Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 13.03.2017


BVerwG 13.03.2017 - 6 B 55/16

Erhebung von Rundfunkbeiträgen im privaten Bereich


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsdatum:
13.03.2017
Aktenzeichen:
6 B 55/16
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2017:130317B6B55.16.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Thüringer Oberverwaltungsgericht, 3. August 2016, Az: 1 KO 508/15, Urteilvorgehend VG Gera, 25. Juni 2015, Az: 3 K 136/14 Ge
Zitierte Gesetze
§§ 2ff RdFunkBeitrStVtr TH
§ 2 RdFunkBeitrStVtr TH

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin kann keinen Erfolg haben. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt.

2

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid, durch den der Beklagte Rundfunkbeiträge für die Monate April 2013 bis Juni 2013 nebst Säumniszuschlag in Höhe von insgesamt 61,94 € festgesetzt hat. Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage der Klägerin hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt.

3

Die Klägerin hält die Rechtsfragen für grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, ob

- es sich bei dem Rundfunkbeitrag um eine Steuer handelt und daher den Ländern die Sachkompetenz für den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag nicht bereits aufgrund ihrer Gesetzgebungskompetenz für das Rundfunkrecht zusteht und

- eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung in der allein wohnungsbezogenen und von der Anzahl der Bewohner unabhängigen Beitragserhebung liegt.

4

Die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Beschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 6 B 43.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:270115B6B43.14.0] - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 421 Rn. 8). Ein derartiger Klärungsbedarf besteht für eine bundesgerichtlich bereits beantwortete Rechtsfrage nur, wenn die Beschwerde neue rechtliche Gesichtspunkte aufzeigt, die ein Überdenken der bisherigen Rechtsprechung erforderlich machen (stRspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. November 1992 - 6 B 27.92 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 306 S. 224).

5

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben: Die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen sind durch die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:180316U6C6.15.0] - (BVerwGE 154, 275) und vom 15. Juni 2016 - 6 C 35.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:150616U6C35.15.0] - geklärt. Danach sind die Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags über Inhalt und Reichweite der Rundfunkbeitragspflicht von der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für das Rundfunkrecht gedeckt. Die Finanzverfassung des Zehnten Abschnitts des Grundgesetzes, die in Art. 105 ff. GG die Kompetenzen für die Steuergesetzgebung auf Bund und Länder verteilt, ist nicht anwendbar, weil es sich bei dem Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 GG, sondern um eine nichtsteuerliche Abgabe handelt. Die Gesetzgebungskompetenz für nichtsteuerliche Abgaben wird von der Kompetenz für die jeweilige Sachmaterie, hier für das Rundfunkrecht, umfasst (BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 12).

6

Der Rundfunkbeitrag erfüllt die Voraussetzungen des Steuerbegriffs nicht: Zum einen wird er nach dem Regelungskonzept der §§ 2 ff. RBStV nicht voraussetzungslos erhoben. Vielmehr soll er ebenso wie die frühere Rundfunkgebühr die Möglichkeit abgelten, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme zu empfangen. Zum anderen wird das Beitragsaufkommen nicht in die Landeshaushalte eingestellt. Nach § 1 RBStV, §§ 12 und 40 RStV ist es weitestgehend dazu bestimmt, die funktionsgerechte Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 14 f.). Der Rundfunkbeitrag wird ebenso wie die frühere Rundfunkgebühr für die konkrete Gegenleistung der Rundfunkempfangsmöglichkeit erhoben. Hierbei handelt es sich um einen Vorteil, der jedem Wohnungsinhaber im Sinne des § 2 Abs. 2 RBStV individuell zugerechnet werden kann. Auf die Größe des bevorteilten Personenkreises kommt es nicht an. Die Beitragspflicht kann sich auf eine unbestimmte Vielzahl von Personen erstrecken, sofern nur jeder einzelnen Person ein individueller Vorteil zugeordnet werden kann (BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 26 und 29).

7

Die Anknüpfung der Rundfunkbeitragspflicht an das Innehaben einer Wohnung hat einen Verteilungsmaßstab zur Folge, der als noch vorteilsgerecht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, auch wenn der Wohnungsbezug Personen, die eine Wohnung zusammen mit anderen dem Grunde nach Beitragspflichtigen innehaben, aufgrund ihrer gesamtschuldnerischen Haftung besser stellt als alleinwohnende Personen. Da es unmöglich ist, die Größe des individuellen Vorteils, d.h. die Nutzungsgewohnheiten der Rundfunkteilnehmer, auch nur annähernd zu bestimmen, können bei der Festlegung des an der Größe des Vorteils zu bemessenden Verteilungsmaßstabs u.a. Gründe der Praktikabilität berücksichtigt werden. Aufgrund der Vielzahl der Beitragspflichtigen und der Häufigkeit der Erhebung kommt dem Interesse an einem einfach und praktikabel zu handhabenden Maßstab für die Erhebung des Rundfunkbeitrags besonderes Gewicht zu. Es handelt sich um ein monatlich wiederkehrendes Massengeschäft, das Millionen gleichgelagerter Sachverhalte betrifft, wobei die Beitragsbelastung bei genereller Betrachtungsweise verhältnismäßig niedrig ist. Die Anknüpfung der Rundfunkbeitragspflicht an die Wohnung hat den Vorteil, dass für die Beitragserhebung nur ein Wohnungsinhaber (Bewohner) bekannt sein muss. Es wird vermieden, dass die Daten aller Inhaber ermittelt und auf dem aktuellen Stand gehalten werden müssen. Die personelle Fluktuation innerhalb einer Wohnung kann außer Betracht bleiben. Dies reicht als Rechtfertigung des wohnungsbezogenen Verteilungsmaßstabs aus, weil ein personenbezogener Maßstab ("Pro-Kopf-Beitrag") einerseits einen größeren Ermittlungsaufwand notwendig macht, andererseits aber nur zu geringen Verschiebungen der individuellen Beitragsbelastungen führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 43 ff.).

8

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.