Entscheidungsdatum: 20.05.2010
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 5. November 2008 - 2 Sa 125/08 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Rufbereitschaftszulage für Arbeitsleistungen während der Rufbereitschaft.
Der Kläger ist im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beklagte zur Ableistung von Rufbereitschaft verpflichtet. Auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Zulagentarifvertrag für die Arbeitnehmer der DB AG (ZTV) vom 10. März 2005 Anwendung. Dieser enthält zur Rufbereitschaft folgende Regelung:
|
„Abschnitt V |
|
Arbeitszeitbezogene Zulagen/Zuschläge |
||
... |
||
§ 18 |
||
Rufbereitschaftszulage |
||
(1) |
Beginn und Ende der Rufbereitschaft sind nach betrieblichen Belangen festzusetzen. |
|
(2) |
Der Arbeitnehmer erhält für Rufbereitschaft eine Rufbereitschaftszulage in Höhe von 1,76 EUR (ab 30. Juni 2007 in Höhe von 1,79 EUR) je Stunde. |
|
(3) |
Neben der Rufbereitschaftszulage wird für die genehmigte Benutzung des privaten Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Einsatzstelle im Rahmen der Rufbereitschaft eine km-Pauschale in Höhe von 0,27 EUR gezahlt.“ |
Die Rufbereitschaft wird im Einsatzbereich des Klägers in einem Jahresplan festgelegt. Die Parteien streiten über die Weitergewährung der Zulage nach § 18 Abs. 2 ZTV für Arbeitseinsätze des Klägers im Rahmen der Rufbereitschaft zwischen Dezember 2006 bis März 2007. Die Beklagte vergütete diese Arbeitseinsätze als Arbeitszeit mit der Vollarbeitsvergütung zzgl. der jeweiligen Zuschläge. Die Rufbereitschaftszulage zahlte sie daneben nicht.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Rufbereitschaft bestehe auch während einer tatsächlichen Inanspruchnahme der Arbeitsleistung fort.
Der Kläger hat zuletzt beantragt:
|
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger und Berufungskläger 135,51 Euro brutto und Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz aus |
36,95 Euro seit dem 25. Januar 2007, |
|
35,20 Euro seit dem 25. Februar 2007, |
|
12,32 Euro seit dem 25. März 2007 sowie aus |
|
51,04 Euro seit dem 25. April 2007 |
|
zu zahlen. |
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klagabweisungsantrages vorgetragen, die Rufbereitschaft ende, sobald die Arbeitsleistung abgerufen werde. Ein tatsächlicher Arbeitseinsatz schließe das Vorliegen von Rufbereitschaft während seiner Dauer aus.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Die Revision ist unbegründet. Die Rufbereitschaftszulage nach § 18 Abs. 2 ZTV ist für Zeiten, in denen der Arbeitnehmer während der angeordneten Rufbereitschaft Arbeitsleistungen erbringt, nicht zu zahlen.
1. Nach § 18 Abs. 2 ZTV erhält der Arbeitnehmer „für Rufbereitschaft“ die tariflich festgelegte Zulage. Rufbereitschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort so wählen muss, dass er auf Abruf die Arbeit innerhalb einer Zeitspanne aufnehmen kann, die den Einsatz nicht gefährdet(Senat 19. Dezember 1991 - 6 AZR 592/89 - AP BMT-G II § 67 Nr. 1 = EzA BGB § 611 Arbeitsbereitschaft Nr. 1). Für diese Leistung, die in der Beeinträchtigung seiner Freizeitgestaltung liegt, erhält der Arbeitnehmer die Zulage nach § 18 Abs. 2 ZTV (Senat 22. Januar 2004 - 6 AZR 543/02 - zu II 2 a der Gründe).
2. Wird der Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft zur tatsächlichen Arbeitsleistung herangezogen, erbringt er in dieser Zeit eine andere Form der Leistung als die durch die Rufbereitschaftszulage abgegoltene. Für diese Arbeitsleistung erhält er die vertraglich oder tariflich für Vollarbeit vorgesehene Vergütung, gegebenenfalls zuzüglich der einschlägigen Zulagen. Auch wenn er sich in dieser Zeit noch innerhalb der angeordneten Rufbereitschaft befindet(vgl. zur Dauer der Rufbereitschaft Senat 5. Februar 2009 - 6 AZR 114/08 - Rn. 18, AP TVöD § 8 Nr. 6 = EzTöD 100 TVöD-AT § 8 Rufbereitschaftsentgelt Nr. 5 für den TVöD; 28. Juli 1994 - 6 AZR 76/94 - zu II 2 der Gründe, AP BAT § 15 Nr. 33 = EzBAT BAT § 15 Rufbereitschaft Nr. 4 zu § 15 Abs. 6b Unterabs. 3 BAT), bedarf es angesichts der gänzlich verschiedenen Leistungszwecke der Vergütung für Rufbereitschaft und Vollarbeit einer ausdrücklichen Regelung, wenn eine Rufbereitschaftszulage neben dem für anfallende Arbeit während der Rufbereitschaft geschuldeten Entgelt gezahlt werden soll. Eine solche Anordnung enthält § 18 Abs. 2 ZTV im Unterschied zu § 15 Abs. 6b Unterabs. 3 BAT nicht.
a) Anders als in § 15 Abs. 6b Unterabs. 3 BAT haben die Tarifvertragsparteien nicht durch die Aufnahme eines Zusatzes in § 18 Abs. 2 ZTV ausdrücklich das Verhältnis der für angefallene Arbeit während der Rufbereitschaft zu zahlenden Vergütung zu der Vergütung für die gesamte Zeit der Rufbereitschaft klargestellt(vgl. hierzu Senat 9. Oktober 2003 - 6 AZR 512/02 - BAGE 108, 72, 74).
b) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich eine derartige Anordnung auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung über die Rufbereitschaft im ZTV entnehmen.
aa) Aus § 18 Abs. 3 ZTV, der die Entschädigung für den Einsatz des privaten PKW für die Fahrt zwischen Wohnung und Einsatzort regelt, lassen sich entgegen der Auffassung des Klägers keine Rückschlüsse darauf ziehen, dass Einsätze während der Rufbereitschaft nach Auffassung der Tarifvertragsparteien noch zur Rufbereitschaft zählten und darum die Rufbereitschaftszulage auch für diese Zeiten weiter zu zahlen sei. § 18 Abs. 3 ZTV regelt einen anderen Sachverhalt. Die Arbeitszeit beginnt gemäß § 11 Abs. 1 des Arbeitszeittarifvertrags für die Arbeitnehmer von Schienenverkehrs- und Schieneninfrastrukturunternehmen des Agv MoVe (AZTV-S) vom 10. März 2005, der gemäß § 1 iVm. der Anlage zum AZTV-S auch für das Arbeitsverhältnis der Parteien gilt, erst am vorgeschriebenen Arbeitsplatz.
Aus § 18 Abs. 3 ZTV folgt vielmehr, dass die Tarifvertragsparteien dann, wenn zu der Rufbereitschaftszulage weitere Ansprüche hinzutreten sollten, ausdrückliche Regelungen für erforderlich angesehen und solche auch getroffen haben. Daran fehlt es für Arbeitseinsätze während der Rufbereitschaft.
bb) Daraus, dass die Rufbereitschaftszulage im Abschnitt V „Arbeitszeitbezogene Zulagen/Zuschläge“ geregelt ist, folgt ebenfalls nichts für die Auffassung des Klägers. Daraus lässt sich nicht folgern, dass die Tarifvertragsparteien die Rufbereitschaftszulage auch für Zeiten, in denen der Arbeitnehmer zu Arbeitseinsätzen herangezogen wird und Vollarbeit leistet, weiter gewähren wollten, denn Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit(EuGH 3. Oktober 2000 - C-303/98 - [Simap] Rn. 50, Slg. 2000, I-7963; Neumann/Biebl ArbZG 15. Aufl. § 7 Rn. 14; Schliemann ArbZG § 2 Rn. 31). Außerdem enthält Abschnitt V des ZTV auch Regelungen, die sich nicht unmittelbar auf die Arbeitszeit beziehen. So sieht § 13 Abs. 1 ZTV etwa eine Arbeitsbefreiung an Vorfesttagen vor. § 16 Abs. 3 ZTV regelt eine Schichtzulage, die unabhängig von der konkreten Lage der Arbeitszeit wegen der besonderen Belastungen durch die Schichtarbeit gewährt wird.
c) Schließlich ergibt sich eine Vergütungspflicht der Arbeitseinsätze innerhalb der Rufbereitschaft auch nicht aus dem Zweck der tariflichen Rufbereitschaftszulage in § 18 Abs. 2 ZTV. Wie ausgeführt dient diese dem Ausgleich des Eingriffs in die Freizeitgestaltung des Arbeitnehmers. Wird er zum Arbeitseinsatz herangezogen, endet seine Freizeit, so dass kein Ausgleich für das Bereithalten zur Arbeitsleistung mehr erforderlich ist. Der Arbeitgeber schuldet lediglich die Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung.
3. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
|
Fischermeier |
|
Brühler |
|
Spelge |
|
|
|
Oye |
|
B. Schipp |