Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 15.08.2011


BVerwG 15.08.2011 - 6 B 9/11

Telekommunikation; Revisibilität einer lizenzrechtlichen Verpflichtung


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsdatum:
15.08.2011
Aktenzeichen:
6 B 9/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend VG Köln, 27. Oktober 2010, Az: 21 K 5076/08, Urteil
Zitierte Gesetze
§ 150 Abs 4a TKG 2004

Gründe

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Die Beschwerde, die sich auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung, der Divergenz und des Verfahrensfehlers stützt, hat keinen Erfolg.

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1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache nur, wenn eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

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Das Verwaltungsgericht hat den Hauptantrag der Klägerin, die Beklagte zum Erlass der näher bezeichneten Streitbeilegungsanordnung (§ 133 Abs. 1 TKG) zu verpflichten, mit zwei selbstständig tragenden Begründungen abgelehnt: Zum einen hat es der Klägerin das insoweit erforderliche Sachbescheidungsinteresse abgesprochen; unabhängig davon hat es zum anderen einen Anspruch der Klägerin als Diensteanbieterin gegen die Vodafone D2 GmbH auf Einräumung der umstrittenen Einkaufskonditionen nach Maßgabe der diesem Unternehmen erteilten D2-Lizenz vom 15. Februar 1990 und der UMTS-Lizenz vom 6. September 2000 verneint. Im Falle einer mehrfachen, die Entscheidung jeweils selbstständig tragenden Begründung des angefochtenen Urteils bedarf es für die Zulassung der Revision eines Zulassungsgrundes in Bezug auf jede dieser Begründungen (s. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 15 m.w.N.). Daran fehlt es hier jedenfalls in Bezug auf die zweite - materiell-rechtliche - Begründung des Verwaltungsgerichts.

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a) Die Fragen, die die Klägerin zur Auslegung der maßgeblichen Lizenzbestimmungen, insbesondere des darin enthaltenen Verbotes der Diskriminierung von Diensteanbietern, geklärt wissen will, rechtfertigen die Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil sie sich nicht auf revisibles Bundesrecht im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO beziehen. Wie vom Verwaltungsgericht festgestellt, wurde der Vodafone D2 GmbH die D2-Lizenz durch öffentlich-rechtlichen Vertrag und die UMTS-Lizenz durch Verwaltungsakt erteilt. Der Umstand, dass lizenzrechtliche Verpflichtungen, die vor Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 eingegangen wurden, als "Verpflichtungen nach diesem Gesetz im Sinne der §§ 126 und 133" fortgelten (§ 150 Abs. 4, 4a TKG), ändert nichts an ihrem untergesetzlichen Rechtscharakter. Der Zweck der Übergangsregelung ist darauf gerichtet, aber zugleich auch beschränkt, den Fortbestand der dort genannten Verpflichtungen sicherzustellen und sie zugleich der Anwendung §§ 126, 133 TKG zu unterwerfen. Dieser Normzweck verlangt nicht die nachträgliche "Aufwertung" gesetzesakzessorischer zu gesetzesunmittelbaren Verpflichtungen, zumal sich die Anordnungs- bzw. Streitschlichtungsbefugnis der Bundesnetzagentur nach den zuletzt genannten Vorschriften auch auf Verpflichtungen "auf Grund dieses Gesetzes" erstreckt (Urteil vom 18. Dezember 2007 - BVerwG 6 C 47.06 - Buchholz 442.066 § 42 TKG Nr. 3 Rn. 28).

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Auf eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts führen die von der Klägerin aufgezeigten Meinungsverschiedenheiten bei der Auslegung der Mobilfunklizenzen auch nicht deshalb, weil sich bei der Auslegung des § 19 TKG in Bezug auf das dort geregelte Gleichbehandlungsgebot vergleichbare Fragen ergeben mögen. Auch wenn der bereits erwähnte § 150 Abs. 4, 4a TKG die Erstreckung der Nichtdiskriminierungspflicht, die grundsätzlich nur marktmächtigen Unternehmen auferlegt werden kann, auf die betreffenden Lizenznehmer unabhängig von einer Beherrschung des sachlich relevanten Marktes bezweckt (Urteil vom 18. Dezember 2007, a.a.O. Rn. 30), gilt das Diskriminierungsverbot in diesen Fällen nicht kraft § 19 TKG, sondern auf der Grundlage der untergesetzlichen lizenzrechtlichen Bestimmungen. Schließlich verleiht auch der Umstand, dass das Revisionsgericht unter bestimmten Voraussetzungen zu einer eigenständigen Auslegung eines Verwaltungsaktes wie auch eines öffentlich-rechtlichen Vertrages entsprechend §§ 133, 157 BGB befugt ist, den betreffenden Regelwerken nicht den Charakter revisiblen Bundesrechts im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO.

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b) Da die Klägerin einen grundsätzlichen Klärungsbedarf in Bezug auf die umstrittenen lizenzrechtlichen Regelungen nicht aufgezeigt hat, kann es auf sich beruhen, ob die vom Verwaltungsgericht selbstständig begründete Ablehnung des Sachbescheidungsinteresses ihrerseits derartige Fragen aufwirft.

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2. Aus demselben Grund kann die Rüge der Klägerin, das Verwaltungsgericht sei im Zusammenhang mit der Ablehnung des Sachbescheidungsinteresses der Klägerin von einem in dem Urteil des Senats vom 18. Dezember 2007 aufgestellten abstrakten Rechtssatz abgewichen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), nicht zur Zulassung der Revision führen.

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3. Die Revision ist schließlich auch nicht deshalb zuzulassen, weil ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Klägerin wendet sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die - von ihr als diskriminierend angesehene - Erteilung eines Vertragsangebotes der Vodafone D2 GmbH an die moconta GmbH & Co. KG sei erst erfolgt, nachdem Vodafone die Tragfähigkeit des von moconta beabsichtigten Geschäftsmodells aufgrund entsprechender Darlegungen hinreichend verlässlich habe abschätzen können. Die Beschwerdebegründung lässt aber nicht darauf schließen, dass dem Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang eine Verletzung der Aufklärungspflicht, des Überzeugungsgrundsatzes oder des rechtlichen Gehörs unterlaufen wäre.

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a) Die Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) setzt nicht nur die substantiierte Darlegung voraus, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche Beweismittel hierfür in Betracht kamen und welche tatsächlichen Feststellungen voraussichtlich getroffen worden wären, sondern auch, dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist bzw. die unterbliebene Beweisaufnahme sich ihm hätte aufdrängen müssen (stRspr, s. nur Beschluss vom 19. August 1997, a.a.O. S. 14 f. m.w.N.). Zumindest an der zuletzt genannten Voraussetzung fehlt es hier. Zwar hatte sich die Klägerin schriftsätzlich dagegen verwahrt, von dem Vertragsabschluss zwischen Vodafone und ihrem Tochterunternehmen moconta auf ein ernsthaftes Vertriebsinteresse zu schließen, und die Annahme, dass zwischen beiden Unternehmen tatsächlich Verhandlungen mit dem Ziel einer Vermarktungstätigkeit stattgefunden hatten, als spekulativ bezeichnet. Daraus folgt aber nicht, dass sich dem Verwaltungsgericht, das die tatsächlichen Umstände ausweislich der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils anders gewürdigt hat, eine Beweisaufnahme zu dieser Frage ohne ein ausdrückliches Hinwirken der Klägerin hätte aufdrängen müssen.

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b) Auch eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) wird durch das Beschwerdevorbringen nicht aufgezeigt. Ob das Tatsachengericht auf einer ausreichend breiten oder einer zu schmalen tatsächlichen Grundlage entschieden hat, ist grundsätzlich eine dem materiellen Recht zuzuordnende Frage der Tatsachen- und Beweiswürdigung, auf die eine Verfahrensrüge nicht gestützt werden kann. Soweit hiervon Ausnahmen zuzulassen sind, verlangt die Rüge eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz die Darlegung, dass das Gericht einen Schluss gezogen hat, den es ohne Willkür, insbesondere ohne Verletzung von Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, schlechterdings nicht ziehen konnte (Beschlüsse vom 19. August 1997, a.a.O. S. 15 f., und vom 8. Juli 2008 - BVerwG 6 B 25.08 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 45 Rn. 9, jeweils m.w.N.). Davon kann hier keine Rede sein. Das Verwaltungsgericht ist von der Annahme ausgegangen, dass Vodafone ihrem Diensteanbieter moconta - auch in Ansehung der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung - garantierte Einkaufspreise nur auf der Grundlage hinreichend gewisser Umsatzzusagen anbot. Diese tatsächliche Bewertung verstößt selbst dann nicht gegen den Überzeugungsgrundsatz, wenn sie nicht in jeder Hinsicht zwingend sein sollte.

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c) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, das Verwaltungsgericht habe das Vorbringen der Klägerin übergangen und ihr damit das rechtliche Gehör abgeschnitten (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG). Das Verwaltungsgericht war nicht verpflichtet, sich mit allen Einzelheiten des Klagevorbringens ausdrücklich zu befassen. Der Umstand, dass es den entscheidungserheblichen Sachverhalt in Kenntnis der im Urteilstatbestand zumindest ansatzweise wiedergegebenen Einwände der Klägerin auf der Grundlage seiner eigenen tatsächlichen Schlussfolgerungen als hinreichend geklärt ansah, verletzt nicht deren Anspruch auf rechtliches Gehör. Nachdem die unterschiedlichen Standpunkte der Beteiligten in Bezug auf eine etwaige Diskriminierung der Klägerin im Verhältnis zu moconta bereits schriftsätzlich ausgetauscht worden waren, bedurfte es zur Wahrung des rechtlichen Gehörs auch keines gerichtlichen Hinweises nach

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§ 86 Abs. 3 VwGO.