Entscheidungsdatum: 18.12.2017
I
Die Beklagte erließ gegenüber dem Kläger unter Verweis auf dessen Zugehörigkeit zu der gewaltbereiten Problemfanszene des Fußballvereins SC Freiburg mit Bescheid vom 19. September 2014 unter anderem ein auf § 27a Abs. 2 PolG BW gestütztes Aufenthaltsverbot für bestimmte Bereiche der Stadt Freiburg. Das Verbot bezog sich auf sechs näher bezeichnete Tage mit Heimspielen der ersten und zweiten Mannschaft des SC Freiburg in der Zeit vom 27. September 2014 bis 29. November 2014. Für drei weitere noch nicht genau terminierte Heimspiele kündigte die Beklagte die Ausweitung des Verbots an. Mit Ergänzungsverfügung vom 6. Oktober 2014 erstreckte sie das Aufenthaltsverbot auf die Spieltage des 28. November, 13. Dezember und 21. Dezember 2014.
Das Verwaltungsgericht hat auf die von dem Kläger erhobene Klage festgestellt, dass das in den Bescheiden der Beklagten vom 19. September und 6. Oktober 2014 verfügte Aufenthaltsverbot rechtswidrig war, soweit es auch für den Zeitraum nach dem 1. November 2014 galt. Es hat in Bezug auf die in § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG BW enthaltene Maßgabe, dass ein Aufenthaltsverbot die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten darf, berücksichtigt, dass der Kläger mit Bescheiden der Beklagten vom 30. Juli und 19. August 2014 bereits mit einem Aufenthaltsverbot für die Zeit vom 2. August bis zum 20. September 2014 belegt worden war. Demgegenüber hat der von dem Kläger mit der Berufung und von der Beklagten mit der Anschlussberufung angerufene Verwaltungsgerichtshof darauf erkannt, dass das unter dem 19. September 2014 auf der Grundlage einer neuen und eigenständigen Gefahrenprognose verfügte, ab dem 27. September 2014 geltende und unter dem 6. Oktober 2014 ergänzte Aufenthaltsverbot die Dreimonatsgrenze des § 27 Abs. 2 Satz 3 PolG BW einhalte, und das erstinstanzliche Urteil entsprechend geändert.
II
Die auf den Revisionszulassungsgrund des Verfahrensmangels im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Der Kläger rügt sinngemäß eine Verletzung des Grundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO. Er macht geltend, das Berufungsurteil stelle sich insoweit als Überraschungsentscheidung dar, als der Verwaltungsgerichtshof die Dreimonatsfrist des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG BW nicht in der gleichen Weise wie das Verwaltungsgericht berechnet habe, obwohl das Berufungsgericht in der mündlichen Verhandlung immer wieder betont habe, dass es sich der Rechtsauffassung der ersten Instanz anschließe und von einer Überschreitung der Frist ausgehe. Der Verwaltungsgerichtshof habe ihn auf die dem Berufungsurteil schließlich zu Grunde gelegte Ansicht hinweisen müssen, damit er gegebenenfalls hätte weiterhin ergänzend vortragen können.
Der Gehörsrüge muss der Erfolg bereits deshalb versagt bleiben, weil sie die Darlegungsvoraussetzungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht erfüllt. Wird ein Gehörsverstoß geltend gemacht, muss substantiiert dargelegt werden, was bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen worden wäre und inwiefern dieser weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (stRspr, vgl. nur: BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2011 - 6 B 7.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410 Rn. 7 sowie zu § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO: BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2013 - 6 C 9.12 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 180 Rn. 37, jew. m.w.N.). Diese Erfordernisse verfehlt der Kläger mit seinem bloßen pauschalen Hinweis auf die Möglichkeit, "gegebenenfalls weiterhin ergänzend vor(zu)tragen".
Abgesehen davon spricht nichts dafür, dass das angefochtene Urteil in der von dem Kläger bezeichneten Hinsicht den Charakter einer den Gehörsgrundsatz verletzenden Überraschungsentscheidung hat. Ein Überraschungsurteil liegt nur vor, wenn das Gericht, das auf den Inhalt der beabsichtigten Entscheidung regelmäßig nicht vorab hinweisen muss, auf eine rechtliche Sichtweise oder auf eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2013 - 6 C 9.12 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 180 Rn. 38; Beschlüsse vom 29. Juni 2011 - 6 B 7.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410 Rn. 8 und vom 1. Juni 2015 - 9 B 61.14 - juris Rn. 18). Entgegen dem Vortrag des Klägers enthält die Niederschrift über die mündliche Verhandlung des Verwaltungsgerichtshofs (GA Bl. 143 f.) keine Angaben dahingehend, dass das Berufungsgericht der Auffassung des Verwaltungsgerichts zur Berechnung der Dreimonatsfrist des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG BW folgen werde. Die Beteiligten haben auch in der Berufungsinstanz über die Auslegung der Vorschrift gestritten (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 11. Juli 2016, GA Bl. 49; Schriftsatz der Beklagten vom 4. August 2016, GA Bl. 85 ff.). Danach konnte der Kläger nicht ausschließen, dass der Verwaltungsgerichtshof so wie geschehen entscheiden würde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.