständige wissenschaftliche Leistung erbracht hat.
6. Die Philosophische Fakultät der Beklagten hat den Regelungsauftrag des § 64 Abs. 2 Nr. 9 HG NRW durch den Erlass des § 20 Abs. 2 PromO grundgesetzkonform erfüllt. Danach kann die Bewertung der Promotionsleistungen nachträglich geändert oder der Doktorgrad entzogen werden, wenn der Promovend bei einer Promotionsleistung eine Täuschung begangen hat und dies erst nach Aushändigung der Promotionsurkunde bekannt wird. Nach der irrevisiblen Auslegung des Oberverwaltungsgerichts liegt eine Täuschung vor, wenn der Promovend bei den zuständigen Gremien vorsätzlich einen Irrtum über Tatsachen hervorruft, die für die Bewertung einer Promotionsleistung erheblich sind. Er muss wider besseren Wissens vorspiegeln, bei der Erbringung dieser Leistungen, insbesondere bei der Anfertigung der Dissertation, die grundlegenden wissenschaftlichen Pflichten beachtet zu haben, die sich aus Gesetz und Promotionsordnung ergeben.
Schlechthin grundlegend ist die Pflicht, das Gebot der Eigenständigkeit der Promotionsleistungen zu erfüllen. Der Promovend muss einen eigenen Beitrag zum Wissenschaftsprozess erbringen; er darf nicht fremde Beiträge als eigene ausgeben. Dies hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend aus dem gesetzlichen Zweck der Promotion hergeleitet, eine über das allgemeine Studienziel hinausgehende Befähigung zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit nachzuweisen (§ 67 Abs. 1 Satz 1 HG NRW, § 2 Abs. 1, § 11 Abs. 1 PromO). Die Philosophische Fakultät der Beklagten hat den Promotionszweck dahingehend konkretisiert, dass der Promovend insbesondere nachweisen muss, dass er über die einschlägige Theorie- und Methodenkompetenz verfügt und diese auf wissenschaftliche Probleme auch in fachübergreifendem Bezug anwenden kann. Für den Nachweis der wissenschaftlichen Befähigung kommt der Dissertation entscheidende Bedeutung zu; als weitere Promotionsleistung ist regelmäßig nur eine mündliche Prüfung vorgesehen (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 PromO). Dementsprechend muss es sich bei der Dissertation um eine eigenständig erstellte wissenschaftlich beachtliche Arbeit bzw. um eine wissenschaftliche Arbeit von Rang handeln (§ 67 Abs. 1 Satz 2 HG NRW, § 2 Abs. 2 Satz 2, § 11 Abs. 1 PromO). Die Pflicht, eine eigene wissenschaftliche Leistung zu erbringen, wird durch die Pflicht ergänzt, Übernahmen aus Arbeiten anderer durch Zitate der Originalquelle offenzulegen. Die Beachtung des Zitiergebots ist unverzichtbar, um beurteilen zu können, ob der Promovend das Gebot der Eigenständigkeit erfüllt hat.
Daraus hat das Oberverwaltungsgericht folgerichtig hergeleitet, ein Promovend begehe eine Täuschung im Sinne des § 20 Abs. 2 PromO, wenn er für seine Dissertation vorsätzlich Texte aus Arbeiten anderer ohne Angabe der richtigen Quellen (Plagiatsstellen) in einem Ausmaß übernimmt, das es ausschließt, die Dissertation als eigene wissenschaftliche Leistung anzusehen. Die Annahme, dass der Promovend nicht aus Nachlässigkeit, sondern mit Täuschungsvorsatz gehandelt hat, liegt umso näher, je zahlreicher die verschleierten Übernahmen sind. Die sich aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ergebende Verantwortung der Fakultäten für die Redlichkeit der Wissenschaft verbietet es, den Doktorgrad für eine Dissertation zu verleihen, die dem Gebot der Eigenständigkeit nicht genügt. Durch eine solche Arbeit kann die Befähigung zum selbständigen wissenschaftlichen Arbeiten nicht nachgewiesen werden. Daraus folgt, dass die Verleihung durch Entziehung des Doktorgrades rückgängig zu machen ist, wenn sich die Täuschung über die Erfüllung dieser grundlegenden Pflicht - aus welchen Gründen auch immer - erst nach der Verleihung herausstellt. Ob die Dissertation noch als Eigenleistung des Promovenden gelten kann, entzieht sich einer allgemeingültigen Bewertung. Maßgebend ist die Würdigung des jeweiligen Sachverhalts. Hierfür sind die Anzahl der Plagiatsstellen, ihr quantitativer Anteil an der Dissertation sowie ihr qualitatives Gewicht, d.h. ihre Bedeutung für die wissenschaftliche Aussagekraft der Arbeit, zu berücksichtigen. Die Plagiatsstellen müssen die Arbeit quantitativ, qualitativ oder in einer Gesamtschau beider Möglichkeiten prägen. Eine quantitative Prägung ist zu bejahen, wenn die Anzahl der Plagiatsstellen und deren Anteil an der Arbeit angesichts des Gesamtumfangs überhandnehmen. Derartige Passagen prägen die Arbeit qualitativ, wenn die restliche Dissertation den inhaltlichen Anforderungen an eine beachtliche wissenschaftliche Leistung nicht genügt.
Nach § 20 Abs. 2 PromO hat die Fakultät bei Vorliegen einer Täuschung nach Ermessen zu entscheiden, ob und welche Sanktion zu verhängen ist. Insoweit unterscheidet sich die satzungsrechtliche Regelung nicht von gesetzlichen "Vollregelungen" über die Entziehung nach dem Vorbild des § 4 Abs. 1 Satz 1 GFaG. Die Fakultät ist berechtigt und verpflichtet, einerseits die Schwere der Täuschung, d.h. der wissenschaftlichen Pflichtenverstöße, andererseits die grundrechtsrelevanten Nachteile der Entziehung zu ermitteln, zu gewichten und gegeneinander abzuwägen (vgl. unter 4. c)). Allerdings ist die Entziehung indiziert, wenn der Promovend mangels Eigenständigkeit der Dissertation die Befähigung zur selbständigen wissenschaftlichen Arbeit nicht nachgewiesen hat. In diesen Fällen erweckt der Doktorgrad den irrigen Eindruck einer ordnungsgemäß nachgewiesenen wissenschaftlichen Befähigung seines Inhabers.
7. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen revisibles Recht angenommen, die Klägerin habe bei der Dissertation eine Täuschung im Sinne des § 20 Abs. 2 PromO begangen. Das Gericht hat festgestellt, die Dissertation der Klägerin weise mindestens 327 Plagiatsstellen auf, die ungefähr 40 % der Seiten erfassten. Diese tatsächlichen Feststellungen binden den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO; die Klägerin hat keine Verfahrensrügen erhoben. Entgegen ihrem Vortrag hat das Oberverwaltungsgericht diese Feststellungen ebenso wenig wie die Fakultät ungeprüft auf die Veröffentlichungen der Internetplattform "VroniPlag" gestützt. Vielmehr handelt es sich um die Erkenntnisse der von der Fakultät eingesetzten Arbeitsgruppe, die diese Veröffentlichungen eingehend überprüft und weitestgehend bestätigt hat.
Das Oberverwaltungsgericht hat seine tatsächlichen Feststellungen dahingehend gewürdigt, die Klägerin habe über die Eigenständigkeit ihrer Dissertation getäuscht. Die Dissertation könne aufgrund der Vielzahl der Plagiatsstellen und ihres Anteils am Gesamtumfang der Arbeit nicht mehr als selbständige wissenschaftliche Leistung im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 1 HG NRW gelten. Die Anzahl der Plagiatsstellen und die festgestellte Vorgehensweise der Klägerin schlössen Nachlässigkeit aus. Daraus könne nur geschlossen werden, dass die Klägerin die Übernahmen fremder Texte systematisch und planmäßig verschleiert habe. Aufgrund dieses Befunds hat das Oberverwaltungsgericht aus seiner Sicht folgerichtig nicht zusätzlich geprüft, welche qualitative Bedeutung den Plagiatsstellen zukommen könnte. Seine Rechtsanwendung ist der revisionsgerichtlichen Nachprüfung entzogen, weil sie die irrevisiblen Vorschriften der § 67 Abs. 1 HG NRW und § 20 Abs. 2 PromO betrifft (§ 137 Abs. 1 Nr. 1, § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO).
8. Die vom Oberverwaltungsgericht gebilligte Ermessensausübung der Fakultät verstößt nicht gegen revisibles Recht. Die Fakultät hat nicht verkannt, dass die Entziehung des Doktorgrades für die Klägerin schwerwiegende Nachteile mit sich bringt. Ihre beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten werden voraussichtlich erheblich beeinträchtigt, ihr wissenschaftlicher Ruf und Ansehen werden beschädigt. Diese Folgewirkungen verpflichteten die Fakultät aber nicht, zum Schutz der Grundrechte der Klägerin von der Entziehung ihres Doktorgrades abzusehen. Vielmehr kam dem in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verankerten Interesse an einer redlichen Wissenschaft Vorrang zu. Wie unter 7. dargelegt, folgt dies aus der Verletzung des Gebots der Eigenständigkeit. Die Dissertation der Klägerin war nicht geeignet, die Befähigung zum selbständigen wissenschaftlichen Arbeiten nachzuweisen, weil sie nicht als Eigenleistung gelten kann. Daher hatte die Klägerin die Anforderungen an eine erfolgreiche Promotion nicht erfüllt. Der ihr verliehene Doktorgrad bescheinigt einen Nachweis, den sie durch ihre Dissertation nicht erbracht hat. Daran vermag nichts zu ändern, dass die Klägerin nach der Verleihung des Doktorgrades 1986 durch ihre langjährige Berufstätigkeit wissenschaftliche Verdienste erworben hat. Auch durfte die Fakultät nicht berücksichtigen, dass die Entziehung den Ruf namhafter Wissenschaftler, insbesondere des Doktorvaters der Klägerin, beeinträchtigt. Es dient nicht der Pflege der Wissenschaft, durchgreifende Mängel wissenschaftlicher Arbeiten "unter dem Teppich zu halten", weil sie namhafte Wissenschaftler - aus welchen Gründen auch immer - nicht moniert haben.
Ist die Entziehung des Doktorgrades, wie unter 5. dargestellt, unbefristet möglich, war die Fakultät nicht gehalten, davon abzusehen, weil seit der Verleihung ein Zeitraum von rund 25 Jahren verstrichen war. Dem Zeitfaktor kann bei Verletzungen des schlechthin grundlegenden Gebots der Eigenständigkeit kein maßgebender Stellenwert zukommen, weil der Doktorgrad eine Befähigung bescheinigt, die der Inhaber nicht nachgewiesen hat. In diesen Fällen ist die mit dem Doktorgrad verbundene Erwartung, der Promovend werde sich wissenschaftlich redlich verhalten, von Anfang an unbegründet. Auch hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass das Vertrauen eines Begünstigten, eine Rechtsposition behalten zu dürfen, selbst bei deren rechtsverbindlicher Verleihung nicht schutzwürdig ist, wenn er diese durch Täuschung erwirkt hat (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG NRW/VwVfG des Bundes). Angesichts der Schwere des Pflichtenverstoßes liegt auf der Hand, dass die Fakultät im Rahmen der Ermessensausübung weder die Herabsetzung der Promotionsnote noch die Aufforderung, die Dissertation nachzubessern, als mildere Mittel in Erwägung ziehen musste.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.