Entscheidungsdatum: 04.12.2017
I
Der am 31. März 2012 in den Ruhestand getretene Kläger war Professor für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie an der Universität F. sowie Leiter der Abteilung Klinische Chemie des beklagten Universitätsklinikums F. Unter dem 24. Juli 2007 hatten die Beteiligten einen Dienstvertrag (Chefarztvertrag) geschlossen.
Der Beklagte kündigte diesen Vertrag erstmals unter dem 24./25. Januar 2008 außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Der Kläger erhob am 13. Februar 2008 Klage bei dem Arbeitsgericht F. Dieses erklärte mit Beschluss vom 20. November 2008 (Az.: 11 Ca 84/08) den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht F. Bei dem Vertrag handele es sich nicht um ein Dienstverhältnis bürgerlich-rechtlicher Natur, sondern um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 VwVfG. Der Kläger stehe zu dem Beklagten nicht in einem Arbeitsverhältnis, sondern in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Mit Urteil vom 24. Februar 2010 (Az.: 3 K 2749/08) stellte das Verwaltungsgericht die Unwirksamkeit der Kündigungen fest. Die Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil wies der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Urteil vom 2. August 2012 (Az.: 9 S 2752/11) zurück. In den Gründen des Berufungsurteils (UA S. 17) heißt es, die Zulässigkeit des Rechtswegs sei nach § 17a Abs. 5 GVG nicht zu prüfen gewesen, es werde jedoch klarstellend darauf hingewiesen, dass der Senat von dem öffentlich-rechtlichen Charakter des zwischen den Beteiligten geschlossenen Dienstvertrags und damit auch des auf diesen Vertrag bezogenen Rechtsstreits ausgehe. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs wies das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. März 2013 - 6 B 50.12 - (Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 74) zurück.
Unter dem 30. September 2009 kündigte der Beklagte ohne Präjudiz für die Wirksamkeit der Kündigungen vom Januar 2008 den Dienstvertrag vom 24. Juli 2007 vorsorglich erneut zum nächstmöglichen Termin des 31. März 2010, soweit der Vertrag nicht die beamtenrechtliche Stellung des Klägers betreffe. Wohl aber betreffe die Kündigung die mit dem Vertrag bestätigte Stellung des Klägers als Leiter der Abteilung Klinische Chemie und die daraus resultierenden Rechte und Pflichten. Seine zum Arbeitsgericht F. erhobene Klage nahm der Kläger zurück, nachdem sich das Arbeitsgericht für sachlich nicht zuständig erklärt hatte und der Kläger mit einer hiergegen gerichteten Beschwerde erfolglos geblieben war. Auf die sodann am 28. September 2010 bei dem Verwaltungsgericht F. erhobene Klage hat dieses mit Urteil vom 11. März 2014 (Az.: 1 K 848/13) festgestellt, dass die Kündigung unwirksam gewesen sei und das Dienstverhältnis bis zum 31. März 2012 fortbestanden habe. Die Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit dem vorinstanzlichen Urteil vom 1. Dezember 2016 (Az.: 9 S 911/14) zurückgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Verlauf seiner Darlegungen, mit denen er die Unwirksamkeit der Kündigung begründet hat, seine Einschätzung bekräftigt, dass von dem öffentlich-rechtlichen Charakter des zwischen den Beteiligten geschlossenen Dienstvertrags auszugehen sei (UA S. 52). Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Beschwerde.
II
Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Eine grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Aus den Darlegungen der Beschwerde ergibt sich nicht, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.
Der Beklagte meint, es stelle sich als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung,
ob Chefarztverträge von Universitätsklinika mit beamteten Professoren im Rahmen des Kooperationsmodells des Universitätsklinika-Gesetzes Baden-Württemberg öffentlich-rechtliche Verträge i.S.v. § 54 LVwVfG sind oder ob sie ein Arbeitsverhältnis i.S.v. § 1 KSchG begründen.
Der Beklagte hält die Frage für klärungsbedürftig und für klärungsfähig bzw. entscheidungserheblich und macht geltend: Während der Verwaltungsgerichtshof die von den Beteiligten unter dem 24. Juli 2007 getroffene Vereinbarung für einen öffentlich-rechtlichen Vertrag i.S.d. nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisiblen, weil mit § 54 VwVfG übereinstimmenden Vorschrift des § 54 LVwVfG gehalten habe, habe das Bundesarbeitsgericht in Bezug auf einen in allen wesentlichen Punkten identischen Vertrag zwischen ihm - dem Beklagten - und einer Chefärztin mit Beschluss vom 22. November 2016 - 9 AZB 41/16 - NZA 2017, 581) entschieden, dass das betroffene Rechtsverhältnis nicht öffentlich-rechtlicher, sondern bürgerlich-rechtlicher Natur sei und zwischen ihm und der besagten Chefärztin ein Arbeitsverhältnis bestehe. Nach den Maßstäben des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts, der ihm - dem Beklagten - erst am 18. Januar 2017 zugegangen sei und ihm deshalb zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof am 1. Dezember 2016 noch nicht vorgelegen habe, begründe auch der mit dem Kläger geschlossene Dienstvertrag vom 24. Juli 2007 ein Arbeitsverhältnis, dessen Kündigung sich nach den Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes zu richten habe. Nach § 7 KSchG gelte die Kündigung vom 30. September 2009 als von Anfang an rechtswirksam. Gemäß § 4 KSchG müsse eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung erhoben werden. Der Kläger habe seine innerhalb dieser Frist beim Arbeitsgericht F. erhobene Klage zurückgenommen. Die Klage zum Verwaltungsgericht F. habe er erst fast ein Jahr nach Zugang der streitigen Kündigung anhängig gemacht.
Der dergestalt aufgeworfenen und in ihrem Hintergrund gekennzeichneten Frage kommt die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Beklagte beimisst, nicht zu. Sie ist, jedenfalls was eine Einordnung des Dienstvertrags vom 24. Juli 2007 als Arbeitsverhältnis i.S.v. § 1 KSchG anbelangt, die zu einer Qualifizierung als bürgerlich-rechtliches Verhältnis hinzutreten müsste, um die Frage der (analogen) Anwendbarkeit des § 7 KSchG aufwerfen zu können, in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig.
Das Bundesarbeitsgericht führt in dem von dem Beklagten in Bezug genommenen, die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen betreffenden Beschluss vom 22. November 2016 (unter II. 1.) aus, dass der seiner Entscheidung zu Grunde liegende Vertrag seinem Gegenstand nach dem bürgerlichen Recht zuzuordnen sei. Hieran anschließend legt das Bundesarbeitsgericht (unter II. 2.) dar, dass das privatrechtlich ausgestaltete Dienstverhältnis der Parteien des dortigen Rechtsstreits nicht als freies Dienstverhältnis, sondern als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren sei. Rechtsverhältnisse, die von den jeweiligen Parteien als Arbeitsverhältnisse vereinbart würden, seien regelmäßig auch als solche einzuordnen. In dem konkreten Fall hätten die Parteien durch den zwischen ihnen geschlossenen Dienstvertrag eine derartige Vereinbarung getroffen. Die Frage, ob ein Ärztlicher Direktor in einem abhängigen Arbeitsverhältnis oder in einem selbständigen Dienstverhältnis zum Krankenhausträger stehe, lasse sich nicht allgemein, sondern nur auf Grund der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantworten. Es sei entscheidend darauf abzustellen, ob der Ärztliche Direktor, wenn er auch in der Ausübung seines ärztlichen Berufs eigenverantwortlich sei, im Übrigen bei seiner Tätigkeit im Wesentlichen vom Krankenhausträger persönlich abhängig und an dessen Weisungen gebunden sei. Dies sei nach den Regelungen des zwischen den Parteien des dortigen Verfahrens geschlossenen Dienstvertrags der Fall.
Nach diesen von dem Beklagten herangezogenen Maßgaben des Bundesarbeitsgerichts kommt es für die Einordnung eines Chefarztvertrags als Arbeitsverhältnis auf die in dem jeweiligen Einzelfall getroffenen Abreden an. Insoweit greift es zu kurz, wenn der Beklagte meint, die Basis für die Zulassung der Grundsatzrevision durch den Verweis darauf geschaffen zu haben, dass die maßgeblichen Bestimmungen des Chefarztvertrags, der dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 22. November 2016 zu Grunde gelegen habe, praktisch identisch mit den Regelungen des hier streitgegenständlichen, von dem Verwaltungsgerichtshof nicht als Arbeitsvertrag, sondern als öffentlich-rechtlicher Vertrag charakterisierten Dienstvertrags vom 24. Juli 2007 seien.
Die Auslegung von Willenserklärungen ist vor allem im Hinblick auf die Erfassung des Erklärungswortlauts sowie die Sichtung und Aufklärung der für die Bedeutung der Erklärung erheblichen Umstände ein Akt der Tatsachenfeststellung (BVerwG, Beschluss vom 27. März 2013 - 6 B 50.12 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 74 Rn. 5). Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar Feststellungen zum Inhalt des zwischen den Beteiligten geschlossenen Dienstvertrags vom 24. Juli 2007 getroffen (UA S. 3 f.). Demgegenüber war der Chefarztvertrag, den das Bundesarbeitsgericht zu beurteilen hatte, dem Verwaltungsgerichtshof nicht bekannt, so dass er Feststellungen zum Inhalt dieses Vertrags bzw. zum Ausmaß der - auch nach dem Vortrag des Beklagten nicht vollumfänglichen - Übereinstimmung seines Inhalts mit dem Inhalt des Dienstvertrags der Beteiligten vom 24. Juli 2007 nicht getroffen hat. Sind aber Tatsachen, die vorliegen müssten, damit die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage sich in einem Revisionsverfahren stellen könnte, von der Vorinstanz nicht festgestellt worden, kann die Revision im Hinblick auf diese Frage nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden. Denn dann bleibt offen, ob die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage in dem angestrebten Revisionsverfahren überhaupt beantwortet werden kann. Für die Zulassung der Revision muss jedoch die Klärungsfähigkeit der gestellten Frage feststehen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. März 2000 - 8 B 287.99 - BVerwGE 111, 61 <62>, vom 2. Februar 2011 - 6 B 37.10 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 173 Rn. 11 und vom 6. März 2013 - 6 B 47.12 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 283 Rn. 15).
Die anerkannte Ausnahme von dem Grundsatz, dass andere als die von der Vorinstanz festgestellten Tatsachen nicht zur Grundlage der Entscheidung im Revisionsverfahren werden können, greift im vorliegenden Fall nicht ein. Diese Ausnahme betrifft die Konstellation, dass das vorinstanzliche Tatsachengericht den Sachverhalt deshalb nicht weiter aufgeklärt hat, weil es die als rechtsgrundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage anders als der Beschwerdeführer beantwortet und deshalb die Aufklärung als nicht entscheidungserheblich unterlassen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. März 2000 - 8 B 287.99 - BVerwGE 111, 61 <62>). Hier ist indes der Beklagte, wie er selbst vorträgt (Schriftsatz vom 31. Juli 2017 S. 5, 10), nach dem Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts F. vom 20. November 2008, der in dem Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Kündigungen vom 24./25. Januar 2008 ergangen war, durchgängig und in Übereinstimmung mit der Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs von der öffentlich-rechtlichen Natur des Dienstvertrags vom 24. Juli 2007 ausgegangen, so dass sich die Frage nach der Qualifizierung als Arbeitsverhältnis i.S.v. § 1 KSchG schon vom Ansatz nicht gestellt hat.
Die vom Bundesarbeitsgericht in dem Beschluss vom 22. November 2016 entwickelten Maßgaben zeigen im Übrigen, dass die Frage, ob Chefarztverträge von Universitätsklinika mit beamteten Professoren im Rahmen des Kooperationsmodells des Universitätsklinika-Gesetzes Baden-Württemberg ein Arbeitsverhältnis i.S.v. § 1 KSchG begründen, sich wegen ihrer Einzelfallabhängigkeit einer abstrahierenden rechtssatzartigen Klärung entzieht und deshalb nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigt.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstands beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG und nimmt die von den Beteiligten nicht angegriffene Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichtshofs auf.