Entscheidungsdatum: 28.06.2012
Bei der einem Interessenausgleich mit Namensliste nach § 125 InsO zugrunde liegenden Sozialauswahl kann sich die Berücksichtigung von Unterhaltspflichten gegenüber Kindern auf diejenigen beschränken, die aus der Lohnsteuerkarte entnommen werden können. Dagegen darf bei der einem solchen Interessenausgleich zugrunde liegenden Sozialauswahl jedenfalls die Verpflichtung zur Gewährung von Familienunterhalt an den mit dem Arbeitnehmer in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten gemäß § 1360 BGB nicht gänzlich außer Betracht bleiben.
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. August 2010 - 13 Sa 337/10 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier betriebsbedingter Kündigungen.
Der 1962 geborene Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Tochter war im Zeitpunkt der Erklärung der Kündigungen bereits volljährig und befand sich in der Berufsausbildung, der 17-jährige Sohn ging noch zur Schule. Der Kläger war seit 1984 bei der Schuldnerin bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Seit dem 1. Februar 2001 war er als Schichtführer tätig, was in einer Ergänzung zum Arbeitsvertrag vom 26. April 2005 schriftlich fixiert wurde. Die Schuldnerin behielt sich vor, dem Kläger andere, seiner Qualifikation und seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeiten zuzuweisen.
Im November 2007 wies die Schuldnerin dem Kläger gegen seinen Willen eine Tätigkeit im sog. Sperrlager zu. Dort sortierte er gemeinsam mit zwei weiteren Arbeitnehmern fehlerhaft produzierte Ware aus der Extrusion und bearbeitete sie nach. Eine Einigung darüber, diese Tätigkeit als Vertragsinhalt festzulegen, konnte nach umfangreichem Schriftwechsel, bei dem sich der Kläger anwaltlicher Hilfe bediente, nicht erzielt werden.
Am 27. November 2008 stellte die Schuldnerin Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Noch am selben Tag wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Am 1. März 2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.
Am 25. Februar 2009 vereinbarten die Schuldnerin und der bei ihr gebildete Betriebsrat mit Genehmigung des Beklagten einen Interessenausgleich mit Namensliste nebst Sozialplan. Danach sollte die Belegschaft von 768 auf 512 Mitarbeiter reduziert werden. Ua. sollten alle drei Arbeitsplätze im Sperrlager entfallen. Die Sozialauswahl erfolgte auf der Grundlage einer dem Interessenausgleich als Anlage 2 beigefügten Auswahlrichtlinie vom 26. Februar 2009. Nach Ziff. 1 dieser Richtlinie wurden die Arbeitnehmer entsprechend ihrer Funktion bzw. Tätigkeit Beschäftigungsebenen zugeordnet. Auf dieser Grundlage bildeten die Betriebsparteien 96 Vergleichsgruppen. Zur Erhaltung einer ausgewogenen Altersstruktur erfolgte die soziale Auswahl innerhalb der Beschäftigungsebenen in fünf Altersgruppen in 10-Jahres-Schritten, wobei die unterste Altersgruppe die Arbeitnehmer bis 25 Jahre und die oberste Altersgruppe die Arbeitnehmer ab 56 Jahre erfasste. Die Gewichtung der Sozialkriterien erfolgte nach einem in Ziff. 2 der Auswahlrichtlinie festgelegten Punkteschema. Für jedes vollendete Lebensjahr ab dem 20. Lebensjahr waren ein Punkt, für jedes vollendete Beschäftigungsjahr in den ersten zehn Jahren ein Punkt und ab dem 11. Beschäftigungsjahr zwei Punkte in Ansatz zu bringen. Ferner wurden für Unterhaltspflichten gegenüber jedem auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Kind fünf Punkte vergeben.
Nach diesen Vorgaben erhielt der Kläger 70 Sozialpunkte. Aufgrund der Angaben in seiner Lohnsteuerkarte, in der die Lohnsteuerklasse III und 1,0 Kinderfreibeträge aufgeführt waren, fand dabei eine Unterhaltspflicht nur gegenüber einem Kind Berücksichtigung. Die Betriebsparteien ordneten den Kläger der Beschäftigungsebene „Mitarbeiter Sperrlager“ zu. Mit anderen Arbeitnehmern, insbesondere den Arbeitnehmern der Beschäftigungsebene „Schichtführer“, verglichen sie ihn nicht. Der Kläger war im Unterschied zum Schichtführer Q in der Namensliste zum Interessenausgleich vom 25. Februar 2009 aufgeführt. Dieser im September 1960 geborene, seit September 1986 beschäftigte Arbeitnehmer ist ebenfalls verheiratet. Er ist gegenüber einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Er erhielt aufgrund dieser Sozialdaten 68 Sozialpunkte.
Gemäß § 4 Ziff. 4.4 des Interessenausgleichs bestand Einvernehmen, das Anhörungsverfahren gemäß § 102 BetrVG mit der Aufnahme der Verhandlungen über den Interessenausgleich am 9. Februar 2009 zu verbinden. Am 25. Februar 2009 wurden zwischen dem beschlussfähigen Betriebsrat und der Schuldnerin sämtliche für die Kündigungen maßgeblichen Umstände eines jeden Arbeitnehmers abschließend detailliert erörtert. In § 4 Ziff. 4.8 des Interessenausgleichs hieß es:
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„4.8 Die Parteien sind sich darin einig, dass der vorläufige Insolvenzverwalter nach seiner Ernennung zum Insolvenzverwalter mit dem Betriebsrat einen den Vorschriften des § 125 InsO gerecht werdenden Nachtrag zu diesem Interessenausgleich abschließen wird, und stimmen dem schon jetzt zu. Der Betriebsrat wurde in diesem Zusammenhang über die Regelungen des § 113 InsO informiert. Danach beträgt die Kündigungsfrist zur Beendigung eines Dienstverhältnisses für den Insolvenzverwalter und den anderen Teil (Arbeitnehmer) drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist.“ |
Die Schuldnerin erstattete am 26. Februar 2009 Massenentlassungsanzeige und kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger unter Zustimmung des Beklagten noch am selben Tag zum 30. September 2009. Ihr Angebot, im Wege eines dreiseitigen Vertrags in eine Transfergesellschaft zu wechseln, nahm der Kläger wie mindestens 56 weitere Arbeitnehmer nicht an.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. März 2009 schlossen der Beklagte und der Betriebsrat am 19. März 2009 einen Interessenausgleich gemäß § 125 InsO als Nachtrag zu dem vom 25. Februar 2009. Dieser zweite Interessenausgleich sah 30 Nachkündigungen für die Arbeitnehmer, die wie der Kläger nicht in die Transfergesellschaft gewechselt waren und deren Kündigungsfrist mehr als drei Monate betrug, vor. Gemäß Ziff. 1 des Interessenausgleichs erklärte der Beklagte seinen Eintritt in den ersten Interessenausgleich und bestätigte diesen. Gemäß Ziff. 2 des Interessenausgleichs bestand Einigkeit, dass, wie bereits im Interessenausgleich vom 25. Februar 2009 unter § 4 Ziff. 4.8 angekündigt, zur Abkürzung der Kündigungsfristen die in der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmer, zu denen auch der Kläger gehörte, erneut gekündigt werden müssten. Die Sozialauswahl sollte nach der im ersten Interessenausgleich vereinbarten Auswahlrichtlinie erfolgen und so eine ausgewogene Personalstruktur erhalten bzw. geschaffen werden. In Ziff. 3 des Interessenausgleichs vom 19. März 2009 hieß es:
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„Der Betriebsrat bestätigt, im Rahmen der Erörterungen im Zusammenhang mit der Erstellung der Namensliste (Anlage 1) zu diesem Interessenausgleich zu allen Kündigungen ordnungsgemäß angehört worden zu sein, und erteilt als abschließende Stellungnahme seine Zustimmung zu diesen unvermeidbaren Maßnahmen. Damit ist das gesetzliche Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG abgeschlossen. …“ |
Der Beklagte erstattete am 22. März 2009 Massenentlassungsanzeige und erklärte mit Schreiben vom 23. März 2009 gegenüber dem Kläger eine Nachkündigung zum 30. Juni 2009. Am 5. Dezember 2009 übertrug er den Betrieb im Rahmen eines Sanierungskonzepts auf eine Erwerberin. Diese ist zwischenzeitlich ebenfalls insolvent.
Gegen beide Kündigungen hat der Kläger rechtzeitig Kündigungsschutzklage erhoben. Er vertritt die Auffassung, die Kündigungen seien sozial nicht gerechtfertigt. Das Sperrlager existiere weiter. Dem Beklagten sei es in erster Linie darum gegangen, den Betrieb der Schuldnerin verkaufsfähig zu machen und aus der Insolvenz heraus zu veräußern. Dieses Ziel diene nicht dem Allgemeinwohl und könne darum eine Altersgruppenbildung nicht rechtfertigen. Zudem sei die Sozialauswahl grob fehlerhaft nicht auf die Schichtführer erstreckt worden. Die Schuldnerin bzw. der Beklagte hätten ihre Selbstbindung an die Auswahlrichtlinie missachtet, nach der er selbst ohne die Berücksichtigung seines zweiten Kindes zwei Sozialpunkte mehr als der Schichtführer Q aufweise. Schließlich sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden. Insbesondere lasse sich dem Vortrag des Beklagten nicht entnehmen, wann welche Person auf Arbeitgeberseite dem Betriebsrat die Kündigungsgründe mitgeteilt habe und dass dem Betriebsrat erläutert worden sei, wie die Umverteilung der verbleibenden Arbeiten habe erfolgen sollen. Aus dem Vortrag des Beklagten ergebe sich nicht einmal, dass er vor der Kündigung vom 23. März 2009 das Anhörungsverfahren überhaupt eingeleitet und durchgeführt habe. Die Bestätigung des Betriebsrats im Interessenausgleich vom 19. März 2009 ersetze die Durchführung des Anhörungsverfahrens nicht.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
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1. |
festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch das Schreiben der H GmbH & Co. KG vom 26. Februar 2009 nicht aufgelöst ist; |
2. |
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch durch die mit Schreiben vom 23. März 2009 ausgesprochene Kündigung des Beklagten nicht aufgelöst wird. |
Der Beklagte hat zum Abweisungsantrag behauptet, die im Sperrlager noch anfallenden Arbeiten erledigten nunmehr die Mitarbeiter der Extrusion mit. Die Zuordnung des Klägers zur Beschäftigungsebene „Mitarbeiter Sperrlager“ sei nicht grob fehlerhaft. Dort seien alle Arbeitsplätze entfallen, so dass eine Sozialauswahl entbehrlich gewesen sei. Der Betriebsrat sei zu beiden Kündigungen ordnungsgemäß angehört worden. Das Verfahren der Betriebsratsanhörung sei jeweils mit den Interessenausgleichsverhandlungen verbunden worden. Im Rahmen dieser Verhandlungen sei dem Betriebsrat die Umverteilung der Sperrlagertätigkeiten mitgeteilt worden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf die Berufung des Beklagten nach durchgeführter Beweisaufnahme über den Inhalt der Betriebsratsanhörung abgewiesen. Die Kündigung vom 23. März 2009 habe das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2009 beendet.
Der Kläger rügt mit der Revision, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt, erstmals, der Beklagte habe die Voraussetzungen einer Altersgruppenbildung nicht dargelegt.
Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung des Beklagten vom 23. März 2009 hat das Arbeitsverhältnis mit dem 30. Juni 2009 beendet. Auf die Wirksamkeit der Kündigung der Schuldnerin vom 26. Februar 2009, die erst zum 30. September 2009 wirksam geworden wäre, kommt es damit nicht mehr an.
A. Die Kündigung vom 23. März 2009 ist nicht sozialwidrig iSd. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG.
I. Die Kündigung vom 23. März 2009 ist durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen. Der Kläger hat die gesetzliche Vermutung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO bezüglich des Wegfalls des Arbeitsplatzes nicht widerlegt.
1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 125 Abs. 1 InsO sind erfüllt. Der Personalabbau hat insgesamt die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG überschritten, wobei es in diesem Zusammenhang nicht darauf ankommt, ob dies innerhalb von 30 Kalendertagen erfolgt ist (vgl. BAG 8. Juni 1999 - 1 AZR 696/98 - zu I 2 der Gründe).
2. Die Angriffe des Klägers gegen die der Namensliste zugrunde liegende Altersgruppenbildung können allenfalls zur groben Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl führen (vgl. für § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 15).
3. Der Kläger hat die Vermutung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO nicht widerlegt.
a) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht sei dem vom Kläger angebotenen Beweis, das Sperrlager sei nicht aufgelöst worden, im Gegenteil habe sich in Bezug auf Standort und Existenz des Sperrlagers jedenfalls bis Ende Oktober 2009 nichts geändert, nicht nachgegangen. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass dieser Vortrag nicht geeignet war, die Vermutung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO zu widerlegen. Der Beklagte hat zwar behauptet, das Sperrlager sei „geschlossen“ bzw. „aufgelöst“ worden. Er hat sich aber nicht, wovon die Revision offenbar ausgeht, auf diese Behauptung beschränkt, sondern dargelegt, dass die Tätigkeiten im Sperrlager infolge des Produktionsrückgangs nur noch in vermindertem Umfang angefallen und auf geringer vergütete Mitarbeiter der Extrusion verteilt worden seien. Damit hat er deutlich gemacht, dass für die Kündigung nicht die „Schließung“ des Sperrlagers im technischen Sinne ausschlaggebend war, sondern die unternehmerische Entscheidung, im Sperrlager keine eigenständigen Arbeitsplätze mehr vorzuhalten. Diese willkürfreie unternehmerische Entscheidung hat der Kläger nicht bestritten, erst recht nicht widerlegt.
b) Soweit das Landesarbeitsgericht für den Fall, dass der Kläger aus Rechtsgründen noch einen Arbeitsplatz als Schichtführer innegehabt haben sollte, festgestellt hat, dass sich die Vermutungswirkung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO auch auf den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses als Schichtführer erstreckt habe, und angenommen hat, der Kläger habe die diesbezügliche Vermutung nicht widerlegt, erhebt die Revision keine Angriffe.
II. Die Kündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 3 KSchG, § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO. Die für die Kündigung mitursächliche Berücksichtigung des Lebensalters bei der Sozialauswahl ist mit nationalem Recht und mit Unionsrecht zu vereinbaren. Entscheidungserhebliche Fehler in der Sozialauswahl liegen nicht vor.
1. Die Sozialauswahl ist nicht bereits deshalb grob fehlerhaft, weil ihr eine Altersgruppenbildung zugrunde liegt.
a) Die Revision macht insoweit geltend, unter den Schichtführern gebe es in anderen Altersgruppen - unstreitig - solche mit deutlich weniger Sozialpunkten, als der Kläger sie aufweise. Bei einer Sozialauswahl ohne Altersgruppen wäre der Kläger im Betrieb verblieben. Die Altersgruppenbildung sei generell unzulässig. Insbesondere fehle es an einem dem Allgemeinwohl dienenden Ziel, weil es dem Beklagten in erster Linie darum gegangen sei, den Betrieb der Schuldnerin verkaufsfähig zu machen. Im Übrigen habe das Landesarbeitsgericht verkannt, dass der Beklagte hinsichtlich der Nachkündigung vom 23. März 2009 die Voraussetzungen der Altersgruppenbildung hätte darlegen müssen, weil die Schwellenwerte des § 17 KSchG nicht erreicht gewesen seien.
b) Diese Angriffe verhelfen der Revision auch dann nicht zum Erfolg, wenn mit dem Landesarbeitsgericht zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass dieser nicht (nur) mit den Arbeitnehmern des Sperrlagers, sondern auch mit den Schichtführern hätte verglichen werden müssen.
aa) Die Altersgruppenbildung als solche verletzt das Verbot der Altersdiskriminierung nicht und ist deshalb nicht nach § 7 Abs. 1, Abs. 2 AGG iVm. §§ 1, 3 Abs. 2 AGG unwirksam. Mit dieser Altersgruppenbildung sollte ausweislich Ziff. 1 der Auswahlrichtlinie, § 4 Ziff. 4.3 des Interessenausgleichs vom 25. Februar 2009 iVm. Ziff. 2 des für die Kündigung vom 23. März 2009 maßgeblichen Interessenausgleichs vom 19. März 2009 sowie des Prozessvortrags des Beklagten die vorhandene Altersstruktur als Hauptanwendungsfall der in § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO genannten Personalstruktur erhalten werden. Die vom Gesetz ebenfalls zugelassene Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur war dagegen nicht bezweckt. Jedenfalls eine nur der Erhaltung der vorhandenen Altersstruktur dienende Altersgruppenbildung verletzt keine Diskriminierungsverbote (BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 47 ff.). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an.
bb) Die Revision gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung der Frage der Verletzung von Diskriminierungsverboten durch eine Altersgruppenbildung in einem nach § 125 InsO geschlossenen Interessenausgleich, die der Erhaltung der vorhandenen Altersstruktur dient.
(1) Der Kläger weist allerdings zutreffend darauf hin, dass eine Altersgruppenbildung dazu führt, dass vergleichbare Arbeitnehmer mit einer geringeren Punktzahl nicht gekündigt werden und überproportional die Arbeitnehmer am „unteren“ Rand einer Altersgruppe von Kündigungsmaßnahmen betroffen sind. Dies ist jedoch der Altersgruppenbildung immanent (vgl. BAG 15. Dezember 2012 - 2 AZR 42/10 - Rn. 60) und im Hinblick auf das sozialpolitisch erwünschte Ziel, Generationengerechtigkeit herzustellen und einen Erfahrungsaustausch im Betrieb weiterhin zu ermöglichen, in Kauf zu nehmen (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 61, 63). Insoweit kann lediglich durch die gerichtliche Überprüfung des Zuschnitts der Altersgruppen auf Willkür, wie sie insbesondere bei unsystematischen Altersgruppen mit wechselnden oder willkürlichen Zeitsprüngen indiziert ist, überschießenden Tendenzen entgegengewirkt werden (vgl. Linck in HK-InsO 6. Aufl. § 125 Rn. 32).
(2) Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung liegt gerade dann ein im Allgemeininteresse liegendes legitimes Ziel aus dem Bereich der Sozialpolitik vor, wenn, wie von ihr behauptet, im vorliegenden Fall die Sozialauswahl nach Altersgruppen dazu dienen sollte, den Betrieb aus der Insolvenz heraus verkaufsfähig zu machen. Damit ist nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Schuldnerin, also eines einzelnen insolventen Unternehmens, verbessert worden, wie die Revision annimmt. § 125 InsO soll als Teil der Reform des Insolvenzrechts marktwirtschaftlich sinnvolle Sanierungen ermöglichen (BT-Drucks. 12/2443 S. 77; Linck in HK-InsO 6. Aufl. § 125 Rn. 1). Soweit durch eine übertragende Sanierung aus der Insolvenz heraus wie im vorliegenden Fall - und sei es auch nur vorübergehend - Arbeitsplätze erhalten werden, dient dies nicht nur dem Interesse des Arbeitgebers, sondern auch dem der Gesamtbelegschaft und der Allgemeinheit. Die Leistungsfähigkeit von Betrieben und Unternehmen in ihrer Gesamtheit gehört zu den Grundlagen eines funktionierenden Wirtschaftssystems. Eine Altersgruppenbildung, die wie die vorliegende in einem auf § 125 InsO gestützten Interessenausgleich mit Namensliste den Bestand privatwirtschaftlicher Unternehmen zum Wohl aller am Wirtschaftsleben Teilhabenden sichern will, dient damit einem im Allgemeininteresse liegenden legitimen Ziel (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 62).
(3) Auch der Hinweis der Revision, die Stellung des Klägers als Schichtführer habe keine körperlichen Anforderungen gestellt, und ihr daraus gezogener Schluss, eine Altersgruppenbildung sei jedenfalls dann rechtswidrig, wenn nicht feststellbar sei, dass bei den betroffenen Mitarbeitergruppen die Leistungsfähigkeit mit dem Alter nachlasse, verfängt nicht. Die Altersgruppenbildung durchbricht die andernfalls linear ansteigende Gewichtung des Lebensalters und relativiert diese Gewichtung zugunsten jüngerer Arbeitnehmer. Sie dient damit nicht nur der Erhaltung einer ausgewogenen Altersstruktur im Betrieb, sondern beteiligt alle Lebensalter an den notwendigen Kündigungen und mildert im Interesse der Generationengerechtigkeit die in § 1 Abs. 3 KSchG angelegte Bevorzugung älterer Arbeitnehmer (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 48, 63). Sie knüpft also entgegen der Annahme der Revision nicht in typisierender Weise an die Leistungsfähigkeit an. Deshalb kommt es für die Wirksamkeit einer Altersgruppenbildung, die wie hier der Erhaltung der Altersstruktur dient, nicht darauf an, ob ältere Arbeitnehmer im Allgemeinen und die betroffenen Arbeitnehmer im Besonderen den Anforderungen ihrer Arbeitsplätze noch gleich oder weniger gut als jüngere Arbeitnehmer gewachsen sind.
cc) Eines Vorabentscheidungsersuchens des Senats nach § 267 Abs. 3 AEUV bedarf es insoweit auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 -; 21. Dezember 2010 - 1 BvR 3461/08 - CR 2011, 88) nicht.
(1) Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Altersgruppenbildung wirksam möglich ist, zielt nach der von ihr insbesondere im Schriftsatz vom 19. Juni 2012 gegebenen Begründung darauf, ob die Erhaltung der Altersstruktur ein legitimes Ziel im Sinne des Antidiskriminierungsrechts sei. Letztlich geht es dem Revisionskläger darum, ob die im Vergleich zu einer nur gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG vorgenommenen Auswahl durch eine auf eine Altersgruppenbildung gestützte Sozialauswahl als Grundlage eines Interessenausgleichs mit Namensliste nach § 125 InsO eintretende Bevorzugung jüngerer und Benachteiligung älterer Arbeitnehmer durch Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) gerechtfertigt ist. Diese unionsrechtliche Bestimmung war jedoch bereits Gegenstand einer Auslegung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Die Subsumtion unter diese Rechtsprechung hat der Gerichtshof der Europäischen Union ausdrücklich den nationalen Gerichten übertragen.
(a) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2000/78/EG sozialpolitische Ziele wie solche aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung sind (EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 81, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 23 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22) und die Förderung des Erfahrungsaustauschs ein legitimes Ziel der Sozial- oder Beschäftigungspolitik ist (EuGH 18. November 2010 - C-250/09 ua. - [Georgiev] Rn. 46, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 19 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 18; 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 49 ff., AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 21 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 20).
(b) Welches Ziel eine nationale Regelung verfolgt, haben die Gerichte der Mitgliedstaaten zu prüfen (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 71, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 21 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 20). Ebenso obliegt es der Beurteilung durch die nationalen Gerichte, ob eine nationale Regelung einem rechtmäßigen Ziel im Sinne dieser Auslegung des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2000/78/EG durch den Gerichtshof der Europäischen Union dient. Gleiches gilt für die Frage, ob der nationale Gesetzgeber angesichts des bestehenden Ermessensspielraums davon ausgehen durfte, dass die gewählten Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich sind (EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 49 ff., Slg. 2009, I-1569).
(c) Die konkrete Subsumtion, ob eine Altersgruppenbildung als Grundlage für einen nach § 125 InsO geschlossenen Interessenausgleich den vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten abstrakten Anforderungen an eine Rechtfertigung iSv. Art. 6 RL 2000/78/EG genügt, ist damit Aufgabe des nationalen Gerichts, das allein für die Beurteilung des Sachverhalts des Rechtsstreits, mit dem es befasst ist, sowie für die Auslegung des anwendbaren nationalen Rechts zuständig ist (EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 47, Slg. 2009, I-1569). Das nationale Gericht hat daher unter Beachtung der Zielrichtung des nationalen Rechts, hier des § 125 InsO und des darauf basierenden Interessenausgleichs, und unter Berücksichtigung der Einbettung dieser Bestimmung in das nationale Kündigungsrecht zu prüfen, ob die Altersgruppenbildung für einen solchen Interessenausgleich im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union abstrakt und konkret ein legitimes Ziel verfolgt und dafür das angemessene und erforderliche Mittel ist.
(2) Eine Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn die der Entscheidung des nationalen Gerichts zugrunde liegende Rechtsfrage zwar noch nicht vom Gerichtshof der Europäischen Union entschieden worden ist, dieser die Subsumtion unter die maßgebliche unionsrechtliche Bestimmung aber ausdrücklich dem nationalen Gericht überlassen hat, wie es für die Rechtfertigung nach Art. 6 RL 2000/78/EG geschehen ist (EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 49 f., Slg. 2009, I-1569).
(3) Die Argumente der Revision im Schriftsatz vom 19. Juni 2012 geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Die von ihr angeführten Literaturstimmen befassen sich nicht damit, wie der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 15. Dezember 2011 (- 2 AZR 42/10 -) die neuere Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den legitimen Zielen iSd. Art. 6 RL 2000/78/EG (EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 23 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22), insbesondere der Legitimität der Förderung des Erfahrungsaustauschs (EuGH 18. November 2010 - C-250/09 ua. - [Georgiev] AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 19 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 18; 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 21 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 20), gewürdigt hat. Das Vorlageverfahren - C-152/11 - [Odar] betrifft eine anders gelagerte unionsrechtliche Fragestellung, nämlich die Zulässigkeit der Beschränkung von Sozialplanleistungen rentenberechtigter Arbeitnehmer.
c) Auch die Rüge der Revision, der Beklagte habe in Bezug auf die Nachkündigung vom 23. März 2009 die Voraussetzungen einer Altersgruppenbildung nicht dargelegt, hat keinen Erfolg.
aa) Dieser Rüge liegt die Rechtsauffassung des Klägers zugrunde, die an sich erforderliche Darlegung der Voraussetzungen der Altersgruppenbildung durch den Insolvenzverwalter sei nur dann entbehrlich, wenn die Schwellenwerte einer Massenentlassung iSv. § 17 KSchG erreicht seien. Entgegen der Annahme der Revision lagen die Voraussetzungen des § 17 KSchG jedoch auch hinsichtlich der Nachkündigungen vom 23. März 2009 vor. Diese sind innerhalb von 30 Kalendertagen nach den mit Schreiben vom 26. Februar 2009 erklärten Kündigungen erfolgt. Insgesamt sind in diesem Zeitraum mehr als 30 Arbeitnehmer entlassen worden. Ob dabei auch die Arbeitnehmer, die später zu einer Transfergesellschaft gewechselt sind, zu berücksichtigen waren (bejahend: ErfK/Kiel 12. Aufl. § 17 KSchG Rn. 12; Niklas/Koehler NZA 2010, 913, 914; aA: v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 17 Rn. 24), kann dahinstehen. Der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSchG ist auch überschritten, wenn nur auf die tatsächlich wirksam gewordenen Kündigungen abgestellt wird. Damit fehlt der Sachrüge des Klägers, die auf diesen Gesichtspunkt beschränkt ist, der rechtliche Ansatzpunkt.
bb) Darüber hinaus macht die Revision mit der Rüge, der Beklagte habe die Voraussetzungen einer Altersgruppenbildung nicht dargelegt, einen rechtlichen Gesichtspunkt geltend, der neuen Vortrag des Beklagten zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Sozialauswahl unter Altersgruppenbildung erforderlich machen würde. Bis zum Hinweis des Landesarbeitsgerichts auf die Vorlage des Arbeitsgerichts Siegburg vom 27. Januar 2010 (- 2 Ca 2144/09 - DB 2010, 1466) zwei Tage vor dem letzten Verhandlungstermin stand zwischen den Parteien die Wirksamkeit der dem Kläger gegenüber erklärten Kündigungen im Hinblick auf die ihnen zugrunde liegende Altersgruppenbildung nicht im Streit. Vortrag dazu ist bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens von keiner Partei erfolgt. Der Revisionsangriff des Klägers würde erstmals Sachvortrag des Beklagten zu den Voraussetzungen einer Altersgruppenbildung erfordern, insbesondere dazu, wie die Personalstruktur beschaffen war, wie sie sich durch eine Sozialauswahl ohne Altersgruppenbildung geändert hätte und welches Konzept mit der Altersgruppenbildung verfolgt worden ist (vgl. KR/Weigand 9. Aufl. § 125 InsO Rn. 36; Linck in HK-InsO 6. Aufl. § 125 Rn. 30; vgl. für einen Interessenausgleich mit Namensliste außerhalb der Insolvenz BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 65). Derartiges neues tatsächliches Vorbringen im Revisionsverfahren kann aber nur unter Voraussetzungen erfolgen bzw. erzwungen werden, die hier nicht vorliegen (vgl. dazu BAG 27. April 2000 - 6 AZR 861/98 - zu II 2 b der Gründe, AP BMT-G II § 14 Nr. 1).
d) Hinsichtlich der Kündigungen gegenüber Schichtführern bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Personalabbau nicht proportional zur Anzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer in den gebildeten Altersgruppen erfolgt ist.
2. Die Punktetabelle in der gemäß Ziff. 2 des Interessenausgleichs vom 19. März 2009 auch für die Nachkündigungen herangezogenen Auswahlrichtlinie vom 26. Februar 2009 weist keine Fehler auf, die die Sozialauswahl bezogen auf die Nachkündigung des Klägers vom 23. März 2009 fehlerhaft machen. Zwar ist die Auswahlrichtlinie vom 26. Februar 2009 unwirksam, soweit nach ihrer Ziff. 2.2 Unterhaltspflichten gegenüber Ehegatten generell keine Berücksichtigung finden. Das Ergebnis der Sozialauswahl wäre jedoch auch dann nicht zu beanstanden, wenn der Kläger, wie das Landesarbeitsgericht unterstellt hat, mit den Schichtführern vergleichbar gewesen wäre.
a) Sinn und Zweck des § 125 InsO gebieten eine weite Ausdehnung des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs der groben Fehlerhaftigkeit bei der Sozialauswahl. Diese Bestimmung soll eine erfolgreiche Sanierung insolventer Unternehmen fördern (BT-Drucks. 12/2443 S. 77; Linck in HK-InsO 6. Aufl. § 125 Rn. 1) und Kündigungserleichterungen schaffen. Deshalb schränkt § 125 InsO den individuellen Kündigungsschutz nach § 1 KSchG zugunsten einer kollektivrechtlichen Regelungsbefugnis der Betriebsparteien ein. Der Gesetzgeber hat für den Regelfall angenommen, der Betriebsrat werde seiner Verantwortung gegenüber den von ihm repräsentierten Arbeitnehmern gerecht, deshalb nur unvermeidbaren Entlassungen zustimmen und darauf achten, dass bei der Auswahl der ausscheidenden Arbeitnehmer soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt werden. § 125 InsO bringt die Arbeitnehmerinteressen und das Sanierungsbedürfnis durch eine Kollektivierung des Kündigungsschutzes in Einklang (BAG 28. August 2003 - 2 AZR 368/02 - zu B II 2 a der Gründe, AP InsO § 125 Nr. 1 = EzA InsO § 125 Nr. 1 unter Bezug auf BT-Drucks. 12/2443 S. 149). § 125 InsO reduziert damit den Umfang der gerichtlichen Überprüfung einer unter den gesetzlichen Voraussetzungen vom Insolvenzverwalter erklärten betriebsbedingten Kündigung. Der Beurteilungsspielraum bei der Sozialauswahl wird zugunsten einer vom Betriebsrat und Insolvenzverwalter vereinbarten betrieblichen Gesamtlösung erweitert. Die soziale Rechtfertigung einer vom Insolvenzverwalter in Anwendung einer Namensliste ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung ist deshalb nach dem Willen des Gesetzgebers nur in Ausnahmefällen in Frage zu stellen (BAG 17. November 2005 - 6 AZR 107/05 - Rn. 26 f., BAGE 116, 213).
b) Bei der einem Interessenausgleich mit Namensliste gemäß § 125 InsO zugrunde liegenden Sozialauswahl darf danach die Berücksichtigung von Unterhaltspflichten gegenüber Kindern auf diejenigen beschränkt werden, die aus der Lohnsteuerkarte entnommen werden können. Die Betriebsparteien haben daher bei ihrer Kündigungsentscheidung ohne Auswahlfehler die zu diesem Zeitpunkt nicht auf der Lohnsteuerkarte eingetragene Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seiner Tochter nicht berücksichtigt.
aa) Die für die Sozialauswahl maßgeblichen familienrechtlichen Unterhaltspflichten (für § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG BAG 17. Januar 2008 - 2 AZR 405/06 - Rn. 23, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 96) lassen sich der Lohnsteuerkarte nicht zuverlässig entnehmen. Ist etwa ein Arbeitnehmer in Steuerklasse V oder VI veranlagt, ist die Eintragung eines Kinderfreibetrags und damit ein Nachweis der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern durch die Lohnsteuerkarte ausgeschlossen (vgl. § 39 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG in der im Zeitraum des Kündigungszugangs maßgeblichen Fassung - aF). Darüber hinaus können Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, nur auf Antrag und nur in den in § 39 Abs. 3a Satz 1 EStG aF genannten Fällen auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden. Schließlich sind Kinder mit unterschiedlichen Zählern auf der Lohnsteuerkarte zu berücksichtigen. In den Fällen des § 39 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG aF ist der Zähler 0,5, in den Fällen des § 39 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG aF der Zähler 1 zugrunde zu legen. Ob wegen dieser auf der Hand liegenden Gefahr, dass bestehende Unterhaltspflichten bei der Sozialauswahl nicht oder nicht vollständig berücksichtigt werden, der Arbeitgeber auf die aus der Lohnsteuerkarte ersichtlichen Angaben vertrauen und danach die Sozialauswahl treffen darf, ist streitig (gegen ein Vertrauen: APS/Kiel 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 734; Kaiser FS Rolf Birk S. 283, 308 ff.; für ein Vertrauen, wenn der Arbeitgeber keinen Anlass hat, an der Richtigkeit seines Schlusses von den Angaben in der Lohnsteuerkarte auf die tatsächlichen Verhältnisse zu zweifeln: BAG 6. Juli 2006 - 2 AZR 520/05 - Rn. 21, 39, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 80 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 68; KR/Griebeling 9. Aufl. § 1 KSchG Rn. 678d; offenlassend: BAG 17. Januar 2008 - 2 AZR 405/06 - Rn. 23, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 96).
bb) Das Bundesarbeitsgericht hat bisher nicht entschieden, ob Betriebsparteien bei der einem Interessenausgleich mit Namensliste zugrunde liegenden Sozialauswahl die Berücksichtigung von Unterhaltspflichten gegenüber Kindern von deren Eintragung in die Lohnsteuerkarte abhängig machen dürfen und damit bewusst alle anderen gegenüber Kindern bestehenden Unterhaltspflichten ausblenden können. Der Zweite Senat hat dies für Kündigungen außerhalb der Insolvenz offengelassen (BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 68; 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20).
cc) Berücksichtigen die Betriebsparteien bei der einem Interessenausgleich mit Namensliste nach § 125 InsO zugrunde liegenden Sozialauswahl nur die aus der Lohnsteuerkarte ersichtlichen Unterhaltspflichten gegenüber Kindern, steht dies noch im Einklang mit den von ihnen nach § 75 Abs. 1 BetrVG zu wahrenden Grundsätzen des Rechts, die sich auf die geltende Rechtsordnung, die das Arbeitsverhältnis gestaltet und auf dieses einwirkt, erstrecken (BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 37, EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3). Die dazu zählenden Unterhaltspflichten gegenüber Kindern gemäß §§ 1601 ff. BGB werden dadurch unter Beachtung der Bedürfnisse des Insolvenzverfahrens noch ausreichend erfasst.
(1) § 125 InsO soll, wie unter A II 2 a ausgeführt, in der Insolvenz für die Rechtssicherheit von Kündigungen sorgen, um so die Sanierung des Betriebs und den Erhalt von Arbeitsplätzen zu ermöglichen. Dies setzt auch voraus, dass Kündigungsentscheidungen, die der Sanierung und Rationalisierung dienen, zügig getroffen und umgesetzt werden können (vgl. ErfK/Gallner 12. Aufl. § 125 InsO Rn. 1). Die Feststellung von Unterhaltspflichten, die nicht aus dem Insolvenzverwalter ohne weiteres zugänglichen Unterlagen wie der Lohnsteuerkarte ersichtlich sind, führt zu einem erheblichen Nachforschungsaufwand, zu Rechtsunsicherheit sowie zu einer Verzögerung der im Insolvenzfall oft unter äußerstem Zeitdruck zu treffenden Entscheidung, ob und welche Kündigungen erforderlich sind. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass es im Regelfall um die Erklärung einer Vielzahl von Kündigungen geht. Deshalb ist es von der Regelungsbefugnis der Betriebsparteien im Insolvenzfall grundsätzlich noch gedeckt, die Unterhaltspflichten gegenüber Kindern nur insoweit zu berücksichtigen, als sie aus der Lohnsteuerkarte erkennbar sind. Die Betriebsparteien dürfen davon ausgehen, dass auf diese Weise derartige Unterhaltspflichten typischerweise erfasst werden, und genügen damit noch ihren Verpflichtungen aus § 75 Abs. 1 BetrVG iVm. §§ 1601 ff. BGB.
(2) Die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seiner Tochter ist von den Betriebsparteien bei ihrer Entscheidung, den Kläger auf der Namensliste aufzuführen, danach vertretbar nicht berücksichtigt worden. Die Tochter des Klägers war auf der Lohnsteuerkarte des Klägers für 2009 nicht eingetragen. Darauf waren die Lohnsteuerklasse III und 1,0 Kinderfreibetrag vermerkt. Angesichts dieser Kombination ist davon auszugehen, dass die Ehegatten zusammen veranlagt waren und deshalb gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG aF iVm. § 32 Abs. 6 Satz 2 EStG aF für den Sohn ein Freibetrag von 1,0 eingetragen war. Dass die Tochter des Klägers wegen ihrer Berufsausbildung gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG aF noch beim Kinderfreibetrag berücksichtigt war, ihm also für jedes der beiden Kinder gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG aF ein Kinderfreibetrag von je 0,5 eingetragen war, dürfte ausscheiden.
c) Auch bei Anwendung des hier anzulegenden weiten Maßstabs darf aber bei der einem Interessenausgleich mit Namensliste nach § 125 InsO zugrunde liegenden Sozialauswahl jedenfalls die Verpflichtung zur Gewährung von Unterhalt an den mit dem Arbeitnehmer in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten gemäß § 1360 BGB nicht gänzlich außer Betracht bleiben. Zu den von den Betriebsparteien nach § 75 Abs. 1 BetrVG zu wahrenden Grundsätzen des Rechts zählt auch die Beachtung der Verpflichtung zur Gewährung von Familienunterhalt gemäß § 1360 BGB.
aa) Diese Unterhaltspflicht setzt als Folge der ehelichen Solidarität, die Ehegatten einander nach § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB schulden, weder eine Bedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers noch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners voraus. Jeder Ehegatte schuldet dem anderen Gatten Unterhalt, auch wenn dieser vermögend und in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten (Kaiser FS Rolf Birk S. 283, 296). Die Betriebsparteien dürfen bei der Erstellung eines Interessenausgleichs mit Namensliste auch in der Insolvenz die Pflicht zur Gewährung von Familienunterhalt an den Ehegatten, bei der es sich um die bedeutsamste Ausprägung der ehelichen Grundpflicht zur Lebensgemeinschaft handelt (MünchKommBGB/Weber-Monecke 5. Aufl. § 1360 Rn. 1), nicht völlig außer Betracht lassen. Insoweit war die Auswahlrichtlinie vom 26. Februar 2009 rechtswidrig.
bb) Aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Oktober 1984 (- 2 AZR 543/83 - BAGE 47, 80) folgt nichts anderes (aA: Kaiser FS Rolf Birk S. 283, 288 f.). Das Bundesarbeitsgericht hat sich in dieser Entscheidung mit der Wirksamkeit der Sozialauswahl im Hinblick auf die fehlende Berücksichtigung der Unterhaltspflichten gegenüber Ehegatten nicht auseinandergesetzt, sondern die Sozialauswahl bereits daran scheitern lassen, dass Unterhaltspflichten gegenüber Kindern nicht berücksichtigt worden waren.
d) Ungeachtet der Unwirksamkeit der Auswahlrichtlinie ist aber das Ergebnis der Sozialauswahl nicht fehlerhaft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Sozialauswahl nur dann unwirksam, wenn sich ihr Ergebnis als fehlerhaft erweist. Bei der Sozialauswahl kommt es dagegen nicht auf einen fehlerfreien Auswahlvorgang an (BAG 9. November 2006 - 2 AZR 812/05 - Rn. 24, BAGE 120, 137). Der Beklagte hat bei der bezüglich des Klägers getroffenen Sozialauswahl soziale Gesichtspunkte selbst dann ohne durchgreifenden Fehler berücksichtigt, wenn man den allgemeinen Prüfungsmaßstab des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG zugrunde legt. Das kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts abschließend entscheiden.
aa) Soweit die Auswahlrichtlinie die Verpflichtung zur Gewährung von Familienunterhalt nicht berücksichtigt, hat dies das Ergebnis der Sozialauswahl nicht zulasten des Klägers beeinflusst. Dieser macht in der Revision nur noch geltend, der Schichtführer Q sei sozial weniger schutzwürdig als er. Gegen die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, bezüglich der anderen vom Kläger in den Tatsacheninstanzen als weniger schutzwürdig bezeichneten Arbeitnehmer sei die Sozialauswahl nicht zu beanstanden, weil diese Arbeitnehmer anderen Altersgruppen angehörten, bereits ausgeschieden oder nicht vergleichbar gewesen seien, erhebt die Revision keine Rügen.
Der Kläger weist jedoch selbst darauf hin, dass auch der Arbeitnehmer Q verheiratet ist. Er macht nicht geltend, dass hinsichtlich der Unterhaltspflichten gegenüber ihren Ehefrauen Unterschiede vorlägen, die ohnehin nur bei einer entsprechenden Differenzierung der Bewertung relevant würden, zB dass (nur) in einem Fall ein sog. Doppelverdienst vorliege (zur Berücksichtigung des Doppelverdienstes bei der Sozialauswahl APS/Kiel 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 724). Darum bliebe bei jeder denkbaren Gewichtung des Sozialkriteriums „Unterhaltspflicht gegenüber Ehegatten“ der Abstand zwischen dem Kläger und dem Arbeitnehmer Q unverändert. Die Nichtberücksichtigung dieses Sozialkriteriums hätte sich deshalb denknotwendig nicht auf das Ergebnis der Sozialauswahl zugunsten des Klägers auswirken können.
bb) Soweit der Kläger statt des Arbeitnehmers Q gekündigt worden ist, sind soziale Gesichtspunkte noch ausreichend berücksichtigt.
(1) § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG verlangt vom Arbeitgeber die „ausreichende“ Berücksichtigung der dort angeführten sozialen Grunddaten. Die Würdigung des Gerichts, die soziale Auswahl sei nicht ausreichend, setzt deshalb die Feststellung voraus, dass der vom Arbeitnehmer konkret gerügte Auswahlfehler tatsächlich vorliegt, also ein bestimmter mit dem Gekündigten vergleichbarer Arbeitnehmer in dem nach dem Gesetz erforderlichen Maß weniger schutzbedürftig ist (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 19, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 98 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 22). Auch wenn eine Sozialauswahl methodisch fehlerhaft durchgeführt worden ist, ist die Kündigung nicht wegen einer fehlerhaften Sozialauswahl unwirksam, wenn mit der Person des Gekündigten gleichwohl - zufällig - eine objektiv vertretbare Auswahl getroffen wurde. Der Arbeitgeber braucht grundsätzlich nicht die „bestmögliche“ Sozialauswahl vorgenommen zu haben. Deshalb können sich auch auf der Grundlage einer unwirksamen Auswahlrichtlinie gekündigte Arbeitnehmer nur dann mit Erfolg auf einen Auswahlfehler berufen, wenn sie deutlich schutzwürdiger sind (vgl. BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - Rn. 48).
(2) An der erforderlichen deutlich größeren Schutzwürdigkeit des Klägers gegenüber dem Arbeitnehmer Q fehlt es. Der Kläger ist zwar etwa zweieinhalb Jahre länger beschäftigt als dieser, Herr Q ist jedoch etwa eineinhalb Jahre älter als der Kläger. Beide Arbeitnehmer sind verheiratet und haben berücksichtigungsfähige Unterhaltspflichten gegenüber einem unterhaltsberechtigten Kind.
(3) Der Hinweis der Revision, der Kläger weise 70 Sozialpunkte auf, der Arbeitnehmer Q dagegen nur 68, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Auffassung der Revision, es liege insoweit eine Selbstbindung vor und die Betriebsparteien hätten sich nicht grundlos über das Ergebnis der Auswahl nach der Auswahlrichtlinie hinwegsetzen dürfen, ist durch die Unwirksamkeit der Auswahlrichtlinie und der darauf basierenden Punkteverteilung die Grundlage entzogen. Darüber hinaus berücksichtigt die Revision nicht, dass selbst dann, wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, er sei zu Unrecht in die Beschäftigungsebene „Mitarbeiter Sperrlager“ eingeordnet und nicht mit den Schichtführern verglichen worden, die Betriebsparteien nicht vorsätzlich von der Auswahlrichtlinie abgewichen sind, sondern lediglich die Voraussetzungen der Vergleichbarkeit verkannt haben. Dieser Auswahlfehler hat eine andere Rechtsqualität als die bewusste Außerachtlassung eines normativ wirkenden Auswahlsystems.
B. Die Kündigung ist auch nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam.
I. Der Insolvenzverwalter ist auch bei Vorliegen eines Interessenausgleichs iSd. § 125 InsO verpflichtet, den Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG zu einer beabsichtigten Kündigung anzuhören. Die Betriebsratsanhörung unterliegt insoweit keinen erleichterten Anforderungen. Allerdings muss der Insolvenzverwalter dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses und der Sozialauswahl zugrunde liegende Tatsachen, die dem Betriebsrat bereits aus den Verhandlungen zum Abschluss eines Interessenausgleichs bekannt sind, im Anhörungsverfahren nicht erneut mitteilen (BAG 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 37, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20). Dabei kann der Insolvenzverwalter das Verfahren nach § 102 BetrVG mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verbinden (BAG 21. Juli 2005 - 6 AZR 592/04 - Rn. 38, BAGE 115, 225). Diese Verbindung ist schon bei der Einleitung des Beteiligungsverfahrens klarzustellen und ggf. im Wortlaut des Interessenausgleichs zum Ausdruck zu bringen (BAG 20. Mai 1999 - 2 AZR 532/98 - zu II 2 der Gründe, BAGE 91, 341).
II. Das Landesarbeitsgericht hat diese Grundsätze seiner Entscheidung zugrunde gelegt und rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Betriebsrat vor der Kündigung vom 23. März 2009 ordnungsgemäß angehört worden ist.
1. Das Landesarbeitsgericht hat aus der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, dass der Betriebsrat bereits bei den Verhandlungen über den Interessenausgleich vom 25. Februar 2009 darüber informiert worden sei, dass die Sperrlagertätigkeit auf die Beschäftigten der Extrusion verteilt werden solle. Aus § 4 Ziff. 4.8 des Interessenausgleichs vom 25. Februar 2009 iVm. Ziff. 2 des Interessenausgleichs vom 19. März 2009 ergebe sich, dass dem Betriebsrat bewusst gewesen sei, dass die weitere Kündigung auf demselben Kündigungssachverhalt wie die erste Kündigung beruhe und nur der Abkürzung der Kündigungsfrist dienen solle. Einzelheiten des Kündigungssachverhalts hätten dem Betriebsrat deshalb nicht mitgeteilt werden müssen. Insbesondere sei nicht erforderlich gewesen, dem Betriebsrat zu erläutern, wie die Arbeit ohne überobligationsmäßige Leistungen anderer Arbeitnehmer umverteilt werden solle. Die Mitteilungspflichten des Arbeitgebers im Verfahren nach § 102 BetrVG gingen nicht so weit wie seine Darlegungslast im Kündigungsschutzprozess. Zudem sei im Zeitpunkt der Nachkündigung vom 23. März 2009 die unternehmerische Entscheidung bereits umgesetzt gewesen. Gemäß Ziff. 3 des Interessenausgleichs vom 19. März 2009 sei das Anhörungsverfahren an diesem Tag durch eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats abgeschlossen gewesen.
2. Diese Würdigung des Landesarbeitsgerichts hält den Angriffen der Revision stand.
a) Die Rüge, der Beklagte habe nicht vorgetragen, wann die Betriebsratsanhörung bezogen auf die Nachkündigung vom 23. März 2009 eingeleitet worden sei, verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Bei der Prüfung, ob die erforderliche Klarstellung erfolgt ist, dass die Verhandlungen über den Interessenausgleich und die Betriebsratsanhörung miteinander verbunden werden sollten und das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG eingeleitet werden sollte, kann nicht isoliert auf den Interessenausgleich vom 19. März 2009 abgestellt werden. Zwar ist in diesem Interessenausgleich - anders als in § 4 Ziff. 4.4 des Interessenausgleichs vom 25. Februar 2009 - die Verbindung beider Verfahren nicht ausdrücklich geregelt. Aus § 4 Ziff. 4.8 des Interessenausgleichs vom 25. Februar 2009 folgt jedoch, dass schon bei der Vereinbarung des ersten Interessenausgleichs den Betriebspartnern bewusst war, dass Nachkündigungen unter Beachtung der Kündigungsfrist des § 113 InsO erforderlich werden würden. Im Vorfeld dieser Kündigungen war wegen des bereits aufgrund der Verhandlungen zum Interessenausgleich vom 25. Februar 2009 vorliegenden Kenntnisstands des Betriebsrats als neue Information nur die Mitteilung von Anzahl und Namen der konkret betroffenen Arbeitnehmer erforderlich. Darauf hat das Landesarbeitsgericht zutreffend abgestellt. Diese Informationen ergaben sich aus der Anlage zum Interessenausgleich vom 19. März 2009. Vor diesem Hintergrund reichte die Zuleitung des Interessenausgleichs, in dem in Ziff. 3 das Erfordernis einer Anhörung nach § 102 BetrVG angesprochen war und aus dessen Ziff. 1 der enge Zusammenhang mit dem Interessenausgleich vom 25. Februar 2009 ersichtlich war, aus, um dem Betriebsrat deutlich zu machen, dass zugleich mit den Interessenausgleichsverhandlungen auch das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG eingeleitet werden sollte.
b) Ob, wie die Revision geltend macht, der Beklagte den Anforderungen an die Darlegung einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats nicht genügt hatte, ist rechtlich unerheblich. Die Revision rügt damit, die vom Landesarbeitsgericht durchgeführte Beweisaufnahme sei rechtlich nicht geboten gewesen. Hat das Landesarbeitsgericht Beweis erhoben, ist das Ergebnis der Beweisaufnahme und dessen Würdigung durch das Landesarbeitsgericht für das weitere Verfahren maßgeblich (vgl. BAG 28. August 2003 - 2 AZR 333/02 - AP BGB § 242 Kündigung Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 4 für die Verwertung eines unter Verkennung der Beweislast gewonnenen Betriebsergebnisses).
c) Die Revision zeigt keine durchgreifenden Rechtsfehler gegen die den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Wahrung der Anforderungen des § 102 BetrVG zugrunde liegende Beweiswürdigung auf.
aa) Die vom Berufungsgericht gemäß § 286 Abs. 1 ZPO vorgenommene Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob die Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei und ohne Verletzung von Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen erfolgt ist, ob sie rechtlich möglich ist und ob das Berufungsgericht alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt hat (vgl. BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 759/05 - Rn. 28, PatR 2008, 34).
bb) Die Revision rügt, der Zeuge sei sich auch auf mehrfache Nachfrage hinsichtlich der Information über die künftige Verteilung der Sperrlagertätigkeiten nicht sicher gewesen. Wenn das Landesarbeitsgericht gleichwohl hinsichtlich der zu beweisenden Tatsache den nach § 286 ZPO erforderlichen Grad an Überzeugung, der keine unumstößliche Gewissheit verlange, gewonnen habe, sei ihm ein Denkfehler unterlaufen. Es sei denklogisch nicht möglich, eine iSd. § 286 ZPO ausreichende persönliche Überzeugung über die beweiserhebliche Tatsache zu gewinnen, deren Vorliegen nicht einmal der dazu vernommene Zeuge bestätigt habe, wenn dem Zeugen nicht die Glaubwürdigkeit abgesprochen werde. Das Gericht könne nicht seine persönliche Einschätzung an die Stelle der Zweifel des Zeugen setzen.
cc) Diese Rüge zielt auf die Schnittstelle zwischen der Überzeugung des Zeugen hinsichtlich der von ihm bekundeten Tatsachen und der richterlichen Überzeugungsbildung iSv. § 286 ZPO von der Glaubwürdigkeit des Zeugen und der Glaubhaftigkeit seiner Aussagen. Nur bezüglich des zweiten und dritten Gesichtspunkts kommt es auf die „freie Überzeugung“ des Richters an. Dafür ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (seit Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67 - BGHZ 53, 245, 255 f.) keine absolute oder unumstößliche Gewissheit erforderlich, da eine solche nicht zu erreichen ist. Das Gericht darf also nicht darauf abstellen, ob jeder Zweifel und jede Möglichkeit des Gegenteiles ausgeschlossen ist. Es genügt vielmehr ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen.
dd) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landesarbeitsgericht nicht seine nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung an die Stelle der fehlenden Überzeugung des Zeugen gesetzt, was in der Tat gegen Denkgesetze verstieße.
(1) Das Landesarbeitsgericht ist vielmehr davon ausgegangen, dass der Zeuge nur anfänglich Unsicherheiten gezeigt habe, die auf Erinnerungsproblemen beruht hätten. Er habe sich daran erinnert, dass der Betriebsrat die Entscheidung zur Schließung des Sperrlagers in Frage gestellt habe, und sei sich im Lauf der Vernehmung sicherer geworden, dass die Arbeitgeberseite daraufhin die Verteilung der Arbeit an die Mitarbeiter der Extrusion erläutert habe. Eine andere Erklärung als die Interessenausgleichsverhandlungen für seine Kenntnis davon, dass die Sperrlagertätigkeiten auf die Mitarbeiter der Extrusion übertragen worden seien, habe der Zeuge auch auf Nachfrage nicht nennen können. Das Landesarbeitsgericht hat also die Überzeugung gewonnen, dass der Zeuge im Verlauf seiner Vernehmung die Gewissheit gewonnen habe, dass der Betriebsrat bei den Verhandlungen über den ersten Interessenausgleich darüber informiert worden sei, dass die Arbeiten des Sperrlagers auf die Beschäftigten der Extrusion übertragen werden sollten.
(2) Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht seine Überzeugung, dass der Betriebsrat über alle kündigungsrelevanten Tatsachen informiert worden sei, nicht allein auf die Aussage des Zeugen gestützt, sondern sie erst aus der Gesamtschau von Beweisaufnahme und Akteninhalt mit dem nach § 286 ZPO erforderlichen Grad der Gewissheit gewonnen. Es hat angenommen, der Betriebsrat sei in das betriebliche Geschehen eingebunden gewesen und habe am Interessenausgleich mitgewirkt. Im Interessenausgleich seien die zu kündigenden Arbeitsverhältnisse im Einzelnen bezeichnet worden. Der Betriebsrat habe darin bestätigt, dass das Anhörungsverfahren zusammen mit dem Interessenausgleich durchgeführt worden sei.
d) Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Anhörung des Betriebsrats vor der Kündigung vom 29. März 2009 genüge inhaltlich den Anforderungen des § 102 BetrVG, hält den Angriffen der Revision stand.
aa) Die Rüge der Revision, die Anhörung nach § 102 BetrVG sei unzureichend, weil der Beklagte nicht dargelegt habe, wie die Umverteilung der Arbeit im Einzelnen habe erfolgen sollen und wie die verbliebenen Arbeiten ohne überobligationsmäßige Leistungen hätten erledigt werden können, übersieht zum einen, dass die Substantiierungspflicht, die den Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess trifft, nicht das Maß für die nach § 102 BetrVG erforderliche Anhörung bildet, sondern diese nur eine erörternde Einflussnahme des Betriebsrats auf die Willensbildung des Arbeitgebers im Vorfeld der Kündigung ermöglichen soll (BAG 28. August 2003 - 2 AZR 377/02 - zu B I 1 b aa der Gründe, BAGE 107, 221). Für diese Willensbildung waren die von der Revision vermissten Informationen nicht erforderlich. Zum anderen berücksichtigt diese Rüge die Argumentation des Landesarbeitsgerichts nicht hinreichend. Dieses hat auch darauf abgestellt, dass die Umverteilung im Zeitpunkt der Anhörung des Betriebsrats vor der Nachkündigung vom 23. März 2009 bereits erfolgt war. Der Betriebsrat habe diesbezüglich keine Nachfragen gestellt. Anlass dafür hätte nur bestanden, wenn bei der Umsetzung Schwierigkeiten aufgetreten wären. Es hat also angenommen, die reibungslose Umsetzung der getroffenen unternehmerischen Entscheidung sei dem Betriebsrat bekannt gewesen. Hat der Betriebsrat aber den erforderlichen Kenntnisstand, um sich über die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe ein Bild zu machen und eine Stellungnahme hierzu abgeben zu können, und weiß dies der Insolvenzverwalter oder kann er dies wie hier aufgrund der Interessenausgleichsverhandlungen jedenfalls als sicher annehmen, so würde es dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG widersprechen und wäre eine kaum verständliche Förmelei, vom Arbeitgeber dann gleichwohl noch eine detaillierte Begründung zu verlangen (BAG 28. August 2003 - 2 AZR 377/02 - zu B I 4 a der Gründe, aaO).
bb) Konkrete Angaben zum zeitlichen Beginn der Anhörung waren zur Darlegung einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats entbehrlich. Nach der abschließenden Stellungnahme des Betriebsrats vom 19. März 2009 war das Anhörungsverfahren unabhängig von der Einhaltung der Wochenfrist an diesem Tag beendet.
cc) Entgegen der Ansicht der Revision ist zur Darlegung einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats nicht erforderlich, vorzutragen, welche Person gegenüber dem Betriebsrat die Kündigungsgründe mitgeteilt hat und wann im Lauf des Anhörungsverfahrens die erforderlichen Informationen über den Kündigungsgrund erteilt worden sind. Das gilt jedenfalls im Falle eines Interessenausgleichs mit Namensliste, über dessen Abschluss üblicherweise länger verhandelt wird. Wollte man genaue Angaben des Zeitpunkts der Unterrichtung für jeden einzelnen Arbeitnehmer bzw. jeden Arbeitsplatz verlangen, würde dies den Praxisanforderungen bei Massenentlassungen nicht gerecht.
C. Ein Verstoß gegen § 17 KSchG ist weder ersichtlich noch wird ein solcher von der Revision gerügt.
D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Fischermeier |
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Spelge |
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Jerchel |
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