Entscheidungsdatum: 15.12.2010
1. Allgemeine Studiengebühren sind grundsätzlich mit Bundesrecht vereinbar (im Anschluss an Urteil vom 29. April 2009 - BVerwG 6 C 16.08 - BVerwGE 134, 1 = Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 165).
2. Es liegt in dem Entscheidungsspielraum des jeweils verantwortlichen Gesetzgebers, ob er die Nachteile ausgleichen will, die sich in anderen Lebensbereichen an die Erfüllung einer Dienstpflicht im Sinne des Art. 12a GG knüpfen (hier im Hinblick auf die Erhebung allgemeiner Studiengebühren).
3. Die Mitarbeit von Studierenden in der universitären Selbstverwaltung kann zu einer Anwendung der Regelungen über einen Erlass allgemeiner Studiengebühren führen.
Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von allgemeinen Studiengebühren nach dem baden-württembergischen Landeshochschulgebührengesetz (LHGebG BW).
Der Kläger leistete von September 2001 bis Juli 2002 Zivildienst. Im Wintersemester 2002/2003 nahm er an der beklagten Hochschule ein Studium im Diplomstudiengang Informatik auf, für das er fortlaufend und noch im Wintersemester 2008/2009 eingeschrieben war. Für das Sommersemester 2004 und das Wintersemester 2004/2005 bestellte ihn der Rektor der Beklagten nach § 5 Satz 4 ihrer Grundordnung vom 7. November 2000 zum Beauftragten für den Arbeitsbereich V (Soziales) des Allgemeinen Studierendenausschusses. Im Wintersemester 2005/2006 und im Sommersemester 2006 war er gewähltes Mitglied des Allgemeinen Studierendenausschusses.
Mit auf §§ 3, 5 Abs. 1 LHGebG BW gestütztem Gebührenbescheid vom 10. November 2006 verpflichtete die Beklagte den Kläger, ab dem Sommersemester 2007 für die weitere Dauer seines Studiums eine Studiengebühr von 500 € je Semester zu bezahlen. Mit weiterem Bescheid vom 30. Januar 2007 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab, ihm die Studiengebühr für das Sommersemester 2007 und das Wintersemester 2007/2008 mit Rücksicht auf seine Tätigkeit als Beauftragter des Rektors der Beklagten und eine dadurch bedingte Verlängerung seines Studiums nach § 6 Abs. 3 Satz 1 LHGebG BW i.V.m. § 22 Abs. 2 Satz 1 LGebG BW zu erlassen.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 10. November 2006, hilfsweise deren Verpflichtung zur Neubescheidung des Antrags auf Gebührenerlass beantragt. Die Klage ist vor dem Verwaltungsgericht erfolglos geblieben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger erfülle die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erhebung von allgemeinen Studiengebühren nach dem Landeshochschulgebührengesetz. Dieses Gesetz stehe sowohl mit Verfassungsrecht als auch mit einfachem Bundesrecht in Einklang. Die Einführung der Abgaben, die als Benutzungsgebühren für die individuelle Inanspruchnahme der Hochschulen als staatlicher Infrastruktureinrichtungen geschuldet würden, habe in der Kompetenz des Landesgesetzgebers gelegen, der hierdurch nicht gegen seine Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten verstoßen habe. Den Bestimmungen des Art. 2 Abs. 1 und des Art. 13 Abs. 2 Buchst. c des Internationalen Paktes vom 19. Dezember 1966 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR) lasse sich weder ein striktes Gebot zur Abschaffung von Studiengebühren noch ein striktes Verbot ihrer (Wieder-)Einführung entnehmen. Der in der Gebührenerhebung liegende Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Ausbildungsfreiheit genüge selbst den Maßstäben, die an die Rechtfertigung einer subjektiven Berufswahlbeschränkung anzulegen seien. Der Landesgesetzgeber habe die Studiengebührenpflicht auch - insbesondere durch die Einräumung eines Anspruchs auf ein Studiengebührendarlehen in § 7 LHGebG BW - derart ausgestaltet, dass sie nicht zu einer unüberwindlichen sozialen Barriere für die Aufnahme eines Studiums werde. Der verfassungsrechtliche Grundsatz des Vertrauensschutzes werde nicht verletzt. Zwar entfalte die allgemeine Gebührenpflichtigkeit des Studiums insoweit eine sog. unechte Rückwirkung, als sie nicht nur Studienanfänger sondern auch Studierende erfasse, die bei Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen über ihre Einführung bereits an einer Hochschule des Landes eingeschrieben gewesen seien. Deren Erwartung, das Studium ohne Gebührenbelastung abschließen zu können, sei jedoch nicht geschützt. Die vorgesehene Übergangszeit bis zur ersten Gebührenerhebung im Sommersemester 2007 habe ihnen ausreichend Zeit gewährt, sich auf die veränderte Rechtslage einzustellen. Ein weiter gehender Vertrauensschutz komme auch Studierenden nicht zu, die Zeitverluste durch Wehr- oder Zivildienst oder durch Funktionen in der universitären Selbstverwaltung erlitten hätten. Für diese Gruppen von Studierenden habe der Landesgesetzgeber zudem weder aus Gründen des sonstigen Verfassungsrechts - Art.12a Abs. 1 GG bzw. Art. 3 Abs. 1 GG - noch aus Gründen des einfachen Bundesrechts - § 34 Satz 1 Nr. 1 HRG bzw. § 37 Abs. 1 und 3 HRG - Befreiungstatbestände oder eine längere Übergangsfrist vorsehen müssen. Auch im Übrigen sei in den baden-württembergischen Regelungen zur Erhebung der Studiengebühren ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht angelegt. Für den mit dem Hilfsantrag der Klage erstrebten Gebührenerlass für zwei Semester nach § 6 Abs. 3 Satz 1 LHGebG BW i.V.m. § 22 Abs. 2 Satz 1 LGebG BW sei kein Raum.
Zur Begründung seiner von dem Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision wiederholt der Kläger im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Berufungsverfahren.
In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat die Beklagte dem Kläger mit Rücksicht auf seine Tätigkeit in der universitären Selbstverwaltung die Studiengebühren für das Sommersemester 2007 und das Wintersemester 2007/2008 aus Gründen unbilliger Härte erlassen. Der Kläger hat daraufhin erklärt, er verfolge seinen in den Vorinstanzen angebrachten Hilfsantrag nicht weiter.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. Juli 2007 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16. Februar 2009 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 10. November 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Berufungsurteil.
Die zulässige Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das Berufungsurteil steht, soweit es der Kläger noch angreift, mit Bundesrecht in Einklang.
1. Der Verwaltungsgerichtshof hat die von dem Kläger in zulässiger Weise erhobene Anfechtungsklage gegen den Studiengebührenbescheid der Beklagten vom 10. November 2006, der die Gebühr in der Form eines Dauerbescheids für die weitere Dauer des Studiums des Klägers festsetzt, als unbegründet erachtet. Er hat dabei auf die Bestimmungen des baden-württembergischen Landeshochschulgebührengesetzes (LHGebG BW) in seiner Fassung durch Art. 1 des am 28. Dezember 2005 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2005 (GBl BW S. 794, ber. GBl BW 2006 S. 15) abgestellt; hiergegen ist aus Gründen des revisiblen Rechts nichts zu erinnern. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs, die landesrechtlichen Studiengebührenvorschriften verstießen nicht gegen Bundesrecht, und zwar weder nach ihren allgemeinen Ausgestaltungsmerkmalen (a)) noch im Hinblick auf die Heranziehung von Studierenden, die Wehr- oder Zivildienst geleistet oder sich in der universitären Selbstverwaltung betätigt haben (b)).
a) Der erkennende Senat hat die grundsätzliche Vereinbarkeit allgemeiner Studienabgaben mit Bundesrecht bereits im Falle der nordrhein-westfälischen Studienbeiträge bejaht (Urteil vom 29. April 2009 - BVerwG 6 C 16.08 - BVerwGE 134, 1 = Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 165). Für die baden-württembergischen Studiengebühren gelten weithin entsprechende Erwägungen (aa) - gg)).
aa) Dem Land Baden-Württemberg stand die Gesetzgebungskompetenz für die Erhebung allgemeiner Studiengebühren an den Hochschulen des Landes zu. Die Regelung allgemeiner Studienabgaben fällt gemäß Art. 70 Abs. 1 GG in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder. Diese Abgaben sind zudem nach den Maßstäben, die sich aus der Begrenzungs- und Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung in Art. 104a ff. GG ergeben, als sog. Vorzugslasten dem Grunde nach bereits durch ihre Ausgleichsfunktion und der Höhe nach jedenfalls dann sachlich gerechtfertigt, wenn sie - was bei einer Semestergebühr von 500 € selbst im Hinblick auf kostengünstige Studiengänge auf der Hand liegt - nur einen Teil der durch ein Studium entstehenden zurechenbaren Kosten auf die Studierenden überwälzen.
bb) Der Landesgesetzgeber hat die ihm zustehende Gesetzgebungskompetenz nicht unter Verletzung seiner Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten wahrgenommen.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs besteht kein Anhaltspunkt für einen Verdrängungseffekt der baden-württembergischen Studiengebühren dergestalt, dass Studierende durch sie zum Besuch von Hochschulen außerhalb des Landes bewogen werden. Entsprechend ist nichts dafür ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber mit einer derartigen Verdrängung rechnen musste oder eine solche gar beabsichtigt haben könnte (vgl. dazu allgemein: BVerfG, Urteil vom 26. Januar 2005 - 2 BvF 1/03 - BVerfGE 112, 226 <246 f.>; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 - BVerwG 6 C 8.00 - BVerwGE 115, 32 <34 f.> = Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 158 S. 22).
Ebenso wenig hat der Landesgesetzgeber mit dem von ihm geschaffenen System allgemeiner Studiengebühren die mit dem Bundesausbildungsförderungsgesetz verfolgten Förderzwecke unterlaufen. Das landesrechtliche und das bundesrechtliche Vorschriftenwerk beziehen sich auf jeweils unterschiedliche Regelungsgegenstände und verfolgen keine widersprüchlichen Regelungsansätze (zu diesem Maßstab allgemein: BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 - BVerfGE 98, 106 <118 f.>). Es kann auch sonst keine Rede davon sein, dass der Landesgesetzgeber, wie es die Annahme eines Verstoßes gegen den ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz der wechselseitigen Pflicht des Bundes und der Länder zu bundesfreundlichem Verhalten in jedem Fall voraussetzen würde (BVerfG, Urteile vom 19. Oktober 1982 - 2 BvF 1/81 - BVerfGE 61, 149 <205> und vom 22. Mai 1990 - 2 BvG 1/88 - BVerfGE 81, 310 <337>, Beschlüsse vom 7. November 2002 - 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225 <243> und vom 3. März 2004 - 1 BvF 3/92 - BVerfGE 110, 33 <52>), seine Kompetenz zur Regelung des Rechts der Studiengebühren in missbräuchlicher Weise wahrgenommen hätte. Dies gilt insbesondere für das Verhältnis zwischen der in § 9 Abs. 4 und Abs. 6 Satz 2 LHGebG BW festgelegten Kappungsgrenze und der durch § 17 Abs. 2 Satz 1 BAföG vorgesehenen Darlehensdeckelung.
Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 BAföG ist die Verpflichtung, den als Staatsdarlehen gewährten Teil der Ausbildungsförderung zurückzuzahlen, auf einen Gesamtbetrag von 10 000 € beschränkt. Das baden-württembergische Studiengebührenrecht gewährt Studienbewerbern und Studierenden nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 LHGebG BW einen Anspruch gegen die L-Bank als Förderbank des Landes auf Gewährung eines privatrechtlichen Darlehens zur Finanzierung der Studiengebühren. Gemäß § 9 Abs. 4 LHGebG BW übernimmt der als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts eingerichtete Studienfonds auf Antrag und Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus dem Darlehen die Zahlung an den Darlehensgeber, soweit das unverzinsliche Staatsdarlehen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 BAföG und das Darlehen für Studiengebühren zuzüglich Zinsen zusammen die Höchstgrenze von 15 000 € überschreiten. Nach § 9 Abs. 6 Satz 2 LHGebG BW besteht ein Anspruch des Darlehensnehmers gegenüber dem Studienfonds auf Erlass der abgetretenen Schuld.
Die bundesrechtliche Vorschrift dient der Begrenzung der Verschuldung, die aus der darlehensweise geleisteten Förderung für den Lebensunterhalt und die Ausbildung (§ 11 Abs. 1 BAföG) herrührt. Die dargestellten landesrechtlichen Bestimmungen stellen durch das garantierte Studiengebührendarlehen sicher, dass die auf Grund des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bereitgestellten Mittel nicht zweckwidrig für die Finanzierung der Studiengebühren verwandt werden und dass auch die mit der Inanspruchnahme des Darlehens verbundene zusätzliche Belastung für die Studierenden limitiert wird. Der Landesgesetzgeber will ebenso wie der Bundesgesetzgeber vermeiden, dass studierfähige junge Menschen durch einen drohenden Schuldenberg von der Aufnahme eines Studiums abgeschreckt werden (vgl. BTDrucks 14/4731 S. 26, 36 einerseits und LTDrucks 13/4858 S. 40, 43, 57, 69 andererseits). Das Landesrecht nimmt dabei vorausschauend auf die Auswirkungen Bedacht, die sich für die Betroffenen aus dem Bundesrecht ergeben. Die Festlegung einer niedrigeren landesrechtlichen Kappungsgrenze hätte eine wesentliche Einschränkung der Anwendungsbreite und Wirksamkeit des Studiengebührensystems zur Folge gehabt, zu deren Hinnahme der Landesgesetzgeber kompetenzrechtlich nicht verpflichtet war.
cc) Das baden-württembergische Studiengebührenrecht verletzt nicht das aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und dem in Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG statuierten Sozialstaatsprinzip ableitbare Recht auf Teilhabe an den staatlichen Ausbildungsressourcen. Der Landesgesetzgeber hat durch die Einführung allgemeiner Studiengebühren keine unüberwindlichen sozialen Barrieren für die Ergreifung oder Weiterführung eines Studiums errichtet.
Der Landesgesetzgeber war sich, wie die Gesetzesmaterialien (LTDrucks 13/4858 S. 35 ff.) belegen, der Problematik bewusst, dass allgemeinen Studiengebühren grundsätzlich eine abschreckende oder verdrängende Wirkung insbesondere im Hinblick auf Studienberechtigte aus einkommensschwachen Bevölkerungsschichten und bildungsfernen Elternhäusern zukommen kann. Er hat dieser Gefahr durch die Ausgestaltung des Studiengebührenrechts in einer Weise entgegengewirkt, die unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative und des Gestaltungsspielraums, die ihm zustehen, bundesrechtlich nicht beanstandet werden kann.
Eine Studiengebühr von 500 € pro Semester ist im Gesamtzusammenhang einerseits der von Ort zu Ort unterschiedlichen Lebenshaltungskosten und andererseits der Kosten und Vorteile eines Hochschulstudiums von der Höhe her moderat (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Januar 2005 a.a.O. S. 245). Für die zur Zahlung der Gebühr Verpflichteten stellt sie sich gleichwohl als spürbare Zusatzbelastung dar. Der Landesgesetzgeber hat diese Belastung jedoch in mehrfacher Hinsicht in sozialverträglicher Weise abgemildert.
Die Regelungen des § 3 LHGebG BW und des § 6 LHGebG BW schränken die Gebührenpflicht für besondere Fallgestaltungen und Lebenssituationen der Studierenden in beachtlichem Umfang ein. Hervorzuheben ist die in § 6 Abs. 3 Satz 1 LHGebG BW i.V.m. § 21 Abs. 1, § 22 Abs. 2 LGebG BW enthaltene allgemeine Erlass- bzw. Härtefallvorschrift, die im Hinblick auf die bei Nichtentrichtung der Gebühr drohende Nichteinschreibung bzw. Exmatrikulation (§ 60 Abs. 5 Nr. 2, § 62 Abs. 2 Nr. 3 LHG BW) von Art. 12 Abs. 1 GG gefordert wird (vgl. dazu: BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 31. März 2006 - 1 BvR 1750/01 - juris Rn. 35 und - 1 BvR 1771/01 - juris Rn. 29, 32; BVerwG, Beschlüsse vom 11. November 2009 - BVerwG 6 B 15.09 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 168 Rn. 6 und vom 3. September 2010 - BVerwG 6 B 29.09 - juris Rn. 11). Auf der Grundlage der gesetzlichen Einschränkungen der Gebührenpflicht blieben etwa im Sommersemester 2007 nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs achtzehn Prozent der Studierenden von der Gebührenerhebung verschont.
Das wichtigste Instrument zur Sicherung der Sozialverträglichkeit der Studiengebühren stellt der Anspruch auf Gewährung eines zeitlich begrenzten, verzinslichen Studiengebührendarlehens dar, den § 7 LHGebG BW den Studierwilligen gegenüber der L-Bank einräumt und der unabhängig von einer bestimmten Bonität oder einer Sicherheitsleistung ist. Hierdurch hat der Landesgesetzgeber sichergestellt, dass in dem durch das Recht auf Teilhabe an den staatlichen Ausbildungsressourcen geschützten zeitlichen Umfang grundsätzlich niemand von einem Studium absehen oder ein begonnenes Studium abbrechen muss, weil ihm die finanziellen Mittel zur Erfüllung der Studiengebührenpflicht nicht zur Verfügung stehen.
Die Studierenden, die zur Finanzierung der Studiengebühren das Studiengebührendarlehen in Anspruch genommen haben, hat der Landesgesetzgeber in der Phase der Rückzahlung des verzinsten Darlehens durch mehrere Maßnahmen entlastet. So muss mit der Rückzahlung in monatlichen Raten von mindestens 50 € und höchstens 150 € regelmäßig erst zwei Jahre nach dem Abschluss des Studiums begonnen werden. Bei niedrigem Einkommen, Zahlungsunfähigkeit und Zahlungsverzug besteht die Möglichkeit der Stundung, gegebenenfalls auch der Niederschlagung oder des Erlasses der Schuld. Hinzu kommt die bereits erwähnte Kappungsgrenze nach § 9 Abs. 4 i.V.m. Abs. 6 Satz 2 LHGebG BW, die nach der bindenden Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof - im Sinne der später durch § 9 Abs. 4 Satz 2 und 3 LHGebG BW in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Umsetzung der Föderalismusreform im Hochschulbereich vom 3. Dezember 2008 (GBl BW S. 435) vorgenommenen Klarstellung - gebietet, dass die Schulden aus dem Studiengebührenkredit einschließlich der Zinsen dauerhaft gekürzt werden, sobald und soweit sie zusammen mit den Schulden aus dem Darlehen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz die Höchstgrenze von 15 000 € überschreiten.
Der Senat verkennt nicht, dass sich eine Verschuldung in dieser Höhe für die Betroffenen dann als drückend erweisen kann, wenn sich für sie infolge eines Studienabbruchs oder aus anderen Gründen die besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt, die mit einem - überwiegend durch öffentliche Mittel geförderten - Studium regelmäßig verbunden sind, nicht realisieren. Dies gilt umso mehr, als ein erheblicher Teil der Schuld aus aufgelaufenen Zinsen bestehen kann. Der Zinssatz für Studiengebührendarlehen ist zwar nach der begründeten Erwartung des Landesgesetzgebers (LTDrucks 13/4858 S. 16) schon wegen der Absicherung des Darlehens durch den Studienfonds günstiger als die Verzinsung eines marktüblichen Kredits, eine strikte gesetzliche Zinsobergrenze enthält die nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs auf den vorliegenden Fall anwendbare Fassung des Landeshochschulgebührenrechts jedoch nicht. Hieraus ergibt sich gleichwohl keine nicht mehr hinnehmbare abschreckende Wirkung der Studiengebühren. Denn nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs führt bereits die Anwendung der Kappungsgrenze nach § 9 Abs. 4 und Abs. 6 Satz 2 LHGebG BW dazu, dass ein erheblicher Teil der nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz geförderten und damit nach typisierender Betrachtung unter sozialen Gesichtspunkten besonders schutzwürdigen Studierenden von einer Zinsbelastung für das Studiengebührendarlehen freigestellt wird. Unabhängig davon fordert das Recht auf Teilhabe an den staatlichen Ausbildungsressourcen nicht, dass Erschwernisse, die mit der Erhebung von Studiengebühren verbunden sind, stets vollständig oder weitestgehend durch soziale Begleitmaßnahmen kompensiert werden. Diese Maßnahmen müssen nur hinreichend sicher verhindern, dass die Gebührenerhebung zu unüberwindlichen sozialen Barrieren für die Aufnahme oder Weiterführung eines Studiums oder zu einer sozialen Unverträglichkeit führt. Diesen Anforderungen werden die darlehensfinanzierten baden-württembergischen Studiengebühren auch unter Berücksichtigung der Regelungen über die Verzinsung der Studiengebührendarlehen bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise - noch - gerecht.
Den Landesgesetzgeber trifft allerdings die Pflicht, die Problematik einer ins Gewicht fallenden abschreckenden Wirkung des Studiengebührensystems unter Beobachtung zu halten und gegebenenfalls durch eine Korrektur Abhilfe zu schaffen. Dass das Land Baden-Württemberg sich dieser Verpflichtung bewusst ist, belegen die Einrichtung eines unabhängigen Beirats zum Monitoring der Studiengebühren durch das Landesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und die - auch auf Empfehlung dieses Beirats (vgl. dessen Zwischenbericht vom 26. Mai 2008) - durch das Änderungsgesetz vom 3. Dezember 2008 eingeführten neuen Regelungen zur Steigerung der Sozialverträglichkeit des Studiengebührensystems, unter anderem die Festlegung einer verbindlichen Zinsobergrenze von 5,5 Prozent in § 9 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Nr. 9 LHGebG BW n.F.
dd) Die baden-württembergischen Studiengebühren sind mit Art. 12 Abs. 1 GG auch in seiner Funktion als Freiheits- bzw. Abwehrrecht vereinbar. Allgemeine Studienabgaben haben den Rechtscharakter von Berufsausübungsregelungen. Sie gestalten die Studienbedingungen in bestimmter Weise aus, treffen aber nicht vergleichbar einer Berufswahlregelung Bestimmungen über den Zugang zum Hochschulstudium. Dies folgt daraus, dass Studierende, die über ausreichende eigene Mittel zur Zahlung der Studiengebühren nicht verfügen, ihren Zugang zum oder ihren Verbleib im Studium durch die Inanspruchnahme des gesetzlich garantierten Studiengebührendarlehens erreichen können.
Als Berufsausübungsregelungen genügen die Studiengebührenvorschriften den Anforderungen des Regelungsvorbehalts in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, weil sie durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Nach Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs bezweckt der Landesgesetzgeber mit der Einführung der allgemeinen Studiengebührenpflicht, den Hochschulen zusätzliche Einnahmen zu verschaffen, dadurch die Studienbedingungen und die Qualität der Lehre zu verbessern und zugleich die Studierenden zu einem effizienten Studium mit dem Ergebnis kürzerer Studienzeiten anzuhalten. Sämtlichen Zielen liegt das legitime Gemeinwohlanliegen zugrunde, die Leistungsfähigkeit und Effizienz der Lehre an den Hochschulen des Landes zu sichern. Die Erhebung allgemeiner Studienabgaben stellt ein geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel dar, um die bezeichneten Ziele zu erreichen (vgl. dazu im Einzelnen: Urteil vom 29. April 2009 a.a.O. Rn. 36 ff.).
ee) Die prägenden Ausgestaltungsmerkmale der baden-württembergischen Studiengebühren stehen nicht in Widerspruch zu Art. 3 Abs. 1 GG, der im Abgabenrecht vor allem in Gestalt des Grundsatzes der Abgabengerechtigkeit und der daraus ableitbaren Forderung der Belastungsgleichheit zur Anwendung gelangt. Insbesondere darf eine Semesterabgabe in der in Rede stehenden, an die tatsächlichen Kosten in keinem Fall heranreichenden Höhe ohne Differenzierung nach der Kostenintensität der einzelnen Studiengänge oder der in ihnen erforderlichen Verbesserungsmaßnahmen erhoben werden. Weiter führt die Zinsbelastung, die sich als Folge der Inanspruchnahme des garantierten Studiengebührendarlehens ergibt, nicht zu einer mit dem Gleichheitssatz unvereinbaren unangemessenen Belastung der Darlehensnehmer gegenüber Studierenden, die die Studiengebühren bei Fälligkeit unter Inanspruchnahme von ihnen anderweitig zur Verfügung stehenden Mitteln begleichen. Die Zinspflicht beugt Darlehensanforderungen aus sachfremden Gründen vor und trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die aus der Gebührenpflicht resultierende finanzielle Belastung nicht sofort bei ihrem Entstehen während des Studiums, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt unter der Voraussetzung einer hinreichenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Betroffenen realisiert.
ff) Der Landesgesetzgeber war nicht durch Art. 13 Abs. 2 Buchst. c des Internationalen Paktes vom 19. Dezember 1966 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR) an der Einführung allgemeiner Studiengebühren gehindert. Aus dieser Vorschrift könnten selbst im Fall ihrer unmittelbaren Anwendbarkeit keine Rechte hergeleitet werden, die nicht bereits auf der Ebene des nationalen Verfassungsrechts durch das - hier gewahrte - Recht auf Teilhabe an den staatlichen Ausbildungsressourcen gewährleistet sind. Da der Landesgesetzgeber durch die Einführung der allgemeinen Studiengebühren das System einer von finanziellen Ausgrenzungen freien Hochschulbildung nicht verlassen hat, scheidet auch ein Verstoß gegen ein etwa aus Art. 2 Abs. 1 IPwskR ableitbares Verbot regressiver Maßnahmen aus.
gg) Der baden-württembergische Landesgesetzgeber hat bei der Einführung der allgemeinen Studiengebührenpflicht im Hinblick auf die zu diesem Zeitpunkt bereits immatrikulierten Studierenden nicht gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Prinzip der Rechtssicherheit in der Form des Rechtsgrundsatzes des Vertrauensschutzes verstoßen.
Nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des am 28. Dezember 2005 in Kraft getretenen Gesetzes vom 19. Dezember 2005, das die allgemeine Studiengebührenpflicht in das Landeshochschulgebührengesetz einführte, wurden diese Abgaben erstmals für das Sommersemester 2007 erhoben. Der Gebührenpflicht kommt eine sog. unechte Rückwirkung zu, da sie nach Ablauf der Übergangszeit nicht nur Studierende erfasst, die ihr Studium erst nach dem Inkrafttreten der Neuregelung begonnen haben, sondern auch diejenigen, die sich - wie der Kläger - bereits in vorhergehenden Semestern an einer Hochschule des Landes eingeschrieben hatten, jedoch noch nicht der bereits seinerzeit bestehenden Pflicht zur Zahlung von Langzeitstudiengebühren unterfielen. Eine solche unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Etwas anderes gilt unter Berücksichtigung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit dann, wenn die Betroffenen auf den Fortbestand der bisherigen Regelung vertrauen durften und dieses Vertrauen schutzwürdiger ist als die mit den neuen gesetzlichen Bestimmungen verfolgten Anliegen; um die Grenzen der Zumutbarkeit zu wahren, muss der Gesetzgeber gegebenenfalls geeignete Übergangsregelungen vorsehen, wobei ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht (BVerfG, Beschlüsse vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200 <242 f.> und vom 14. Oktober 1997 - 1 BvL 5/93 - BVerfGE 96, 330 <340>, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239 <263>, Kammerbeschluss vom 31. März 2006 - 1 BvR 1750/01 - a.a.O. Rn. 39; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 a.a.O. S. 48 bzw. S. 32).
Nach diesen Maßstäben ist die Erstreckung der allgemeinen Studiengebührenpflicht auf die im Dezember 2005 bereits eingeschriebenen Studierenden nicht zu beanstanden. Das Interesse des Landesgesetzgebers, den neuen Studiengebühren und den damit verfolgten Zielen rasch zu uneingeschränkter Wirksamkeit zu verhelfen und dementsprechend auch die bereits Immatrikulierten möglichst schnell der Gebührenpflicht zu unterwerfen, wiegt schwerer als die Erwartung der Betroffenen, ihr Studium jedenfalls dann, wenn sich eine Veranlagung zu den schon bisher existierenden Langzeitstudiengebühren vermeiden ließ, ohne Gebührenbelastung zum Abschluss bringen zu können.
Hätte der Landesgesetzgeber nicht auch die bereits immatrikulierten Studierenden alsbald mit allgemeinen Studiengebühren belastet, hätte er die erstrebten zusätzlichen Finanzmittel zur Steigerung der Qualität von Studium und Lehre für einen ins Gewicht fallenden Zeitraum nur in einem stark eingeschränkten Umfang erschließen können und zudem erhebliche Abstriche im Hinblick auf den Lenkungszweck der Gebühren hinnehmen müssen. Insgesamt hätte seine Grundsatzentscheidung, ein kostenfreies Hochschulstudium nicht mehr anzubieten, an Überzeugungskraft verloren (vgl. Urteil vom 25. Juli 2001 a.a.O. S. 48 bzw. S. 32 f.).
Auf der anderen Seite durften die im Dezember 2005 - gegebenenfalls seit geraumer Zeit - bereits an einer Hochschule des Landes Baden-Württemberg immatrikulierten Studierenden nicht darauf vertrauen, in dem bisher gegebenen Rahmen weiterhin gebührenfrei studieren zu können. Zum einen besteht generell kein grundrechtlich gewährleisteter Anspruch auf ein kostenfreies Hochschulstudium (Urteile vom 23. Oktober 1996 - BVerwG 6 C 1.94 - BVerwGE 102, 142 <146 f.> = Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 149 S. 56 f., vom 25. Juli 2001 a.a.O. S. 36 f. bzw. S. 23 f. und vom 29. April 2009 a.a.O. Rn. 20). Zum anderen hatte das Bundesverfassungsgericht in einem Normenkontrollverfahren, das am Anfang des Jahres 2003 unter anderem von der baden-württembergischen Landesregierung anhängig gemacht worden war, mit Urteil vom 26. Januar 2005 (a.a.O. S. 226 ff.) die durch Art. 1 Nr. 3 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vom 8. August 2002 (BGBl I S. 3138) eingeführte Vorschrift des § 27 Abs. 4 HRG über die Gebührenfreiheit eines grundständigen Studiums für nichtig erklärt. Diese Bestimmung gehörte ihrerseits in den Rahmen einer bereits seit mehreren Jahren zuvor geführten politischen Diskussion über den Nutzen allgemeiner Studiengebühren (vgl. dazu: BVerfG, Urteil vom 26. Januar 2005 a.a.O. S. 228 ff.). Vor diesem Hintergrund konnten die Studierenden, die ihr Studium frei von einer allgemeinen Studiengebührenpflicht begonnen hatten, berechtigterweise nur erwarten, dass ihnen eine gesetzliche Neukonzeption des Studiengebührenrechts die Fortsetzung ihres Studiums nicht finanziell unmöglich machen und der Landesgesetzgeber sie nicht unvermittelt und übergangslos mit der Gebührenerhebung konfrontieren würde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 1997 a.a.O. S. 341 und Kammerbeschluss vom 30. April 2007 - 1 BvR 1323/05 - NVwZ-RR 2007, 569 <571>).
Diesem Vertrauen ist der Landesgesetzgeber gerecht geworden. Er hat, wie bereits dargelegt, durch den garantierten Anspruch auf ein Studiengebührendarlehen sichergestellt, dass niemand sein Studium wegen eines finanziellen Unvermögens zur Erfüllung der Gebührenpflicht abbrechen muss. Er hat zudem den bereits Immatrikulierten durch die Übergangsfrist von mehr als einem und einem Viertel Jahr - das heißt durch die Gewährung von zwei weiteren gebührenfreien Semestern zusätzlich zu den bereits absolvierten, von Gebühren unbelasteten Studienhalbjahren - nach den in der Rechtsprechung des erkennenden Senats in vergleichbaren Konstellationen zugrunde gelegten Maßstäben (Urteil vom 25. Juli 2001 a.a.O. S. 47 bzw. S. 32; Beschluss vom 5. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 33.06 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 163 Rn. 5) ausreichend Zeit gewährt, um sich auf die veränderte Rechtslage einzustellen. Der Wegfall der im Rahmen des vormaligen landesrechtlichen Systems von Langzeitstudiengebühren eingerichteten sog. Bildungsguthaben ändert an dieser Beurteilung nichts, denn diese stellten keine staatliche Leistung, sondern nur eine Rechengröße zur Bestimmung des Beginns der Langzeitstudiengebührenpflicht dar (vgl. bereits: Urteil vom 25. Juli 2001 a.a.O. S. 48 bzw. S. 32) und konnten einen stärkeren Vertrauensschutz nicht begründen.
b) Ein Verstoß gegen Bundesrecht in Gestalt des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzgrundsatzes oder des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass das baden-württembergische Studiengebührenrecht keine generellen Vergünstigungen für Studierende vorsieht, die - wie dies für den Kläger zutrifft - Wehr- oder Zivildienst geleistet (aa)) oder sich in der universitären Selbstverwaltung betätigt (bb)) haben.
aa) Dem Umstand, dass ein Studierender Wehr- oder Zivildienst geleistet hat, kommt für sich genommen nach den Maßstäben des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung keine Bedeutung für die Voraussetzungen einer verfassungsgemäßen Erhebung von Studiengebühren zu. Die Dienstleistung erlangt eine solche Bedeutung auch nicht als Übergangsproblematik im Zusammenhang mit der Einführung allgemeiner Studiengebühren. Für Studierende, die - wie der Kläger - vor der Einführung oder der erstmaligen Erhebung dieser Gebühren Wehr- oder Zivildienst geleistet haben, ihr Studium wegen der Dienstleistung erst später beginnen konnten und entsprechend länger der Gebührenpflicht unterliegen, war nach den genannten verfassungsrechtlichen Gewährleistungen keine im Vergleich mit der allgemein vorgesehenen Übergangsfrist weiter ausgreifende Übergangsregelung geboten.
Die Wehr- und Zivildienstpflichtigen stehen nach Art. 12a Abs. 1 und Abs. 2 GG in einem besonderen, verfassungsrechtlich verankerten Pflichtenverhältnis (vgl.: BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1970 - 1 BvR 83/69 u.a. - BVerfGE 28, 243 <261>, Urteil vom 13. April 1978 - 2 BvF 1/77 u.a. - BVerfGE 48, 127 <161>, Kammerbeschluss vom 17. Mai 2004 - 2 BvR 821/04 - NJW 2004, 2297 <2299>). In Anbetracht dieser Pflichtenstellung ist es ausgeschlossen, die Erfüllung des Wehr- oder Ersatzdienstes als Betätigung des Vertrauens in den bisherigen gebührenrechtlichen Zustand an den baden-württembergischen Hochschulen zu qualifizieren. Auch der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht, Studierende, die Wehr- oder Zivildienst geleistet haben, gegenüber Kommilitonen, die ihr Studium gleichzeitig - ohne vorherige Wehr- oder Zivildienstleistung - begonnen haben, im Rahmen der Einführung allgemeiner Studiengebühren besserzustellen bzw. sie denjenigen gleichzustellen, die ihr Studium ohne vorherige Dienstleistung ein Jahr früher beginnen konnten. Das Grundgesetz mutet den Dienstpflichtigen grundsätzlich im staatlichen Interesse die kompensationslose Hinnahme der mit dem Dienst notwendigerweise verbundenen Lasten zu (BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. Mai 2004 a.a.O. S. 2299; Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Bd. II, Stand: April 2010, Art. 12a Rn. 47). Es liegt in dem Entscheidungsspielraum des jeweils verantwortlichen Gesetzgebers, ob er die Nachteile ausgleichen will, die sich in anderen Lebensbereichen an die Erfüllung der Dienstpflicht knüpfen. Sofern entsprechende Regelungen - etwa § 34 Satz 1 Nr. 1 HRG, der Benachteiligungen bei der Zulassung zum Hochschulstudium wegen der Erfüllung von Dienstpflichten nach Art. 12a GG verbietet - erlassen worden sind, kann aus ihnen kein allgemeiner Rechtsgrundsatz abgeleitet werden. Der Landesgesetzgeber hat durch die Nichtberücksichtigung eines geleisteten Wehr- oder Zivildienstes bei der Einführung der allgemeinen Studiengebühren seinen Entscheidungsspielraum nicht überschritten. Dies gilt umso mehr, als die Frage, inwieweit die Dienstleistung im konkreten Fall einen Studienbeginn tatsächlich verzögert hat, nicht pauschal beantwortet werden kann.
bb) Der Landesgesetzgeber hat den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht dadurch verletzt, dass er für Studierende, die Funktionen in der universitären Selbstverwaltung ausüben, im Recht der allgemeinen Studiengebühren - anders als in dem zuvor bestehenden Regelungssystem von Langzeitstudiengebühren in § 7 Abs. 1 Nr. 3 LHGebG BW a.F. - bewusst (vgl. LTDrucks 13/4858 S. 57) keine pauschale zeitweise Befreiung von der Pflicht zur Gebührenzahlung mehr vorgesehen hat.
Zwar darf bei der Erhebung allgemeiner Studiengebühren nicht ausnahmslos unberücksichtigt bleiben, dass sich durch die Übernahme von Funktionen in der universitären Selbstverwaltung - das heißt durch Tätigkeiten zu Gunsten der Hochschulen - die Studienzeit verlängern kann. Würde der Gesetzgeber die Berücksichtigung solcher Nachteile zwingend ausschließen, würde er unter Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ungleiche Sachverhalte ohne sachlichen Grund gleichbehandeln. Diesem verfassungsrechtlichen Ansatz trägt die überwiegende oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (OVG Münster, Urteil vom 9. November 2006 - 15 A 2407/05 - NWVBl 2007, 111 <112>; OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 12. April 2007 - 2 LA 1238/06 - NVwZ-RR 2007, 611 <612> und vom 14. September 2007 - 2 LA 408/07 - juris Rn. 6; OVG Weimar, Urteil vom 23. September 2008 - 1 KO 810/05 - LKV 2009, 142 <143>; OVG Hamburg, Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 3 Bf 260/07.Z - juris Rn. 20) auch auf der Ebene des einfachen Bundesrechts dadurch Rechnung, dass sie den Regelungen der §§ 37 Abs. 3 und 41 Abs. 3 HRG entgegen dem Verwaltungsgerichtshof nicht nur ein Diskriminierungsverbot, sondern darüber hinausgehend ein Gebot zum Ausgleich von unvermeidbaren Nachteilen wegen einer Tätigkeit in der universitären Selbstverwaltung entnimmt.
Die Berücksichtigung einer auf die Mitarbeit in der universitären Selbstverwaltung zurückzuführenden Verlängerung der Studienzeit erfordert jedoch keine pauschale Befreiung von der Gebührenpflicht für Semester, in denen Studierende entsprechende Funktionen ausgeübt haben. Denn den Studierenden obliegt es, ihr Studium umsichtig zu planen, zielstrebig durchzuführen und grundsätzlich der Tätigkeit in universitären Gremien und Funktionen im Verhältnis dazu eine nur untergeordnete Bedeutung einzuräumen oder mit ihr im Zusammenhang stehende Ausbildungsversäumnisse durch zumutbare Nacharbeit aufzuholen (für die Förderungshöchstdauer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz: Beschluss vom 18. Juli 1986 - BVerwG 5 B 21.85 - Buchholz 436.36 § 15 BAföG Nr. 23 S. 48 f.). Es reicht deshalb aus, ist aber auch erforderlich, dass eine Tätigkeit in der universitären Selbstverwaltung im Sinne der allgemeinen Erlassregelung - hier des § 6 Abs. 3 Satz 1 LHGebG BW i.V.m. § 22 Abs. 2 LGebG BW - als unbillige Härte anerkannt wird, wenn sie sich im Einzelfall nachteilig auf den Fortgang des Studiums ausgewirkt und unvermeidbar zu dessen Verlängerung geführt hat. Aus dem Umstand, dass der Landesgesetzgeber an die Übernahme solcher Tätigkeiten keine pauschale Gebührenbefreiung geknüpft hat, kann nicht abgeleitet werden, dass er auch die im Einzelfall gebotene Anwendung der Erlassregelung ausschließen wollte (vgl. dazu: OVG Hamburg, Urteil vom 23. Februar 2010 - 3 Bf 70/09 - juris Rn. 178).
Darin, dass der Landesgesetzgeber keine besondere Übergangsregelung für Studierende vorgesehen hat, die unter der Geltung des Regelungssystems der vormaligen Langzeitstudiengebühren in der universitären Selbstverwaltung mitgearbeitet hatten, kann eine Verletzung des Vertrauensschutzgrundsatzes nicht gefunden werden. Die betroffenen Studierenden konnten zwar nach dem seinerzeit geltenden Recht auf die durch § 7 Abs. 1 Nr. 3 LHGebG BW a.F. gewährte pauschale Kompensation vertrauen. Diesem Vertrauen konnte jedoch, weil das Vertrauen auf eine Beibehaltung der bisherigen Rechtslage insgesamt nicht geschützt war, kein gleichsam systemübergreifender Schutz bei der Einführung der allgemeinen Studiengebühren zukommen. Vielmehr hat der Landesgesetzgeber den in diesem Zusammenhang schützenswerten Erwartungen studentischer Funktionsträger bereits durch die generelle, zwei Semester umfassende Übergangsfrist bis zur erstmaligen Erhebung der allgemeinen Gebühren im Sommersemester 2007 hinreichend Rechnung getragen.