Entscheidungsdatum: 04.06.2015
I
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid, durch welchen die Bundesnetzagentur ihren Antrag abgelehnt hat, zu einem Versteigerungsverfahren für die Vergabe von Funkfrequenzen zugelassen zu werden.
Durch Allgemeinverfügung vom 12. Oktober 2009 ordnete die Bundesnetzagentur ein Vergabeverfahren für die Zuteilung von Frequenzen in den Bereichen 800 MHz, 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten sowie die Ausgestaltung des Vergabeverfahrens als Versteigerungsverfahren an und stellte Vergabebedingungen sowie Versteigerungsregeln auf. Zu den Vergabebedingungen gehörte eine Regelung (Nr. IV. 1.3), nach der jeder Antragsteller darzulegen hatte, dass er die in einer Anlage der Allgemeinverfügung näher bezeichneten Voraussetzungen für die Zulassung zum Versteigerungsverfahren erfüllt. Die Darlegungs- und Nachweispflicht erstreckte sich nach dieser Anlage darauf, dass dem Antragsteller die erforderlichen finanziellen Mittel nicht nur für die Ersteigerung der Frequenzen, sondern auch für den Aufbau und den Betrieb des Netzes zur Verfügung stehen, sowie auf die Einzelheiten der Finanzierung.
Die Klägerin erhob gegen die Allgemeinverfügung Klage, die sich unter anderem gegen diese Vergabebedingung richtete. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Revision der Klägerin zurück (BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2011 - 6 C 40.10 - Buchholz 442.066 § 61 TKG Nr. 1). Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde der Klägerin nicht zur Entscheidung an (BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. April 2014 - 1 BvR 2160/11 - NVwZ 2014, 1226).
Die Klägerin beantragte ihre Zulassung zu dem Versteigerungsverfahren. Die Bundesnetzagentur lehnte die Zulassung durch den angegriffenen Bescheid vom 4. März 2010 ab, weil die Klägerin mit den von ihr vorgelegten Unterlagen keine ausreichenden Nachweise dafür erbracht habe, dass ihr sämtliche erforderlichen finanziellen Mittel für die aus dem Antrag auf Zulassung zur Versteigerung ersichtlichen Investitionen für den Auf- und Ausbau sowie den Betrieb des Funknetzes dauerhaft zur Verfügung stehen würden, und deshalb nicht festgestellt werden könne, dass sie die für die dauerhafte Ausübung der beantragten Frequenznutzungsrechte erforderliche Leistungsfähigkeit besitze. Die Versteigerung der Funkfrequenzen fand in der Zeit vom 12. April bis 20. Mai 2010 statt.
Die Klägerin hat Klage erhoben, mit der sie zuletzt beantragt hat, den Bescheid der Bundesnetzagentur vom 4. März 2010 aufzuheben, die Bundesnetzagentur zu verpflichten, sie zu dem Versteigerungsverfahren zuzulassen, hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid der Bundesnetzagentur rechtswidrig war, die Bundesnetzagentur verpflichtet war, diesen Bescheid aufzuheben und sie zu der Versteigerung zuzulassen.
Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisanträge der Klägerin abgelehnt und die Klage sodann durch das angefochtene Urteil abgewiesen: Die isoliert auf Aufhebung des Ablehnungsbescheids gerichtete Klage sei unzulässig. Die Verpflichtungsklage sei wegen weggefallenen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden. Das mit ihr verfolgte Begehren habe sich durch den Abschluss des Versteigerungsverfahrens erledigt. Der Feststellungsantrag sei unzulässig. Die Klägerin habe weder unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr noch des Rehabilitationsinteresses ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Unabhängig davon sei die Klage unbegründet. Die Bundesnetzagentur sei nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin zu dem Versteigerungsverfahren zuzulassen; ihr Ablehnungsbescheid sei rechtmäßig.
Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
II
Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, welche die Klägerin ihr beimisst.
Die Klägerin hat als grundsätzlich bedeutsam die Frage aufgeworfen,
welche subjektiven Anforderungen im Einzelnen zulässigerweise gemäß Genehmigungsrichtlinie (RL 2002/20/EG) ABl. EG Nr. L 108 vom 24. April 2002, S. 21, in der Fassung der Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/21/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, der Richtlinie 2002/19/EG über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung und der Richtlinie 2002/20/EG über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste, ABl. EG Nr. L 337 vom 18. Dezember 2009, 37, an einen Antragsteller, der zum Versteigerungsverfahren zugelassen werden will, gestellt werden dürfen.
In dieser von ihr formulierten Fassung wäre die Frage von vornherein nicht klärungsfähig, weil sie nicht auf die Beantwortung einer konkreten, entscheidungserheblichen Frage, sondern auf eine umfassende rechtsgutachterliche Stellungnahme zielt. Aus der Beschwerdebegründung, insbesondere aus den Fragen, welche die Klägerin dort für eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union formuliert hat, ergibt sich aber, dass die Klägerin in der Sache die Frage geklärt wissen möchte, ob es mit Art. 6 Abs. 1 der Genehmigungsrichtlinie in Verbindung mit Nr. 6 der Anlage B und Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c der Genehmigungsrichtlinie vereinbar ist, die Zulassung eines Antragstellers zu einem Versteigerungsverfahren für die Vergabe von Funkfrequenzen von dem Nachweis abhängig zu machen, dass ihm die erforderlichen finanziellen Mittel nicht nur für die Ersteigerung der Frequenzen, sondern auch für den Aufbau und den Betrieb des Netzes zur Verfügung stehen.
In dieser Fassung ist die Frage in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil sie sich hier nicht mehr entscheidungserheblich stellt und deshalb nicht beantwortet werden kann. Die Klägerin übersieht, dass über die Zulassung zum Versteigerungsverfahren in einem gestuften Verfahren entschieden wird. Auf der jetzt allein noch streitigen Stufe des Verfahrens stellt sich die aufgeworfene Frage nicht erneut.
Dass die Zulassung jedes Antragstellers zu dem in Rede stehenden Versteigerungsverfahren (dem Grunde nach) von dem Nachweis abhängig war, dass ihm die erforderlichen finanziellen Mittel auch für den Aufbau und den Betrieb des Netzes zur Verfügung stehen werden, ist bereits in den Vergabebedingungen geregelt, welche die Bundesnetzagentur in ihre Allgemeinverfügung vom 12. Oktober 2009 aufgenommen hat. Diese Mittel müssen zwar erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Netzaufbaus verfügbar sein, die (künftige) Verfügbarkeit muss allerdings bereits im Zeitpunkt der Zulassung zum Versteigerungsverfahren nachgewiesen sein. Die Klage der Klägerin gegen diese Vergabebedingung ist rechtskräftig abgewiesen. Damit steht zwischen der Klägerin und der Bundesnetzagentur für das in Rede stehende Versteigerungsverfahren rechtskräftig fest, dass die Zulassung der Klägerin von der Erfüllung dieser Bedingung abhängig gemacht werden durfte. Der Bescheid der Bundesnetzagentur, der allein den Gegenstand des jetzigen Klageverfahrens bildet, konkretisiert die allgemein (für alle) und abstrakt geltende Vergabebedingung für den Antrag der Klägerin. Der Bescheid regelt nur noch die Frage, ob die Klägerin mit den von ihr eingereichten Unterlagen und Erklärungen den geforderten Nachweis erbracht hat. Für die Rechtmäßigkeit des Bescheids war und ist nicht mehr nachzuprüfen, ob eine solche Vergabebedingung überhaupt gestellt werden kann. Dies stand und steht vielmehr im Verhältnis der Klägerin zur Bundesnetzagentur und für das konkret in Rede stehende Versteigerungsverfahren mit dem Revisionsurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juni 2011 im Verfahren 6 C 40.10 rechtskräftig fest.
Die Angriffe der Klägerin richten sich nach ihren Ausführungen in der Beschwerdebegründung allein gegen die bestandskräftig gewordene Vergabebedingung in der Allgemeinverfügung der Bundesnetzagentur vom 12. Oktober 2009 und gegen das rechtskräftige Revisionsurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juni 2011. Ob die Vergabebedingung rechtmäßig und das sie bestätigende Revisionsurteil zutreffend ist, ist für den hier streitigen Bescheid der Bundesnetzagentur unerheblich, weil es für dessen Rechtmäßigkeit in dem gestuften Verfahren der Zulassung zur Versteigerung nicht auf die Rechtmäßigkeit der Vergabebedingung, sondern nur auf deren Bestandskraft ankommt.
Weil die von der Klägerin formulierten Fragen für eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union danach nicht entscheidungserheblich sind, kommt auch die beantragte Vorlage schon aus diesem Grund nicht in Betracht.
2. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf den geltend gemachten Verfahrensfehlern im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
a) Das Verwaltungsgericht hat nicht den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG mit der Annahme verletzt, die Klage sei mangels Rechtsschutzinteresses mit dem Hauptantrag unzulässig, die Bundesnetzagentur zu verpflichten, die Klägerin zu dem Versteigerungsverfahren zuzulassen, weil sich dieses Begehren mit dem Abschluss der Versteigerung erledigt habe.
Ob sich ein Verwaltungsakt und spiegelbildlich damit ein Verpflichtungsbegehren erledigt hat, ist als solches eine Frage des materiellen Rechts. Aus dem materiellen Recht ergibt sich, ob die im Verwaltungsakt ausgesprochene Rechtsfolge noch Wirkungen zeitigt und ob eine mit dem Verpflichtungsbegehren angestrebte Rechtsfolge noch wirksam werden kann. Demgemäß richtet sich nach materiellem Recht, nämlich nach dem Telekommunikationsrecht, welche Wirkungen die Ablehnung einer Zulassung zur Versteigerung hat. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Ablehnung der Zulassung beschränke sich auf die konkret stattgefundene und abgeschlossene Versteigerung, zu der eine Zulassung deshalb nicht mehr möglich ist. Das Verwaltungsgericht hat damit zugleich der Sache nach zum Ausdruck gebracht, dass die Versteigerung nicht wiederholbar ist. Ob diese Auffassung dem materiellen Recht entspricht, ist für die allein erhobene Verfahrensrüge unerheblich.
Mit ihr macht die Klägerin lediglich geltend, das Verwaltungsgericht habe ihren Vortrag übergangen, die Versteigerung könne und müsse wiederholt werden. Dass das Verwaltungsgericht den seiner Auffassung schlicht entgegengesetzten Rechtsstandpunkt der Klägerin nicht zur Kenntnis genommen und nicht erwogen hat, lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen. Das Verwaltungsgericht ist der Sache nach darauf eingegangen, indem es seine Auffassung begründet hat. Dass es der gegenteiligen Rechtsansicht der Klägerin nicht gefolgt ist, ergibt keinen Verstoß gegen das rechtliche Gehör. Denn diese Verfahrensgarantie schützt nicht dagegen, dass das Gericht aus materiell-rechtlichen Gründen seiner Entscheidung eine abweichende Auffassung zugrunde legt.
b) Das Verwaltungsgericht hat weder den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG noch seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts aus § 86 Abs. 1 VwGO oder den Überzeugungsgrundsatz aus § 108 Abs. 1 VwGO mit der Annahme verletzt, die Klage sei mangels Feststellungsinteresses mit dem Hilfsantrag unzulässig, festzustellen, dass der Ablehnungsbescheid der Bundesnetzagentur rechtswidrig war, die Bundesnetzagentur verpflichtet war, diesen Bescheid aufzuheben und sie zu der Versteigerung zuzulassen.
aa) Die Klägerin hat in ihrer Beschwerdebegründung nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht entscheidungserheblichen Vortrag übergangen hat, soweit es ein Feststellungsinteresse aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr verneint hat.
Die Klägerin befürchtet in diesem Zusammenhang, die Bundesnetzagentur könne bei zukünftigen Versteigerungen die Zulassung von der auch hier gestellten Vergabebedingung abhängig machen. Auf deren Zulässigkeit bezieht sich der Vortrag, dessen Würdigung durch das Verwaltungsgericht die Klägerin vermisst. Die Zulässigkeit dieser Bedingung kann aber auch auf den Hilfsantrag nicht geklärt werden, weil es auf ihre Rechtmäßigkeit aus den dargelegten Gründen nicht erneut entscheidungserheblich ankommt.
bb) Das Verwaltungsgericht hat keinen entscheidungserheblichen Vortrag der Klägerin übergangen, soweit es ein Feststellungsinteresse aus dem Gesichtspunkt des Rehabilitierungsinteresses verneint hat.
(1) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der Vortrag der Klägerin, sie sei nicht nur in dem Bescheid der Bundesnetzagentur als nicht leistungsfähig bezeichnet worden, hierüber sei vielmehr auch in der Presse berichtet worden.
Zwar hat das Verwaltungsgericht auch ausgeführt, die von der Klägerin als potentiell rufschädigend angesehenen behördlichen Feststellungen stellten keine öffentlichen Äußerungen dar, sondern fänden sich in einem behördlichen Bescheid, der als Adressaten nur die Klägerin aufweise. Diese - im Übrigen zutreffenden - Ausführungen tragen die Entscheidung aber nicht, sondern sind nur ergänzend zu der tragenden Begründung angeführt ("Zu berücksichtigen ist zudem, ..."). Tragend hat das Verwaltungsgericht vielmehr schon darauf abgestellt, dass dem Inhalt des Bescheids eine diskriminierende Aussage nicht entnommen werden könne. Die in ihm enthaltenen Feststellungen über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin bezögen sich - einzeln und in ihrer Gesamtheit - aus der Sicht eines unvoreingenommenen Durchschnittsbetrachters allein auf die Frage, ob die Klägerin die Voraussetzungen der Vergabebedingungen erfülle, nämlich ihre Leistungsfähigkeit in ausreichendem Maße nachgewiesen habe. Es gehe erkennbar nicht um die Frage, ob die Klägerin allgemein finanziell leistungsfähig sei.
(2) Mit Blick hierauf war auch der weitere Sachvortrag, dessen Berücksichtigung die Klägerin vermisst, für die Frage des Feststellungsinteresses nicht entscheidungserheblich. Was die Klägerin insoweit anführt, sind Gründe für eine mögliche Rechtswidrigkeit des streitigen Bescheids. Die Rechtswidrigkeit als solche ergibt aber noch kein Feststellungsinteresse.
3. Da die Klägerin danach keine durchgreifenden Zulassungsgründe gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts vorgebracht hat, die Klage sei mit den gestellten Haupt- und Hilfsanträgen unzulässig, kommt es nicht darauf an, ob sie die weitere tragende Annahme des Verwaltungsgerichts, die Klage sei auch unbegründet, mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen hat. Ist ein Urteil auf zwei selbständig tragende Gründe gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn gegen beide tragenden Gründe durchgreifende Zulassungsgründe geltend gemacht sind und vorliegen. Wenn nur bezogen auf eine Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert. Das angefochtene Urteil beruht deshalb nicht auf der Begründung, die Klage sei unbegründet. Sie kann hinweggedacht werden, ohne dass sich etwas am Ergebnis der Klageabweisung ändert.
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.