Entscheidungsdatum: 18.08.2010
Die Beschwerde, die sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache stützt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), bleibt ohne Erfolg. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.
Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass sich der Kläger auf den von ihm geltend gemachten Fehler bei der Berechnung der Abgabefrist für seine Diplomarbeit nicht berufen könne, weil der (angebliche) Fehler zum einen für die unterbliebene Abgabe der Arbeit nicht kausal geworden und zum anderen nicht rechtzeitig dem Beklagten gegenüber gerügt worden sei. Daran anschließend will die Beschwerde geklärt wissen, "ob ein Prüfling zur Rüge der falschen Berechnung der Abgabefrist einer Diplomarbeit durch das Prüfungsamt verpflichtet ist und wann die fehlerhafte Berechnung der Abgabefrist durch das Prüfungsamt unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Kausalität unerheblich ist". Diese Fragestellung rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Im Falle einer mehrfachen, die angefochtene Entscheidung jeweils selbständig tragenden Begründung bedarf es in Bezug auf jede dieser Begründungen eines geltend gemachten und vorliegenden Zulassungsgrundes (s. nur Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
Die Obliegenheit des Prüflings, Mängel des Prüfungsverfahrens zur Vermeidung ihrer Unbeachtlichkeit unverzüglich zu rügen - die als solche, soweit sie als ungeschriebene Regel eine dem untergesetzlichen Landesrecht angehörende Prüfungsordnung ergänzt, wie diese dem irrevisiblen Recht angehört - ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durch den bundesrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit gerechtfertigt. Die Mitwirkungslast des Prüflings dient der Wahrung der Chancengleichheit in zweierlei Hinsicht: Sie soll verhindern, dass er sich bei Fortsetzung der Prüfung in Kenntnis des Verfahrensmangels nachträglich eine ihm nicht zustehende weitere Prüfungschance verschafft, und ermöglicht zum anderen der Prüfungsbehörde eine zeitnahe Überprüfung des gerügten Mangels mit dem Ziel einer noch rechtzeitigen Korrektur oder Kompensation (stRspr; vgl. Urteile vom 17. Februar 1984 - BVerwG 7 C 67.82 - BVerwGE 69, 46 <48> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 195 S. 179 f. und vom 22. Juni 1994 - BVerwG 6 C 37.92 - BVerwGE 96, 126 <129 f.> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 333 S. 27 f.; s. auch Beschluss vom 8. November 2005 - BVerwG 6 B 45.05 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 408 Rn. 5). Die Mitwirkungslast endet - je nach den Umständen des Einzelfalles - zum einen an der Grenze der Zumutbarkeit für den Prüfling und zum anderen dann, wenn der betreffende Mangel auch ohne Rüge für die Prüfungsbehörde nicht nur erkennbar, sondern offensichtlich und zweifelsfrei ist (Urteile vom 17. Februar 1984 a.a.O. S. 50 bzw. S. 181 und vom 12. November 1997 - BVerwG 6 C 11.96 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 384 S. 198 m.w.N., insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 105, 328).
Vor diesem Hintergrund hat die hier aufgeworfene Frage nach der Rügepflicht des Prüflings bei fehlerhafter Berechnung der Abgabefrist für eine schriftliche Prüfungsarbeit nicht die grundsätzliche Bedeutung, die die Beschwerde ihr beimisst. Unter dem bundesrechtlichen Gesichtspunkt der Chancengleichheit ist zunächst nichts dagegen zu erinnern, dass das Oberverwaltungsgericht die Fristberechnung dem Prüfungsverfahren zuordnet. Es ist offensichtlich und bedarf nicht erst der Klärung in einem Revisionsverfahren, dass die Rügelast gerade bei derartigen Fehlern der Wahrung der Chancengleichheit dient. So versetzt der Hinweis des Prüflings auf einen etwaigen Berechnungsfehler die Prüfungsbehörde in die Lage, den Fehler umgehend durch eine entsprechende Verlängerung der Bearbeitungsfrist zu korrigieren und dadurch zu vermeiden, dass dem Kandidaten wegen eines nachträglich nicht mehr zu behebenden Fehlers der Fristberechnung ein ihm im Grundsatz nicht zustehender (zusätzlicher) Wiederholungsversuch eingeräumt werden muss.
Auf allgemein klärungsbedürftige Rechtsfragen führt auch nicht die weitere Argumentation des Oberverwaltungsgerichts, wonach die betreffende Mitwirkung des Klägers weder unter dem Gesichtspunkt einer Offenkundigkeit des bei der Berechnung der Abgabefrist unterlaufenen Fehlers noch unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit der Rüge entbehrlich gewesen sei. Das Oberverwaltungsgericht hat insoweit angenommen, dass es an einer Offensichtlichkeit des von dem Kläger im Nachhinein beanstandeten Berechnungsfehlers für den Prüfungsausschuss nicht zuletzt deshalb gefehlt habe, weil der Kläger durch seine eigenen Angaben im Anmeldebogen zumindest einen Anschein gesetzt habe, der in Widerspruch zu der von ihm nunmehr vertretenen Rechtsauffassung stehe; dies sei auch für einen juristisch nicht vorgebildeten Laien unschwer erkennbar und ein daran anknüpfender Hinweis gegenüber dem Prüfungsausschuss - auch in Ansehung des späteren Prozessvorbringens des Beklagten - jedenfalls nicht aussichtslos gewesen. Diese Erwägungen in den Gründen des angefochtenen Urteils sind ersichtlich von den Umständen des vorliegenden Einzelfalles geprägt. Sie entziehen sich damit ebenso wie die Kritik, die die Beschwerde an ihnen übt, einer allgemeinen Klärung in einem Revisionsverfahren.