Entscheidungsdatum: 06.05.2010
Eine Urteilsberichtigung eröffnet eine neue Rechtsmittelfrist gegen die berichtigte Entscheidung nur dann, wenn erst die berichtigte Fassung des Urteils die Partei in die Lage versetzt, sachgerecht über die Frage der Einlegung des Rechtsmittels und dessen Begründung zu entscheiden.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig, da sie nicht innerhalb der Frist des § 133 Abs. 2 Satz 1 VwGO eingelegt und nicht innerhalb der Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet worden ist.
1. Nach § 133 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist das Rechtsmittel innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Das angefochtene Urteil ist dem früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15. April 2009 zugestellt worden. Die Einlegungsfrist für die Beschwerde endete damit am 15. Mai 2009, die Beschwerdebegründungsfrist am 15. Juni 2009. Diese Fristen hat der Kläger versäumt, denn die Beschwerde ist erst am 29. Mai 2009 und die Beschwerdebegründung erst am 29. Juni 2009 beim Verwaltungsgericht eingegangen.
2. Die Fristen des § 133 Abs. 2 Satz 1 VwGO und des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO sind nicht dadurch neu in Gang gesetzt worden, dass das Verwaltungsgericht den Beteiligten - dem Kläger am 4. Mai 2009 - die durch Beschluss vom 28. April 2009 in der Kostenentscheidung gemäß § 118 VwGO berichtigten Urteilsausfertigungen erneut zugestellt hat.
Die genannten Fristen beginnen mit der Zustellung des vollständigen Urteils. Vollständig in diesem Sinne ist ein Urteil auch dann, wenn die zugestellte Urteilsausfertigung geringfügige Unrichtigkeiten aufweist. In einem solchen Fall hat ein nach § 118 VwGO durchgeführtes Berichtigungsverfahren nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschlüsse vom 7. April 1966 - BVerwG 4 B 165.65 - RdL 1966, 251 f., vom 22. März 1991 - BVerwG 7 B 30.91 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 296 S. 30, vom 24. Mai 1996 - BVerwG 3 C 55.96 - Buchholz 310 § 133
Ein entsprechender Fall liegt hier nicht vor. Mit Verfügung vom 15. April 2009 - den Beteiligten per Telefax am 16. April 2009 übermittelt - hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, den Tenor des Urteils zur Kostenentscheidung wegen offenbarer Unrichtigkeit des Ausspruchs zur Gerichtskostenfreiheit gemäß § 118 Abs. 1 VwGO zu berichtigen. Es hat eine Frist zur Stellungnahme bis zum 24. April 2009 eingeräumt und die zugestellten Urteilsausfertigungen mit dem Hinweis zurückgefordert, dass nach Ablauf der Stellungnahmefrist eine erneute Zustellung veranlasst werde. Nachdem die Beteiligten Einwände nicht erhoben hatten, ist das Verwaltungsgericht entsprechend verfahren.
Damit unterscheidet sich das berichtigte Urteil nur geringfügig von den unberichtigten Ausfertigungen, die den Beteiligten zunächst zugestellt worden waren. Die Klarstellung einer schon bisher bestehenden, jedoch verborgenen sachlichen Beschwer konnte die Berichtigung schon deshalb nicht zur Folge haben, weil sie lediglich die Kostenentscheidung des verwaltungsgerichtlichen Urteils betraf. Allein auf den Gesichtspunkt einer hinzugekommenen kostenmäßigen Beschwer kann entgegen der Ansicht des Klägers nicht abgestellt werden. Dies ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 158 VwGO (in diesem Sinne die Notwendigkeit einer sachlichen Beschwer betonend: BFH, Beschluss vom 9. August 1974 a.a.O.).
Ferner ist nicht ersichtlich, inwiefern dem Kläger erst der Inhalt des Berichtigungsbeschlusses Klarheit darüber verschaffen konnte, ob er Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision einlegen und wie er diese gegebenenfalls begründen solle. Insbesondere war seinem vormaligen Prozessbevollmächtigten auf Grund der am 16. April 2009 übermittelten verwaltungsgerichtlichen Verfügung vom 15. April 2009 bereits einen Tag nach Zustellung des Urteils vom 30. März 2009 bekannt, inwieweit eine Urteilsberichtigung vorgenommen werden würde. Durch die zeitweilige Rückgabe der Urteilsausfertigungen an das Verwaltungsgericht war der Kläger in der Wahrnehmung seiner Rechte im Rechtsmittelverfahren schon deshalb nicht gehindert, weil er bzw. sein damaliger Prozessbevollmächtigter nach den Umständen Anlass gehabt hätten, erforderlichenfalls Kopien des Urteilsabdruckes anzufertigen (vgl. dazu allgemein: Beschluss vom 24. Mai 1996 a.a.O. S. 10).
3. Die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers und deren Begründung sind auch nicht deshalb als fristgerecht zu werten, weil die dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. März 2009 beigegebene Rechtsmittelbelehrung den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO nicht genügen würde und deshalb gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 VwGO jeweils von einer Jahresfrist auszugehen wäre.
Der Kläger rügt zu Unrecht, die Rechtsmittelbelehrung sei fehlerhaft, weil sie den Sitz des Bundesverwaltungsgerichts als Beschwerdegericht nicht bezeichne. Denn § 58 Abs. 1 VwGO fordert eine Belehrung über den Sitz des Gerichts, bei dem der Rechtsbehelf anzubringen ist. Gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 VwGO muss die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bei dem Gericht angebracht werden, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll. Bei eben diesem Gericht muss gemäß § 133 Abs. 3 Satz 2 VwGO auch die Beschwerdebegründung eingereicht werden. Der Sitz des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, dessen Urteil der Kläger mit der Revision, deren Zulassung er erstrebt, angreifen will, wird in der Rechtsmittelbelehrung des Urteils korrekt benannt.
Ebenso fehl geht der Kläger mit seinem weiteren Einwand, die Rechtsmittelbelehrung erweise sich als widersprüchlich und intransparent, weil sie im Hinblick auf das Vertretungserfordernis nach § 67 Abs. 4 VwGO ausführe, dass als Bevollmächtigte nur die in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO bezeichneten Personen oder diesen gleichgestellte Personen zugelassen seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss die Rechtsmittelbelehrung für die Nichtzulassungsbeschwerde über den gesetzlichen Vertretungszwang nicht belehren (Beschlüsse vom 15. Februar 2000 - BVerwG 11 B 52.99 - Buchholz 424.02 § 64 LwAnpG Nr. 8 S. 2 f. und vom 7. Oktober 2009 - BVerwG 9 B 83.09 - NVwZ-RR 2010, 36 f.; ebenso für die Revision: Urteil vom 15. April 1977 - BVerwG 4 C 3.74 - BVerwGE 52, 226 <232> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 24 S. 51; offen für erstinstanzliche Verfahren: Urteil vom 31. März 1995 - BVerwG 4 A 1.93 - BVerwGE 98, 126 <127 f.> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 99 S. 12 f.); wenn allerdings ein derartiger Hinweis vorgenommen wird, darf er für die Betroffenen nicht irreführend sein (Beschluss vom 15. Februar 2000 a.a.O. S. 3). Eine solche Irreführung kann indes im vorliegenden Fall ausgeschlossen werden. Denn durch die von dem Kläger kritisierte Formulierung in der Rechtsmittelbelehrung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 30. März 2009 waren im Hinblick auf die zur Zeit des Urteilserlasses geltende, durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2840) eingeführte Fassung des § 67 Abs. 4 VwGO hinreichend deutlich die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO aufgeführten zusätzlichen Möglichkeiten der Vertretung von Behörden und juristischen Personen des öffentlichen Rechts angesprochen. Nur damit konnten die in der Rechtsmittelbelehrung bezeichneten "diesen gleichgestellte Personen" gemeint sein. Dieser Begriff wurde textlich durch den nachfolgenden Hinweis auf die Behördenvertreter ausgefüllt. Anhand des maßgeblichen Wortlauts der Rechtsmittelbelehrung konnte keine Unsicherheit dahin aufkommen, ob mit den "gleichgestellten Personen" nicht - unzutreffenderweise - die in § 67 Abs. 2 Satz 2 VwGO genannten Personen angesprochen sein sollten. Gegen die sinngemäße Bezugnahme auf § 67 Abs. 2 Satz 2 VwGO spricht auch der Hinweis im letzten Satz der Rechtsmittelbelehrung, wonach ein Beteiligter, der nach Maßgabe von § 67 Abs. 4 Satz 3 VwGO zur Vertretung berechtigt ist, sich selbst vertreten kann. Damit wird deutlich, dass sich die Prozessvertretung vor dem Bundesverwaltungsgericht ausschließlich nach § 67 Abs. 4 VwGO und den dort insoweit in Bezug genommenen Regelungen richtete, also gerade nicht nach § 67 Abs. 2 Satz 2 VwGO.
4. Schließlich kann dem Kläger nicht die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO im Hinblick auf die versäumten Fristen für die Einlegung und die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gewährt werden.
Der anwaltlich vertretene Kläger war nicht, wie von § 60 Abs. 1 VwGO gefordert, ohne sein Verschulden an der Einhaltung der genannten Fristen verhindert. Die Vorwerfbarkeit und Zurechnung der Fehleinschätzung über den Fristenlauf scheiden entgegen der Ansicht des Klägers nicht deshalb aus, weil das Verwaltungsgericht eine erneute Zustellung des im Kostenpunkt berichtigten Urteils angekündigt, ohne besonderen Hinweis auf die weiter laufenden Fristen vorgenommen und bei der Behandlung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf die Verfristung hingewiesen hat. Die erneute Zustellung des gesamten berichtigten Urteils ist zwar nicht zwingend nötig (Kilian, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 118 Rn. 31), in der Praxis aber nicht unüblich. In jedem Fall erforderte die im Hinblick auf den Fristenlauf bestehende klare Rechtslage keinen ausdrücklichen Hinweis. Das Verwaltungsgericht hat die verfristet erhobene und begründete Beschwerde entsprechend § 135 Satz 3 i.V.m. § 133 Abs. 5 Satz 1 VwGO behandelt.