Entscheidungsdatum: 30.05.2012
Die Regelung in § 21 Abs. 3 Satz 1 BGleiG, wonach die Dienststellenleitung den Einspruch der Gleichstellungsbeauftragten, sofern sie ihn für unbegründet hält, bei selbständigen bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen deren Vorstand unverzüglich vorlegt, gilt auch für mehrstufig aufgebaute Körperschaften.
Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf (Beschluss vom 25. August 2011 - BVerwG 6 B 16.11 - juris Rn. 2; stRspr).
Die Beklagte möchte die aus ihrer Sicht grundsätzlich bedeutsame Frage beantwortet wissen, "welche Dienststellenleitung bei selbständigen bundesunmittelbaren Körperschaften mit dreistufigem Verwaltungsaufbau gem. § 21 Abs. 3 Satz 1 BGleiG für die Entscheidung über Einsprüche der Gleichstellungsbeauftragten der unteren Verwaltungsebene zuständig ist, die Dienststellenleitung der mittleren Ebene oder diejenige der obersten Dienstbehörde"? Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem angefochtenen Beschluss den Standpunkt eingenommen, dass der im Streit befindliche Einspruch der Klägerin, einer Gleichstellungsbeauftragten mehrerer Agenturen für Arbeit in Hessen, dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit und nicht der unmittelbar vorgeschalteten Regionaldirektion vorzulegen sei.
Die von der Beklagten aufgeworfene Frage erweist sich nicht als grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil sie sich ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig im Sinne des Verwaltungsgerichtshofs beantworten lässt. Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt einer Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung bedarf. Dies ist dann nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Frage mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres klären lässt (vgl. Beschluss vom 25. August 2011 a.a.O. Rn. 5; stRspr). So liegt es hier:
§ 21 Abs. 3 Satz 1 BGleiG bestimmt im Hinblick auf Einsprüche der Gleichstellungsbeauftragten im Sinne von § 21 Abs. 1 BGleiG: "Hält die Dienststellenleitung den Einspruch für unbegründet, legt sie diesen der nächsthöheren Dienststellenleitung, bei selbständigen bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen deren Vorstand unverzüglich vor".
Für die Annahme, dass - entgegen diesem unzweideutigen Wortlaut - bei bundesunmittelbaren Körperschaften mit mehrstufigem Aufbau wie der Bundesagentur für Arbeit (vgl. § 367 Abs. 2 SGB III) Einsprüche der Gleichstellungsbeauftragten im Sinne von § 21 Abs. 1 BGleiG nicht dem Vorstand, sondern lediglich der unmittelbar vorgeschalteten Regionaldirektion vorzulegen wären, ist nichts ersichtlich.
Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergeben sich keine Belege dafür, dass der Gesetzgeber zwischen einstufig und mehrstufig aufgebauten bundesunmittelbaren Körperschaften hätte differenzieren wollen, und es lediglich infolge eines Redaktionsversehens versäumt hätte, dies im Gesetzestext zum Ausdruck zu bringen. Auch für die Annahme, der Gesetzgeber habe bei Gesetzeserlass die Existenz mehrstufig aufgebauter Körperschaften übersehen, so dass insoweit eine (versteckte) Regelungslücke vorliegen könnte, sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. Bei Erlass des Bundesgleichstellungsgesetzes im Jahr 2001 (BGBl I S. 3234) verfügte die damalige Bundesanstalt für Arbeit bekanntermaßen über einen dreistufigen Aufbau; bei den Novellierungen des Gesetzes in den Jahren 2006 (BGBl I S. 1897) und 2009 (BGBl I S. 160) galt sodann die noch heute in Kraft befindliche Regelung des § 367 Abs. 2 SGB III.
Auch Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten keine ihrem Wortlaut widersprechende Normauslegung. § 21 Abs. 3 Satz 1 BGleiG bezweckt ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs, dass bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Gleichstellungsbeauftragter und Dienststellenleitung über die Begründetheit eines Einspruchs ein umfassender verwaltungsinterner Kommunikationsprozess eingeleitet wird, der der Stellung der Gleichstellungsbeauftragten angemessen ist. Durch die Zuständigkeitsverlagerung soll die Angelegenheit - innerhalb der Hierarchie der Verwaltung - nach außen getragen werden und so eine begrenzte Öffentlichkeit erlangen. Die Dienststellenleitung soll zur Begründung ihrer ablehnenden Entscheidung gezwungen sein, mit der sich eine dritte Stelle auseinandersetzen soll. Zugleich soll dem Interesse an einer einheitlichen Handhabung der Gleichstellungsvorschriften im Geschäftsbereich Rechnung getragen werden (BTDrucks 14/5679 S. 32). Es ist nicht ersichtlich, dass diese Ziele dadurch nicht oder auch nur in geringerem Maße erreichbar wären, dass innerhalb von dreistufig aufgebauten Körperschaften über Einsprüche der Vorstand und nicht die Mittelebene entscheidet.