Entscheidungsdatum: 05.07.2010
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 8. Oktober 2009, soweit es ihn betrifft, nach § 349 Abs. 4 StPO im Ausspruch über die Einzelstrafe wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit versuchtem Computerbetrug (Fall 2 der Urteilsgründe) sowie über die Gesamtstrafe aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (gemeinschaftlich) versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit versuchtem (gemeinschaftlichem) Computerbetrug, wegen erpresserischen Menschenraubs und wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine Revision hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der – auch mit einer Verfahrensrüge angegriffene – Schuldspruch hält aus den zutreffenden Erwägungen des Generalbundesanwalts ebenso wie die Bemessung der Einzelstrafen für die Fälle 1 und 3 der Urteilsgründe rechtlicher Nachprüfung stand. Jedoch begegnet die im Fall 2 der Urteilsgründe gebildete Einzelstrafe und damit auch der Ausspruch über die Gesamtstrafe durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1. Das Landgericht hat seiner Strafzumessung im Fall 2 der Urteilsgründe den Regelstrafrahmen der räuberischen Erpressung zugrunde gelegt (§§ 253, 255, 249 Abs. 1 StGB). Eine Strafrahmenverschiebung nach § 23 Abs. 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB hat es dem Angeklagten trotz angenommener Versuchsstrafbarkeit versagt, weil er es „bei dem misslungenen Versuch nicht beließ, sondern zum Tatopfer zurückkehrte, um mit diesem erneut zum Geldautomaten zu gehen“, und dadurch deutlich gezeigt habe, „dass er zu diesem Zeitpunkt nicht bereit war, von seinem ursprünglichen Tatplan Abstand zu nehmen“ (UA S. 31).
Diese Begründung lässt besorgen, dass die Strafkammer bei der Prüfung einer Strafrahmenmilderung wegen Vorliegens eines vertypten Milderungsgrundes zum Nachteil des Angeklagten allein sein Nachtatverhalten berücksichtigt hat. Das ist rechtsfehlerhaft. Bei der Frage, ob eine Strafrahmenmilderung wegen Versuchs vorzunehmen ist, ist im Wege der Gesamtschau aller strafzumessungserheblichen Gesichtspunkte im weitesten Sinne und der Persönlichkeit des Täters zu entscheiden (vgl. BGHSt 16, 351, 353; Fischer, StGB 57. Aufl. § 23 Rdn. 4). Besonderes Gewicht kommt dabei den wesentlich versuchsbezogenen Umständen zu, weil sie wichtige Kriterien für die Bewertung des Handlungs- und Erfolgsunrechts des versuchten Delikts darstellen; hierzu gehören namentlich die Nähe zur Tatvollendung, die Gefährlichkeit des Versuchs und die aufgewandte kriminelle Energie (vgl. BGHSt 35, 347, 355; 36, 1, 18; BGHR StGB § 23 Abs. 2 Strafrahmenverschiebung 4 und 9). Demgegenüber hat die Strafkammer hier die Milderung soweit erkennbar ausschließlich wegen des deliktischen Nachtatverhaltens des Angeklagten versagt, der nach dem erkannten Fehlschlag der versuchten räuberischen Erpressung andere Wege zur Verwirklichung des erstrebten Vermögensvorteils – hier im Wege des erpresserischen Menschenraubes – suchte. Die unerlässliche Würdigung der bestimmenden versuchsbezogenen Strafmilderungsgründe unterbleibt vollständig, so dass die verhängte Einzelfreiheitsstrafe schon deshalb keinen Bestand haben kann. Überdies hat die Strafkammer nicht erkennbar erwogen, dass auch bei dem sich anschließenden erpresserischen Menschenraub ein Taterfolg mangels Kontodeckung ausblieb.
2. Wegen der fehlerhaft bemessenen Einzelfreiheitsstrafe unterlag auch der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe der Aufhebung. Lediglich ergänzend bemerkt der Senat, dass die Höhe der gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe den festgestellten besonders engen zeitlichen und situativen Tatzusammenhang nicht widerspiegelt. Dass die Strafkammer darüber hinaus den von ihr vorgenommenen Härteausgleich wegen einer vollstreckten gesamtstrafenfähigen Vorverurteilung unbeziffert gelassen hat, ist hier mit Rücksicht auf die Höhe der ursprünglich einbeziehungsfähigen Geldstrafe aus Rechtsgründen für sich nicht zu beanstanden.
3. Angesichts des bloßen Wertungsfehlers lässt der Senat sämtliche Feststellungen bestehen; diese können allenfalls durch neue Feststellungen ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.
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