Entscheidungsdatum: 22.07.2013
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Die auf die Grundsatz- (1.) und die Verfahrensrüge (2.) gestützte Beschwerde des Klägers bleibt ohne Erfolg.
1. Seine Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) stützt der Kläger auf zwei Vorbringen, die beide unbegründet sind a) und b).
a) Für grundsätzlich klärungsbedürftig in einem Revisionsverfahren hält der Kläger die Frage, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs zutreffe, dass schon das Ansprechen von Personen auf eine mögliche Schwangerschaft oder Schwangerschaftskonfliktsituation im Nahbereich einer anerkannten Konfliktberatungsstelle eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der angesprochenen Person(en) und damit eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit darstelle.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer revisionsgerichtlich bislang nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann (Beschluss vom 17. August 2009 - BVerwG 6 B 10.09 - juris Rn. 2). Zielt die Rüge des Beschwerdeführers - wie hier - auf die Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht, vermag dies die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur dann zu begründen, wenn die Auslegung einer - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Die bezeichneten bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen Normen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren sind in der Beschwerdebegründung anzugeben. Es muss hierbei dargelegt werden, dass und inwiefern die jeweils angeführten bundesrechtlichen Maßgaben Rechtsfragen aufwerfen, die sich nicht auf Grund der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten lassen (Beschluss vom 17. August 2009 a.a.O. Rn. 7).
Diesen Maßgaben wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Sie begnügt sich, neben allgemeiner, im Stile einer Berufungsbegründung vorgetragener Kritik an der vorinstanzlichen Entscheidung zur Begründung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO im Kern mit der Aussage, es gehe "um die Abgrenzung und Abwägung der Sphären des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu anderen Grundrechten (...), nämlich den Rechten auf Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit und allgemeine Handlungsfreiheit und das vom Kläger geschützte Lebensrecht des Kindes, das sich selbst nicht artikulieren kann" (S. 5 Beschwerdebegründung). Mit diesen Ausführungen unterschreitet die Beschwerde die durch § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gestellten Anforderungen, weil sie lediglich den allgemeinen rechtlichen Rahmen beschreiben, innerhalb dessen das durch die Streitsache aufgeworfene Rechtsproblem anzusiedeln ist, nicht aber konkret verdeutlichen, welche seiner Aspekte Fragen hervorrufen, die auf Basis der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung - hier insbesondere zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht und zum Grundrecht auf Meinungsfreiheit - nicht zu beantworten sind. Auch der Hinweis des Beschwerdeführers, die vom Verwaltungsgerichtshof entschiedene Fallkonstellation sei bisher nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung gewesen, genügt nicht den Maßgaben, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO mit den Worten stellt, in der Begründung müsse "die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt" werden (vgl. Eyermann-Kraft, 13. Aufl. 2010, § 133 Rn. 26); andernfalls müsste jeder denkbaren Fallkonstellation, die bislang nicht unmittelbar Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung gewesen ist, rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugesprochen werden.
Für den Senat ist der Sache nach auch nicht erkennbar, dass die vorliegende Rechtsprechung - insbesondere des Bundesverfassungsgerichts - zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und zur Reichweite der Meinungsfreiheit lückenhaft in dem Sinne wäre, dass von ihr ausgehend eine Lösung des vorliegenden Falls nicht möglich wäre, ohne hiermit zugleich einen abstrakten Rechtssatz auf einer fallübergreifenden Ebene zu bilden, dessen Bildung bzw. Überprüfung im Interesse der Rechtseinheit und der Rechtsfortbildung einer revisionsgerichtlichen Klärung zugeführt werden sollte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf eine in den Grundzügen vergleichbare Konstellation in seinem Beschluss vom 8. Juni 2010 - 1 BvR 1745/06 - ausgeführt hat, vor dem Hintergrund, dass Art. 5 Abs. 1 GG nicht Tätigkeiten schütze, mit denen anderen eine Meinung aufgedrängt werden solle, erscheine es nicht ausgeschlossen, auf den Gesichtspunkt, dass Patientinnen sich auf dem Weg in eine Arztpraxis durch Protestaktionen gleichsam einem Spießroutenlauf ausgesetzt sehen könnten, ein verfassungsrechtlich tragfähiges Verbot von bestimmten Formen von Protestaktionen zu stützen (juris Rn. 23). Hiermit ist aufgezeigt, dass die grundrechtliche Beurteilung von Konfliktfällen der vorliegenden Art im Wesentlichen davon abhängt, inwieweit auf der einen Seite eine dem Schutz ungeborenen Lebens verpflichtete Gehsteigaktion über eine bloße Meinungskundgabe hinausgeht und letztlich darauf zielt, Adressaten eine Meinung aufzudrängen, und inwiefern auf der anderen Seite die Adressaten eine solche Aktion als einen persönlichen Übergriff verstehen dürfen, der das Aufsuchen einer Arztpraxis oder - wie hier - einer Beratungsstelle einem Spießroutenlauf gleichen lässt. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist tatrichterlich anhand der jeweils maßgeblichen - von Fall zu Fall unterschiedlichen - Einzelumstände zu klären und entzieht sich weiter generalisierender Festlegungen auf einer fallübergreifenden Ebene. Sollte der Verwaltungsgerichtshof in der Anwendung der vorgenannten Maßgaben zu einer rechtlich falschen Würdigung gelangt sein, würde dies der Sache noch keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verleihen.
b) Der Kläger hält außerdem die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob eine Persönlichkeitsrechtsverletzung in der Öffentlichkeit durch Ansprechen auf einen Schwangerschaftskonflikt ein polizeiliches Eingreifen auch ohne einen dahin geäußerten Wunsch dieser Person(en) rechtfertige.
Die Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, denn sie ist nur anhand einer Auslegung des Polizeirechts des Landes Baden-Württemberg zu beantworten, das nicht Gegenstand eines solchen Verfahrens sein könnte (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat den vom Kläger gerügten Rechtsstandpunkt entscheidungstragend auch auf die Anwendung von § 1 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. PolG BW gestützt. Auf die Frage, ob die zusätzlich herangezogene Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, das öffentliche Interesse an einem polizeilichen Einschreiten sei auch im Lichte grundrechtlicher Schutzpflichten des Staats zu bejahen, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aufwirft, kommt es demnach nicht an.
2. Seine Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) stützt der Kläger auf vier Vorbringen a) bis d), die sämtlich unbegründet sind.
a) Eine Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 86 VwGO) und seines rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 GG) in dem Berufungsurteil sieht der Kläger darin, dass die von ihm benannten Zeuginnen und Zeugen durch den Verwaltungsgerichtshof nicht vernommen worden seien. Das Gericht hätte durch die Vernehmung dieser Personen erfahren, dass der Kläger die Gehsteigberaterinnen für ihre Tätigkeit schule und sie unter anderem darin unterweise, in welcher Weise sie den Kontakt mit Personen, die möglicherweise ein Schwangerschaftskonflikt beschäftige, aufnehmen könnten. Das Gericht hätte dadurch erfahren können, dass die Mitglieder des Klägers angewiesen seien, ihre Tätigkeit unauffällig auszuüben und insbesondere höflich und freundlich den von ihnen angesprochenen Personen gegenüberzutreten.
Die Rüge ist unbegründet. Sie benennt die Vernehmung von Zeuginnen und Zeugen für einen hypothetischen Sachverhalt, der nicht streitgegenständlich ist. Das Berufungsgericht hat den Sachverhalt zu Grunde gelegt und darüber auch Beweis erhoben, auf dem die Verbotsverfügung beruht. Darin wird von einer bestimmten Vorgehensweise von Mitarbeiterinnen des Klägers ausgegangen, und dieses hat die Gefahrenabwehr der Beklagten ausgelöst. Daneben ist es unerheblich, ob der Kläger auch in der Lage wäre, stattdessen ein Konzept anzuwenden, mit dem er nicht gegen die öffentliche Sicherheit i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG BW verstoßen würde. Nur dafür jedoch sind von ihm die Zeuginnen und Zeugen benannt worden. Ihre unterbliebene Vernehmung verletzt weder die Aufklärungspflicht (§ 86 VwGO) noch den klägerischen Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 GG).
b) Der Kläger sieht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 GG) außerdem dadurch verletzt, dass die Beratung des Urteils durch das Berufungsgericht trotz einer vorangegangenen umfangreichen Beweisaufnahme nur wenige Minuten gedauert haben könne. Hätte es sich dafür mehr Zeit gelassen, wäre es zu dem Ergebnis gekommen, dass es die in der Verhandlung vom Kläger verlangte Gegenüberstellung von Zeugen hätte nachholen müssen.
Die Rüge ist unbegründet, weil sie einen unzutreffenden Sachverhalt bei der Urteilsfindung unterstellt. Sie geht davon aus, die mündliche Verhandlung des Berufungsgerichts am 11. Oktober 2012 habe ausweislich des Terminsprotokolls bis 19.30 Uhr gedauert. Kurze Zeit nach Beendigung des Termins habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers beobachtet, wie die beiden beisitzenden Richter das Gerichtsgebäude in Richtung Hauptbahnhof verlassen hätten. Der Vorsitzende des erkennenden Senats habe zuvor erklärt "hier" zu bleiben, was eine anschließende gemeinsame Beratung des Gremiums ausgeschlossen habe. Hinzu komme, dass das 23 Seiten umfassende Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2012 erst am 15. Oktober 2012 geschrieben worden sei und somit nicht am 11. Oktober 2012 für eine Senatsberatung zur Verfügung gestanden haben könne.
Die geschilderten Umstände begründen nicht die Unterstellung, dass die Urteilsberatung nur kurze Zeit gedauert haben könne. Das Urteil ist nämlich nicht am 11. Oktober 2012 verkündet, sondern ausweislich der Akten den Beteiligten mit gerichtlicher Verfügung vom 22. Oktober 2012 zugestellt worden. Ausweislich der Empfangsbekenntnisse haben die Beteiligten es jeweils am 26. Oktober 2012 erhalten. Dieser zeitliche Ablauf widerlegt den notwendigen Ausgangspunkt der Rüge, dass dem Gericht nur sehr kurze Zeit für seine Urteilsberatung zur Verfügung gestanden habe. Für die Behauptung des Klägers, das Urteil sei bereits am 11. Oktober 2012 abschließend beraten worden, ergibt sich in der Gerichtsakte kein Beleg. Dass auf dem Vorblatt mit Leitsatz (GA II 337) das Urteil auf den letzten Tag der mündlichen Verhandlung datiert ist, entspricht üblicher Praxis, besagt aber noch nichts über den Abschluss der Beratung.
c) Der Kläger rügt weiter einen Verstoß gegen § 65 VwGO durch die Beiladung des pro familia, Ortsverband Freiburg e.V. und eine damit verbundene Verletzung des klägerischen Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 GG). Das erstinstanzliche Gericht habe die Beiladung mit Beschluss vom 6. Juli 2011 unternommen. Voraussetzung für die Beiladung sei aber, dass die rechtlichen Interessen des anderen durch die Entscheidung berührt würden. Das habe das Verwaltungsgericht nicht einmal festgestellt, sondern nur erklärt, die Interessen des Beigeladenen könnten berührt werden, also nicht festgestellt, dass die Interessen des Beigeladenen tatsächlich berührt würden. Gegen die unanfechtbare Entscheidung des Verwaltungsgerichts habe der Kläger mit Schriftsatz vom 30. November 2011 remonstriert und beantragt, die Beiladung wieder aufzuheben. In der Berufungsinstanz habe er erneut beantragt, die Beiladung aufzuheben. Der Verwaltungsgerichtshof habe dies mit begründetem Beschluss vom 8. August 2012 ebenfalls ausdrücklich abgelehnt.
Die Rüge ist unbegründet. Die erfolgte Beiladung ist unanfechtbar (§ 65 Abs. 4 Satz 2 VwGO) und daher grundsätzlich der Beurteilung durch das Revisionsgericht entzogen (§ 173 VwGO i.V.m. § 557 Abs. 2 ZPO). Eine Verfahrensrüge, die im Zusammenhang mit einer unanfechtbaren Vorentscheidung erhoben wird, ist deshalb nur dann zulässig, wenn sie sich nicht unmittelbar gegen die revisionsgerichtlich nicht nachprüfbare Vorentscheidung als solche wendet, sondern einen Mangel betrifft, der als Folge der beanstandeten Vorentscheidung weiterwirkend der angefochtenen Sachentscheidung anhaftet; andernfalls würde der gesetzlich angeordnete Beschwerdeausschluss umgangen und damit die aus prozessökonomischen Gründen vorgesehene Bindungswirkung des § 557 Abs. 2 ZPO missachtet werden können (Beschluss vom 22. Dezember 1997 - BVerwG 8 B 255.97 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 16 S. 12). Einen weiterwirkenden Mangel des angefochtenen Urteils in diesem Sinne zeigt der Kläger in seiner Beschwerdebegründung nicht auf. Er moniert mit dem Umstand, der Beigeladene habe Zeugen befragen können, eine typische prozessuale Begleiterscheinung der Beiladung und wendet sich hiermit lediglich gegen eine ihr unmittelbar anhaftende Konsequenz, deren Rüge ihm nach der Wertung des Gesetzgebers durch den Ausschluss der Anfechtbarkeit der Beiladungsentscheidung aber versagt sein soll. Unabhängig davon kann der Vortrag des Klägers, ohne die prozessualen Beiträge des Beigeladenen wäre der Beklagte nicht in der Lage gewesen, Tatsachen beizubringen, die seine Verfügung stützen, auch deshalb nicht auf einen Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen, weil er den Wertungen des verwaltungsprozessualen Amtsermittlungsprinzips (§ 86 Abs. 1 VwGO) und der darin verbundenen Absage an den zivilprozessualen Beibringungsgrundsatz zuwiderläuft. Ist die gerichtliche Sachverhaltsermittlung nicht von der Tatsachenbeibringung der Prozessbeteiligten abhängig (§ 86 Abs. 2 Satz 1 VwGO) und auf eine umfassende Erforschung des Streitstoffs von Amts wegen gerichtet, kann die Möglichkeit, dass die Sachverhaltsermittlung einen geringeren Umfang angenommen hätte, wenn ein Beteiligter nicht am Verfahren beteiligt worden wäre, prinzipiell keinen Anlass für rechtliche Beanstandungen bilden. Einen Anspruch Beteiligter auf ein teilweises Unterbleiben der Sachverhaltsermittlung im Prozess vermittelt das Gesetz in keinem Fall.
d) Der Kläger rügt außerdem, er habe mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2012 den Antrag gestellt, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Als Begründung habe er angegeben, dass im Termin vom 11. Oktober 2012 mit wenigen Unterbrechungen von jeweils wenigen Minuten eine mehr als neunstündige Beweisaufnahme durchgeführt und zehn Zeugen ausführlich vernommen worden seien. Es sei ein umfangreiches Protokoll diktiert worden, in das die Zeugenaussagen im Wortlaut aufgenommen worden seien. Dem Kläger müsse Gelegenheit gegeben werden, die Beweisaufnahme anhand des Protokolls auszuwerten, zu würdigen und hierzu Stellung zu nehmen. Dies gelte insbesondere bezüglich neu erörterter angeblicher Vorgänge, die vom Beklagten nicht vorgetragen worden seien. Der Kläger sei bisher nur auf die handschriftlichen Notizen seines Prozessbevollmächtigten angewiesen gewesen. Damit sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör nicht gewahrt worden (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 GG). Diese Rüge ist unbegründet, und zwar hinsichtlich des ausdrücklich geltend gemachten Gehörsverstoßes aa), als auch hinsichtlich der unterbliebenen Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bb).
aa) Das Verwaltungsgericht hat den Beteiligten entsprechend § 108 Abs. 2 VwGO Gelegenheit gegeben, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Dies ergibt sich aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2012. Weder dem Protokoll noch dem Beschwerdevorbringen ist zu entnehmen, inwiefern von dieser Gelegenheit Gebrauch gemacht wurde. Das Gericht ist in einem solchen Fall nicht verpflichtet, von sich aus eine Erörterung des Beweisergebnisses zu beginnen. Eine solche Erörterung wäre nur erforderlich gewesen, wenn dies zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung angezeigt gewesen wäre. Ohne einen solchen Anlass ist das Gericht nicht verpflichtet, zur Wahrung des rechtlichen Gehörs seine Einschätzung des Beweisergebnisses den Beteiligten vorab mitzuteilen. In der Regel bleiben die Beweiswürdigung, das daraus folgende Beweisergebnis und die hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen der Schlussberatung vorbehalten und entziehen sich deshalb einer vorherigen Erörterung mit den Beteiligten (Beschluss vom 5. Februar 1999 - BVerwG 9 B 797.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4). Auch § 279 Abs. 3 ZPO verlangt nur eine Erörterung des Beweisergebnisses, soweit dies bereits möglich ist. Ein anderes Vorgehen war hier nicht geboten. Der Verwaltungsgerichtshof hätte die Beteiligten allenfalls darauf hinweisen können, dass es wesentlich auf die Glaubwürdigkeit der Zeugen und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen ankommt. Das musste sich den Beteiligten aber auch ohne einen ausdrücklichen Hinweis aufdrängen (Beschluss vom 16. Juni 2003 - BVerwG 7 B 106.02 - Buchholz 303 § 279 ZPO Nr. 1 Rn. 27 ff.).
bb) Das Berufungsgericht war nicht verpflichtet, zur Wahrung des rechtlichen Gehörs die mündliche Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO wiederzueröffnen. Ob es die mündliche Verhandlung wiedereröffnen will, steht grundsätzlich im Ermessen des Tatsachengerichts. Eine Pflicht zur Wiedereröffnung besteht ausnahmsweise dann, wenn nur auf diese Weise das erforderliche rechtliche Gehör gewahrt werden kann. Es kann offen bleiben, ob zur weiteren Konkretisierung des Ermessens auf § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zurückzugreifen ist. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anzuordnen, wenn das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler, insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt. Der Beschwerdebegründung lässt sich keiner dieser Gründe für eine Pflicht zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung entnehmen. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Hinweispflichten nach Abschluss der Beweisaufnahme nicht verletzt. Seine Beweiswürdigung konnte die Beteiligten nicht überraschen. Der Kläger hatte auch ohne ausdrücklichen Hinweis des Gerichts Anlass, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht dafür da, den Beteiligten Gelegenheit zu geben, in der mündlichen Verhandlung Versäumtes nachzuholen (Beschluss vom 16. Juni 2003 - BVerwG 7 B 106.02 - Buchholz 303 § 279 ZPO Nr. 1 Rn. 29 ff.). Der Umstand, dass die Beweisaufnahme am 11. Oktober 2012 über neun Stunden gedauert hat, führte nicht dazu, dass sich bei der Entscheidung des Gerichts über den Wiedereröffnungsantrag sein Ermessen auf Null reduziert hätte. Dass es dem Kläger nicht hinreichend möglich gewesen sein sollte, bereits am 11. Oktober 2012 zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, ist nicht ersichtlich.
cc) Auch das am Ende der Beschwerdebegründung angefügte Vorbringen, das Urteil sei widersprüchlich, führt nicht auf einen Verfahrensfehler. Aus der Länge der gerichtlichen Beweisaufnahme darf nicht auf eine Unzulänglichkeit der behördlichen Sachverhaltsermittlung geschlossen werden. Unterlässt ein Gericht einen solchen Schluss, verstößt es deshalb nicht gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 VwGO.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2 GKG.